eu-karte-laender.jpg
E U R O - M A N I A
- Geschichte -
Letzte Aktualisierung dieser Seite: 31.12.2015
eu-karte-laender.jpg
 
pfeil_weiss_rechts.gif   Einführung
pfeil_weiss_rechts.gif   Über Europa
pfeil_weiss_rechts.gif   Länder
pfeil_weiss_rechts.gif  Geschichte
   Einführung
   Europa-Gedanke
   Nach dem 2. Weltkrieg
   Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
   Europäische Freihandelszone
   Europäische Gemeinschaft
   Europäische Union
   EURO als Gemeinschaftswährung
   EU zu Beginn des 21. Jh.
   Euro-Krise (2009-20??)
   Ereignisse ab 2010
pfeil_weiss_rechts.gif   Der ECU
pfeil_weiss_rechts.gif   Der EURO
pfeil_weiss_rechts.gif   Institutionen
pfeil_weiss_rechts.gif   Persönlichkeiten
pfeil_weiss_rechts.gif   Verträge
pfeil_weiss_rechts.gif   Briefmarken
pfeil_weiss_rechts.gif   Münzen
pfeil_weiss_rechts.gif   Impressum
pfeil_weiss_rechts.gif   Kontakt
pfeil_weiss_rechts.gif   H O M E
Einführung Der Europa-Gedanke Erste Anfänge nach dem 2. Weltkrieg Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Die Europäische Freihandelszone Die Europäische Gemeinschaft Die Europäische Union Der EURO als Gemeinschaftswährung Die EU zu Beginn des 21. Jh. Die Euro-Krise (2009-20??) Sonstige Ereignisse ab 2010 nach unten

Einführung

Nach dem 2. Weltkrieg strebten die europäischen Staaten danach, sich zusammenzuschließen. In Folge des Kalten Krieges war Europa aber zunächst durch den sog. "Eisernen Vorhang" getrennt. Die östlichen Länder schlossen sich zum "Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe" (RGW) zusammen. Im Westen Europas entstanden - neben anderen Organisationen wie z. B. der NATO - die "Europäische Wirtschaftsgemeinschaft" (EWG) und die "Europäische Freihandelsassoziation" (EFTA). Die Sogwirkung der EWG war aber schon vor dem Ende der Sowjetunion so groß, daß sich einige EFTA-Länder anschlossen.

Seit dem Zusammenbruch des Ostblocks traten auch immer mehr osteuropäische Länder bei, so daß die heutige "Euroäische Union" (EU) mittlerweile 27 Staaten umfaßt. Die (heute) 48 europäische Staaten (samt dazugehörigen Gebieten) sollen hier - unter Berücksichtigung ihres Verhältnisses zur EU - vorgestellt werden.

eu-karte-mit-kandidaten.jpg

Dunkelblau = EU-Länder
Hellblau = Beitrittskandidaten
Türkis = Bewerber
Grün = Mitgliedschaft möglich

zurück
Der Europa-Gedanke

Der Europagedanke bis zum 2. Weltkireg

Die Idee eines gemeinsamen Europas war keine "Erfindung" der Nachkriegszeit, sondern ging auf einen griechischen Mythos zurück, in dem der Göttervater Zeus eine phönizische Prinzessin entführte, die den Namen "Europa" führte und dem Kontinent angeblich ihren Namen gab. Aber weder in der Antike noch im Mittelalter gab es eine gemeinsame "europäische Identität", sondern man verstand den Begriff immer nur in geographischer Hinsicht. Die Großreiche waren bis zur Reformation immer nationalistisch geprägt, wie z. B. das Römische Reich, das Karolingerreich oder das Hl. Römische Reich Deutscher Nation. Erst später verstand man darunter auch eine Art Wertegemeinschaft als Abgrenzung zu asiatischen Kulturen, wie z. B. dem Osmanischen Reich, das im Zuge der Werdung von Nationalstaaten nicht nur wegen des Islams als Bedrohung betrachtet wurde. Seit dem 18. Jahrhundert sah man die Gegensätze zwischen Asien und Europa, wobei Amerika und Afrika weniger eine Rolle spielten. Man sah zwar die Bedeutung des asiatischen Kontinents, auf den zuerst Hochkulturen entstanden waren und von wo die drei großen Religionen Christentum, Islam und Judentum ihren Ursprung hatten, aber mit militärischem und wirtschaftlichen Aufschwung sowie der Zunahme von Kolonien wuchs doch ein Gefühl der Überlegenheit in den meisten europäischen Staaten.

Rückblickend gab es immer eine "asiatische Gefahr", wie Perser, Parther und Karthager in der Antike, Hunnen zur Zeit der Völkerwanderung und im Mittelalter Araber und Mongolen, die in Europa einfielen. Die erfolgreiche Abwehr dem Feinde aus dem Osten und Südosten erzeugte ein Gefühl der Überlegenheit. Das Osmanische Reich der frühen Neuzeit wurde ebenfalls als asiatische Macht angesehen, obwohl es in Südosteuropa große Teile des Balkans besetzt hatte und Völker wie Serben, Albaner, Griechen, Bulgaren und Rumänien unter türkischer Herrschaft standen.

Vorrang vor einem gemeinsamen Europa-Gedanken hatte aber seit der frühen Neuzeit, zur Zeit des Imperialismus und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts der Nationalstaatsgedanke. Die Nationalstaaten bildeten sich seit dem 16. Jahrhundert und fanden ihren Höhepunkt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Eine Übersteigerung gab es dann zur Zeit des Faschismus mit dem Gedanken von "Blut und Boden" sowie einem stark antijüdischen Rassismus.

Aus dem Nationalismus heraus entstand nicht nur der Kampf um eine Vormachtstellung in Europa, sondern auch das globale Streben nach Kolonien, das im Imperialismus seinen Höhepunkt erreichte. Europa als Gedanke war oft Vorwand für hegemoniale Bestrebungen zur Zeit Napoleons oder Hitlers. Der Wiener Kongreß zemenierte nach dem Ende des Französischen Kaiserreiche s den Nationalstaat, der in Bezug auf Deutschland 8171 mit der Entstehung eines (kleindeutschen) Reiches unter preußischer Führung zustande kam.

Erst nach dem 1. Weltkrieg kamen vereinzelt Ideen für eine europäische Einigung auf als Antwort auf vorangegangene Hegemoniebestrebungen. Der Gedanke konnte sich aber wegen der Politik George Clemenceau in Frankreich und der auf Revision bedachten gesellschaftlichen Führungsschichten in Deutschland nicht durchsetzen. Aristide Briand in Frankreich und Robert Stresemann machten zwar Vorkämpfer zaghafte Annäherungsversuche zwischen den verfeindeten Nationen, aber die Weltwirtschaftskrise und der aufkommende Nationalsozialismus machten diese Bestrebungen zu Nichte.

Die Ideologen um Adolf Hitler unternahmen mit dem 2. Weltkrieg nochmals einen Versuch, die Hegemonie eines Landes über den Rest Europas herzustellen, wobei sie den Kampf gegen die bolschewistische Bedrohung aus Asien mit dem Rassegedanken verknüpften. Die besetzten Länder wurden ausgebeutet, um die deutschen Kriegsmaschinerien sicherzustellen.

Der Europagedanke in der Nachkriegszeit

Im Jahre 1944 erarbeiteten Widerstandsgruppen eine gemeinsame Vision, wie die Nachkriegsordnung aussehen sollte, wobei die Atlantik-Charta von 191 als Basis diente, in der der Brite Winston Churchill und der Amerikaner Franklin d. Roosevelt ihre Ziele definiert hatten. Das Hauptaugenmerk lag auf Demokratie, Menschenrechte und sozialer Gerechtigkeit.

Die Kommunisten lehnten die Idee eines geeinten Europas ab, sondern forderten eine Kommunistische Internatioale unter sowjetischer Führung. Im sowjetischen Machtbereich entstanden "Volksdemokratien" nach sowjetischem Vorbild. Daß es zumindest im Westen zu ersten Schritten eines gemeinsamen Europas kam, hatte seine Ursache auch in Beginn des Kalten Krieges. Schon im September 1946 forderte deshalb Winston Churchill in seiner "Züricher Rede" die Schaffung der "Vereinigten Staaten von Europa". Dies sollte die Antwort des Westens auf den "Eisernen Vorhang" sein, der das freie Europa vom sowjetischen Machtbereich trennte.

zurück
Erste Anfänge nach dem 2. Weltkrieg

Europa nach dem Kriege

Nach dem Ende des 2. Weltkriegs lagen nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa viele Städte in Trümmern. Die Bedeutung der alten großen Kolonialmächte Großbritannien und Frankreich war geschwunden und die USA und die Sowjetunion hatten an Bedeutung gewonnen, wobei besonders Europa in zwei Einflußbereiche getrennt wurde. Deutschland war nach der totalen Niederlage am Boden, politisch geächtet und in vier Besatzungszonen geteilt, in denen die Besatzer die politische Macht ausübten. Auch wirtschaftlich war - nicht nur in Deutschland - die Lage zum Teil katastrophal.

Politisch verfolgte zunächst besonders Frankreich das Ziel, ein Wiedererstarken Deutschlands und die Wiederentstehung eines neuen deutschen Staates zu verhindern, der irgendwann zu einer erneuten Bedrohung Frankreichs und anderer Staaten in Europa werden könne. Deshalb sollte die Aufteilung des Landes möglichst lange Bestand haben. Aus diesem Grunde wehrte sich noch 1948 besonders die sog. Vierte Republik gegen die Gründung einer "Bundesrepublik Deutschland" auf dem Territorium der drei westlichen Besatzungszonen. Das französisch besetzte Saarland sollte möglichst nie mehr zu Deutschland zurückkommen.

Deutsch-französische Annäherung und Gründung der Montanunion

Nachdem es im Jahre zur Gründung zweier deutscher Staaten - der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik - fand Westdeutschland schon recht schnell wieder einen Platz in der Völkerfamilie, denn schon fünf Jahre nach Kriegsende schlug am 9. Mai 1950 der französische Außenminister Robert Schuman, "die Gesamtheit der französisch-deutschen Stahlproduktion unter eine gemeinsame Oberste Aufsichtsbehörde zu stellen, in einer Organisation, die den anderen europäischen Ländern zum Beitritt offen steht" Diese Organisation sollte nach seinen Vorstellungen Basis für eine europäische Föderation werden, um den Frieden zu sichern.

Diese Neuorientierung der französischen Deutschlandpolitik hatte einen durchaus realpolitischen Hintergrund, da sich - angesichts des sich abzeichnenden "Kalten Krieges" - eine Neuorientierung anbot, um einen neuen deutschen Staat in ein westliches Bündnis einzubeziehen, um so eine Gefahr für Frankreich abzuwenden. Schon 1958 hatte ein leitender Beamter im französischen Außenministerium, Pierre de Leusse, vorgeschlagen, Deutschland vertraglich an Frankreich zu binden und eine Interessengemeinschaft zu schaffen.

Frankreich fühlte sich benachteiligt, da die USA die westliche Führung im Kalten Krieg an sich gezogen hatteund schon früh für einen westdeutschen, antikommunistischen Staat eintraten. Da Frankreich politisch, finanziell, militärisch und wirtschaftlich auf die USA angewiesen war, konnte man sich dieser Politik schlecht widersetzen. Die zu gründende Montanunion, die eine gemeinsame Organisation des Marktes für Kohle und Stahl sein sollte, sollte Basis neuen französischen Deutschlandpolitik sein, die auf Kontrolle durch Zusammenarbeit zielte.

Wirtschaftlich bestand seitens Frankreich ein großes Interesse, auch weiterhin Zugriff auf die deutschen Kohleressourcen zu haben, um die Wiedererrichtung der Schwerindustrie zu ermöglichen, die immer noch - wie in den meisten westeuropäischen Staaten - das Rückgrad der Wirtschaft bildete. Frankreichs eigene Kohlevorkommen reichten nicht aus und mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland war eine "Internationale Ruhrbehörde" gegründet worden, wobei durch ein Mitspracherecht bei den hochwertigen Kohlevorkommen des Ruhrgebietes sichergestellt war.

Da zu befürchten war, daß der neue Staat sich um eine schnellstmögliche Beseitigung dieser Einschränkung der Souveränität währen würde und dabei die wohlwollende Unterstützung der USA, deren Politik auf die Errichtung eines europäischen Bollwerks gegen den Kommunismus zielte, finden würde, entstand der maßgeblich von Jean Monnet, der seitens der Regierung mit dem Entwurf eines Plans zur Wiedererrichtung und Modernisierung der französischen Wirtschaft beauftragt war, entwickelte sog. "Schuman-Plan".Monnet stammte aus einer wohlhabenden Industriellenfamilie und hatte schon im 1. Weltkrieg an leitender Stelle Konzepte für die Koordination der Entente-Mächte erstellt. Danach war er einige Jahre stellvertretender Generalsekretär des Völkerbundes gewesen und arbeitete ab 1939 an Konzepten der alliierten Kriegsführung- Kurz war der Niederlage Frankreichs im Jahre 1940 und der Besatzung eines großen Teiles des Landes durch deutsche Truppen warb er für eine französisch-britische Union. Während des 2. Weltkriegs hielt er sich zunächst in den USA auf, bevor er sich 1943 in Nordafrika den Kräften unter General de Gaulle anschloß. Nach Kriegsende war er einer der ersten Befürworter einer europäischen Einigung.

In Deutschland stießen die französischen Vorschläge beim deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer auf positive Zustimmung, da er auf eine starke Westbindung seines Landes zur Überwindung des Kommunismus und einer möglichen deutschen Wiedervereinigung setzte. Eine gemeinsame Institution zur Kontrolle des Kohle- und Stahlmarktes war zudem eine deutliche Verbesserung für Deutschland, da es so ein Mitspracherecht erhielt, das es nach der Gründung der Ruhrbehörde nicht hatte. Als Realpolitiker sah Adenauer zudem, daß nur eine starke Westbindung und europäische Integration das Ansehen Deutschlands wieder herstellen konnte. Der Vorschlag Schumans war zudem eine Möglichkeit, eine dauerhafte Kooperation der beiden Erzfeinde Deutschland und Frankreich herzustellen und einen weiteren Krieg zwischen diesen beiden Nationen zu verhindern.

Dabei konnte Adenauer auch auf die Unterstützung der USA setzen, die die Integration als Möglichkeit zur Schaffung einer starken Allianz gegen den sowjetischen Machtbereich ansahen. Trotzdem war es der große Verdienst von Schuman und Adenauer, durch eine deutsch-französische Zusammenarbeit das Fundament für eine europäische Einheit zu legen.

Gemeinsam war beiden Politikern auch ihre Verankerung im Katholizismus. Außerdem waren beide in Grenzgebieten ihrer Staaten aufgewachsen und hatten in zwei Weltkriegen Kriegsgreuel, Besatzung und Grenzverschiebungen erlebt. Schuman war gebürtiger Elsässer, sprach fließend Deutsch und war sowohl in der französischen, als auch deutschen Kultur verwurzelt. Adenauer hatte als Rheinländer sowieso große Sympathien für Frankreich, zumal er schon als Kölner Bürgermeister in den Jahren 1917 bis 1933 dem preußisch dominierten Zentralstaat sehr reserviert gegenüber stand. Der italienische Ministerpräsident Alcide de Gaspari war im österreichischen Trient geboren, das seit dem Zerfall von Österreich-Ungarn nach dem 1. Weltkrieg zu Italien zählte. Paul-Henri Spaak aus Belgien und Joseph Luns aus den Niederlanden kannten Sprache und Kultur der beiden großen Nachbarn Deutschland und Frankreich.

Der Schuman-Plan war somit auch Zeugnis einer gemeinsamen Vision der "Gründerväter Europas", mit dem Ziel einer Föderation nicht nur den Frieden, sondern auch das gemeinsame kulturelle und christliche Erbe zu sichern.

Die EGKS und EVG

Am 18. April 1951 wurde als Folge des Schuman-Plans der Vertrag über die Gründung der "Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl" (EGKS) unterzeichnet, die Anfang 1952 in Kraft trat. Die Gründungsstaaten Belgien, Bundesrepublik Deutschland,, Frankreich, Luxemburg, Italien und die Niederlande fanden sich erstmalig in der europäischen Geschichte in einer supranationalen Organisation wieder, wobei sie Kompetenzen und Rechte im Bereich der Montanpolitik auf eine "Hohe Behörde" übertrugen, der Jean Monnet vorstand.

Noch während der Verhandlungen schlug der französische Premier Rene Pleven die Gründung einer weiteren Organisation, der "Europäischen Verteidigungsgemeinschaft" (EVG) vor. Hintergrund war, die Schaffung einer neuen, eigenständigen westdeutschen Armee zu verhindern, auf die Gespräche in Großbritannien, den USA und Westdeutschland abzielen., damit auch die BRD einen adäquaten Beitrag zur Abwehr der kommunistischen Bedrohung leisten könnte. Besonders die USA drängten auf eine schnelle Wiederaufrüstung, da der Ausbruch des Koreakrieges m 26. Juni 1950 die Furcht vor einer kommunistischen Aggression auch in Europa schürte. Frankreich tendierte eher zu einer gemeinsamen europäischen Armee und konnte zumindest einen Teilerfolg verbuchen, als am 27. Mai 1952 in Paris ein Vertrag über eine Europäische Verteidigungsgemeinschaft unterzeichnet wurde. Für die BRD war es ein Erfolg, da ein Teil der nationalen Souveränität und die Wiedereingliederung in die europäische Politik erreicht wurde.

Im Gegensatz zur EGKS hatte der Vertrag über die EVG aber aus deutscher Sicht das Manko, daß nur die anderen Mitglieder nationale Truppen für eigenständige Zwecke behalten durften, Deutschland aber nicht, dem auch eine eigenständige Mitgliedschaft in der 1949 gegründeten NATO verwehrt blieb.

zurück
Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

Weitere Maßnahmen in den 50er Jahren

Neben EGKS und EVG ging die Initiative zu einer politischen Gemeinschaft ebenfalls von Frankreich aus. Alcide de Gaspei schlug die Gründung einer "Europäischen Politischen Gemeinschaft" (EPG) vor. Eine Expertenkommission erhielt den Auftrag, eine Satzung zu erarbeiten, die am 10. März 1953 vorgestellt wurde. Der Vorschlag war ein Minimalkompromiß,der kaum über die Kompetenzen von EGKS und EVG hinausging. Den Niederlanden fehlten z. B. Vorschläge für ein wirtschaftliches Zusammengehen mit der Entstehung eines gemeinsamen Marktes, der auf französischen Widerstand stieß. Als die französische Nationalversammlung den Plan zur EPG am 30. August 1954 ablehnte, war er gescheitert. Wegen mangelnder Unterstützung der USA in Indochina war man in Frankreich der Meinung, auf sich selbst gestellt zu sein, was in Folge zur atomaren Aufrüstung des Landes führte. Als Westdeutschland in die NATO als Vollmitglied aufgenommen wurde, wurde dies in Frankreich als weiterer Rückschlag empfunden.

Dennoch schlug Jean Monnet als weiteren Schritt die Gründung einer Atomgemeinschaft, der EURATOM vor, wobei er als Kern seiner Bemühungen aber nun eine wirtschaftliche Annäherung sah, wie es im Juni 1955 von den Außenminsiter der sechs EGKS-Staaten in Messina verkündet wurde.

Die römischen Verträge

Ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur wirtschaftlichen Einheit waren die Römischen Verträge, die am 26. März 1957 in Rom unterzeichnet wurden und die Bildung der "Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft" (EWG) und der "Europäischen Atomgemeinschaft" (EURATOM) besiegelten. Damit wurde neben der EGKS eine zweite und dritte gemeinsame Organisation geschaffen.

Bewußt hatte man Rom als geschichtsträchtigen Ort gewählt, in dem die früheren Kaiser des Römischen Reiches residierten sowie der Führer des (römisch-katholischen) Christentums, der Papst. Während die EURATOM nicht den gewünschten Erfolg brachte, entpuppte sich die Gründung der EWG im Nachhinein als ein Modell mit enormen Erweiterungspotential, woraus letztendlich die Europäische Union (EU) mit 27 Staaten und der gemeinsamen Währung EURO hervorging, die Anfang 2002 eingeführt wurde.

Der Kern des EWG-Vertrages war eine Zollunion der sechs Gründungsstaaten., wobei eine Abschaffung der Binnenzölle in ca. zwölf Jahren erfolgen sollte. Ein weiteres Ziel war ein gemeinsamer Binnenmarkt, in dem es auch sonst keine weiteren Handelshemmnisse geben sollte. Auch ein gemeinsamer Verbraucherschutz und die Anpassung technischer Vorschriften sowie eine gemeinsame Agrarpolitik waren vorgesehen.

Möglich wurden die römischen Verträge wegen einer geänderten Einstellung Frankreichs, das 1955 noch einen gemeinsamen Markt abgelehnt hatte, da man eine mangelnde Konkurrenzfähigkeit fürchtete. In Deutschland hatte besonders der damalige Wirtschaftsminister Ludwig Erhard Vorbehalte, da er eher zu einer Freihandelszone unter Einbeziehung Großbritanniens bevorzugte. Außerdem sah er eine gemeinsame Außenzollgrenze als protektionistische Maßnahme an, die die Chancen der aufstrebenden Wirtschaftsmacht Westdeutschland auf dem Weltmarkt schmälern könnte.

Erhard scheiterte aber an Konrad Adenauer, der eine sowjetisch-amerikanische Annäherung befürchtete, und in Frankreich setzte sich die Meinung durch, daß eine Zollunion vorteilhafter als eine Freihandelszone wäre Besonders im agrarischen Bereich erhoffte man sich Vorteile, um die Bauern durch gesamteuropäische Subventionen zu entlasten. Tatsächlich verschlingen auch im 21. Jahrhundert die Agrarzahlungen noch einen Großteil der Brüsseler Gelder. Die anderen fünf Verhandlungspartner erklärten sich im Gegenzug zur Gründung einer Atomgemeinschaft bereit.

Ein gutes Klima kam auch durch die engeren Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich zustande, als man sich 1956 darauf einigte, das französisch besetzte Saarland lt. dem Ergebnis des Referendums vom Oktober 1955 als Bundesland der BRD beitreten zu lassen. Den Weg zur Einigung hatte Adenauer mit seiner Haltung zu Frankreich, das gemeinsam mit Großbritannien Ägypten angegriffen und versucht hatte, eine ägyptische Nationalisierung des Suez-Kanals zu verhindern. Die USA und auch die Sowjetunion erreichten einen Abbruch des Angriffs, wohingegen sich Adenauer auf die französische Seite stellte, wie er bei einem Besuch in Paris am 6. November 1956 versicherte.

Schon 1958 gingen 29 Prozent aller westdeutschen Exporte in die anderen fünf zukünftigen Mitgliedsländer der EWG und Frankreich exportierte 25 Prozent seiner Produkte in die fünf Nachbarländer. Hinzu kamen die gemeinsamen Interessen auf dem Agrarsektor, wobei in Frankreich und Italien der Anteil mit 15 bzw. 25 Prozent am Bruttosozialprodukt besonders hoch war. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit war eine Möglichkeit, gemeinsam prosperierende Volkswirtschaften zu schaffen und den Wohlstand für große Teile der Bevölkerung zu mehren.

Frankreich sah die Römischen Verträge auch als Chance, sich von amerikanischer Abhängigkeit zu befreien, und Deutschland als Möglichkeit, einen Gegenpol zu den USA zu schaffen, da sich besonders während der Berlin-Krise 1958 bis 1961 die Amerikaner als wankelmütig zeigten. Seit der Nachkriegszeit galt eigentlich als Prämisse amerikanischer Politik die Eindämmung des Kommunismus, was zwangsläufig eine Nichtanerkennung der DDR, den westdeutschen Alleinvertretungsanspruch für Gesamtdeutschland und das Ziel der Wiedervereinigung zur Folge hatte. Besonders der neue Präsident John F. Kennedy tendierte aber eher zu einer Annäherung an die Sowjetunion, da er während der Berlin-Krise nicht mehr die Freiheit von ganz Berlin forderte, sondern nur nach ein Festhalten an der Anwesenheit der Westalliierten samt freiem Zugang zum Westteil der Stadt. Dies wird heutzutage gerne übersehen, da eigentlich nur sein Zitat "Ich bin ein Berliner" den Zeitgenossen und nachfolgenden Generationen im Gedächtnis haften geblieben ist. Eine Folge war dann die Errichtung der Mauer am 13. August 1961, da die Sowjets klar erkannten, daß sich die USA mit der Kontrolle Westberlins zufrieden geben würden.

Die Enttäuschung Adenauers über die amerikanische Haltung führte zu einer noch engeren Zusammenarbeit mit dem Präsidenten der 1958 geschaffenen Fünften Republik, General Charles de Gaulle. Europa sollte neben den USA und der Sowjetunion - zur "Dritten Kraft" werden. Dennoch fand die Annäherung unter der Hegemonie der USA statt und der Einigungsgedanke blieb noch für Jahrzehnte auf Westeuropa beschränkt. Großbritannien allerdings beobachtete diese Entwicklung mit Skepsis, da es eher auf eine transatlantische Zusammenarbeit setzt und die enge Bindung an die USA einem Zusammenschluß in Europa favorisierte. Die kleineren EWG-Partner waren militärisch und politisch auf besondere Weise von den USA abhängig und machten nur mit, weil sie sich wirtschaftliche Vorteile erhofften.

So war neben der gemeinsamen Ziel der Abwehr einer östlichen Bedrohung der Wunsch nach wirtschaftlichen Fortschritten und somit wachsendem Wohlstand der Hauptmotor der EWG. Nach dem 2. Weltkrieg waren fast alle europäischen Staaten wirtschaftlich am Boden und die Industrieproduktion erreichte 1947 nur noch 78 Prozent des Volumens von 1938. Man war auf Importe aus den USA angewiesen und die Exportquote erreichte nur noch 59 Prozent des Vorkriegsniveaus. Dies führte zu einem immer größer werdenden Handelsbilanzdefizit gegenüber den USA. Um den Wiederaufbau anzukurbeln und um einen weiteren Niedergang der Wirtschaft zu verhindern, was sich auch auf die Weltwirtschaft negativ auswirken würde, initiierten die USA deshalb den Marshall-Plan Bedingung war hierbei, daß die europäischen Staaten sich auf eine Verteilung der Gelder selbst einigen sollten. Deshalb wurde 1958 die "Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit" (OECD) gegründet.

Die Schaffung weiterer Institutionen

Nach Gründung der EWG wurden - nach dem Vorbild der UNO -verschiedene Institutionen geschaffen. Es ging los mit der "Hohen Behörde" (EGKS) bzw. der "Europäischen Kommission" (EWG), wobei jedes Land mindestens einen Funktionär bestellte. Erster Präsident der Kommission wurde Robert Hallstein aus Deutschland, der ein enger Freund des Bundeskanzlers Konrad Adenauer und bis dahin Staatssekretär im Außenministerium war. Aufgabe der Europäischen Kommission war vordringlich die Überwachung der Einhaltung des Vertragswerkes von Rom. Außerdem sollte Vorschriften erarbeiten und auf deren Umsetzung gewährleisten. Sie hatte somit eine wichtige Funktion in Hinblick auf eine europäische Gesetzgebung.

Daneben gab es den "Europäischen Gerichtshof" ((EuGH), der einem nationalen obersten Gericht ähnelte, da er bei Streitigkeiten zwischen den Organen der EWG bzw. zwischen den Mitgliedsstaaten entscheiden und Urteile sprechen. Laut Vertrag war es zudem jeder Person möglich, vor diesem Gerichtshof Klage zu führen, aber auch ein Gericht eines Mitgliedslandes konnte den EuGH anrufen, um eine Entscheidung herbeiführen zu können. So gelang es, nationale Gerichte mit dem europäischen Gericht zu vernetzen.

Außerdem gab es als weiteres Organ den "Ministerrat", der das eigentliche gesetzgebende Organ der EWG war. Für zunächst acht Jahre war Einstimmigkeit notwendig, danach sollte eine Mehrheit reichen, um Entscheidungen zu beschließen. Entsprechend der Bevölkerungszahl hatten die Stimmen der Mitgliedsländer ein unterschiedliches Gewicht.

Zusätzlich gab es eine sog. "Parlamentarische Versammlung", die sich aus Abgeordneten der nationalen Parlamente zusammensetzte, aber nur eine beratende Funktion hatte. Bezüglich des EWG-Haushaltes gab es die Möglichkeit der Billigung, aber es bestand keine Kompetenz , einzelne Posten abzulehnen bzw. zu ändern.

Weitere Ereignisse zur Zeit der EWG

Schon bald nach Schaffung der EWG kam es zu weiteren gemeinsamen Aktionen der Mitgliedsländer. Der Europäische Gerichtshof entwickelte sich zu einem Vorläufer einer gemeinsamen Rechtsprechung, da Gemeinschaftsrecht in allen Mitgliedsstaaten galt und nicht noch einmal durch nationale Gesetze bestätigt werden mußte. Somit war EWG-Recht dem nationalen Recht übergeordnet. Für die Mitgliedsländer bedeutete dies eine Einschränkung der Souveränität, die aber hingenommen, ja sogar bewußt gewollt war im Interesse der gemeinsamen Sache.

Andererseits war aber einigen Mitgliedern viel daran gelegen, die Einstimmigkeit bei der Beschlußfassung gemeinsamer Maßnahmen beizubehalten. Besonders der französische Staatschef Charles de Gaulle legte sein Veto ein, als - wie vertraglich vorgesehen - ab dem Jahre 1966 Mehrheitsentscheidungen das Prinzip der Einstimmigkeit ablösen sollten. Auslöser des Konfliktes waren die Agrarpolitik (die Frankreich besonders am Herzen lag) und die Kompetenzen des gemeinsamen Parlamentes. De Gaulle wollte eine Stärkung des Parlamentes, aber auch der Kommission auf jeden Fall verhindern, wobei auch eine persönliche Abneigung gegen den Kommissionspräsidenten Robert Hallstein eine Rolle spielte. Staat "Vereinigter Staaten von Europa" wollte er die Nationalstaaten erhalten und Europa sollte deshalb nur ein "Europa der Vaterländer" (Europe des patries) sein.

Wegen der Streitigkeiten um die Agrarpolitik und den Haushalt verließ Frankreich deshalb am 1. Juli 1965 den Ministerrat und die EWG war handlungsunfähig. Erst 1966 konnte auf einer gemeinsamen Tagung der Außenminister in Luxemburg ein Kompromiß gefunden werden, der eigentlich recht wage formuliert war, da man beschloß, auch strittigen Bereichen einen Konsens zu erreichen, bei denen nur eine Mehrheit anstelle der Einstimmigkeit erforderlich wäre. De facto behielten somit die einzelnen Staaten ihr Vetorecht, wie es von de Gaulle gewünscht war. Der in die Geschichte eingegangene "Luxemburger Kompromiß" sollte die Arbeit für die nächsten Jahre prägen, da jedes einzelne Land weiterhin die Möglichkeit hatte, seine Interessen zu wahren.

Die Auswirkungen des Luxemburger Kompromisses und die Notwendigkeit von Reformen

Der Zwang zur Einstimmigkeit behinderte ein schnelles und unkompliziertes Reagieren auf sich ändernde globale Situationen und die sich ändernden wirtschaftlichen Bedingungen, als das Wirtschaftswunder in Deutschland und den anderen Mitgliedsstaaten zu Ende ging, die alten Kolonialreiche sich weitgehend auflösten und es zu einer Entspannung zwischen den verschiedenen Systemen in Ost und West kam. Eine Reform der Institutionen und besonders eine Ausweitung der Kompetenzen war nötig, um mehr Handlungsfreiheit zu erreichen, zumal immer mehr europäische Staaten eine Mitgliedschaft anstrebten. Auch war es notwendig, Entscheidungsprozesse selbst zu vereinfachen.

Die Kommission verlor auf Grund der Beschlüsse von Luxemburg an Gewicht, da sie alle Vorschläge mit den Mitgliedsstaaten abstimmen mußte, was eine Fülle von Ausschüssen zur Folge hatte, in denen die Vorschläge beraten werden mußten. Aber nicht nur bzgl. Der Legislative und Exekutive gab es Beschränkungen, sonder der Einfluß auf die Gestaltung der europäischen Politik ging zurück, da die Staatschefs der Mitgliedsstaaten immer mehr sich selbst diese Aufgabe vorbehielten und Vorschläge auf gemeinsamen Tagungen berieten. Treffen fanden ab Beginn der siebziger Jahre und ab 1974 dann halbjährlich regelmäßig als "Europäischer Rat" statt. Offiziell gab es lt. Römischen Verträgen dieses Organ nicht, aber es wurde Usus, daß die Grundzüge der Politik immer mehr bei diesen Treffen der Staatschefs (oder ihrer Minister) ausgehandelt und beschlossen wurden.

Reformen kamen nur langsam zustande, da Erweiterungen der Gemeinschaft auch immer wieder Rückschläge brachten. Je mehr Staaten es gab, desto mehr verschiedene Interessen gab es- Neue Mitglieder fügten sich auch nicht nahtlos ein, sondern meinten sofort, ihre nationalen Interessen "durchpauken" zu müssen, um vermeintliche Vorteile für sich zu erzielen.

Mit dem Amtsantritt von Jacques Delors 1985 gelang es der Europäischen Kommission, wieder mehr Gestaltungsfreiraum zu erlangen, wobei sich Kommission und Rat gegenseitig befruchteten und Konzepten austauschten.. Die Beschlußfassung lag zwar bei den Staatschefs, aber der Kommission oblag es, diese in europäisches Recht umzusetzen. Häufig gab es auch Anweisungen an die Kommission, zu einzelnen Themenfeldern konkrete Konzepte für ein zukünftiges Gesetz zu erarbeiten.

Ein Stiefkind blieb aber immer noch das Europäische Parlament, da man zwar 1976 eine Direktwahl der Abgeordneten beschlossen hatte, die bei den Wahlen 1979 erstmals zum Zuge kam, aber zusätzliche Kompetenzen blieben verwehrt.

zurück
Die Europäische Freihandelszone

Einführung

Die Europäische Freihandelszone (englisch: European Free Trade Association, EFTA; französisch: Association européenne de libre-échange, AELE)) wurde - besonders auf Betreiben Großbritanniens, nachdem eine briitsche Annäherung an die EWG zu keinem Ergebnis führte - am 4. Januar 1960 in Stockholm gegründet. Zur EFTA gehörten die Länder Dänemark, Großbritannien, Liechtenstein, Norwegen, Österreich, Schweden und die Schweiz. Das entsprechende Übereinkommen trat am 3. Mai 1960 in Kraft. Zielsetzung war die Förderung von Wachstum und Wohlstand ihrer Mitgliedstaaten und die Vertiefung des Handels und der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den westeuropäischen Ländern wie auch der Welt insgesamt. Gleichzeitig sollte sie ein Gegengewicht zu den Europäischen Gemeinschaften und deren politischen Zielen bilden.

Nach dem Beitritt von Dänemark und Großbritannien (1973), Portugal (1986) sowie Finnland, Österreich und Schweden (1995) zur Europäischen Gemeinschaft (EG) und dem damit einhergehenden Austritt aus der EFTA umfasst diese nunmehr nur noch vier Staaten, nämlich Island, Norwegen, die Schweiz und Liechtenstein. Mit Ausnahme der Schweiz bilden diese Länder zusammen mit den Mitgliedern der EG den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Im August 2005 haben die zu Dänemark, aber nicht zur EG gehörenden Färöer-Inseln angekündigt, (wieder) Mitglied der EFTA werden zu wollen.

Institutionen

Es bestehen die folgenden EFTA-Institutionen:

- Das EFTA-Sekretariat in Genf, Brüssel und Luxemburg übernimmt verschiedene Verwaltungs- und Koordinierungsaufgaben.
- Die EFTA-Überwachungsbehörde in Brüssel überwacht die Einhaltung des EWR-Abkommens durch Island, Liechtenstein und Norwegen.
- Der Gerichtshof der EFTA (eingerichtet 1994, 3 Richter mit einer Amtszeit von 6 Jahren) in Luxemburg übt die gerichtliche Kontrolle in Bezug auf das EWR-Abkommen und die Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen aus.

Geschichtliche Entwicklung

Die Gründung der EFTA ist als Reaktion auf die Gründung der Europäischen Gemeinschaften zu verstehen und steht seit ihrer Gründung 1960 bis heute im engen Zusammenhang mit der Entwicklung der Europäischen Gemeinschaften zur heutigen EU.

Vorgeschichte

Der 2. Weltkrieg mit seiner zerstörerischen Kraft hatte in der westlichen Welt die Erkenntnis gebracht, dass politische Isolation und Protektionismus einen Neuaufbau in friedlichem Miteinander unmöglich machten. Bereits auf der 1944 abgehaltenen Konferenz von Bretton Woods war deshalb neben der Ausarbeitung eines Währungssystems für die Nachkriegszeit das Konzept einer weltweiten Handelsorganisation (International Trade Organization, ITO) erarbeitet worden, die alle Länder der westlichen Welt umfassen sollte. Zwar wurde die ITO selbst nie realisiert, sie bildete aber die Basis für das GATT-Abkommen 1948, dem Vorläufer der heutigen WTO.

Marshall-Plan und OEEC

Die USA stellten 1947 im Rahmen des European Recovery Program (ERP, Marshallplan) 13 Mrd. US-Dollar zum Wiederaufbau bereit, wobei die europäischen Länder in den Entscheidungsprozess über die Verwendung der bereitgestellten Mittel eingebunden werden sollten. Zu diesem Zweck wurde 1948 die Organization for European Economic Cooperation (OEEC), gegründet, um die Distribution der US-Hilfe und die Aufstellung europäischer Wiederaufbaupläne zu koordinieren und auf die Liberalisierung von Handels- und Zahlungsströmen hinzuwirken. Die OEEC wurde ihrerseits 1961 in die Organization for Economic Co-operation and Development (OECD) überführt.

Bei der Gründung der OEEC zeigte sich erstmals eine aufkommende Spaltung Westeuropas in zwei Lager: Die von Frankreich angeführten kontinentalen Föderalisten waren darum bemüht, zugunsten eines beschleunigten Einigungsprozesses nationale Kompetenzen auf europäische Ebene zu übertragen und die OEEC als supranationale Organisation zu etablieren. Die britischen und skandinavischen Funktionalisten lehnten hingegen jede Schwächung der eigenen Souveränität ab, wollten nur eine Kooperation der nationalen Regierungen zulassen. Sie konnten ihre Vorstellungen bei der Gründung der OEEC weitgehend durchsetzen.

Die Gründung der Europäischen Gemeinschaften

Um den Frieden in Europa dauerhaft zu sichern, wurde insbesondere eine Beendigung der historischen Rivalität zwischen Frankreich und Deutschland als notwendig erachtet. Nach einem Plan des französischen Außenministers Robert Schuman wurde von Deutschland, Frankreich, Italien und den Benelux-Ländern 1951 die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), Montanunion) gegründet, eine Zollunion im Montanbereich unter der Kontrolle einer weitestgehend souveränen Hohen Behörde.

Bereits 1955 wurde beschlossen, die bestehende Kooperation auf alle Bereiche der industriellen Produktion auszuweiten und durch eine weit reichende Koordinierung der Agrar- und Atompolitik zu ergänzen. Mit der Unterzeichnung der Römischen Verträge schufen die Sechs zum 1. Januar 1958 die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) und die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG).

Die Gründung der EFTA

Großbritannien war auf Grund seiner weltweiten Interessen und seiner engen wirtschaftlichen Verbindungen zum Commonwealth nicht an der Verwirklichung einer geschlossenen Wirtschaftszone interessiert und blieb bei der Gründung der Europäischen Gemeinschaften zunächst ebenso außen vor wie Schweden, die Schweiz und Österreich, die aufgrund ihrer Neutralität keine derart weit reichenden politischen Verpflichtungen eingehen konnten bzw. wollten. Der von Großbritannien unterbreitete Plan zur Schaffung einer OEEC-weiten Freihandelszone unter Wahrung nationaler Zolltarife und eigener Außenhandelspolitiken scheiterte jedoch im Dezember 1958 in den so genannten Maudling-Verhandlungen. Großbritannien wollte durch die Gründung dieser Freihandelszone auch Mitglieder der europäischen Gemeinschaften anziehen, um deren Bedeutung zu schwächen, was aber nicht gelang.

Stattdessen wurden 1959 Verhandlungen zur Realisierung einer Ersatzlösung, der Schaffung einer kleinen Freihandelszone von sieben Ländern – Dänemark, Großbritannien, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, Schweiz – aufgenommen. Diese mündeten nach nur sechs Monaten in die Stockholmer Konvention, dem Gründungsdokument der EFTA, auch als Übereinkommen zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation bekannt. Es beschreibt die Ziele der EFTA und legt die Rechte und Pflichten der Mitgliedstaaten fest.

Die Stockholmer Konvention wurde am 4. Januar 1960 unterzeichnet und trat am 3. Mai 1960 in Kraft. Die erste im Vertrag vorgesehene Zollsenkung nach Artikel 3 erfolgte zum 1. Juli 1960 und wurden schrittweise bis 1970 ganz abgebaut. Das EFTA-Übereinkommen galt auch für Liechtenstein, welches mit der Schweiz durch eine Zollunion verbunden war. Ab Juni 1961 war auch Finnland durch ein Assoziationsabkommen in den territorialen Anwendungsbereich der EFTA mit einbezogen.

Zielsetzungen der EFTA

Die EFTA war von Anfang an als temporäre Organisation geplant, um durch Bündelung der gemeinsamen Interessen eine Annäherung an die EG zu erleichtern und die in der Präambel als primäres Ziel definierte Schaffung eines freien, alle OEEC-Länder umfassenden Marktes zu verwirklichen. Zwischenzeitlich sollte ein Abbau der Zollschranken den freien Handel zwischen den Mitgliedern erleichtern und den freien Welthandel im Sinne des GATT-Abkommens fördern. Artikel 2 der Stockholmer Konvention fordert konkret die Förderung von Wirtschaftswachstum, Vollbeschäftigung, Produktivitätssteigerungen und finanzieller Stabilität zur stetigen Verbesserung des Lebensstandards, die Gewährleistung gerechter Handels- und Wettbewerbsbedingungen, die Erzielung und Aufrechterhaltung eines Ausgleiches zwischen den Partnern und den verschiedenen Wirtschaftssektoren, einen aktiven Beitrag zur Ausweitung des Welthandels zu leisten. Anders als die EG, die die ökonomische Integration im wesentlichen als einen Zwischenschritt zur angestrebten politischen Integration betrachtete, wollte die EFTA ihren Mitgliedstaaten die volle politische Handlungsfreiheit erhalten; ein wesentliches Merkmal dafür war der Verzicht auf gemeinsame Außenzölle. Aufgrund erheblicher struktureller Differenzen wurden auch Landwirtschaft und Fischerei nicht miteinbezogen, außerdem wurde von einer Harmonisierung der nationalen Steuer- und Sozialsysteme abgesehen. Im Gegensatz zu den auf unbefristete Zeit angelegten EG-Verträgen definiert das EFTA-Abkommen auch das Recht, nach zwölfmonatiger Kündigungsfrist aus der Assoziation auszutreten.

Organe der EFTA

Gemäß der EFTA-Philosophie, der Entstehung supranationaler Vollmachten entgegenzuwirken, sollten die notwendigen Institutionen mit einem Minimum an Organisationsaufwand so flexibel wie möglich bleiben. Als einziges Entscheidungsorgan wurde daher nach Artikel 32 der Stockholmer Konvention der EFTA-Rat geschaffen, der regelmäßig auf Minister- oder Beamtenebene zusammentrat und die politische Führung der EFTA bildete. Der EFTA-Rat konnte gleichzeitig Beschlüsse fassen und deren Umsetzung überwachen. Allerdings besteht ein dem Europäischen Gerichtshof vergleichbarer Gerichtshof, der EFTA-Gerichtshof in Luxemburg.

Zur Unterstützung des Rates konnten je nach Bedarf Arbeitsgruppen und Komitees einberufen werden. Eine Sonderstellung nahm hierbei das Konsultativkomitee ein, das aus führenden, politisch unabhängigen Persönlichkeiten aus verschiedensten Bereichen der Wirtschaft aller Mitgliedstaaten bestand und eine Wahrnehmung der öffentlichen Meinung durch den Rat vereinfachte.

Weiterhin wurde am Amtssitz der EFTA in Genf ein für die Gesamtkoordination der EFTA-Aktivitäten verantwortliches ständiges EFTA-Sekretariat errichtet, wozu bis in die 90er Jahre nicht mehr als 150 Mitarbeiter nötig waren, während die EG-Kommission in Brüssel bereits in den 60er Jahren mehr als 5.000 Mitarbeiter beschäftigte.

Die Entwicklung der EFTA bis heute

1960-69: EG/EFTA-Rivalität

Nach Gründung von EG und EFTA herrschte zwischen beiden Organisationen zunächst ein starkes Konkurrenz- und Rivalitätsdenken. Die EFTA war im ersten Jahrzehnt ihres Bestehens vorwiegend darum bemüht, sich als alternatives Integrationsmodell zu etablieren und die eigene Handlungsfähigkeit zu beweisen. Dies geschah vor allem durch Abbau der Binnenzölle, die nach beschleunigtem Zeitplan bereits zum 31. Dezember 1966, drei Jahre früher als zunächst geplant, stufenweise abgeschafft wurden.

Das Ziel der EFTA, eine starke Verhandlungsposition gegenüber der EG zu schaffen, wurde aber nicht erreicht. Verschiedene Versuche der gemeinsamen Annäherung der EFTA-Staaten an die EG in den Jahren 1960/61 blieben erfolglos und wurden von einer bilateralen Vorgehensweise abgelöst. Insbesondere in Großbritannien hatte man erkannt, dass sich das wirtschaftliche Wachstum in den EG-Staaten schneller vollzog als in der EFTA und dass eine politische Isolation drohte. Im Juli 1961 entschloß sich daher das Vereinigte Königreich, den EG-Beitritt zu beantragen. Diesem Antrag schlossen sich auch Dänemark, Norwegen und – außerhalb der EFTA – Irland an, während die neutralen EFTA-Staaten Österreich, Schweden und Schweiz die EG-Assoziierung beantragten.

Die von Frankreich und Deutschland dominierte EG ließ die Beitrittsverhandlungen im Januar 1963 zunächst jedoch scheitern. Erst nach Ablösung des französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle durch Georges Pompidou wurde über die 1967 erneut gestellten Beitrittsanträge beraten. Der grundsätzliche Beschluss zur ersten EG-Erweiterung wurde im Dezember 1969 gefaßt.

1969-84: EG-Erweiterung und Freihandelsabkommen

Großbritannien und Dänemark traten zum 1. Januar 1973 aus der EFTA aus und zusammen mit Irland in die EG ein, in Norwegen wurde der EG-Beitritt per Referendum abgelehnt. Die erste EG-Erweiterung markierte den Beginn eines neuen Abschnittes zwischen EG und EFTA, die als pragmatischer Bilateralismus bezeichnet werden kann.

Auf Initiative Großbritanniens wurden zwischen der EG und den einzelnen EFTA-Staaten, zu denen ab 1970 auch Island gehörte, bilaterale Freihandelsverträge abgeschlossen. Innerhalb von vier Jahren, bis zum Juli 1977, konnte die größte Freihandelszone der Welt für gewerbliche und industrielle Erzeugnisse realisiert werden.

Den neutralen EFTA-Staaten öffneten sich damit die EG-Märkte für industrielle Güter, während ihnen die volle wirtschaftspolitische Handlungsfreiheit erhalten blieb. Über die Bereiche des Freihandels hinaus waren die EFTA-Staaten zudem um eine Zusammenarbeit mit der EG bemüht, unter anderem in den Bereichen Umweltschutz, Forschung und Technik, Atomenergie, Fischerei und Schifffahrt sowie technische Normen. Gleichzeitig ergab sich für die EFTA aber auch die Situation, daß mit der Verwirklichung der europaweiten Freihandelszone für industrielle Güter die vertraglichen Ziele zwar weitgehend erreicht worden waren, sie jedoch an Bedeutung und Attraktivität gegenüber der EG verloren hatte und auf die Funktion der bloßen Verwaltung des Freihandels reduziert zu werden drohte.

1984-89: EG-Binnenmarkt und Luxemburg-Prozeß

Vor dem Hintergrund der Beseitigung der letzten quantitativen Restriktionen fand im April 1984 in Luxemburg ein gemeinsames Ministertreffen von EG und EFTA statt. Bei dieser ersten gemeinsamen Ministertagung beschloss man, die bestehende Kooperation fortzusetzen und auf Basis eines neuen multilateralen Dialoges den so genannten Luxemburg-Prozess zu etablieren. In diesem Zusammenhang wurde erstmals vom Konzept eines dynamischen Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) gesprochen, der einen Ausbau des freien Handels gewährleisten sollte.

Aus Sicht der EG aber war die bislang angewandte Form des bilateralen Dialogs mit einzelnen EFTA-Staaten nicht mehr geeignet, weil individuelle Verhandlungen die homogene Ausgestaltung der externen Beziehungen der EG erschwerten. Durch Ausklammerung sensibler Bereiche, wie z. B. der Landwirtschaft oder dem freien Personenverkehr, wurde aus Sicht der EG der Eindruck erweckt, dass sich die EFTA-Staaten ökonomische Vorteile verschaffen würden, ohne entsprechende Gegenleistungen zu erbringen.

1987 hatte die – ein Jahr zuvor um Spanien und Portugal erweiterte – EG in der Einheitlichen Europäischen Akte außerdem beschlossen, bis 1992 einen Europäischen Binnenmarkt zu verwirklichen. Auf der EFTA-Ministerkonferenz von Interlaken 1987 verkündete die EG-Kommission deshalb drei Prinzipien für die zukünftige Gestaltung der Beziehungen zur EFTA:

- die Priorität des eigenen Integrationsprozesses gegenüber dem Ausbau externer Relationen,
- die Bewahrung interner Entscheidungsautonomie und die Abwehr externer Einflüsse auf die innere Autonomie,
- die Sicherstellung einer ausgewogenen Verteilung von Rechten und Pflichten (advantages and obligations).

Die Priorität der Vollendung des Binnenmarktes gegenüber einem Ausbau der externen Beziehungen der EG bedeutete, dass die traditionelle Vorgehensweise der EFTA, eine nur schrittweise vollzogene Annäherung an die EG zu betreiben, nun nicht mehr erfolgreich sein würde. Für die EFTA-Staaten bestand damit erneut die Gefahr der Marginalisierung durch die EG. Zwar waren EFTA und EG gemessen am Außenhandel zum jeweils wichtigsten Wirtschaftspartner des anderen geworden, aufgrund ihrer Größe waren die EFTA-Länder jedoch weit stärker von der EG abhängig als umgekehrt. Als Nichtmitglieder verfügten sie jedoch über kein politisches Mitbestimmungsrecht innerhalb der EG.

1989-95: EWR und zweite EG-Norderweiterung

In der Situation des zum Stillstand gekommenen Luxemburg-Prozesses unterbreitete im Januar 1989 der Präsident der EG-Kommission, Jacques Delors, den Vorschlag, die Annäherung zwischen EG und EFTA auf eine neue institutionelle Basis zu stellen. Die EFTA-Staaten sollten als ganzes in den Gemeinsamen Markt eingebunden und in gemeinsame Entscheidungs- und Verwaltungsprozesse integriert werden.

Die Delors-Initiative wurde von den EFTA-Staaten positiv aufgenommen, bedeutete dies doch für sie eine Öffnung des Gemeinsamen Marktes auf Basis der vier Grundfreiheiten, ohne an den gemeinsamen EG-Politiken teilnehmen zu müssen: ausgeklammert aus den ab 1990 offiziell geführten EWR-Verhandlungen blieben z. B. die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die Agrarpolitik, die Verkehrspolitik, die Steuer- und Finanzpolitik und die Teilnahme an der geplanten Wirtschafts- und Währungsunion.

Zwar fiel es den einzelnen EFTA-Staaten zunächst schwer, die stark differierenden nationalen Interessen in einer gemeinsamen Position zu vereinen, grundsätzlich war man aber bereit, den Standpunkt der EG, das bestehende EG-Recht in vollem Umfang beizubehalten und die Regeln des Binnenmarktes auf den EWR zu übertragen, zu akzeptieren. Der Acquis communautaire (rechtlicher Besitzstand der EG) wurde jedoch nur als Ausgangspunkt betrachtet, um unter Berücksichtigung spezifischer nationaler Interessen zu individuellen Übergangs- und Sonderregelungen zu gelangen. Insbesondere wurden eine angemessene aktive Beteiligung bei der Gestaltung zukünftigen EWR-Rechts gefordert.

Durch den Zusammenbruch der sozialistischen Systeme in Osteuropa hatten sich jedoch die internationalen politischen Rahmenbedingungen entscheidend verändert, und die EG konnte noch stärker als politisches und ökonomisches Kraftzentrum in Europa in Erscheinung treten. Mit Beendigung des Ost-West-Konfliktes hatte für viele EFTA-Staaten die Neutralitätspolitik ihren dominierenden Charakter verloren und die politische Rechtfertigung für eine Sonderbehandlung der EFTA-Staaten war entfallen. Dies bedeutete, dass die EG nur noch zu wenigen Zugeständnissen bereit war und kompromisslos auf den eigenen Standpunkten beharren konnte.

Dies zeigte sich vor allem bei solchen Fragen, die die Mitbestimmung und die Auslegung von europäischem Recht betrafen. Die EFTA-Staaten mussten sich zwar verpflichten, sich am finanziellen Ausgleich strukturschwacher europäischer Regionen finanziell zu beteiligen, eine echte Mitbestimmung im von der EG dominierten EWR-Ministerrat, -Gerichtshof und im Gemeinsamen Komitee wurde ihnen jedoch nicht zugestanden; insbesondere das Europäische Parlament und der Europäische Gerichtshof hatten sich diesen Forderungen vehement widersetzt. Außerdem mussten sie eine automatische Übernahme aller zukünftigen Acquis akzeptieren, ohne am politischen Prozess beteiligt zu werden.

Insgesamt eröffnete der EWR zwar allen beteiligten Staaten die Erschließung großer Marktpotenziale und verschaffte den EFTA-Staaten zudem gewisse Privilegien gegenüber den osteuropäischen Ländern, aus Sicht der EFTA-Staaten war damit jedoch das eigentliche Ziel, die Chancengleichheit zwischen EG- und EFTA-Staaten zu wahren und der drohenden Marginalisierung zu entgehen, verfehlt. Der EWR stellte somit keine echte Alternative zur EG-Mitgliedschaft dar. Da eine echte Mitwirkung an politischen Entscheidungsprozessen in der EG nur als Vollmitglied erreicht werden könne, entschieden sie sich sukzessiv, den Beitrittsantrag zu stellen. Auf Österreich (1989) und Schweden (1991) folgten 1992 Finnland, die Schweiz und Norwegen, wodurch die EWR-Verhandlungen in gewisser Weise den Charakter von vorgezogenen EG-Beitrittsverhandlungen annahmen.

Dennoch wurde die Schaffung des EWR zum 1. Januar 1993, parallel zum Beginn des EG-Binnenmarktes beschlossen. Das EWR-Abkommen trat am 1. Januar 1994 in Kraft. Während die norwegische Bevölkerung 1994 bereits zum zweiten Mal den EG-Beitritt ablehnte und die Schweiz auch das EWR-Abkommen nicht ratifizierte, traten Österreich, Finnland und Schweden zum Januar 1995 der Europäischen Union bei.

Ab 1996: Die EFTA heute

Seit 1995 wird die EFTA nur noch von Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz gebildet. Trotz großer Heterogenität und stark differierender wirtschaftspolitischer Interessen beschlossen aber die EFTA-Minister bei ihren gemeinsamen Treffen im Dezember 1994 und Juni 1995, die EFTA als Zweckverband fortzuführen und als Pfeiler im EWR zu erhalten.

Eine Aufnahme neuer Mitglieder war nach Ablehnung des slowenischen Beitrittsgesuches im Herbst 1995 hingegen unwahrscheinlich geworden. Trotzdem haben gewisse Länder, unter anderem Algerien, Interessen bezüglich Beitritt angemeldet. Eine zeitweilig diskutierte Funktion als Warteraum für osteuropäische Länder, die über einen mit der EFTA-Mitgliedschaft verbundenen EWR-Beitritt in kleinen Schritten an die EU hätten herangeführt werden können, erwies sich als zu wenig attraktiv. In der politischen Praxis wurde diese Idee deshalb nicht weiter verfolgt.

Gemäß einem Beschluß von 1999 wurde das EFTA-Übereinkommen zum 1. Juni 2002 um die so genannte Vaduzer Konvention ergänzt, um eine Anpassung an die EWR-Vereinbarungen (bzw. die Nichtteilnahme der Schweiz) sowie die 1995 etablierte WTO zu erreichen.

Die Aufgabe der EFTA beschränkt sich heute vorwiegend auf die Verwaltung und Umsetzung der EFTA-Konvention (EFTA-interner Handel), das EWR-Abkommen sowie dem Abschluss von Freihandelsabkommen mit Drittländern, die seit den 1990er Jahren verstärkt geschlossen wurden. Nach der Osterweiterung der EU am 1. Mai 2004 sind acht Freihandelsabkommen der EFTA-Staaten mit Staaten Mittelosteuropas beendet worden. Heute bestehen insgesamt 17 Freihandelsabkommen mit südosteuropäischen Ländern, den meisten Mittelmeer-Anrainerstaaten sowie lateinamerikanischen (Mexiko, Chile) und asiatischen (Singapur, Südkorea) Ländern. Zuletzt kamen 2008 die Freihandelsabkommen der EFTA mit Ägypten und der Südafrikanischen Zollunion (SACU) hinzu, durch die der Handel mit Industriegütern, verarbeiteten landwirtschaftliche Produkten sowie Fisch und anderen Meeresprodukten liberalisiert werden soll. Des Weiteren wurden 2008 die Verhandlungen über Freihandelsabkommen mit dem Golf-Kooperationsrat (GCC) und Peru abgeschlossen, die 2009 unterzeichnet werden sollen. Derzeit verhandeln die EFTA-Staaten mit Thailand und Indien über den Abschluß von Freihandelsabkommen. In verschiedenen Stadien der Machbarkeitsprüfung befinden sich potentielle Abkommen mit Indonesien, dem Mercosur, Malaysia und Hong Kong.

zurück
Die Europäische Gemeinschaft

Von der EWG der Sechs zur EG der Neun als Westerweiterung

Jahrelang hatte sich ein wichtiges Land der Teilnahme an der europäischen Integration standhaft verweigert. Großbritannien sah- auch auf Grund seines nach dem 2. Weltkrieg immer noch bestehenden großen Kolonialbesitzes - die transatlantische Bindung an die USA als wichtiger an. Als einziges Land hatte man seit Kriegsbeginn gegen Deutschland gekämpft, war nie besetzt worden und fühlte sich nach 1945 immer noch als Weltmacht. Neben der traditionellen ""special relationship" zu den USA und dem "Empire" gab es wenig Neigung, sich auf (West-)Europa einzulassen, zumal man besonders Frankreich, aber auch Deutschland als Konkurrenten ansah.

Einen ersten "Dämpfer" erhielten die britischen Weltmachtsansprüche 1956 nach der gescheiterten Suez-Aktion, als die USA sich gegen Großbritannien stellten und - in Abstimmung mit der Sowjetunion - sich gegen die militärische Aktion stellten, um eine Nationalisierung des Suez-Kanals durch Ägypten zu verhindern. Auch die schleichend einsetzende Auflösung des Kolonialreiches, als immer mehr Kolonien autonom und unabhängig wurden, schwächte die Bedeutung des Empires. Der Commonwealth war kein vollwertiger Ersatz, da er nur eine lockere Interessengemeinschaft war.

Eine erste Annäherung gab es, als Großbritannien als Ersatz für die EWG eine gemeinsame Freihandelszone vorschlug. Wegen des Commonwealth und der - zumindest noch immer engen wirtschaftlichen - Verflechtungen kam ein Beitritt zur EWG nicht in Frage, da dies bedeutet hätte, sich den westeuropäischen Außenhandelszoll-Bestimmungen zu unterwerfen und den Freihandel mit den ehemaligen kolonialen Besitzungen aufzugeben. Außerdem hatte man kein Interesse, die kontinentale Agrarwirtschaft mit zu subventionieren. Nach ersten Verhandlungen mit der EWG initialisierte man dann 1960die Europäische Freihandelszone. Da die in die EFTA gesetzten Erwartungen sich nicht erfüllten und die britische Wirtschaft stagnierte, stellte man schon 1961 einen offiziellen Antrag auf Beitritt zu den Organisationen der EWG, die aber am Einspruch Frankreichs, da man die eigenen Interessen wegen der engen britisch-amerikaniischen Verflechtungen gefährdet sah und einen zu starken Einfluß der USA verhindern wollte. Außerdem wäre das Gewicht Frankreichs in der EWG zurückgegangen, was sich auch negativ auf die äußerst engen französisch-deutschen Beziehungen hätte auswirken können. 1967 scheiterte Großbritannien erneut an Frankreich.

Im Jahre 1969 wurde Georges Ponpidou neuer Staatspräsident in Frankreich, der Großbritannien unter Premierminister Edward Heath als Gegenpol zu Deutschland unter der neuen Regierung von Willy Brandt sah, die sich um eine Aussöhnung mit Osteuropa bemühte. Der Beitritt Großbritanniens erfolgte im Jahre 1973

Von der EG der Neun zur EG der Zwölf als Süderweiterung

Weitere Beitrittsländer waren Dänemark und Irland. Dänemark war politisch und wirtschaftlich stark auf Skandinavien fixiert und Irland stark auf Großbritannien (und somit auf die USA). Zwar hatten beide Länder sich schon 1961 um einen Beitritt bemüht, dieses Ansinnen aber aus Solidarität mit Großbritannien dann wieder zurückgezogen. Auch Norwegen hatte sich 1961 dem Beitrittsgesuch angeschlossen,, aber im September 1972 sprach bei einer Volksabstimmung dieses Vorhaben keine Mehrheit.

In den achtziger Jahren stellten dann auch Griechenland, Portugal und Spanien einen Beitrittsantrag.. Griechenland wurde zu der Zeit von einer Militärdiktatur beherrscht und war - als ausgeprägter Agrarstaat- im Vergleich zu vielen westeuropäischen Ländern wirtschaftlich "rückständig" Schon 1962 hatte man ein Assoziierungsabkommen mit einer langen Übergangsphase für eine mögliche Vollmitgliedschaft geschlossen. Das Abkommen wurde nach dem Militärputsch vom April 1967 dann aber erst einmal ausgesetzt. Nach dem Ende der Diktatur im Jahre 1974 stellte die griechische Regierung schon im Juni 1974 den Antrag, daß man möglichst schnell beitreten könne. Schon im November 1974 kam es dann zu Beitrittsverhandlungen, die im Jahre 1981 zum Beitritt des Landes führten.

Portugal und Spanien wurden schon seit den fünfziger Jahren durch Diktatoren regiert, so daß für die sechs Mitglieder der EWG ein Beitritt dieser Länder ausgeschlossen galt. Auch diese beiden Staaten stellten 1962 einen Antrag auf Assoziierung, auf das zurückhaltend reagiert wurde. 1970 wurde mit Spanien wenigstens ein Handelsabkommen geschlossen du mit Portugal begannen Vertragsverhandlungen ab 1973 im Rahmen der Annäherung zwischen EWG und EFTA. Im April 1974 wurde Caetano in Portugal durch die sog. "Nelkenrevolution" gestürzt und 1975 wurde Spanien nach dem Tod Francos eine konstitutionelle Monarchie. Deshalb stießen die Aufnahmeanträge von Portugal im März 1977 und von Spanien im Juli 1975 auf ein positives Echo. Wegen der wirtschaftlichen Rückständigkeit beider Länder konnte der Beitritt allerdings erst am 1. Januar 1986 erfolgen.

Reformpläne und die Einheitliche Europäische Akte

1986 war - nach Beitritt Portugals und Spaniens - die Gemeinschaft von ursprünglich sechs auf nun zwölf Mitglieder angewachsen, so daß Reformen der europäischen Organisationen immer dringender wurden. Das Prinzip der Einstimmigkeit bei der Beschlußfassung erwies als besonderes Hindernis für eine konstruktive weitere Entwicklung. Zudem waren die achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts auch wirtschaftlich schwierig, nachdem schon 1971 die USA die Goldbindung des US-Dollars aufgehoben hatte, was maßgeblich auch zur Stabilität des Weltwährungssystems beigetragen hatte.

Dies führte schon in den siebziger Jahren weltweit zu einer inflationären Entwicklung und wirtschaftlicher Instabilität, Hinzu kam - in Folge des sog. Yom-Kippur-Krieg zwischen Israel und den arabischen Staaten im Oktober 1973 - die Ölkrise des Jahres 1974, als die Ölproduzenten aus Rache für die westliche Unterstützung Israels die Ölproduktion drastisch drosselten.

Im Februar 1981 stimmte das Europäische Parlament mit großer Mehrheit einen Entwurf für eine umfassende Neuordnung der Institutionen, der aber nicht zum Tragen kam. Mehr Erfolg hatte der sog. "Genscher-Colombo-Plan", eine Initiative von Deutschland und Italien, der ebenfalls 1981 vorgelegt wurde und eine Ausdehnung gemeinsamer Politikmaßnahmen vorsah. Zunächst scheiterte auch dieser Plan, aber 1984 wurde er erneut aufgegriffen. Der französische Staatspräsident Francois Mitterand sah sich auf Grund der desolaten Lage der französischen Wirtschaft und ihrer mangelnden Konkurrenzfähigkeit gezwungen, für eine liberalere Außenwirtschaft zu sorgen. Er traf dabei besonders bei dem neuen Bundeskanzler Helmut Kohl und seinem Außenminister Hans-Dietrich Genscher auf großes Interesse, da beide die europäische Einigung vorantreiben wollte. Kohl hatte nämlich erklärt, daß sein größtes politisches Ziel die "Vereinigten Staaten von Europa" wären. Er sah die Chance, mit Frankreich zusammen zum "Motor" des Integrationsprozesses zu werden.

Bei einer Ratstagung im Juni 1984 in Fontainebleau beschlossen die Staatschefs die Bildung von zwei Arbeitsgruppen, die sich mit den Themen "Europa der Bürger" und "Reform der Gemeinschaft" beschäftigen sollten. Bei einer Tagung im Juni 1984 sprachen sich zwar Großbritannien, Dänemark und Griechenland gegen eine Änderung aus, aber die Mehrheit plädierte für die Einberufung einer Regierungskonferenz. Wichtig an diesem Ereignis war, daß zum ersten Mal das durch den Luxemburger Kompromiß fest geschriebene Prinzip der Einstimmigkeit durchbrochen wurde. Trotz Bedenken nahmen an der Konferenz aber dann auch die drei Nein-Sager teil, um zumindest das Ergebnis beeinflussen zu können.

Als Ergebnis der Konferenz gab es die sog. "Einheitliche Europäische Akte" (EEA), die am 28. Februar 1986 unterzeichnet, am 1. Juli 1987 in Kraft trat und eine weit reichende Reform war. Nun waren wieder im Ministerrat Mehrheitsentscheidungen möglich, die zudem über die in den Verträgen von Rom und Paris vorgesehenen hinausgingen. Der Luxemburger Kompromiß wurde somit aufgehoben. Bisher konnte ein Veto eines Mitgliedsstaates Entscheidungen blockieren, aber es bestand nun auch die Möglichkeit, überstimmt zu werden.

Die Vollendung des Binnenmarktes

Besonders für die Frage der Vollendung des Binnenmarktes waren Mehrheitsentscheidungen vorgesehen, weshalb der Art. 82 neu in den EWG-Vertrag aufgenommen wurde, der lautete: "Die Gemeinschaft trifft die erforderlichen Maßnahmen, um bis zum 31. Dezember 1992 den Binnenmarkt schrittweise zu verwirklichen. Der Binnenmarkt umfaßt einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital ... gewährleistet ist."

Nach der 1968 geschaffenen Zollunion sollten nun einheitliche Sicherheits- und Verbraucherschutzstandards eingeführt und ein Markt mit uneingeschränkter Mobilität der Produktion realisiert werden. Dies war eigentlich ein schon 1957 vorgesehenes Ziel, das aber noch nicht ganz erreicht worden war. Die Mitglieder der Gemeinschaft verzichteten also auf ihr Vetorecht und strebten einen "echten" Binnenmarkt an. In Fragen des Steuerrechts blieb der Zwang zum Konsens allerdings bestehen. Zwar hätten gleiche Steuersätze die Chancengleichheit verbessert, aber besonders Großbritannien beharrte auf seinem Recht zur Steuererhebung. Auch bei der Freizügigkeit mit Gewährung von Aufenthaltserlaubnissen, Arbeitserlaubnissen und grenzüberschreitender Kriminalitätsbekämpfung gab es Vorbehalte, so daß bis zum 31. Dezember 1992 nur der freie Verkehr von Waren, Kapital und Dienstleistungen im europäischen Recht verankert werden konnte, während der freie Personenverkehr nicht vereinbart wurde.

Die Anfänge einer politischen Integration

Schon seit den siebziger Jahren gab es eine Zusammenarbeit der EU-Mitglieder in der Außenpolitik, die als Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ) vertraglich festgehalten worden war. Damals hatte eine Gruppe von Diplomaten und Beamten der Außenministerien unter Vorsitz des Belgiers Etienne Davignon im Dezember 1969 einen entsprechenden Vorschlag entwickelt, um regelmäßige Treffen der Außenminister zu initiieren, um ein gemeinsames Vorgehen in außenpolitischen Fragen zu koordinieren. Organisatorische Einheiten waren aber nicht entstanden, da es nur ein Politisches Komitee gab, das zweimal im Jahr die Außenministertreffen vorbereitete und aus den Führungskräften der nationalen Ministerien bestand. Ein Erfolg dieser Bemühungen war eine gemeinsame Haltung zum KSZE-Prozeß und die Schlußakte von Helsinki aus dem Jahre 1973 enthielt nicht nur die Unterschriften der Staats- und Regierungschefs sondern auch die des italienischen Ministerpräsidenten Aldo Moro "im Namen der Europäischen Gemeinschaften". Bezüglich des Nahostkonfliktes gelang es aber nicht, zu einer gemeinsamen Haltung zu finden. Europa war uneins wegen der wirtschaftlichen Auswirkungen, die durch den Angriff der Araber auf Israel im Oktober 1973 und die folgende Ölkrise eintraten. Auch in der Afghanistanfrage, als die Sowjetunion 1979 das Land angriff, war man unterschiedlicher Meinung

zurück
Die Europäische Union

Der Vertrag von Maastricht und die Norderweiterung

In der zweiten Hälfte der achtziger Jahre kam der Integrationsprozeß weiter voran, Dabei spielte u.a. auch die Frage nach einer gemeinsamer Währung eine Rolle. Nachdem es 1965/66 zu einer Schwächung der Europäischen Kommission gekommen war, wurde deren Rolle durch die Einheitliche Europäische Akte (EEA) wieder gestärkt. Seit Januar 1985 war Jacques Delors Präsident der Kommission, der sich vorgenommen hatte, das Binnenmarktprojekt bis 1992 zu realisieren und das Glück hatte, in dem französischen Präsidenten Francois Mitterrand und dem deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl wichtige Mitstreiter zu finden.

Aber auch die Zeitumstände waren günstig für Delors, da am 9. November 1989 die Berliner Mauer fiel und das Ende der kommunistischen Regime in Osteuropa sowie das Ende des Ost-West-Konfliktes eingeleitet wurde. Besonders die ehemaligen Siegermächte des 2. Weltkrieges, namentlich Frankreich und Großbritannien, waren zunächst skeptisch, als ein wiedervereinigtes Deutschland entstand, wodurch die europäischen Machtverhältnisse verschoben wurden. Es war das besondere Verdienst von Helmut Kohl, die Nachbarn zu beruhigen, indem er die deutsche Wiedervereinigung als Motor einer Beschleunigung der europäischen Integration anpries. Zwar blieb die britische Premierministerin Margret Thatcher weiterhin skeptisch aber Francois Mitterand konnte überzeugt werde und auch der amerikanische Präsident George Bush zeigte Sympathie für die deutsche Wiedervereinigung. Ende 1989 erklärte sich auch der sowjetische Präsident Michail Gorbatschow einverstanden, so daß Widerstand seitens Frankreichs und Großbritanniens angesichts der zustimmenden Haltung der beiden Großmächte USA und Sowjetunion zwecklos war. Frankreich setzte deshalb die Deutschlandpolitik der späten vierziger und fünfziger Jahre, die im Schuman-Plan festgelegt war, konsequent. fort und Helmut Kohl verstand es, die Wiedervereinigung in einen europäischen Kontext einzubinden.

Nachdem schon im Dezember 1989 der Europäische Rat die Einsetzung einer Regierungskonferenz zur Vorbereitung einer Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion beschlossen hatte, nahmen Francois Mitterand und Helmut Kohl im April 1990 angesichts der Entwicklung im Ostblock die Gelegenheit war und starteten eine gemeinsame Initiative zur Beschleunigung des Integrationsprozesses. Sie schlugen eine weitere Konferenz zur Verwirklichung einer Politischen Union vor, wobei die Reformen Anfang 1993 umgesetzt werden sollten.

Im Dezember 1991 kam es so zur Billigung des Vertrages von Maastricht, der dort am 7. Februar 1992 als "Vertrag über die Europäische Union" unterzeichnet wurde. Das Inkrafttreten verzögerte sich aber bis zum 1. November 1993, da die Bevölkerungen von Dänemark, Frankreich und Irland das Vertragswerk in Volksabstimmungen noch billigen mußten. In Irland gab es dabei eine deutliche Mehrheit, die in Frankreich sehr knapp ausfiel. Die dänische Bevölkerung lehnte die Ratifizierung mit 50,7 Prozent ab. Ende 1992 wurden Dänemark in Edinburgh zahlreiche Ausnahmeregelungen gewährt und daraufhin wurde der Vertragstext in einem Referendum vom Mai 1993 auch von der dänischen Bevölkerung gebilligt. Aber auch in Deutschland gab es Vorbehalte, die aber durch ein Grundsatzurteil vom 12. Oktober 1993 des Zweiten Senates des Bundesverfassungsgerichtes ausgeräumt wurden, als mehrere Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen wurden. Deutschland war somit der letzte der zwölf Staaten, die den Vertrag ratifizierten und die Europäische Union war gegründet.

Die Struktur der Europäischen Union

Die Struktur der Europäischen Union basierte auf drei Säulen, wobei es zwei schon seit längerem gab, nämlich die drei Gemeinschaften, die reformiert wurden, und die im Vertrag neu begründete "Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik" (GASP), die einer Weiterentwicklung der EPZ der siebziger und achtziger Jahre war. Neu war die "Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres" (ZBJI). Diese drei Säulen trugen das Dach, das durch die gemeinsamen Organe und Institutionen gebildet wurde.

Das bedeutendste Element waren sicherlich die Europäischen Gemeinschaften, nämlich die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), die nun "Europäische Gemeinschaft" (EG) hieß, die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) und die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), deren Vertrag aber im Juli 2002 auslief, da deren Regeln seitdem dem EU-Vertrag unterlagen. Die erste Säule hatte als Merkmal die supranationale Form der Entscheidungsfindung, wobei die Mitgliedsstaaten Teile ihre Souveränität an die Gemeinschaften abgaben.

Bezüglich der anderen beiden Säulen gab, daß ein Konsens aller Staaten erforderlich ist und supranationale Organe wie EU-Kommission, Parlament und Gerichtshof nur eingeschränkte Befugnisse haben. Deshalb wurde das bald darauf geschaffene Amt des "Hohen Vertreters für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik" auch nicht bei der Kommission angesiedelt, sondern an die Funktion des Generalsekretärs des Rates angekoppelt. GASP und ZBJI hatten Auswirkungen auf die Innen-, Justiz- und Außenpolitik der Mitgliedsstaaten und diese wollten sich nur ungern supranationalen Entscheidungen ohne Möglichkeit eines Einspruchrechtes unterwerfen.

Auswirkungen des Vertrages auf die Institutionen

Das Entscheidungsrecht in der Außen-, Innen- und Justizpolitik lag also ausschließlich beim Ministerrat, aber bei den Kompetenzen der EU-Organe gab es Veränderungen. Bei gewissen Fragen sollte das EU-Parlament zukünftig gleichberechtigt bei der Schaffung eines einheitlichen europäischen Rechtes beteiligt werden, wie z. B. bei der Angleichung von nationalen Rechtsvorschriften und dem Funktionieren des Binnenmarktes. Das Parlament wurde somit zu einer "echten" Legislative. Die Entscheidungsbefugnis bei Fragen des Steuerrechts und der Finanzen blieb aber beim Ministerrat und erforderte weiterhin Einstimmigkeit.

Besonders Großbritannien sperrte sich gegen Mehrheitsentscheidungen und Mitentscheidungsverfahren, obwohl es sich nach der Ablösung Margret Thatchers durch John Major nicht mehr so ablehnend gegenüber Europa verhielt. Dennoch wollten die Briten Europa möglichst auf den Binnenmarkt beschränken und verhinderte die Aufnahme von Bestimmungen der Sozialpolitik in das Vertragswerk. Eine gemeinsame gesamteuropäische "Sozialcharta" kam somit nicht zustande und wurde nur als Protokoll dem Vertrag angehängt. Die anderen elf Staaten - ohne Großbritannien - erhielten somit die Chance zur sozialpolitischen Zusammenarbeit. Es gab nun bei der Integration ein flexibles Vorgehen, was sich bei der Realisierung einer gemeinsamen Währung zeigen sollte, an der nicht alle Staaten teilnahmen, da Großbritannien und Dänemark nicht dabei waren, als es darum ging, den Euro einzuführen.

Kritiker wiesen besonders auf die Halbherzigkeit des Reformwerkes von Maastricht hin, da immer noch die meisten Entscheidung im Ministerrat einstimmig getroffen werden sollten und nur durch die gemeinsame Währung es erstmals gelang, Kernbefugnisse eines Nationalstaates auf eine internationale Ebene zu übertragen.

Von der EG zur EU

Ein wichtiger Meilenstein in der Entwicklung Europas war sicherlich das Anwachsen der Gemeinschaft von einer EG mit zwölf Mitgliedsstaaten zu einer EU mit fünfzehn Mitgliedern. Man kann durchaus behaupten, daß Maastricht eine "Sogwirkung" entfachte, die sich zunächst auf die westlichen Staaten auswirkte, die bisher sich immer ferngehalten hatten.

Schon nach dem Beitritt Großbritanniens zur EWG im Jahre 1973 hatte sich EFTA an Bedeutung verloren und es kam zu einer Annäherung zwischen beeiden Gemeinschaften, die vorher Konkurrenten waren. ‚Die verbliebenen Mitglieder der EFTA befürchteten Nachteile bei einer Realisierung eines europäischen Binnenmarktes, wenn ihre Wirtschaft ausgeschlossen würde.

Deshalb stellte schon 1989 Österreich kurz vor dem Zusammenbruch des Ostblocks einen Aufnahmeantrag, obwohl das Land sich der Neutralität verpflichtet sah. Im Jahre 1992 folgten dann Beitrittsgesuche von Finnland, Schweden und Norwegen. Schon 1989 hatten EWG und EFTA begonnen, ein Abkommen über einen "Europäischen Wirtschaftsraum" (EWR) zu erzielen, das am 1. Januar 1994 in Kraft trat und die Übernahme rechtlicher Regelungen des EG-Binnenmarktes durch die EFTA-Staaten vorsah. Nun gab es einen einheitlichen Markt mit achtzehn Staaten.

Durch die Beitrittsgesuche von Finnland, Norwegen, Schweden und Österreich verlor der EWR aber schon vorher an Bedeutung, da diese vier Staaten glaubten, ihre Interessen besser als EU-Mitglieder wahren zu können. 1993 wurden die Verhandlungen aufgenommen und am 1. Januar 1995 traten Finnland, Österreich und Schweden der EU bei. In Norwegen kam es allerdings in einer Volksabstimmung zur Ablehnung des EU-Beitritts.

Der Vertrag von Amsterdam

Der anstehende Beitritt von zwölf neuen Mitgliedsstaaten in den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts verlangte nicht nur in diesen Ländern Reformen, sondern auch von den alten Mitgliedern bezüglich der "Architektur" der Gemeinschaft als Ganzes. Die Strukturen waren für eine überschaubare Gemeinschaft von sechs Mitgliedern geschaffen worden und entsprechend den Vorgaben der Römischen Verträge hätten nun bei 27 Staaten Geschäftsbereiche für 32 Kommissare geschaffen werden müssen.

Besonders der Zwang zur Einstimmigkeit im Ministerrat legte eine mögliche Selbstblockade der EU nahe. Angesichts der vielen neuen kleineren Mitgliedsstaaten befürchteten die vier großen Staaten Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien eine Verschiebung der Balance zugunsten der kleineren Staaten, da Vielzahl der Stimmen nicht der Bevölkerungszahl entsprachen. Auch die verschachtelten Verträge mit ihren vielen Klauseln und die mangelnde Legitimation der Unionsorgane waren schon den Teilnehmern des Maastricht-Vertrages bewußt. Deshalb mußte dieser Vertrag dringend überarbeitet werden.

Im Juni 1997 kam es zu einem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs in Amsterdam, wobei es gelang, die innenpolitische und justizielle Zusammenarbeiten anzugleichen, die Zusammenarbeit in der Außenpolitik zu stärken und eine Sozialcharta zu schaffen, aber bei den Institutionen gab es keine Fortschritte. Vor allem eine weitgehende Abschaffung der Einstimmigkeit und eine Gleichberechtigung von EU-Parlament und Ministerrat wurden nicht erreicht.

Man setzte auf "Flexibilisierung", die vorsah, daß es bei Uneinigkeit in wichtigen Fragen möglich wäre, zweigleisig vorzugehen, wobei die Befürworter eines Beschlusses voranschreiten sollten. Dies war ein Europa der zwei Geschwindigkeiten.

zurück
Der EURO als Gemeinschaftswährung

EWS und ECU

Schon auf dem Gipfel von Den Haag im Jahre 1969 Kam der Gedanke zur Schaffung einer Wirtschafts- und Währungsunion. Hieraus resultiere der sog. "Werner-Paln" von 1971, der jedoch nie umgesetzt wurde. 1977 regt Kommissionspräsident Roy Jenkens die Idee erneut an, die vom Franzosen Valéry Giscard dÈstaing und dem Deutschen Helmut Schmidt aufgegriffen wurde.

Vor Einführung des Euros standen die europäischen Währungen schon in Relation zueinander, da die Wechselkurse nur eine gewisse Schwankungsbandbreite zuließen. Es entstand eine Art "künstliche Währung", den ECU (European Currency Unit) als Verrechnungseinheit, der sich aus dem Durchschnitt der Währungen im EWS ergab. In dieser "Währung" gab es sogar Gedenkmünzen für die Numismatiker. Basis für den ECU und die Festlegung fester Wechselkurse war das 1979 eingeführte Europäische Währungssystem (EWS). Die Zentralbanken der Mitgliedsländer waren nun verpflichtet, Abweichungen durch Interventionen in einer Bandbreite von 2,25 Prozent zu halten.

Auf dem Weg zum Euro

In den achtziger Jahren des 20. Jahrhundert wurde unter Kommissionspräsident Jacques Delors 1988 die Idee einer Wirtschafts- und Währungsunion wieder aufgegriffen und ein Drei-Stufen-Plan, der auch als "Delors-Plan" bekannt ist, zur Schaffung einer Gemeinschaftswährung und einer EU-Zentralbank entwickelt.

Die erste Stufe wurde mit dem Vertrag von Maastricht am 1. Juli 1990 umgesetzt. Der Vertrag von Maastricht sah als wichtigste Neuerung die Realisierung einer Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) vor. Ein wichtiger Baustein sollte hierbei eine gemeinsame Währung sein, die die Bezeichnung "EURO" tragen sollte.

Die zweite Stufe begann am 1. Januar 1994, wobei die Konvergenzkriterien festgelegt wurden. Diese waren in einem Zusatzprotokoll zum Maastrichter Vertrag beschrieben und besagten, das Preisstabilität angestrebt werden sollte, wobei die Inflationsrate eines Landes nicht mehr als 1,5 Prozent des Durchschnitts der drei Länder mit der niedrigsten Inflationsrate liegen sollte. Außerdem wurden strikte Defizitregeln für die Staatshalte festgelegt, wobei das Neuverschuldung nicht über 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes hinausgehen und die Gesamtverschuldung 60 Prozent nicht überschreiben durfte. Außerdem sollte eine Währung längere Zeit abwertungsfrei innerhalb des EWS bleiben und es langfristige Zinssätze geben.

Die dritte Stufe trat am 1. Januar 1999 in Kraft, nämlich die Vorbereitungen zur Einführung des Euros. Hierzu machte das Europäische Währungsinstitut (als Vorläufer der Europäischen Zentralbank) Vorschläge, die am 2. Mai 1998 beschlossen wurden. Demnach sollten zunächst elf Länder, die die Kriterien erfüllten, am Euro teilnehmen dürfen, nämlich Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal und Spanien.. Hierzu wurden die Wechselkurse zwischen den Währungen dieser Länder bis zur Euro-Einführung festgeschrieben.

Dänemark, Großbritannien und Schweden entschieden sich gegen die Teilnahme an der Währungsunion. Da Griechenland 1999 noch nicht die Kriterien erfüllt hatte, wurde es 2001 noch nachträglich in den Kreis der Euro-Länder aufgenommen.

Die Behauptung, daß Deutschland die Aufgabe der starken "Deuschen Mark" (DM) von der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten abhängig gemacht hätte, ist schlichtweg falsch, da sowohl der deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl (als überzeugter Europäer) und auch sein Finanzminister Theo Waigel keine Gelegenheit ausließen, daß die DM "nach Europa exportiert würde". Zudem wurde schon im Juni, also vor den Unruhen in der DDR, die Einführung der Gemeinschaftswährung beschlossen. Zwischen November 1989 und Oktober 1990 ging es Kohl und Außenminister Hans-Dietrich Genscher nur noch um den Zeitplan zur Einführung.

Am Euro hatte Deutschland schon deshalb ein Interesse, da es stark exportorientiert war, wobei 65 Prozent der Exporte allein in die Staaten der Europäischen Union gingen und die Realisierung der WWU den Vorteil bot, Wechselkursschwankungen auszuschließen und zum Entfallen von Gebühren beim Umtausch fremder Währungen führen würde, was für die Unternehmen nicht nur die Abwicklung von Auslandsgeschäften erleichterte, sondern auch die Kosten senkte.

Allerdings gab es besonders in Deutschland Vorbehalte bei der Bevölkerung, die sich nur sehr schwer von der DM verabschieden wollte, da sie als Symbol des Wiederaufbaus und des Wirtschaftswunders galt. Schon deshalb bestand der deutsche Finanzminister Theo Waigel auf strenge Kriterien und Sanktionen bei Verstößen. In Dublin wurde deshalb 1996 ein Stabilitäts- und Wachstumspakt beschlossen, der Geldbußen in Höhe von 0,2 bis 0,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes vorsah, sofern kein zwingender wirtschaftlicher Notstand vorlag. Kurioserweise waren es dann Deutschland und Frankreich, die 2002 und 2003 eine zu hohe Neuverschuldung hatten und gegen die von der EU-Kommission deshalb Defizitverfahren eingeleitet wurden. Da die Länder versprachen, bis 2005 die Neuverschuldung wieder unter die Grenze von 3 Prozent zu drücken, gab es keine Bußgelder. Von Anfang an gab es seitens der anderen Länder immer wieder den Wunsch, die Kriterien aufzuweichen, wobei der Stabilitätspakt auch wegen der ab 2005 eintretenden starken Wachstumsraten in Europa eingehalten werden konnte.

Die Euro-Einführung 2002

Am 1. Januar 2002 wurde in zwölf Ländern der Euro eingeführt und 300 Mio. Menschen in Europa hatten nun eine gemeinsame Währung., mit einheitlichen Geldscheinen und Münzvorderseiten. Ein Stück nationale "Souveränität" blieb insofern erhalten, als die Rückseiten von den Teilnahmeländern selbst gestaltet werden durften.

Neben den zwölf Ländern Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal und Spanien gab es auch einige Kleinstaaten, die vom Euro profitierten, da sie bisher Währungen aus dem engeren Kreis verwendeten. Dies waren Monaco, San Marino und der Vatikan, die auch eigenen Rückseiten bei den Münzen haben. Sowie der Kosovo, in dem seit Aufnahme des UNO-Mandats die Deutsche Mark als Währung gegolten hatte, die es im Januar 2002 ja nicht mehr gab. Seit Anfang 2008 ist der Euro auch in Montenegro gesetzliches Zahlungsmittel und viele Länder in Afrika sowie Bosnien-Herzegowina haben ihre Währungen fest an den Euro gebunden, dessen Anteil an den Weltwährungsreserven zwischen 999 und 2008 von 17,9 auf 26,5 Prozent stieg.

Bei 80 Prozent der Europäer gab es nach der Euro-Einführung die Furcht vor einer Inflation., aber die Inflationsrate lag bis 2007 immer unter 3 Prozent., sowohl besonders Dienstleister die Umstellung zu Preiserhöhungen nützten. Besonders das Hotel- und Gaststättengewerbe erhöhte im Januar 2002 die Preise um durchschnittlich 6,7 Prozent. Erst gegen Ende 2008 gab es eine Inflationsrate über 3 Prozent, was aber in der starken Verteuerung von Energie- und Lebensmittelpreisen weltweit begründet lag. Im Jahre 2006 lag die Akzeptanz bei den Münzen bei 74 Prozent und bei den Geldscheinen sogar bei 84 Prozent.

Schon bald stellt sich heraus, daß Griechenland und Italien die Daten gefälscht hatten, um eine Teilnahme am Euro zu erreichen, was zu Mißstimmungen führte. Der Euro erwies sich - allen Skeptikern zum Trotz - als starke Währung, was sich besonders auch im Wechselkurs zum US-Dollar in den folgenden Jahren zeigte. Zudem entfachte der Euro eine Sogwirkung, da 2007 auch Slowenien, 2008 Malta und Zypern und 2009 auch die Slowakei die Währung einführen durften.

zurück
Die EU im 21. Jahrhundert

Der Vertrag von Nizza

Im Dezember 2000 trafen sich die Staats- und Regierungschef in Nizza, um über die in Amsterdam nicht gelösten Probleme wie die Zusammensetzung und interne Organisation der Organe, die Reform der Entscheidungsprozesse und die Neuordnung der Regelungen zur Zusammenarbeit zu besprechen. Dies geschah vor dem Hintergrund der anstehenden Osterweiterung, blieb aber wieder hinter den Erwartungen zurück. Statt einer Vereinfachung der Strukturen, Erhöhung der Transparenz und Verbesserung der Entscheidungsfähigkeit wurden die Mechanismen nämlich noch komplizierter.

Dies zeigte sich z. B. beim Ministerrat. Vor Amsterdam und Nizza waren eine Anpassung der Stimmengewichte und auch die Einführung einer "doppelten Mehrheit", wonach ein Beschluß gültig sein sollten, die Mehrheit der Staaten auch einer Mehrheit der diese repräsentierenden Bevölkerungsmehrheit entspräche.

In Nizza wurde eine dreifache Mehrheit vereinbart Es sollte eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten einem Beschluß zustimmen, die Stimmen sollten gewichtet werden und mindestens einem Anteil von 62 Prozent der Unionsbevölkerung entsprechen. Der Einflußgewinn der großen Mitglieds war gering und die Möglichkeit zur Blockade wurde nochmals erhöht. Zudem sollte jedes Mitgliedsland einen Kommissar stellen dürfen, wobei die größeren Staaten auf die Stellung eines zweiten Kommissars verzichteten. Erst nach Beitritt der Mitgliedskandidaten und dem Anwachsen auf 27 Staaten sollte eine Reduzierung erfolgen und eine Rotation eingeführt werden.

Für die anstehende Erweiterung war der Vertrag von Nizza also nicht gerade hilfreich, da die Union noch unübersichtlicher und komplizierter wurde. Der Unmut der europäischen Bevölkerung zeigte sich besonders im eigentlich sehr europa-freundlichen Irland, wo am 7. Juni 2001 53,9 Prozent der Wahlberechtigten den Vertrag von Nizza in einer Volksabstimmung ablehnten. In einer zweiten Abstimmung am 19. Oktober 2002 stimmten die Iren dann zwar zu und am 1. Februar 2003 trat der Vertrag von Nizza in Kraft, aber es war klar, daß es weiterer Reformen bedürfen würde.

Die Charta der Grundrechte

Eine Charta der Grundrechte war von einem Konvent unter Führung des ehemaligen deutschen Bundespräsidenten Roman Herzog erarbeitet worden. Aufgabe war, aus den Verfassungen der Mitgliedsstaaten, der Rechtsprechung des EuGH und den Bestimmungen aus einzelnen Verträgen die gemeinsamen Bestimmungen in Bezug auf die Menschenrechte herauszuarbeiten. Dies geschah zwischen Dezember 1999 und Oktober 2000, wobei neben Freiheitsrechten auch wirtschaftliche und soziale Rechte sowie Datenschutz und genetische Selbstbestimmung erfaßt wurden. Die Proklamation erfolgte am 7. Dezember 2000, Es blieb aber bei einer Absichtserklärung, die als Hilfe für den Europäischen Gerichtshof bei der Interpretation geltenden EU-Rechts diente.

Die Erklärung von Laeken

Da allen Beteiligten der Konferenz von Nizza klar war, daß die Probleme der EU durch den Vertrag von Nizza nicht gelöst würden, wurde schon auf der Konferenz eine "Erklärung über die Zukunft der Union" angenommen, die zu einer Diskussion über die Zukunft Europas und zur Einberufung einer weiteren Regierungskonferenz im Jahre 2004 aufrief.

Bereits am 12. Mai 2000 hatte der deutsche Außenminister Joschka Fischer in einer Rede an der Berliner Humboldt-Universität über die europäische Einheit reflektiert. Die Vollendung des Binnenmarktes war zwar weit fortgeschritten, aber politisch lag noch vieles im Argen, da nicht klar war, welches Ziel verfolgt würde und die Kompetenzen der Union und der Nationalstaaten nicht klar definiert waren.

Im Dezember 2001 kam es zu einem Ratstreffen in Laeken. In einer Erklärung von Laeken über die Zukunft der Europäischen Union wurde festgestellt, daß man an einem Scheideweg stehen würde. Einig war man sich, daß angesichts der Osterweiterung ein neues Konzept nötig wäre mit einer Demokratisierung der EU, Übernahme von Verantwortung in einer globalisierten Welt und einer stärkeren Einbindung der Interessen der Bürger.

Die Osterweiterung

Nach der Norderweiterung samt Beitritt Österreichs 1995 war die Integration Westeuropas weitgehend abgeschlossen, da nur Island, Norwegen, die Schweiz und die kleineren Staaten noch fehlten. Nun baten ehemalige Staaten des Ostblocks um Beitritt, da sie sich eine wirtschaftliche Konsolidierung und politische Stabilisierung erhofften.

In den Jahren 1994 und 1996 baten Polen, Ungarn, die Tschechei, die Slowakei, Slowenien, Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen und Rumänien um Aufnahme. Die erste "Osterweiterung" hatte eigentlich schon am 3. Oktober 1990 stattgefunden anläßlich der deutschen Wiedervereinigung, da die fünf neuen Bundesländer nun ebenfalls von der EU profitierten. Die Gemeinschaft gewährten den neuen Bundesländern wirtschaftliche und strukturelle Hilfen und trug somit zur Entwicklung der Infrastruktur und der Wirtschaft in der ehemaligen DDR bei. Zwischen 1994 und 1999 flossen 14,2 Mrd. Euro aus dem EU-Strukturfonds in diese Gebiete, wodurch 130.000 Arbeitsplätze neu geschaffen und 337.000 gesichert werden konnten. Zwischen 2000 und 2006 waren es 20,7 Mrd. und für 2007 bis 2013 werden es 15,3 Mrd. sein.

Der Beitrittswunsch der ehemaligen Ostblockstaaten sowie Maltas und Zyperns stellte die EU vor große Herausforderungen, aber auch die Beitrittswilligen selbst, da es galt, Strukturen und Gesetze anzugleichen. Ein Europa mit 27 Mitgliedsstaaten hätte 493 Mio. Einwohner mit einem erheblichen Wohlstandsgefälle. Zwischen 1998 und 1999 wurden die Verhandlungen aufgenommen und es gab 31 Verhandlungskapitel, die von der gemeinsamen Agrarpolitik bis zur Justiz und Innenpolitik reichten. Es galt, 85.000 Seiten an Rechtsvorschriften in den Beitrittsstaaten umzusetzen.

In den sog. "Kopenhagener Kriterien" waren 1993 die Aufnahmebedingungen formuliert worden. Dinge wie institutionelle Stabilität, demokratische und rechtsstaatliche politische Ordnung spielten zwar eine wichtige Rolle, aber für die Aufnahme in die EU waren besonders eine funktionierende Marktwirtschaft und die Kraft, "dem Wettbewerbsdruck in der Union standzuhalten" wichtig.

Am 12. und 13. Dezember 2002 konnten acht osteuropäische Staaten (Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowenien, die Slowakei, die Tschechei und Ungarn) sowie Malta und Zypern beitreten, wobei zum Teil lange Übergangsfristen vereinbart wurden, da beispielsweise Deutschland und Österreich darauf bestanden, die Freizügigkeit der Arbeitnehmer nicht sofort auf die Bürger der Beitrittsstaaten anzuwenden, da die Arbeitsmarktsituation in den westlichen Ländern sowieso schon sehr angespannt war.

Nachdem zwischen März und September 2003 die Verträge in den Beitrittsländern durch Volksabstimmung angenommen und diese auch von den bisherigen fünfzehn Staaten ratifiziert worden waren, wurde dies am 1. Mai 2004 als "Wiedervereinigung des Kontinents" gefeiert.

Noch nicht dabei waren die Kandidaten Bulgarien und Rumänien, da sie die wirtschaftlichen und politischen Kriterien noch nicht erfüllten, wobei von der Kommission besonders die eingeschränkte Unabhängigkeit der Justiz, die geringe Effektivität der Verwaltung und - vor allem in Rumänien - die Korruption bemängelt wurden. Somit konnten Bulgarien und Rumänien erst am 1. Januar 2007 als 26. und 27. Mitgliedsstaat beitreten.

Die Frage einer gemeinsamen Verfassung

Die Verfassungsfrage wurde in einem Konvent, der am 28. Februar 2002 erstmals zusammentrat, angegangen. Wegen der unterschiedlichen Auffassung der Mitglieder über Sinn und Zweck der Union war die Frage, ob es eine gemeinsame Verfassung geben solle, von zentraler Bedeutung. Die Diskussion kam schon Ende der neunziger Jahre auf. Die Gründungsvertrage enthielten eigentlich schon alle Elemente für eine "Verfassung". Die einzelnen Bestimmungen waren aber über eine Vielzahl von Verträgen, Bestimmungen und Verordnungen verteilt, was vom Europäischen Gerichtshof als Defizit angesehen wurde.

Da eine Verfassung nach traditioneller Auffassung die Souveränität eines Volkes zum Ausdruck bringt, würde eine Verfassung der EU erhebliche Veränderungen im Selbstverständnis der Völker der Mitgliedsstaaten bedeuten. Die EU wäre dann nicht mehr eine Gemeinschaft von Nationalstaaten, sondern ein Gemeinwesen in der Art eines Bundesstaates. Ähnlich den USA mit ihrer Philadelphia Convention von 1787, die aus einem lockeren Bund der ehemaligen Kolonien einen Bundesstaat formte.

Die Europäische Rat legte fest, daß dem Verfassungskonvent 63 stimmberechtigte Mitglieder angehören sollten, wobei es sich um Vertreter der seinerzeit fünfzehn Mitgliedsstaaten, je zwei Vertretern der Nationalparlamente, sechzehn Abgeordneten des EU-Parlamentes und zwei Kommissionsmitgliedern handeln sollte. Außerdem sollten seitens der Beitrittskandidaten je ein Regierungs- und zwei Parlamentsvertreter teilnehmen. Als Präsident wurde Valéry Giscard d'Estaing berufen mit Giuliano Amato und Jean-Luc Dehaene als Stellvertreter.

Der Verfassungsentwurf wurde am 18. Juli 2003 in Rom vorgestellt. ER hob die drei Säulenstruktur von Maastricht auf und faßte die Verträge über die EU und den Vertrag zur Gründung der EG zusammen. Neu war auch die Systematisierung von Rechtsakten, da europäische Gesetze zukünftig in einem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren beschlossen werden sollten. Verordnungen sollten vom Rat bzw. der Kommission erlassen werden.

Durch die Trennung von legislativen und exekutiven bzw. jurisdiktionalen Rechtsakten sollten Transparenz und demokratische Legitimität der EU gestärkt werden. Anstelle der Gewichtung der Stimmen im Rat sollte das schon in Amsterdam und Nizza erörterte Verfahren der doppelten Mehrheit treten. Erstmals wurde auch eine europäische Bürgerinitiative vorgesehen, denn wenn mindestens eine Million EU-Bürger zustimmten, sollte es Volksabstimmungen geben.

Auch die nationalen Parlamente sollten stärker eingebunden werden, indem ihnen Informations- und Konsultationsrechte zugestanden wurden. Auf Betreiben Deutschlands wurden die ausschließlichen Zuständigkeiten der Union, die gemeinsamen Zuständigkeiten sowie die nur den Nationalstaaten vorbehaltenen Kompetenzen aufgelistet.

Weitere Vorschläge waren:

- Schaffung eines Amtes eines auf zweieinhalb Jahre gewählten Präsidenten des Europäischen Rates anstelle des Rotationsprinzips,
- Schaffung eines Amtes eines EU-Außenminister zur Verbesserung des außenpolitischen Handelns der EU- Reduzierung der Kommission auf dreizehn Kommissare (neben dem Kommissionspräsidenten und dem Außenminister).

Am 13. Juni 2003 wurde der Konventsentwurf für einen "Vertrag über eine Verfassung für Europa" verabschiedet, und - nachdem eine Regierungskonferenz vom 4. Oktober 203 noch keine Einigung brachte - wurde im Juni 2004 ein endgültiger Vertragsentwurf gebilligt.

Das Scheitern der EU-Verfassung

Als am 29. Oktober 2004 in Rom alle 25 europäischen Staats- und Regierungschefs den Vertrag über eine europäische Verfassung feierlich unterzeichneten, hoffte man, das Fundament für die Zukunft der Gemeinschaft geschaffen zu haben. Aber die Ernüchterung folgte schon wenige Monate später, als am 29. Mai 2005 54,7 Prozent der französischen Wähler die Verfassung ablehnten wie am 1. Juni 2005 eine Mehrheit der Niederländer. Derzeit hatten schon acht Staaten den Vertrag ratifiziert, die Spanier ihn mit großer Mehrheit gebilligt und bis Ende 2006 erfolgte die Ratifizierung von neun weitere Länder. Letztendlich war die Verfassung aber gescheitert.

In Frankreich und den Niederlanden spielten innenpolitische Gründe eine rolle. In Frankreich waren die Bürger unzufrieden mit Staatspräsident Chirac, in beiden Ländern wollte man aber auch gegen einen Beitritt der Türkei votieren sowie gegen die Globalisierung protestieren. Auch wurde ein unkontrollierter Zuzug von Ausländern durch den Abbau von Grenzkontrollen befürchtet. Es gab aber auch Wähler, die die EU als undemokratisch und intransparent ansahen.

Der Vertrag von Lissabon

Das Scheitern des Verfassungsentwurfes ähnelte dem Scheitern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft in den fünfziger Jahren. Man beschloß, keine zweite Abstimmung (wie in Dänemark beim Vertrag von Maastricht bzw. in Irland beim Vertrag von Nizza) zu unternehmen. Großbritannien kam dies sehr gelegen, da man befürchtete daß dort ebenfalls eine Abstimmung nicht zu gewinnen wäre. Die deutsche Präsidentschaft, die für das erste Halbjahr 2007 anstand, wurde beauftragt, Vorschläge für eine weitere Entwicklung zu entwickeln, denn immerhin hatte schon eine Mehrheit der Mitgliedsländer den Verfassungsentwurf ratifiziert und dessen Ziele und Inhalte somit gebilligt. Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre Außenminister Frank-Walter Steinmeier versuchten deshalb in vielen Gesprächen, die Chancen für Kompromisse zu finden, zumal die EU in der breiten Öffentlichkeit zunehmend kritischer gesehen wurde.

Am 25. März 2007 konnte der 50. Jahrestag der Römischen Verträge in Berlin gefeiert werden. Und es wurde eine "Berliner Erklärung" unterzeichnet, die im Vorfeld ausgehandelt worden war. Die Erklärung wies auf die Errungenschaften der Integration hin, die Verteidigung eines gemeinsamen Wirtschafts- und Sozialmodells, den Kampf gegen Terrorismus, organisierte Kriminalität und illegale Zuwanderung sowie die Sicherung der Energieversorgung und des Klimaschutzes. Bis zu den EU-Parlamentswahlen im Juni 2009 sollte die EU auf eine gemeinsame Grundlage gestellt werden.

Deutschland wollte wichtige Bestimmungen des Verfassungsentwurfes möglichst erhalten, dafür wollte man Zugeständnisse an die Kritiker machen, die besonders gegen die staatsähnlichen Elemente der Verfassung waren. Auf einer Tagung des Europäischen Rates am 12. Und 13. Juni 2008 gelang es, sich auf eine gemeinsame Basis für eine erneute Regierungskonferenz zu verständigen. Am 13. Dezember 2007 konnte der "Vertrag von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft" unterzeichnet werden.

Wie schon die Verträge von Maastricht, Amsterdam und Nizza handelte es sich hiermit um einen Änderungsvertrag, in dem die Zusammenführung aller Normen in einem einzigen Vertrag - wie im Verfassungsentwurf vorgesehen - wieder aufgegeben wurde. DER EG-Vertrag wurde in einen "Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union" umbenannt. Gegenüber dem Verfassungsentwurf wurden die Artikel über die EU-Symbole gestrichen sowie die Bezeichnungen "Europäisches Gesetz" bzw. "Europäisches Rahmengesetz". Somit fiel alles, was auf ein staatsähnliches Gebilde zielte, entfernt. Die zeigte sich z. B. in der Bezeichnung des EU-Außenministers, der nun "Hoher Vertreter der Europäischen Union für die Auen- und Sicherheitspolitik" hieß. Seine Kompetenzen blieben erhalten. Viele Neuerungen des Verfassungsentwurfes wie z. B. die Stärkung der demokratischen Kontrolle durch mehr Kompetenzen des EU-Parlamentes, die klare Abgrenzung der Zuständigkeiten der EU und der Nationalstaaten und der Ausbau der Handlungsfähigkeit wurden aber übernommen.

Ärger bereitete in Lissabon vor allen Dingen Polen, das das System der doppelten Mehrheit ablehnte. Der Vertrag von Nizza verschaffte besonders Spanien und Polen ein überproportionales Stimmgewicht und die polnische Führung unter den Brüdern Lech (als Staatspräsident) und Jaroslaw Kaczynski sahen dies als eine Frage der nationalen Ehre an. Der Kompromiß sah dann so aus, das eine Mehrheit zustande kam, wenn 55 Prozent der Staaten, die 65 Prozent der Bevölkerung vertraten, einer Verordnung zustimmten. Außerdem gab es eine Übergangszeit bis 2017 sowie eine Sperrminorität, wenn nicht 35 Prozent der Bevölkerung oder 45 Prozent ablehnten, gelten., um dennoch eine Aussetzung einer Abstimmung zu erreichen.

Nun galt es, auch den Vertrag von Lissabon zu ratifizieren bzw. in Volksabstimmungen billigen zu lassen. Schon am 14. Februar 2008 stimmte Frankreich zu und nur in Irland wurde der Vertrag durch 53,4 Prozent der Bevölkerung am 12. Juni 2008 abgelehnt. Trotzdem beschloß man schon wenige Tage danach, den Ratifizierungsprozeß in den anderen Staaten fortzusetzen. Der Vertrag soll nunmehr "am ersten Tag des auf die Hinterlegung der letzten Ratifikationsurkunde folgenden Monats" in Kraft treten. Durch den Vertrag von Lissabon verabschiedete man sich von den "Vereinigten Staaten von Europa", machte aber die EU demokratischer und transparenter.

Ende Juni fällte das deutsche Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein klares Urteil zu Klagen gegen den Vertrag von Lissabon, indem es ein klares "Ja" zu Europa abgab, aber ein "Nein" zu der Tatsache, daß der Deutsche Bundestag regelmäßig bei europäischen Fragen übergangen würde.

Der Finanz-Gipfel im März 2009

Angesichts der Weltwirtschaftskrise und der großen Probleme in einigen EU-Staaten trafen sich die Regierungschefs Anfang März 2009 in Brüssel. "Milliardenschwere Finanzspritzen für Osteuropa wird es nicht geben", hieß es. Dennoch dürfen die gefährdeten Länder auf weit reichende Unterstützung hoffen. Denn der Westen könnte andernfalls mit ihnen untergehen. Mehr als 1.300 Mrd. Euro haben die Banken Schwedens, Deutschlands, Österreichs und anderer Länder den Staaten des ehemaligen Sowjet-Blocks geliehen. Mehr als 300 Mrd. davon müßten die osteuropäischen Schuldner allein in 2009 zurückzahlen. Es blieben deshalb nur Staatshilfen, direkt oder indirekt über die Europäische Zentralbank. Außerdem gab es 390 Mrd. Euro vom Internationalen Währungsfonds und 24,5 Mrd. Euro von der Europäische. Investitionsbank (EIB).

Ein einheitlicher Rettungsplan für Osteuropa verbot sich auch deshalb, weil die Probleme der einzelnen Länder höchst unterschiedlich sind. Da gab es die Staaten, die sich im Ausland hoch verschuldet hatten, um ihren boomartigen Aufschwung zu finanzieren. Ganz oben auf der Gefährdungsliste stehen Ungarn und die baltischen Staaten, allen voran Lettland.

Die EU-Staaten einigten sich am zweiten Gipfeltag in Brüssel zudem auf eine gemeinsame Marschroute für den Weltfinanzgipfel am 2. April in London und auf strengere Kontrollen der Finanzmärkte. Nach dem Willen der EU soll der IWF dabei künftig eine zentrale Rolle spielen und deutlich mehr Kompetenzen erhalten, um Risiken des Finanzmarktes aufzuspüren und rechtzeitig gegenzusteuern.

Der Gründungs-Gipfel im Mai 2009

Anfang Mai traf man sich zu einem Gründungsgipfel in Prag, um mit weiteren osteuropäischen Staaten über eine Partnerschaft zu beraten. Der umstrittene weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko ließ sich durch Vize-Regierungschef Wladimir Semaschko vertreten. Auch elf der 27 europäischen Staats- und Regierungschefs blieben dem Gipfel fern. Abwesend waren unter anderem der französische Präsident Nicolas Sarkozy, der britische Premierminister Gordon Brown und der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi. Von den Mittelmeerländern war nur Griechenland durch seinen Regierungschef Kostas Karamanlis vertreten. Die zehn osteuropäischen Mitgliedstaaten nahmen dagegen mit Ausnahme Litauens alle auf Regierungschef-Ebene teil.

Die Ost-Partnerschaft umfaßt neben Weißrußland, der Ukraine und Georgien auch Armenien, Aserbaidschan und Moldawien. Die EU will die sechs ehemaligen Sowjetrepubliken zukünftig bei demokratischen Reformen unterstützen und stellt langfristig Visa- und Handelserleichterungen in Aussicht. Dafür sind bis 2013 insgesamt 600 Mio. Euro vorgesehen.

Die Europa-Wahlen Anfang 2009

Die Europawahlen Anfang Juni 2009 kann mit mit der Erkenntnis "Desinteresse und Rechtsruck" kommentieren. Die Kompetenzen des Europäischen Parlaments wurden zwar seit den 70er Jahren stetig erweitert, aber dennoch wird das Parlament in der Bevölkerung weitgehend als nutzlose Institution wahrgenommen. Dabei müssen die demnächst nur noch 736 Abgeordneten nicht nur einem Großteil der EU-Gesetzesvorhaben zustimmen, sondern kontrollieren auch den Brüsseler Haushalt und das Personal der EU-Kommission. Heute billigt das Parlament etwa 60 Prozent der EU-Gesetzgebung und nach Inkrafttreten des Reformvertrages von Lissabon wären es sogar 90 Prozent.

In Deutschland, Italien, Frankreich, Belgien und anderen EU-Ländern verloren die Linken massiv an Stimmen und erzielten nur in Griechenland und Portugal einige Erfolge. Profitieren konnten von diesen Verlusten besonders in den Niederlanden und in Großbritannien die Rechten. Außerdem war in allen Ländern die Wahlbeteiligung äußerst niedrig und lag vielerorts unter 50 Prozent.

In den Niederlanden erreichte der Rechtspopulist Geert Wilders, der vor allem gegen den Islam und die EU polemisiert, auf Anhieb mit seiner Partei für die Freiheit (PVV) rund 17 Prozent der Stimmen. Die Partei wurde zweitstärkste Kraft und gewann vier der 25 niederländischen Parlamentssitze. Die Christdemokraten (CDA) von Regierungschef Balkenende kamen auf rund 20 Prozent und erhalten mit fünf Sitzen zwei weniger als 2004. Die Sozialdemokraten verloren vier Sitze und sind nur noch mit drei EU-Abgeordneten vertreten.

Sonstige Ereignisse des Jahres 2009

Deutschlands Kandidat für die neue EU-Kommission, Günther Oettinger, erwies sich Mitte Januar 2009 bei seiner Anhörung im Europaparlament nach parteiübergreifender Einschätzung als fachlich kompetent und überzeugend. Zuvor hatte es beim politischen Gegner Zweifel an der Eignung des CDU-Politikers gegeben. In einer dreistündigen Befragung als künftiger Energiekommissar konnte der scheidende baden-württembergische Ministerpräsident über die gesamte Themenpalette vom Energiesparen, dem Ausbau der Stromnetze bis zu Gaspipeline-Projekten am Donnerstag sachkundig Stellung nehmen, bescheinigten auch EU-Parlamentarier von SPD und Grünen. Der CDU-Politiker zeigte sich als prinzipienfester Europäer und umgarnte das Parlament mit dem Versprechen einer engen Zusammenarbeit. "Ich bin nicht der deutsche Kommissar, ich bin der Kommissar, der von Deutschland vorgeschlagen worden ist mit europäischer Verpflichtung", antwortete Oettinger auf kritische Fragen.

Mitte September 2009 wurde José Manuel Barroso für eine zweite Amtszeit als EU-Kommissionspräsident bestätigt. Der umstrittene und farblos wirkende Portugiese mußte Werbung in eigener Sache betreiben, um ein Debakel zu vermeiden. Er wurde vom Parlament in Straßburg mit breiter Mehrheit für weitere fünf Jahre im Amt bestätigt. Für ihn stimmten 382 Abgeordnete, 219 votierten mit Nein und 117 enthielten sich. Das Votum fand in geheimer Abstimmung statt. Barroso war von allen 27 EU-Regierungen für ein zweites fünfjähriges Mandat vorgeschlagen worden. Er war der einzige Kandidat, mit dem sich die Mehrheit anfreunden konnte, denn viele begegneten ihm mit Mißtrauen.

Ende Oktober 2009 einigten sich die europäischen Staats- und Regierungschefs auf ein Verhandlungsmandat für den Weltklimagipfel. Die EU sei sich einig, daß zur Unterstützung der armen Länder ab 2020 weltweit öffentliche Mittel im Umfang von 22 bis 50 Milliarden Euro aufgebracht werden müßten, sagte der schwedische Regierungschef und amtierende EU-Ratspräsident Fredrik Reinfeldt.

Nach monatelangem Zögern und Taktieren setzte auch der tschechische Staatschef Vaclav Klaus Anfang November 2009 seine Unterschrift unter den Reformvertrag von Lissabon. Damit endete eine Zitterpartie um die Zukunft der Europäischen Union, und das Vertragswerk, das die EU der 27 demokratischer und effizienter machen soll, konnte endlich in Kraft treten. "Ich gebe bekannt, dass ich den Lissabon-Vertrag heute um 15.00 Uhr unterschrieben habe", sagte Klaus in Prag, nachdem er als letzter EU-Staatschef seine Unterschrift unter das Dokument gesetzt hatte. Wenige Stunden zuvor hatte das tschechische Verfassungsgericht eindeutig erklärt, daß der EU-Reformvertrag von Lissabon nicht gegen die tschechische Staatsordnung verstoße. Dabei wiederholte Klaus noch einmal sein politisches Credo: "Mit dem Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages hört die Tschechische Republik auf, ein souveräner Staat zu sein."

Beim Poker um die zwei neu zu vergebenden Spitzenposten in der Europäischen Union gab es am 19.11.2009 einen Durchbruch, denn eine Mehrheit stimmte für den Belgier Herman Van Rompuy und die Britin Catherine Ashton für das Amt des ständigen Ratspräsidenten und des Hohen Repräsentanten für die Außen- und Sicherheitspolitik. Besonders Italien, Frankreich und Deutschland taktierten, um bei zukünftig zu verteilenden Ämtern eine gute Position zu haben. Der flämische Christdemokrat Van Rompuy regierte Belgien erst seit knapp einem Jahr, wobei der 62-Jährige sich aber als besonnener Streitschlichter zwischen Flamen und Wallonen einen Namen gemacht hatte. Die sozialdemokratisch regierten EU-Länder hatten sich bereits vor dem Gipfel auf die 53-jährige Britin Ashton verständigt. Die Adelige - ihr Titel lautet Baronin von Upholland - war seit rund einem Jahr Handelskommissarin, hatte aber keine Erfahrungen auf diplomatischem Parkett. Zuvor hatte es aus der Kommission und dem Europaparlament massiven Druck zur Ernennung einer Frau.

Am 23.12.2009 stellte Serbien offiziell einen Mitgliedsantrag zur Europäischen Union. Der Antrag stellte nicht auf einhellige Zustimmung, da Serbien nur unzureichend mit dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zusammenarbeitete und auch den eigenständigen Kosovo nicht anerkannte. Auch in Justiz und Wirtschaft gab es große Defizite. Als frühester Termin wurde das Jahr 2015 ins Auge gefaßt.

zurück
Die Euro-Krise (2009-20??)

Überblick

Die Euro-Krise entwickelte sich seit 2009 zu einer andauernden Krise innerhalb der Eurozone. Sie war eine Staatsschuldenkrise, eine Bankenkrise und eine Wirtschaftskrise zugleich! Insbesondere im Fall Griechenlands standen die Staatsschulden im Zentrum und auch andere Länder der Eurozone hatten Schwierigkeiten, die Staatsschulden ohne Hilfe von Dritten zu refinanzieren. Mit der 2010 eingerichteten Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) und dem 2011 als deren Nachfolger verabschiedeten Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) wurden mehrere, politisch umstrittene, Rettungsschirme verabschiedet. Die Europäische Zentralbank intervenierte durch Monetarisierung von Staats- und Privatschulden und gab damit an die Krisenstaaten sowie deren Wirtschaft und Banken weitere Kredite und Liquidität. Als Maßnahmen gegen die Krisenursachen wurden der Europäische Fiskalpakt und die Reform der europäischen Finanzaufsicht verabschiedet.

Die Ursache der Krise

Ausgelöst wurde die Euro-Krise durch die große Weltwirtschaftskrise, die - nach Platzen der Immobilienblase in den USA - ab 2007 die Weltwirtschaft erfaßte und mit der Pleite der Lehman-Bank in den USA ihren Höhepunkt fand. Weltweit mußten Banken mit staatlicher Hilfe gestützt werden, was in der Bevölkerung zu großem Unmut führte.

In einigen EU-Ländern hatte zudem eine vermehrte staatliche bzw. private Kreditaufnahme zu relativ höherer Inflation als in anderen EU-Ländern geführt, aber ein Ausgleich der unterschiedlichen Preisentwicklungen durch die natürliche Wechselkurskorrektur war wegen der Währungsunion nicht möglich, was bei einigen Euro-Ländern anhaltend hohe Leistungsbilanzdefizite und bei anderen anhaltend hohe Leistungsbilanzüberschüsse verursachte. Auf politischer Ebene führte die Euro-Währungsunion dazu, daß eine einzelstaatliche Geldpolitik nicht möglich war. Begünstigt durch mangelhafte Banken- und Kapitalmarktregulierung war es zudem zu Wirtschaftsblasen gekommen, deren Platzen Bankenrettungen und Konjunkturprogramme auslösten. Als weiterer Faktor wird auch die Finanzkrise ab 2007 mit ihren direkten Kosten sowie den durch sie hervorgerufenen Verwerfungen genannt.

Die Krise wirkte sich - neben Irland mit seinem aufgeblähten Bankensektor - besonders auf die südlichen Staaten der Euro-Zone, Griechenland, Italien, Spanien und Portugal sowie (ab 2012) auch Zypern und (ab 2013) Slowenien besonders aus.

Die Rolle der Banken

Der außerordentliche Boom der Kapitalzuflüsse in den Jahren vor der Krise (2003-2007), der zu einem hohen Anstieg der gesamtwirtschaftlichen (privaten und öffentlichen) Verschuldung geführt hatte, wurde als eine wesentliche Ursache der Eurokrise gesehen. Mit dem plötzlichen Stopp der Kapitalzuflüsse geriet Europa dann in die Krise. Ein wesentlicher Grund für den hohen Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Verschuldung in den GIIPS-Staaten (Griechenland, Irland, Italien, Portugal und Spanien) war der anfängliche Überoptimismus der Finanzmärkte bezüglich der Wirkungen der Währungsunion und der Kreditfähigkeit dieser Staaten. Durch die Euro-Währungsunion wurde die Kapitalverkehrsfreiheit erhöht und die Wechselkursunsicherheit fiel weg. Wegen des Überoptimismus der Finanzmärkte, bedingt auch durch eine fehlerhafte Regulierung, sanken die Zinsen für die Volkswirtschaften der GIIPS-Staaten sehr stark und dies führte zu einem zu optimistischen Kreditaufnahme- und Investitionsverhalten. Gleichzeitig erhöhte sich dadurch auch das Potential der Banken, makroökonomische Schocks auf die EU-Staaten zu verbreiten.

Insbesondere durch die exzessive Vermittlung von internationalen Kreditgewährungen durch nicht diversifizierte lokale Banken wurde die Krise verschärft. Das Finanzsystem stabilisierende Kapitalzuflüsse wie z.B. ausländische Direktinvestitionen und die Vermittlung von internationalen Kreditgewährungen durch diversifizierte, europaweit vernetzte Banken erfolgte zu wenig. Dennoch blieb die Bankenregulierung alleinige Angelegenheit der einzelnen EU-Staaten. Diese hatten die Tendenz, ihren nationalen Banken durch Unterregulierung und Unterkapitalisierung finanzielle Vorteile zu verschaffen.

In einigen EU-Ländern wurden spekulative Entwicklungen (z. B. im Immobiliensektor) gefördert und es kam zu Wirtschaftsblasen. Viele vergebene Kredite wurden notleidend bzw. waren ausfallgefährdet und belasteten die Bankbilanzen. Die mangelnde Fähigkeit inländischer Banken zur Kreditvergabe und der Vertrauensverlust ausländischer Kapitalgeber führte zu einer Kreditklemme zu Lasten der Realwirtschaft und in der Folge zu Wirtschaftskrisen. Statt Kapitalzuflüssen gab es nun in einigen GIIPS-Staaten eine Kapitalflucht.

Die Ursachen und Entwicklung in Griechenland

Sowohl der Schuldenstand als auch das Budgetdefizit Griechenlands bewegten sich bereits im Vorfeld der Krise auf äußerst hohem Niveau. Zwischen 2000 und 2008 betrug das jährliche staatliche Budgetdefizit durchschnittlich rund 6 Prozent der Wirtschaftsleistung und doppelt so viel wie im Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgesehen. Im Nachhinein betrachtet, hätte Griechenland nie dem Euro beitreten dürfen, da es schon 2002 nur mit Hilfe durch von Goldman-Sachs "frisierten" Bilanzen in die Euro-Zone kam. Ein Hauptproblem ist - neben Korruption - das Fehlen einer effizienten Verwaltung, was besonders das Fiskalwesen betrifft!

Am 25. März 2010 beschlossen die Länder der Eurozone einen Notfallplan für das vom Staatsbankrott bedrohte Griechenland. Zuvor hatte die deutsche Bundeskanzlerin Merkel gefordert, durch Vertragsänderungen Verstöße gegen die Euro-Stabilitätskriterien härter zu bestrafen. Nicolas Sarkozy (Präsident Frankreichs 2010) und Gordon Brown (Premierminister Großbritanniens 2010) wollten die dazu nötige Veränderung der EU-Verträge jedoch nicht mittragen.

Der Notfallplan von 2010 sah vor, daß zuerst bilaterale, freiwillige Kredite der Länder der Eurozone Griechenland helfen sollten. An zweiter Stelle kamen die Kredite vom Internationalen Währungsfonds. Das Verhältnis sollte zwei Drittel (Länder der Eurozone) zu ein Drittel (IWF) betragen. Die Euro-Länder trugen 80 Mrd. Euro und der Internationale Währungsfonds (IWF) 26 Mrd. SZR (ca. 30 Mrd. Euro). Griechenland hatte zu dieser Zeit Schulden in Höhe von über 300 Mrd. Euro. Am 29. März 2010 beauftragte Griechenland ein Bankenkonsortium damit, eine neue siebenjährige Staatsanleihe auszugeben. Da die Rating-Herabstufungen griechischer Schuldtitel problematisch waren, beschloß die EZB am 3. Mai 2010 eine "beispiellose Ausnahmeregelung", denn sie erkannte nun grundsätzlich auch griechische Staatsanleihen ohne ausreichende Bewertungsstufe als Sicherheit an. Für Europa war dies eigentlich ein Tabubruch, als die EZB erstmals seit ihrer Gründung 1998 auch (griechische) Staatsanleihen ankaufte. Im September 2012 kündigte EZB-Chef Mario Draghi sogar an, in unbegrenztem Umfang Staatsanleihen von EU-Staaten aufzukaufen. Am Ende des Jahres 2011 hatte Griechenland laut Eurostat einen Schuldenstand in Höhe von 170,6 Prozent des BIP und lag damit vor Italien (120,7 Prozent), Portugal (108,1 Prozent) und Irland (106,4 Prozent).

Am 8. Dezember 2013 billigte das griechische Parlament nach fünftägiger kontroverser Debatte den Sparhaushalt für das kommende Jahr. Die Vorlage wurde mit 153 Stimmen angenommen. Kurz vor der Abstimmung fror die Gläubigertroika aus Europäischer Union, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds die Auszahlung einer Hilfstranche in Höhe von einer Mrd. Euro ein. Das verabschiedete Budget sah zusätzliche 2,1 Mrd. Euro durch Steuereinnahmen vor. Zudem sollten die Ausgaben durch Einschnitte im Gesundheitswesen und bei den Sozialversicherungen um 3,1 Milliarden Euro gesenkt werden.

Nach acht Jahren Krise erwartete die griechische Regierung für das dritte Quartal 2014 erstmals wieder Wirtschaftswachstum. Premier Samaras feierte es als einen "beispiellosen Erfolg", das hoch verschuldete Land aus seiner schlimmsten Finanzkrise herausgeführt zu haben. Leider sollte dies sich als Illusion erweisen, denn Ende November wurde ein neues Hilfsprogramm über 10 Mrd. Euro von der EU beschlossen. Gespräche in Paris mit der EU und dem IWF waren allerdings zunächst gescheitert und Ende Dezember wurden die Zahlungen sogar auf Eis gelegt. Grund dafür war das Scheitern der Wahl eines neuen Präsidenten: Der von der Regierung aus Konservativen (ND) und Sozialisten (Pasok) vorgeschlagene Stavros Dimas erhielt am 29. Dezember auch nicht im dritten Wahlgang die erforderliche Mehrheit, denn erhielt nur 168 von 300 Stimmen (180 wären erforderlich gewesen), so daß lt. Verfassung das Parlament aufgelöst werden mußte. Vorgezogene Neuwahlen wurden für den 25. Januar 2015 anvisiert. Damit drohte die Euro-Krise wieder voll zurückzukehren, was sich - zumindest bezogen auf Griechenland - im Jahre 2015 zeigen sollte!

Bei den Wahlen am 25.01.2015 Wahlergebnis Griechenlandwahlen 25.01.2015 wurde die Syriza mit 36,6 Prozent stärkste Kraft (nach 26,9 Prozent in 2012), die ND kam auf 27,8 Prozent (nach 29,7 Prozent in 2012), die Pasok auf 4,7 Prozent (nach 12,3 Prozent in 2012), die Anel auf 4,8 Prozent (nach 7,5 Prozent in 2012) und die CA auf 6,3 Prozent (nach 6,9 Prozent) in 2012). Syriza-Chef Alexis Tsipras wurde am 26. Januar als Ministerpräsident vereidigt und bildete mit dem Chef der Unabhängigen Griechen, Panos Kammenos, ein Bündnis. Beide lehnten den bisherigen Sparkurs und die Troika, die in "die Institutionen" umbenannt wurde, kategorisch ab. Deshalb drohte schon Anfang Februar 2015 die EZB, den Geldhahn abzudrehen, zumal Griechenland nicht willens oder fähig war, belastbare Pläne gegen die Staatspleite vorzulegen, was bei verschiedenen Treffen der Finanzminister zu großem Unmut führte. Dennoch stimmte u.a. der deutsche Bundestag Ende Februar einer Verlängerung der Griechenlandhilfen zu.

In den Monaten danach versuchte die Syriza-Regierung immer wieder, die Geldgeber auszutricksen. Ende Juli kam es dann zu Showdown, da man Griechenland nur die Wahl ließ, die Reformen nun endlich in Angriff zu nehmen oder die Eurozone zu verlassen. Zuvor war das Land dem IWF schon die Rückzahlung einer Kreditrate in Höhe von 1,55 Mr.d Euro schuldig geblieben. Am 3. Juli - zwei Tage vor einem Referendum - hatte der Euro-Rettungsfonds Griechenland für insolvent erklärt. Es sei offiziell Zahlungsausfall festgestellt worden, erklärte die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF). Am 13. Juli einigte man sich dann doch auf die Aufnahme neuer Verhandlungen, wobei ein Finanzbedarf von bis zu 86 Mrd. Euro braucht in den kommenden drei Jahren festgestellt wurde. Äußerst unwillig stimmten die Parlamente in Deutschland, Finnland und den Niederlanden der Verhandlungsaufnahme zu. In Griechenland selbat bekam Tsipras nur mit Hilfe der Opposition die Erlaubnis. Zuvor wurden Kapitalkontrollen für Auslandsüberweisungen eingeführt und die Banken geschlossen, wobei die Bürge nur 60 Euro pro Tag an Geldautomaten abheben durften. Die Euroländer und die griechische Regierung hatten sich Mitte August auf ein neues Rettungspaket mit einem Volumen von bis zu 86 Mrd. Euro über die kommenden drei Jahre geeinigt. Im November stimmte das griechische Parlament dann weiteren Reformen zu, so daß der Weg für die nächste Tranche frei war. Vor Weihnachten 2015 konnte dann eine Auszahlung in Höhe von 1 Mrd. Euro erfolgen.

... wird fortgesetzt ...

Die Ursachen und Entwicklung in Irland

Anders als Griechenland erfüllte Irland bis 2008 durchgehend die Kriterien des Euro-Stabilitätspaktes. Die öffentliche Staatsverschuldung lag seit der Euro-Einführung 1999 stets weit unterhalb aller EU-Durchschnittswerte und war darüber hinaus in der Tendenz rückläufig, so daß schließlich 2007 ein Wert von knapp 25 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erreicht wurde. Irland wies zudem fast durchweg Budgetüberschüsse auf. Die irische Wirtschaft bis 2007 war aber durch eine recht hohe Verschuldung der privaten Haushalte gekennzeichnet. Der Schulden-Einkommens-Quotient (Kredite und Verbindlichkeiten der Haushalte relativ zum verfügbaren Einkommen) belief sich 2007 in Irland auf 197 Prozent.

Wie in den USA gab es 2008 erhebliche Verwerfungen auf dem Häusermarkt. So waren in Irland immobilienbezogene Kredite für knapp 80 Prozente des Wachstums der Kreditvergabe zwischen 2002 und 2008 verantwortlich und 2008 betrug der Anteil an der gesamten Kreditvergabe knapp 60 Prozent. Nachdem bereits in den USA die Hauspreise 2007 eingebrochen waren (Subprime-Krise), kam es im selben Jahr auch in Irland zu einem "Platzen" der Immobilienblase. In Irland waren die realwirtschaftlichen Implikationen dabei insbesondere deshalb drastisch, weil mit der Krise auf dem Immobilienmarkt zugleich eine Bankenkrise ausgelöst wurde, in deren Zuge es zu erheblichen Refinanzierungsproblemen im Finanzsektor und infolgedessen einem Einbruch der Kreditvergabe kam. Eine besonders große Rolle spielte die (am 29. Januar 2009 verstaatlichte) Anglo Irish Bank.

Lag die irische Schuldenquote 2007 noch bei besagten 25 Prozent, steigerte sie sich in den Jahren 2008 und 2009, auch auf Grund staatlicher Unterstützungsmaßnahmen für den Finanzsektor, um jeweils etwa 20 Prozentpunkte und erreichte schließlich 2011 knapp 109 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Ab 2007 platzte die Immobilienblase und in Irland trat als eines der ersten Industrieländer bereits im dritten Quartal 2007 eine Rezession ein. Im vierten Quartal 2008 brach die Wirtschaft um 8 Prozent ein. Im Jahr 2009 schrumpfte die Wirtschaft erneut um 7 bis 8 Prozent. Gab es bisher Vollbeschäftigung, stiegen nun die Arbeitslosenzahlen und Irland entwickelte sich zum Auswanderungsland.

Wegen der Finanz- und Bankenkrise - von der besonders die Anglo Irish Bank betroffen war - bat Ministerpräsident Brian Cowen am 21. November 2010 die Europäische Union und den IWF um Hilfe. Auf einem Sondertreffen der Euro-Gruppe- und EU-Finanzminister am 27./28. November in Brüssel wurde beschlossen, Irland Kredithilfen in Höhe von insgesamt 85 Mrd. Euro über einen Zeitraum von 36 Monaten zu gewähren. Irland mußte Zinsen in Höhe von 5,83 Prozent bezahlen. Von dieser Gesamtsumme übernahm Irland selbst 17,5 Mrd. Euro (u. a. durch Rückgriff auf Irlands nationalen Rentenreservefonds – National Pension Reserve Fund/NPRF), wodurch der Umfang der externen Hilfe auf 67,5 Mrd. Euro reduziert werden konnte. Die Aufteilung der 67,5 Mrd. Euro sah 22,5 Mrd. Euro für den Internationalen Währungsfonds (IWF), 22,5 Mrd. Euro für das Gemeinschaftsinstrument EFSM (European Financial Stability Mechanism) vor und 17,5 Mrd. Euro kamen vom EFSF (European Financial Stability Fund). Hinzu traten bilaterale Kredite von Großbritannien, Schweden und Dänemark. Großbritannien, Schweden und Dänemark gehören zwar nicht der Eurozone an, sie beteiligten sich aber an der Hilfe, weil ihre Banken ebenfalls stark in Irland engagiert waren und nun vom Euro-Rettungsschirm profitierten. Großbritannien gewährte 3,8 Mrd. Euro, Schweden 598 Mio. und Dänemark 393 Mio. Deutschland war nach den Worten von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble an der Finanzhilfe mit rund 6,1 Mrd. Euro Bürgschaften beteiligt. Eine direkte Zahlung Deutschlands erfolgte nicht.

Die Kredite sollten in Raten fließen, wobei in vierteljährlichen Abständen EU und IWF überprüften, ob Irland die von den Kreditgebern durchgesetzten Austeritäts- und Rekonstruktionsauflagen auch einhielt. 50 Mrd. Euro wurden zur Stützung des irischen Staatshaushalts verwendet und 35 Mrd. Euro dienten zur weiteren Stabilisierung des irischen Bankensystems. In zähen Verhandlungen erreichte die irische Regierung, daß die in Irland vergleichsweise bei niedrigen 12,5 Prozent liegende Körperschaftssteuer nicht erhöht werden mußte. Darüber hinaus wurde Irland ein zusätzliches Jahr zugestanden, um sein Budgetdefizit wieder unter die in den Euro-Stabilitätskriterien festgeschriebene Grenze von 3 Prozent des BIP zurückzufahren. Im Gegenzug für die gewährten Hilfen hatte Irland sich bereits zu einem strikten Austeritätskurs verpflichtet, um auf diese Weise seine Staatsfinanzen wieder in Ordnung zu bringen. Innerhalb der nächsten vier Jahre sollen Konsolidierungsmaßnahmen im Umfang von insgesamt 15 Mrd. Euro realisiert werden (10 Mrd. Euro Ausgabenkürzungen, 5 Mrd. Euro Einnahme-/Steuererhöhungen), 40 Prozent davon bereits im Jahr 2011.

Im Februar 2013 erklärte das irische Parlament die Abwicklungsbank der Anglo Irish Bank für insolvent. Irlands Notenbank übernahm den Schuldschein des Staates und tauschte ihn in langlaufende Staatsanleihen, wodurch das Volumen ausstehender Staatsanleihen um ein Viertel auf 115 Mrd. Euro wuchs. Für die irische Regierung bedeutete dies einen Zahlungsaufschub von 25 Jahren. Die erste Tilgung sollte 2038 fällig werden. Zudem erwartete man ein Sinken des Defizits innerhalb von drei Jahren auf 2,4 Prozent. Der irische Ministerpräsident Enda Kenny kündigte vor dem Treffen der Staatschefs am 14. November in Brüssel an, daß sein Land, das bisher 67,5 Milliarden Euro vom Euro-Rettungsfonds EFSF und dem Internationalen Rettungsfonds (IWF) erhalten hatte, ab Jahresende wieder an den Kapitalmarkt zurückkehren und sich wieder selbst finanzieren wollte.

... wird fortgesetzt ...

Die Ursachen und Entwicklung in Italien

Italien hatte seit Jahrzehnten eine höhere Staatsverschuldungsquote als viele andere Länder. So waren es 1990 94 Prozent (des BIP), 1995 121 Prozent, 2000 108 Prozent, 2005 105 Prozent, 2006 106 Prozent, 2007 103 Prozent, 2008 106 Prozent, 2009 116 Prozent, 2010 119 Prozent, 2011 120 Prozent und 2012 126 Prozent. Die italienische Wirtschaft wuchs seit etwa 2000 nur schwach und die jährliche reale Wachstumsrate des Bruttoinlandsproduktes seit 2000 betrug durchschnittlich nur etwa 1,1 Prozent. Die Finanzkrise ab 2007 führte auch in Italien zu einer Rezession.

Am 2. Dezember 2009 stellte die Europäische Kommission fest, daß Italien zusammen mit anderen Ländern ein gemäß Art.104.6/126.6 des EG-Vertrages gegen die Defizitkriterien verstieß und räumte dem Land eine Frist bis 2013 zur Reduzierung des Staatsdefizits ein. Im Mai 2010 beschloß die Regierung Berlusconi ein Austeritätsprogramm in Höhe von 62,2 Mrd. Euro, um die jährliche Neuverschuldung bis 2012 unter die Grenze von 3 Prozent des BIP zu senken. Im Jahr 2011 verabschiedete die Regierung Berlusconi zwei weitere Maßnahmenpakete über weitere Einsparungen und die Erhöhung der Mehrwertsteuer um einen Prozentpunkt auf 21 Prozent. Auf dem G 20-Gipfel im Oktober 2011 in Cannes bat Italien den IWF, Experten nach Rom zu entsenden, die die italienischen Austeritätsmaßnahmen beobachten. Am 16. November 2011 wurde Mario Monti neuer Ministerpräsident sowie Wirtschafts- und Finanzminister Italiens mit einem Kabinett aus parteilosen Ministern. Monti brachte noch im Dezember 2011 ein erstes Reformpaket durch beide Kammern des italienischen Parlaments mit dem Namen "Salva Italia" (deutsch: "Rette Italien"). Damit stieg das Volumen der von den Regierungen Berlusconi und Monti allein 2011 verabschiedeten Austeritätspakete auf 190 Mrd. Euro. Des Weiteren wurde eine Schuldenbremse nach deutschem Vorbild beschlossen, mit dem Ziel eines ausgeglichenen Haushalts bis 2013.

Im Jahre 2011 gingen über 11.000 Unternehmen pleite, ein Rekord und das gemessene Durchschnittseinkommen der Italiener lag bei 19.250 Euro. Fast die Hälfte der Steuerzahler, darunter Selbstständige wie Gastwirte und Einzelhändler, verdienten angeblich weniger als 15.000 Euro. Kurz nach Amtsantritt der neuen Regierung verstärkte die Guardia di Finanza ihre Kontrollen und Ermittlungen massiv, so daß ab 2012 die gemeldeten Einkommen unter dem Druck dieser Kontrollen kräftig stiegen.

Die Parlamentswahlen in Italien 2013 wurden nach dem Rücktritt von Monti auf den 24./25. Februar 2013 vorgezogen. In der Abgeordnetenkammer hat die Mitte-Links-Koalition von Pier Luigi Bersani eine Mehrheit und im Senat gab es ein Patt. Berlusconis Partei PdL erhielt 21,56 Prozent der Stimmen. Italien versteigerte am 27. Februar 2013 neue Staatsanleihen in Höhe von 6,5 Mrd. Euro. Die Zinsen für die Zehn-Jahres-Papiere stiegen von 4,17 auf 4,83 Prozent und die für Fünf-Jahres-Papiere von 2,94 auf 3,59 Prozent. Zwei Monate nach der Wahl (der vom Staatspräsidenten beauftragte Pier Luigi Bersani hatte keine Regierung bilden können) bekam Enrico Letta den Auftrag zur Regierungsbildung. Wenige Tage später wurden er und sein Kabinett vereidigt. Am 26. September 2013 veröffentlichte der IWF eine Studie, die eine Nettoneuverschuldung in Höhe von 3,2 Prozent des BIP, für 2013 eine Rezession (1,8 Prozent) und für 2014 ein Wachstum von 1,4 Prozent prognostizierte. Italien wurde erneut aufgefordert, den Arbeitsmarkt und den Dienstleistungssektor zu deregulieren. Zudem sollte Italien sein Justizsystem effizienter machen und das Privatisierungsprogramm wieder aktivieren, um die hohe Staatsverschuldung zu senken. Im Oktober drohte Brelusconi mit dem Rücktritt seiner Minister und der Auflösung der Regierung, als man ihm auf Grund einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung seinen Sitz im Senat entziehen wollte. Da führende Parteimitglieder ihm nicht folgten, blieb die Regierung im Amt.

Anfang August 2014 rutschte Italien zurück in die Rezession, denn die Wirtschaftsleistung lag im zweiten Quartal 0,2 Prozent tiefer als im ersten Vierteljahr. Dadurch geriet Premier Matteo Renzi weiter unter Druck. Am 25. Oktober protestierten eine Mio. Italiener gegen Arbeitsmarktreformen. Am 12. Dezember kam es sogar zum Generalstreik, als mehr als 1,5 Mio Menschen in über 50 Städten protestierten. 50 Prozent der Bahn- und Flugverbindungen und 70 Prozent der Verbindungen im Nahverkehr waren betroffen und die Streikbeteiligung lag bei 60 Prozent. Die Arbeitslosigkeit lag aktuell bei mehr als 13 Prozent und bei Jugendlichen sogar bei über 43 Prozent.

Der italienische Staatspräsident Giorgio Napolitano trat am Mittwoch, 14. Januar 2015, von seinem Amt zurück, wie er es auch schon in seiner Neujahrsansprache angekündigt hatte. Als Grund nannte er sein hohes Alter von 89 Jahren, denn die Pflichten des Amtes seien zu "komplex und anspruchsvoll". Bereits am Tag zuvor hatte Premierminister Matteo Renzi erklärt, Napolitano werde seinen bereits vor dem Jahreswechsel angekündigten Rücktritt in den "kommenden Stunden" vollziehen. Napolitano war ein wichtiger Stabilitätsfaktor in der zerstrittenen italienischen Politik.

... wird fortgesetzt ...

Die Ursachen und Entwicklung in Portugal

Portugal erlebte mit Einführung des Euro einen großen Kapitalzufluß, der zum Teil auf das Verschwinden von Wechselkursrisiken und zum Teil auf unrealistischen Risikoeinschätzungen der Kapitalgeber und daraus resultierend extrem niedriger Zinsen beruhte. Während die Nettoauslandsverschuldung von Portugal Mitte der 1990 Jahre bei nahe 0 lag, stieg sie bis 2007 auf 167 Mrd. Euro, was 97,5 Prozent des Bruttosozialprodukts entsprach. Den Kapitalzuflüssen stand aber keine Erhöhung der Produktivität gegenüber, die statt dessen sank. Im Gegensatz zu den USA, Spanien und Irland mußte Portugal im unmittelbaren Vorfeld der Euro-Krise kein Platzen einer Immobilienblase verkraften. Wie Spanien war aber auch in Portugal die Verschuldung der privaten Haushalte recht hoch (2007: 127 Prozent des verfügbaren Einkommens) und das Leistungsbilanzdefizit erhöhte sich zwischen 1997 und 2000 zunächst auf über 10 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, sank bis 2003 wieder auf 6 Prozent ab und stieg dann wieder (2008: –12,1 Prozent). Die Lohnstückkosten und die Arbeitsproduktivität gingen immer mehr auseinander. So erhöhte sich die gesamtwirtschaftliche Arbeitsproduktivität zwischen 1998 und 2008 um knapp 1 Prozent, während in derselben Zeit die Lohnstückkosten um 3 Prozent

Die Schuldenquote der öffentlichen Hand lag 2007 mit etwa 68 Prozent des Bruttoinlandsprodukts leicht oberhalb des Durchschnittswertes im Euroraum und dem Wert Deutschlands (66 bzw. 65 Prozent). Portugal verletzte ebenso wie Griechenland seit der Euro-Einführung im Jahr 1999 durchweg das im Stabilitäts- und Wachstumspakt verankerte 3-Prozent-Kriterium bezüglich des maximal zulässigen Haushaltsdefizits. Im November 2009 paßte die portugiesische Regierung ihr Budget an und veranschlagte das bis zum Ende des Jahres erwartete Defizit auf acht Prozent. Parallel hierzu versahen mehrere Rating-Agenturen portugiesische Staatsanleihen Ende 2009 mit einem negativen Ausblick. Anfang 2010 stellte sich auch die Acht-Prozent-Schätzung als zu optimistisch heraus, wobei der tatsächliche Wert 9,3 Prozent betrug. Im Februar 2010 billigte das portugiesische Parlament nach langen Auseinandersetzungen im Grundsatz das Budget für das Jahr 2012, nach dem das Haushaltsdefizit auf rund acht Prozent abgesenkt werden sollte. Am 6. März folgte durch die portugiesische Regierung der Beschluß eines Sparpakets. Dieses sah unter anderem vor, die Gehälter im öffentlichen Dienst einzufrieren, steuerliche Ausnahmeregelungen zu reduzieren und Sozialausgaben zu kürzen, worauf es zu mehreren Streiks kam. Ende März 2010 stufte die Ratingagentur Fitch Ende März unter Verweis auf die hohen Defizitzahlen für 2009 die Bonitätsnote mit negativem Ausblick herab (von AA auf AA-). Ende April 2010 zog Standard & Poor’s mit einer Herabstufung um gleich zwei Stufen nach. Mitte Mai beschloß die Regierung weitere Sparmaßnahmen, darunter eine Erhöhung der Mehrwerts- und Körperschaftssteuer, um das Defizit schneller abzubauen. Ende Mai 2010 fand einer der bis anhin in jüngerer Zeit größten Streiks des Landes mit einer Beteiligung von mehreren Hunderttausend Arbeitnehmern statt, der sich gegen die Sparmaßnahmen richtete.

Die Renditeentwicklung portugiesischer Staatsanleihen beruhigte sich gegen Mitte 2010 wieder etwas, weil die vier großen portugiesischen Geldhäuser auf Grundlage des Ende Juli veröffentlichten Streßtests der EZB keinen Rekapitalisierungsbedarf aufwiesen. Am 29. September 2010 kündigte die Regierung im Vorfeld eines Treffens der EU-Finanzminister eine abermalige Verschärfung des Sparkurses an. Nach wochenlangen Verhandlungen zwischen der sozialistischen Minderheitsregierung und der Sozialdemokratischen Partei wurde Ende Oktober ein Kompromiß über die Einzelheiten der im Budget für 2011 vorgesehenen Sparmaßnahmen erzielt, der schließlich am 3. November das Parlament passierte. Die Maßnahmen umfaßten neben weiteren Kürzungen von Sozialleistungen unter anderem eine schrittweise Kürzung der Gehälter im öffentlichen Dienst, eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um weitere zwei Prozentpunkte sowie statt des vorgesehenen Einfrierens der Gehälter im öffentlichen Dienst eine Kürzung vor. Die Entscheidung vermochte die Finanzmärkte indes nicht unmittelbar zu beruhigen, denn die Rendite auf zehnjährige Anleihen nahm einen neuen Jahreshöchststand an und Mitte Dezember beschloß das Kabinett im Vorfeld eines EU-Gipfels ein 50 Einzelmaßnahmen umfassendes Reformpaket. Fitch korrigierte am 23. Dezember 2010 seine bereits im März geminderte Bewertung portugiesischer Staatsanleihen erneut nach unten.

Um den Jahreswechsel 2010/2011 mehrten sich Gerüchte, Portugal werde wie Griechenland und Irland um Finanzhilfen durch die Eurozone nachsuchen müssen, insbesondere nachdem portugiesische Staatsanleihen Anfang Januar einen neuen Renditenhöchststand in der Eurozone erreichten. Am 27. Januar 2011 überstieg die Rendite auf 10-jährige Anleihen die häufig als Nachhaltigkeitsgrenze gewertete Sieben-Prozent-Marke. Nachdem sich die Entwicklung fortsetzte, nahm die Europäische Zentralbank am 10. Februar 2011 nach wochenlanger Abstinenz ihre Anleihenkäufe wieder auf. Um das Vertrauen in die eigene Zahlungsfähigkeit wieder zu stärken, bot die portugiesische Regierung am 16. Februar 2011 den Rückkauf ausstehender Anleihen, aber das Angebot wurde kaum wahrgenommen.

Verschärfend steuerte Portugal zunehmend einer Regierungskrise entgegen. Premierminister Sócrates kündete für den Fall, daß das Parlament einem neuen Sparmaßnahmenpaket der Regierung die Zustimmung versagen würde, seinen Rücktritt an. Auf die Abstimmungsniederlage der Regierung folgte am 23. März 2011 denn auch der Rücktritt des Premierministers, woraufhin die Risikoaufschläge wiederum einen europäischen Höchststand erreichten. Sócrates blieb bis zu den Neuwahlen Anfang Juni weiter im Amt. Standard & Poor’s senkte Portugals Bonitätsnote auf die letzte Stufe vor dem Abgleiten in den Ramsch-Status ab. Die EZB griff in diesem Klima Ende März abermals zu umfangreichen Ankäufen portugiesischer Anleihen. Nachdem die Rendite auf zehnjährige Anleihen Anfang April 2011 im Gefolge einer erneuten Herabstufung durch Moody’s über die Zehn-Prozent-Marke anstieg, verkündete der portugiesische Finanzminister Fernando Teixeira am 6. April, daß es erforderlich sei, auf die "in der Europäischen Union verfügbaren Finanzierungsmechanismen" zurückzugreifen. Die Verhandlungen hierüber mit Vertretern der Europäischen Kommission, der EZB und dem IWF begannen am 18. April 2011 und kulminierten Anfang Mai in einer Einigung über ein Hilfspaket im Umfang von 78 Mrd. Euro. Es sah unter anderem für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst einen Verzicht auf Lohnerhöhungen bis 2013 vor, außerdem eine Sondersteuer auf Pensionsansprüche über monatlich 1.500 Euro sowie eine Beschränkung der Auszahlung von Arbeitslosenunterstützung auf 18 Monate. Zwölf der 78 Mrd. Euro waren für die Rekapitalisierung des Bankensystems vorgesehen und Portugal verpflichtete sich, bis 2013 wieder zu einem Defizit in Höhe von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zurückzukehren. Ende 2011 wurde eine Reduktion des Haushaltsdefizits auf 5,9 erreicht, was zu einer Entspannung der finanzpolitischen Lage führte.

Im Mai 2013 plazierte Portugal erstmals seit dem Frühjahr 2011, als die Troika das 78-Milliarden-Euro schwere Hilfspaket für Portugal schnürte, wieder erfolgreich zehnjährige Staatsanleihen. Die Initiative zur Kürzung von Renten und Gehältern im öffentlichen Dienst wurde vom Verfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt. Bald darauf wurde bekannt, daß das Haushaltsdefizit im ersten Quartal 10,7 Prozent betrug. Die Aussichten, das Jahresdefizit 2013 wie geplant auf 5,5 Prozent zu drosseln, schwanden. Mitte 2013 begann eine Regierungskrise in Portugal, denn erst reichte Finanzminister Vítor Gaspar ein Rücktrittsgesuch ein und dann Außenminister Paulo Portas. Premierminister war zu dieser Zeit Pedro Passos Coelho. Im zweiten Quartal 2013 wuchs das Bruttoinlandsprodukt um 1,1 Prozent, was der stärkste Zuwachs im Euroraum war. Zudem gelang es Portugal, seine Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Trotzdem stiegen die Zinsen für zehnjährige portugiesische Staatsanleihen wegen der politischen Krise von 5,23 Prozent im Mai auf über sieben Prozent im September. Im November hatten haben sich die Renditen verringert: Lagen sie im Sommer 2012 noch bei mehr als zehn Prozent, waren sie Mitte November auf gut sechs Prozent gesunken

Als Protestwahl nutzten die Menschen in Portugal die Europawahlen im Mai 2014: Die oppositionellen Sozialisten konnten einen klaren Sieg einfahren. Sie erhielten vorläufigen Ergebnissen zufolge 31,58 Prozent. Die Regierungskoalition von Ministerpräsident Pedro Passos Coelho, die aus seiner konservativen PSD und der rechtskonservativen Partei CDS-PP besteht, kam nur auf 27,91 Prozent. Ende Juli 2014 meldete die Banco Espirito Santo (BES) einen Rekordverlust von 3,57 Mrd. Euro für das erste Halbjahr 2014. Der BES-Aktienkurs stürzte daraufhin in Lissabon zeitweilig um über 50 Prozent ab. Am 5. August beschloß die Regierung eine Zerschlagung der BES. Faule Kredite wurden in eine "Bad Bank" ausgelagert, deren Eigentümer nun die bisherigen Aktionäre der BES sind. Aus dem gesunden Teil wurde mit einer Zahlung von 4,9 Mrd. Euro aus dem Bankenrettungsfonds eine neue Bank namens Novo Banco. Damit kamen erstmals die neuen EU-Regeln zur Bankenrettung zur Anwendung.

Am 25. Januar 2015 kündigte Portugal an, nach der erfolgreichen Rückkehr an die Finanzmärkte die Notkredite des Internationalen Währungsfonds (IWF) frühzeitig zurückzahlen zu wollen. Die Regierung in Lissabon werde die notwendigen Schritte unternehmen, um die Erstattung der insgesamt 25 Mrd. Euro zu beschleunigen, sagte Finanzministerin Maria Luis Albuquerque vor einem Parlamentsausschuß.

Bei der Parlamentswahl im Oktober 2014 hatte die bisherige Regierungskoalition die meisten Stimmen erobert, aber es gab nun eine Mehrheit der linken Parteien. Nach nur elf Tagen im Amt - am 8. November 2015 - kündigten die linken Parteien deshalb an, die Mitte-rechts-Regierung stürzen zu wollen, um anschließend die Macht übernehmen zu können. Nach einem Abkommen mit dem marxistischen Linksblock (BE) sei auch eine Grundsatzvereinbarung mit dem von den Kommunisten angeführten Bündnis CDU erzielt worden, sagte der Chef der Sozialistischen Partei (PS), António Costa. Am 10. November war es dann soweit und es kam zu einem Mißtrauensvotum, weil die drei Oppositionsparteien die strenge Sparpolitik von Premier Pedro Passos Coelho nicht länger mittragen wollten. Außerdem bot sich die Gelegenheit, selbst die Macht zu ergreifen.

... wird fortgesetzt ...

Die Ursachen und Entwicklung in Slowenien

Slowenien führte als erstes neues Mitgliedsland nach der EU-Osterweiterung am 1. Januar 2007 den Euro ein. Die Wirtschaft blühte, angetrieben von Bankkrediten, vor allem im Bausektor. Mit dem Ausbruch der Finanzkrise endete das Wirtschaftswachstum. 2010 schrumpfte die Wirtschaft um 5,7 Prozent, 2011 um 6,4 Prozent und 2012 um 4,4 Prozent. Viele Kreditnehmer zahlten die aufgenommenen Kredite nicht zurück und die Banken kamen in eine Schieflage. In Folge der Krise stieg die Staatsverschuldung von 22 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf 48 Prozent im Jahr 2012. Sloweniens Banken hatten zu diesem Zeitpunkt Kredite im Volumen von 7 Mrd. Euro ausgegeben, was einem Fünftel der Wirtschaftsleistung des Landes entsprach. Deshalb empfahl Notenbankpräsident Marko Kranjec der neuen Mitte-Links-Regierung, eine Bad Bank zu gründen, den Staatshaushalt zu sanieren sowie Banken und andere Firmen zu privatisieren.

Die drei größten Banken des Landes brauchten laut IWF 2013 rund 1 Mrd. Euro zur Rekapitalisierung. Im März 2013 stiegen die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen auf knapp 7 Prozent. Die slowenische Nationalbank korrigierte ihre Wachstumsprognose für 2013 auf minus 1,9 Prozent. Janšas Regierung war es 2012 gelungen, die Nettoneuverschuldung von 6,4 auf 3,6 Prozent des BIP zu reduzieren. Am 10. April 2013 konnte Slowenien nicht so viele neue Staatsanleihen plazieren wie geplant. Im Juni 2013 mußte Slowenien Kredite in Höhe von über 1,1 Mrd. Euro zurückzahlen.

... wird fortgesetzt ...

Die Ursachen und Entwicklung in Spanien

Anders als Griechenland erfüllte Spanien bis 2008 durchgehend die Kriterien des Euro-Stabilitätspaktes. Die gewichtete öffentliche Staatsschuld seit der Euro-Einführung 1999 stets weit unterhalb aller EU-Durchschnittswerte und war darüber hinaus in der Tendenz rückläufig, so daß schließlich 2007 ein Wert von knapp 36 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erreicht wurde. Indessen war sowohl die spanische Wirtschaft bis 2007 (und auch darüber hinaus) durch eine recht hohe Verschuldung der privaten Haushalte gekennzeichnet, denn der Schulden-Einkommens-Quotient (Kredite und Verbindlichkeiten der Haushalte relativ zum verfügbaren Einkommen) belief sich 2007 in Spanien auf 130 Prozent.

Ab 2008 gab es - wie in den USA und in Irland - auch in Spanien erhebliche Verwerfungen auf dem Häusermarkt. Nach einer mehrjährigen Periode starken Wachstums des Immobiliensektors erreichte die Wertschöpfung im Baugewerbe Ende 2006 einen Umfang von 12 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in Spanien (2006 wurden etwa in Spanien mehr als dreimal so viele Wohnungen fertiggestellt wie noch ein Jahrzehnt zuvor und mit circa 600.000 Einheiten zugleich auch beinahe so viele wie im gesamten Rest der EU). Nachdem bereits in den USA die Hauspreise 2007 eingebrochen waren (Subprime-Krise), kam es im selben Jahr auch in Spanien zu einem "Platzen" der Immobilienblase. Drastische Preisrückgänge führten zu massiven Verkäufen sowie Entlassungen, was auf die gesamten Volkswirtschaften überschlug. Nach Schätzungen der spanischen Nationalbank war die Krise zwischen 2007 und 2009 für einen Rückgang von knapp 4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes verantwortlich. Die Belastungen des Bankensektors waren dabei geringer als in Irland, wenngleich die Rettungsmaßnahmen auch in Spanien den Staatshaushalt belasteten.

Viele spanische Banken hatten faule Kredite in ihren Büchern, die im Mai 2012 ein Volumen von bis zu 260 Mrd. Euro aufwiesen. Die spanische Regierung beschloß schon ab Anfang 2008 mehrere umfangreiche Konjunkturprogramme, um einem Konjunkturabschwung mit rasch ansteigender Arbeitslosigkeit entgegenzusteuern. Im April 2008 startete die in den Parlamentswahlen vom 9. März 2008 wiedergewählte Regierung Zapatero ein Programm, das für 2008 und 2009 Konjunkturimpulse für die Wirtschaft in Höhe von insgesamt rund 18 Mrd. Euro vorsah. Das Programm umfaßte unter anderem Steuerrückzahlungen an Geringverdiener und Rentner in Höhe von je 400 Euro. Der Mindestlohn sollte erhöht und die Vermögensteuer 2009 abgeschafft werden.

Im August 2008 verabschiedete die spanische Regierung ein weiteres Konjunkturpaket, das für 2009 und 2010 Ausgaben von 20 Mrd. Euro vorsah. Das Geld sollte in den sozialen Wohnungsbau fließen sowie mittleren und kleinen Unternehmen aus Liquiditätsengpässen helfen. Am 3. November 2008 wurde für Rentner, Arbeitslose und Selbstständige ohne Einkünfte ein zweijähriger Aufschub für 50 Prozent ihrer Hypothekenzahlungen dekretiert. Ende November 2008 wurde ein neuerliches Konjunkturpaket von 11 Mrd. Euro aufgelegt. Durch Förderung von Infrastrukturprojekten und Förderung der Autoindustrie (800 Mio. Euro) sollten im Jahr 2009 bis zu 300.000 neue Stellen geschaffen werden. Dieses Konjunkturpaket war Teil des von der Europäischen Kommission angesichts der Auswirkungen der Finanzkrise in den USA auf die europäische Wirtschaft Ende November vorgeschlagenen und am 11./12. Dezember 2008 vom Europäischen Rat beschlossenen europaweiten Programms zur Ankurbelung der Konjunktur in Höhe von insgesamt rund 200 Mrd. Euro. Ende Dezember 2008 wurde zusätzlich eine Erhöhung der Renten um 2,4 bis 7,2 Prozent und eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns um 4 Prozent auf 624 Euro beschlossen.

Am 12. Januar 2009 stellte die Regierung Zapatero schließlich den "Plan Español para el Estímulo de la Economía y el Empleo" (deutsch: Spanischer Plan zur Anregung der Wirtschaft und der Beschäftigung) vor. Dieser "Plan E" bündelte über 80 zum Teil schon vorher für 2008/2009 geplante Einzelmaßnahmen im Gesamtwert von über 70 Mrd. Euro. Alle diese Programme beseitigten aber nicht die strukturellen Probleme der spanischen Wirtschaft, sondern sie verhinderten nur eine Zeitlang, daß die Arbeitslosigkeit noch dramatischer anstieg. Die vermehrten staatlichen Ausgaben für die verschiedenen Stabilisierungsprogramme bei gleichzeitig zunehmender Inanspruchnahme von Sozialleistungen führten zu einer Vergrößerung des Haushaltsdefizits und erhöhten die Staatsschulden. Die Regierung sah sich deshalb gezwungen, neue Kredite in Höhe von über 220 Mrd. Euro aufzunehmen und die EU-Kommission leitete auf Grund dieser Entwicklung ein Defizitverfahren gegen Spanien ein. Im Juni 2009 kündigte die spanische Wirtschafts- und Finanzministerin Elena Salgado einschneidende Kürzungen für die Staatsausgaben 2010 an und im September 2009 wurden erste konkreten Maßnahmen bekannt gegeben:
- Die Mehrwertsteuer sollte ab Juli 2010 von 16 auf 18 Prozent steigen.
- Die Kapitalertragsteuer für Gewinne sollte von mehr als 6.000 Euro von 18 auf 21 Prozent zu erhöht werden.
Insgesamt sollte der Staat so 11 Mrd. Euro mehr einnehmen und die Ausgaben sollten – verglichen zu 2009 – um 3,9 Prozent gekürzt werden.

Ende Januar 2010 legte Madrid ein beispielloses Austeritätsprogramm für die kommenden drei Jahre vor, denn mit Haushaltskürzungen von 50 Mrd. Euro und Steuererhöhungen sollte das Budgetdefizit Spaniens, das zuletzt bei 11,2 Prozent des BIP lag, noch 2010 auf 9,3 Prozent und 2011 auf 6 Prozent gesenkt werden. 2013 sollte dann der EU-Grenzwert von 3 Prozent wieder eingehalten werden. Im Mai 2010 – nach Abwenden der Staatspleite Griechenlands mit einem 80-Milliarden-Kredit durch die Euro-Länder – kündigte das Kabinett Zapatero weitere Kürzungen von 15 Mrd. Euro bis 2011 an. Am 27. Mai 2010 wurde dieses neuerliche Ausgabenkürzungspaket mit hauchdünner Mehrheit (1 Stimme) vom spanischen Parlament verabschiedet. Die Renten sollen 2011 nicht erhöht werden (Nullrunde), mit Ausnahme der Mindestrenten, und die Frühverrentung sollte erschwert werden. Im Gesundheitswesen sollten niedrigere Preise für Medikamente die Kosten reduzieren. Die Regionalregierungen sollten weitere 1,2 Mrd. Euro an Kürzungen beisteuern.

Am 20. November 2011 fanden in Spanien vorgezogene Neuwahlen statt. Ministerpräsident Zapatero – er war nach den Wahlen am 14. März 2004 ins Amt gekommen, hatte mit dem Kabinett Zapatero I regiert, war im März 2008 wiedergewählt worden und hatte mit dem Kabinett Zapatero II weiterregiert – hatte am 29. Juli 2011 um vier Monate vorgezogene Neuwahlen angekündigt und mitgeteilt, nicht wieder für das Amt des Regierungspräsidenten zu kandidieren. Die PP unter Mariano Rajoy gewann eine absolute Mehrheit im Parlament.

Am 19. Februar 2012 hatten alleine in Madrid 500.000 Menschen gegen Sozialkürzungen protestiert. Am 9. Juni 2012 sagten die Euro-Finanzminister in einer Telefonkonferenz der spanischen Regierung pauschal einen Kredit von maximal 100 Mrd. Euro für ihre Banken zu. Am 14. Juni 2012 signalisierte der IWF, daß er weiter sinkende Gehälter empfehlen würde. Anfang Juli 2012 räumten die europäischen Finanzminister Spanien eine größere Zeitspanne für die Verringerung der Neuverschuldung ein. Im Frühjahr war das Ziel für das spanische Haushaltsdefizit bereits von 4,4 auf 5,3 Prozent bis Ende 2012 angehoben worden. Es wurde dann nochmals auf 6,3 Prozent angehoben. Spanien sollte seine Neuverschuldung nicht mehr bereits 2013, sondern nun erst im Jahre 2014 unter die EU-Obergrenze von 3 Prozent drücken.

Im August 2012 verschärfte Rajoy seinen Austeritätskurs (von 65 Mrd. Euro auf etwa 102 Mrd. Euro). Er reagierte damit vor allem auf die am Markt deutlich gestiegenen Zinsen für spanische Kreditaufnahmen. Im gleichen Monat teilte die Zentralbank Spaniens mit, dass die "faulen Kredite" in den Bilanzen der spanischen Banken auf ein Rekordniveau gestiegen wären, denn der Anteil ausfallbedrohter Forderungen am gesamten Kreditvolumen erhöhte sich von 11,2 Prozent (Mai 2013) auf 11,6 Prozent im Juni 2013. Im September 2013 plante das Kabinett Rajoy, die Renten nicht mehr automatisch mit der Inflationsrate steigen zu lassen, um in zehn Jahren 30 oder 33 Mrd. Euro einzusparen. Eine zeitweise erwogene schnellere Anhebung des Renteneintrittsalters von derzeit 65 auf dann 67 Jahre ließ Rajoy Mitte September 2013 aber (zunächst) fallen. Spanien kündigte im November ein Ende seines Hilfsprogramms an, zumal es von den ursprünglich genehmigten 100 Mrd. Euro für spanische Banken nur gut 40 Mrd. aufgebraucht hatte.

Zu Beginn des Jahres 2014 zeichnete sich eine leichte Entspannung der Wirtschaftskrise ab, die Arbeitslosigkeit blieb aber besonders unter den Jugendlichen noch extrem hoch. Im letzten Quartal 2014 stieg das BIP allerdings um 0,7 Prozent. Am 20. Dezember 2015 wurde in Spanien ein neues Parlament gewählt, wobei es zu einer Pattsituation kam: Die konservative Volkspartei (PP) unter Ministerpräsident Mariano Rajoy blieb zwar stärkste Kraft, büßte aber die vor vier Jahren erreichte absolute Mehrheit ein, da sie nur noch 123 Sitze holte. Der Wunschpartner, die sozialliberalen "Ciudadanos" (C's) bekamen zwar aus dem Stand 40 Sitze, aber die 2006 in Katalonien gegründete Anti-Unabhängigkeitspartei, die erstmals spanienweit bei einer nationalen Wahl antrat, blieb hinter den Erwartungen zurück. Deren Vorsitzender Albert Rivera hatte zudem einen Kampf gegen Korruption versprochen, weshalb eine Zusammenarbeit mit Rajoy nicht in Frage kam. Sozialistenchef Sánchez von der SPOE sprach in der Wahlnacht zwar von "einer neuen Etappe" mit einer Mehrheit der Linken, aber auch die Sozialisten mußten mit nur 90 Sitzen das schlechteste Wahlergebnis seit mehr als 30 Jahren hinnehmen. Dicht dahinter folgte die neu gegründete Protestpartei Podemos (deutsch: "Wir können") unter dem marxistischen Politologen Pablo Iglesias, die zwei Abgeordnete mehr ins Madrider Parlament schicken kann als die Ciudadanos. Zusätzlich hatte Iglesias regionale Wahlbündnisse in Katalonien, Valencia und Galicien geschmiedet, die insgesamt zu 69 Sitzen führte.

... wird fortgesetzt ...

Die Ursachen und Entwicklung in Zypern

Die Mittelmeerinsel Zypern geriet eigentlich erst recht spät in den Sog der Euro-Krise, obwohl die Volkswirtschaft besonders durch Verflechtungen mit dem griechischen Finanzsystem immer wieder von den dortigen Problemen betroffen war. Die Rating-Agentur Moody's senkte die Bonitätsnote des Landes im Februar 2011 unter Verweis auf Zweifel an der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und enge Verbindungen zyprischer Banken zu Griechenland um zwei Stufen auf A2 herab. Fitch wiederum stufte die Bonität Mitte 2011 ebenfalls herab und Standard & Poor’s tat es gleich mehrfach. Eine schwere Explosion auf einem Militärstützpunkt, bei der das größte Elektrizitätswerk des Landes zerstört wurde, hatte im Juli 2011 nicht nur erhebliche, sich für abermalige Abwertungen verantwortlich zeichnende, realwirtschaftliche Schäden zur Folge], sondern stürzte Zypern auch in eine politische Krise, in deren Folge die gesamte Regierung auf Ersuchen des Staatschefs zurücktrat. Es kam so Mitte 2011 zu einem sprunghaften Anstieg der Renditen bei zyprischen Staatsanleihen, denn nachdem die Renditen auf zehnjährige Staatstitel bis dahin bei knapp über 4 Prozent gelegen hatten, erhöhten sie sich bis zum 2. August auf etwa 11,5 Prozent. MDie Bank of Cyprus - als die größte Bank des Landes - warnte deshalb schon damals, daß Zypern bald den EFSF um Hilfe bitten müßte.

Am 26. August 2011 beschloß das zyprische Parlament zur Stützung der Haushaltslage eine Gehaltskürzung von 3 Prozent für Staatsangestellte sowie das Einfrieren der Gehälter für sich kurz vor der Verrentung befindliche Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Anfang Oktober 2011 konnte das Finanzministerium die Zusage eines Kredites über 2,5 Mrd. Euro von Rußland zu einem Zins von 4,5 Prozent, der Mitte 2013 auf 2,5 Prozent reduziert wurde, vermelden. Anfang Dezember 2011 wurde die Anhebung der Umsatzsteuer von 15 auf 17 Prozent beschlossen.

Ab April 2012 stützte die Europäische Zentralbank das zyprische Bankensystem im Rahmen der Emergency Liquidity Assistance (ELA) mit mehreren Mrd. Euro. Am 25. Juni 2012 stellte Zypern, dessen zehnjährige Anleihen unterdessen von allen drei großen Rating-Agenturen als "Ramsch" eingestuft wurden, als fünftes Land der Eurozone einen Antrag auf Hilfen aus den Euro-Krisenfonds. Das Gesuch erging besonders als Folge neuer Anforderungen an die Kernkapitalquote zyprischer Banken durch die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA), die für Zypern ab dem 30. Juni eine Quote von 9 Prozent forderte. Dadurch mußte die zweitgrößte Bank des Landes, die Cyprus Popular Bank ("Laiki"), ca. 1,8 Mrd. Euro aufbringen, was knapp einem Zehntel des zyprischen Bruttoinlandsproduktes entsprach. Eine Einigung wurde erst im März 2013 erzielt, denn die zyprische Regierung, die zunächst auch parallel in Verhandlungen mit Rußland und China stand, lehnte zunächst die Sparvorschläge der Troika-Delegation aus Experten der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds immer wieder ab. Außerdem belasteten Bedenken in einigen europäischen Parlamenten die Gespräche, wonach eine mögliche Unterstützung auch den Inhabern russischer Schwarzgeldkonten zu Gute käme. Das Bankensystem Zypern war - verglichen mit der Wirtschaftskraft des Landes - unverhältnismäßig groß, denn z. B. im Jahr 2011 betrugen die Vermögenswerte der Banken das Acht- bis Neunfache des Bruttoinlandsproduktes.

Im März 2013 spitzte sich die Lage in Zypern zu. Am 16. März 2013 einigten sich schließlich die Finanzminister der Eurozone mit den zyprischen Verhandlungsführern im Beisein des IWF auf ein Rettungspaket im Umfang von 10 Mrd. Euro, wobei das Volumen deutlich hinter den Erwartungen von rund 17 Mrd. Euro zurück blieb. Nach dem Beschluß sollte Nikosia im Gegenzug für die bereitgestellten Mittel Bankkunden im Umfang von knapp 5,8 Mrd. Euro an den Kosten beteiligen. Es war eine einmalige "Stabilitätsabgabe" vorgesehen, die auf Einlagen bis 100.000 Euro im Umfang von 6,75 Prozent, darüber im Umfang von 9,9 Prozent hätte erhoben werden sollen. Außerdem sorgte die zyprische Regierung derweil zusammen mit der EZB dafür, daß keine größeren elektronischen Transaktionen mehr getätigt werden konnten, um einer Kapitalflucht vorzubeugen. Das Parlament sollte der Vereinbarung planmäßig am darauffolgenden Montag (18. März) – einem Bankfeiertag – zustimmen. Während die Regierungsseite bereits Nachverhandlungen führte, lehnte das Parlament die leicht abgewandelte Vorlage (Konten mit unter 20.000 Euro sollten ausgenommen werden) in der Nacht auf Dienstag allerdings mit 36 Gegenstimmen bei 19 Enthaltungen ab. Die Banken blieben bis einschließlich Donnerstag (21. März) geschlossen, wobei das Datum wurde später auf Dienstag (26. März) und dann auf Donnerstag (28. März) hinaufgesetzt wurde. Da der EZB-Rat am 21. März den Druck erhöhte, indem er formal ankündigte, die ELA-Kreditlinien nur noch bis Montag, den 25. März, zu gewähren, verabschiedete das zyprische Parlament am 22. März das Maßnahmenpaket, das eine Resturkturierung der Cyprus Popular Bank, eine Auslagerung problematischer Papiere in eine Bad Bank und die Übertragung nichtgefährdeter Konten der größten Bank des Landes, der Bank of Cyprus, vorsah.

Eine Einigung zwischen Zypern und der Troika wurde dann am 25. März 2013 erzielt, die die Auflösung der Cyprus Popular Bank und die Auslagerung von Einlagen mit einem Volumen von mehr als 100.000 Euro – insgesamt 4,2 Mrd. Euro – vollständig in eine abzuwickelnde Bad Bank vorsah. Einlagen von unter 100.000 Euro wurden nicht herangezogen, sondern der Bank of Cyprus übertragen. Einlagen in der Bank of Cyprus von über 100.000 Euro wurden eingefroren und sollten an den Kosten beteiligt werden. Auf Grund der Vereinbarung annoncierte die EZB im Laufe des Tages, einer Verlängerung der ELA-Kredite durch die zypriotische Zentralbank nicht mehr im Wege zu stehen. Die Euro-Gruppe billigte Ende März und Mitte April 2013 (unter anschließender Zustimmung der befragten nationalen Parlamente) einen neuen Hilfskredit für Zypern, denn es wurden 9 Mrd. Euro durch den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) in Tranchen gewährt, wobei eine weitere Milliarde vom Internationalen Währungsfonds kamen. Das zyprische Parlament stimmte dem Memorandum Ende April knapp zu, nachdem zuvor auf zyprischer Seite weitere Einschnitte in die Gehälter im öffentlichen Dienst sowie eine Sondersteuer auf Immobilienbesitz beschlossen wurden. Ebenfalls Ende April 2013 wurde durch die zyprische Regierung eine Aufweichung der Kapitalverkehrskontrollen sowie deren weitgehende Aufhebung für ausländische Kunden nichtzypriotischer Banken in Zypern umgesetzt. Nachdem auch die Erhöhung des Körperschaftssteuersatzes von 10 Prozent auf 12,5 Prozent sowie die Anhebung der Besteuerung von Zinserträgen von 15 auf 30 Prozent implementiert wurden, erhielt Zypern am 13. Mai den ersten Teil der ersten Tranche (2 Mrd. Euro) durch den ESM.

Zyperns Präsident Nikos Anastasiadis schrieb Mitte Juni einen Brief an die Troika, in dem er die beschlossenen Maßnahmen und besonders die durchgeführte Beteiligung von Bankgläubigern und unversicherten Einlegern heftig kritisierte. Außerdem bat er um langfristige Liquiditätsunterstützung der Bank of Cyprus, die weite Teile der Bilanz der abgewickelten Cyprus Popular Bank übernommen hatte. Er begründete die Notwendigkeit mit der dünnen Liquiditätsposition der Bank und ihrer Bedeutung für die positive Entwicklung der zyprischen Wirtschaft. Eine starke Bank of Cypris sei obligatorisch für das Gelingen des Rettungsprogramms. Die Vorschläge stießen allerdings bei der Euro-Gruppe auf Ablehnung.

... wird fortgesetzt ...

Der Euro-Rettungsschirm

Die EU beschloß als Ausweg aus der Euro-Krise diverse Hilfsmechanismen. Unter dem Begriff "Euro-Rettungsschirm" versteht man die Gesamtheit der Maßnahmen der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten der Eurozone. Dies sind im Detail:
- Griechenland-Hilfe: Bilaterale Kredite als Unterstützungspaket für Griechenland mit einem Gesamtvolumen von 80 Mrd. Euro;
- SMP: Ankauf von Staatsanleihen gefährdeter Staaten durch die EZB;
- EFSM: Die ist der "Europäische Finanzstabilisierungsmechanismus", der aus der VO (EU) Nr. 407/2010 und der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF besteht), die das auf Grund der VO 407/2010 zu vergebende Kreditvolumen erhöhen soll;
- ESM: Der Europäische Stabilitätsmechanismus basierend auf auf dem "Vertrag zur Einrichtung des europäischen Stabilitätsmechanismus",
- Europäischer Fiskalpakt: Dieser basiert auf dem "Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion" (SKS-Vertrag).
Teilweise werden auch die Kreditvergaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) und die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) als zum Rettungsschirm zugehörig angesehen. Im Folgenden werden die (wichtigsten) Instrumentarien näher erläutert!

Der EFSF (2010)

Der EFSF ist eine Vereinbarung der am Euro beteiligten Staaten, die allein dem Zweck dient, das Volumen der auf Grund der VO (EU) Nr. 407/2010 gewährten Kredite zu erhöhen. Sie wurde am 10. Mai 2010 von den Regierungen der Euro-Staaten beschlossen. Es geht dabei um Kreditausfallbürgschaften in Höhe von bis zu 440 Mrd. Euro.

In Deutschland hatte der Bundestag der EFSF mit dem Stabilisierungsmechanismusgesetz zugestimmt. Die Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes war umstritten, denn in Betracht kam ebenfalls ein Verstoß gegen die No-bailout-Klausel des Art. 125 AEU-Vertrag. Das Bundesverfassungsgericht hatte eine Verfassungsbeschwerde gegen das deutsche Zustimmungsgesetz abgewiesen und die Beschwerdeführer hatten einen Verstoß gegen die Art. 14 und Art. 38 gerügt. Kredite aus der EFSF erhielten Griechenland, Irland und Portugal.

Die "Europäische Finanzstabilisierungsfazilität" (kurz: EFSF, englisch: European Financial Stability Facility) ist eine Aktiengesellschaft (société anonyme) nach luxemburgischem Recht mit Sitz in Luxemburg (Stadt) und dient als provisorischer vorläufiger Stabilisierungsmechanismus. Sie wurde am 7. Juni 2010 gegründet und am 4. August 2010 voll handlungsfähig. Seit dem 1. Juli 2013 war der "Europäische Stabilitätsmechanismus" (ESM) die einzige Institution für die finanzielle Unterstützung von Mitgliedstaaten des Euroraums. Seit diesem Tag ist die EFSF nicht mehr für die Finanzierung von Programmen oder neuen Kreditfazilitäten zuständig.

Der ESM (2011)

Der "Europäische Stabilitätsmechanismus" (ESM) war ursprünglich als Nachfolgeinstitution der "Europäischen Finanzstabilisierungsfazilitä"t (EFSF) geplant, existierte seitdem aber parallel. Mit dem ESM sollte ein dauerhafter Mechanismus zur Stabilisierung des Euro eingerichtet werden. Der Europäische Rat hat am 25. März 2011 folgende Änderung des Art. 136 AEU-Vertrag beschlossen: Die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, können einen Stabilitätsmechanismus einrichten, der aktiviert wird, wenn dies unabdingbar ist, um die Stabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt zu wahren. Die Gewährung aller erforderlichen Finanzhilfen im Rahmen des Mechanismus wird strengen Auflagen unterliegen.

Das Zustimmungsgesetz zu dieser Vertragsänderung hatten Bundestag und Bundesrat am 30. Juni 2012 verabschiedet. Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Eilanträge gegen die Ausfertigung des Gesetzes abgewiesen hatte, wurde es vom Bundespräsidenten ausgefertigt. Daher trat der Vertrag am 27. September 2012 in Kraft.

Der "Europäische Stabilitätsmechanismus" (kurz: ESM, englisch: European Stability Mechanism, französisch: Mécanisme européen de stabilité) ist somit eine internationale Finanzinstitution mit Sitz in Luxemburg. Er trat am 27. September 2012 mit der Hinterlegung der deutschen Ratifikationsurkunde beim Generalsekretariat des Rates der Europäischen Union in Kraft. Der ESM ist Teil des "Euro-Rettungsschirms" und löste die "Europäische Finanzstabilisierungsfazilität" (EFSF) ablösen. Aufgabe des ESM ist es, überschuldete Mitgliedstaaten der Eurozone durch Notkredite und Bürgschaften zu unterstützen, um deren Zahlungsunfähigkeit zu verhindern.

Der Europäische Fiskalpakt

Der Fiskalpakt bezeichnet den Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion, der die verstärkte Zusammenarbeit von Staaten der Europäischen Union im Bereich der Fiskalpolitik vorsieht. Der Grundgedanke des Paktes war eine Kontrollübertragung über die nationalen Fiskalpolitiken auf die europäische Ebene mit dem Ziel, mehr Fiskaldisziplin durchzusetzen. Dazu wurde insbesondere das nationale Recht auf eine eigene Verschuldungspolitik an die EU abgetreten.

Im Jahr 2007 schlug der damalige Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) Jean-Claude Trichet vor, die EU solle eine Fiskalunion entwickeln mit dem Ziel, eine umsichtige Finanzpolitik in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten. Ende 2010 wurden dann erste Vorschläge gemacht, Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts zu reformieren, um die finanzpolitische Koordinierung zu stärken. Im Februar 2011 hatten Frankreich und Deutschland den Euro-Plus-Pakt vorangetrieben, um die wirtschaftspolitische Koordinierung in der Eurozone zu verbessern. Spanien schloß sich diesem Ziel an.

Am 9. Dezember 2011 einigten sich alle EU-Mitglieder mit Ausnahme Großbritanniens und Tschechiens auf strenge Obergrenzen für die Staatsschulden, einschließlich automatischer Sanktionen für Länder, die die Regeln brechen (Art. 3 SKS-Vertrag). Im Zuge der Bankenkrise und der erhöhten Staatsverschuldungen durch diverse Euro-Rettungspakete wurde die Idee einer Europäischen Fiskalunion dann wieder ab 2012 brandaktuell mit den Zielen gemeinsames Budget, gemeinsame Steuerpolitik, gemeinsame Garantie für die Staatsschulden der Länder der Eurozone. Wegen der Ablehnung der Vertragsänderung seitens der Briten im Dezember 2011 mußte die geplante Zusammenarbeit auf eine eigene vertragliche Grundlage gestellt werden. Die Tschechische Republik, welche im Gegensatz zum Vereinigten Königreich die Vertragsänderung unterstützte, hatte im Januar 2012 abgelehnt, sich dem neuen Pakt, der außerhalb des EU-Rechtsrahmens steht, anzuschließen. Der Vertrag wurde am 2. März 2012 von 25 Staaten unterzeichnet.

zurück
Sonstige Ereignisse ab 2010

Das Jahr 2010

Die bulgarische Außenministerin und designierte Entwicklungshilfe-Kommissarin Rumania Schelewa mußte sich bei ihrer Anhörung im Europaparlament in Brüssel am 12. Januar 2010 massiven Vorwürfen stellen. Sie sollte Nebeneinkünfte verheimlicht haben und wurde auch mit der Mafia in Zusammenhang gebracht. Sie war als Kommissarin für humanitäre Hilfe und internationale Zusammenarbeit vorgesehen. Die konservative Politikerin hatte verschwiegen, daß sie von 2007 bis 2009 Anteile an einem Beratungsunternehmen hielt, was ein Verstoß gegen den Verhaltenskodex der EU-Kommission, der die Offenlegung aller Nebeneinkünfte verlangt, wäre. Zweifel gab es auch bei anderen Kandidaten, etwa an der Eignung von Olli Rehn als Wirtschafts- und Finanzkommissar. Ihn forderten die Abgeordneten aber nur auf, mehr für eine ehrgeizige Wachstums- und Beschäftigungsstrategie zu tun. Vom neuen Steuerkommissar Algirdas Semeta erwartete das Parlament etwa eine Zusage, daß er gegen Steueroasen vorgeht. Gleich zweimal vor das Plenum mußte die bisherige Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes. Bei ihr gab es Zweifel an ihrer Qualifikation zur Telekommunikationskommissarin.

Das EU-Parlament stimmte am 9. Februar 2010 mit 488 zu 137 Stimmen und 72 Enthaltungen die der neuen EU-Kommission zu. Die Abgeordneten beriefen auf ihrer Abstimmung in Straßburg das neue Team vom neuen und alten Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso für die kommenden fünf Jahre ins Amt.

Die EU-Kommission schlug am 12. Mai eine europäische Wirtschaftsregierung zur Euro-Rettung vor. Brüssel verlangt dazu Einblick in die Budgetplanungen der Euro-Mitgliedsstaaten noch vor den nationalen Parlamenten. Nur so könne die Politik auf europäischer Ebene gesteuert werden. "Es gibt keine Währungsunion ohne Wirtschaftsunion", sagte Barroso. "Die Mitgliedstaaten müssen wissen, ob sie das wollen oder nicht. Sonst wäre es besser, die Währungsunion einfach zu vergessen." Barroso und sein Finanzkommissar Olli Rehn legten auch die Grundzüge für einen "Euro-Konsolidierungspakt" vor, der vier Kernelemente enthält:
- eine Abstimmung der Haushalts- und Wirtschaftspolitik aller 16 Mitglieder;
- härtere Strafen für Schuldensünder;
- einen Abbau der Wettbewerbs-Ungleichgewichte;
- ein permanenter Krisenmechanismus, der in Notsituationen wie der drohenden Pleite Athens schnell greifen kann.

Der befürchtete Eklat auf dem EU-Gipfel in Brüssel am 29.10.2010 blieb aus. Trotz aller negativer Vorzeichen konnten sich die Mitgliedsstaaten doch auf einen Krisenmechanismus einigen. Damit hatte nicht nur die deutsche Kanzlerin einen Etappensieg erreicht, sondern auch die europäische Gemeinschaft gewonnen. Nun sollte eine Änderung der Verträge von Lissabon so durchgeführt werden, daß dafür kein Referendum in Ländern wie Irland nötig wäre Denn das hatte so mancher Staat als große Hürde gesehen. Private Gläubiger sollen bei Krisen zukünftig mithaften, auch wenn Angela Merkel damit gescheiterte, einen Stimmentzug für hartnäckige Schuldenstaaten zu erreichen.

Vor dem Gipfel in Brüssel Mitte Dezember 2010 sah sich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel mit schweren Vorwürfen konfrontiert, denn sie wäre eine "uneuropäische" Bundeskanzlerin und es gäbe die Gefahr eines "arroganten" Deutschlands. Auf dem EU-Gipfel in Brüssel herrsche dann wieder Frieden, da die Partner in Europa wußten, daß sie Deutschland brauchen würden. Merkel wehrte sich gegen Euro-Bonds und Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker gab nach. Viele Länder fühlten sich deshalb von Deutschland bevormundet, mehr als jemals zuvor.

Das Jahr 2011

Die Europäische Zentralbank sagte Anfang 2011 der Inflation den Kampf an, denn die Währungshüter erhörten am 7. April den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte erhöht. Nun wurden Kredite in der Tendenz teurer, aber Sparer bekamen ebenfalls höhere Zinsen. Für die wirtschaftlich angeschlagenen Euroländer war der Schritt jedoch problematisch. Es war das erste Mal seit dem 13. Mai 2009, daß die Notenbank sich zu einer Intervention genötigt sah. Zuletzt hatte die Inflationsrate 2,6 Prozent betragen.

Am 10. Juni 2011 wurde beschlossen, daß Kroatien in zwei Jahren als 28. Land in die EU aufgenommen werden sollte. Die letzten vier Verhandlungskapitel seien geschlossen worden und der Weg für die Aufnahme solle freigemacht werden, forderte Kommissionschef José Manuel Barroso die Mitgliedsstaaten auf. Der Gipfel am 24. Juni sollte dann den Aufnahmeplan bestätigen. Zuletzt waren Bulgarien und Rumänien aufgenommen worden, zum 1. Januar 2007. Kroatien wäre das erste Land aus dem Westbalkan und nach Slowenien der zweite Nachfolgestaat des früheren Jugoslawien, der in die EU eintritt.

Auf dem Euro-Gipfel am 27. Oktober 2011 einigten sich die Staats- und Regierungschefs der Währungsunion nach zähen Verhandlungen bis in die frühen Morgenstunden mit den Banken darauf, Griechenland rund die Hälfte seiner Schulden zu erlassen. Der griechische Ministerpräsident bezeichnete die Entscheidung als "neue Ära" für sein Land.

Mit der Erbschaft von Lady Margret Thatcher ("We want our money back" - Wir wollen unser Geld zurück) im Gepäck war David Cameron Am 9. Dezember 2012 zum EU-Gipfel nach Brüssel gereist und stellte sich ins Abseits. Durch sein "Nein" zu den Vertragsänderungen, mit denen die Eurozone ihre Schuldenkrise überwinden sollte, hatte sich der britische Premier buchstäblich "verzockt". Nach dem Eklat am frühen Freitagmorgen sah es zunächst noch so aus, als gäbe es eine Allianz der Verweigerer, denn auch die Schweden schimpften über den geplanten EU-Vertrag und Tschechen und Ungarn blieben reserviert. Am Mittag dann hatten alle bis auf Cameron kalte Füße bekommen und wollten jetzt erst mal ihre Parlamente befragen, ob man den Euro-Vertrag nicht doch mittragen soll. Nicht nur Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy war heftig mit Cameron aneinandergeraten, auch viele Nicht-Euro-Staaten sahen den Briten als den eigentlichen Spalter, der auf Kosten der Euro-Krise noch Vorteile für den Londoner Finanzplatz herausschlagen wollte. Bundeskanzlerin Angela Merkel Cameron indirekt damit, ihr Ziel rascher zu erreichen. Denn durch die britische Blockade können die schärferen Haushaltsregeln zunächst nicht durch eine Änderung des geltenden Rechts verankert werden, sondern nur durch einen neuen, zwischenstaatlichen Vertrag. Das ist zwar auf der einen Seite komplizierter, weil die EU-Kommission und der Europäische Gerichtshof nun über neue juristische Konstruktionen eingebunden werden müssen.

Das Jahr 2012

Am 27. Februar 2012 wurde Serbien neuer Beitrittskandidat der Europäischen Union. Die Außenminister der 27 EU-Staaten einigten sich darauf, Serbien den Status des Beitrittskandidaten zuzubilligen. Auch die einstige serbische Provinz Kosovo, die sich im Februar 2008 gegen den Willen Belgrads für unabhängig erklärte, sollte der EU etwas näher kommen als bisher. Es wurde vereinbart, ob mit der Regierung in Pristina ein "Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen" (SAA) unterzeichnet werden könne. Damit würde das Kosovo zu einem "potenziellen Beitrittskandidaten" werden. Der Status des Beitrittskandidaten, den Serbien bekam, warr vor allem von politischer Bedeutung. Es handelte sich um die letzte Etappe vor dem Beginn von vermutlich mehrjährigen Beitrittsverhandlungen. Allerdings wurde von den EU-Staaten noch kein Datum für den Beginn von Beitrittsverhandlungen festlegt.

Am 12. Oktober wurde bekannt, daß die Europäische Union den Friedensnobelpreis, die wichtigste internationale Auszeichnung, die der Alte Kontinent zu vergeben hat, erhalten würde. Zur Begründung hieß es, daß die EU tatsächlich auf die "Verbrüderung der Völker" hingearbeitet hätte, wie es die Kriterien des Nobelpreises verlangen. Europa war jahrhundertelang ein von Kriegen zerrissener Kontinent. Erst der aus damaliger Sicht wahrhaft visionäre Gedanke einer wirtschaftlichen und politischen Union, energisch vorangetrieben von Politikern wie Adenauer, Schuman und De Gaulle hat daraus eine Gemeinschaft von Nationen wachsen lassen, die friedlich zusammenlebt.

Der Sondergipfel zum EU-Haushalt für die Jahre 2014 bis 2020 am 23. November 2012 scheiterte, denn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre europäischen Kollegen gingen ohne Ergebnis auseinander. Insbesondere Großbritannien hatte die Bemühungen um eine Einigung erschwert. Premier David Cameron hatte zu stärkere Kürzungen gedrängt als die anderen Gipfelteilnehmer. Auch der in Europa unbeliebte "Britenrabatt", der dem Land Nachlässe auf seine Einzahlungen in den EU-Haushalt sichert, stand für Cameron nicht zur Debatte. Zwar stieß der britische Wunsch nach Kürzungen am jüngsten Vorschlag von Gipfelchef Herman Van Rompuy auf Verständnis, denn auch Deutschland und Frankreich wollten den rund eine Billion Euro schweren Sieben-Jahres-Haushalt verschlanken. Allerdings konnten sich die Teilnehmer nicht darauf einigen, wo sie den Rotstift ansetzen wollten. So hatten sich Frankreich und andere südeuropäische Länder beispielsweise heftig gegen eine Kürzung der Agrarzahlungen gewehrt.

Mit einem Festakt ist in Oslo der Friedensnobelpreis an die Europäische Union verliehen worden. Der Europaparlamentspräsident Martin Schulz nahm die Auszeichnung gemeinsam mit EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und Kommissionspräsident José Manuel Barroso entgegen. Auch Kanzlerin Angela Merkel war in Oslo dabei. Bei der Verleihung des Friedensnobelpreises am 13.12.2012 zeigten sich Angela Merkel und Francois Hollande in trauter Einigkeit, denn es galt, die auf Einigung auf die Euro-Bankenaufsicht nach monatelangem Streit zu verkünden. Es war ein Punktsieg für Schäuble und Merkel, aber auch ein Sieg für die deutsch-französischen Beziehungen und ihre Rolle in der Bekämpfung der Euro-Krise. Entsprechend kommentierte Frankreichs Finanzminister Moscovici auch das Ergebnis. "Das ist ein Signal, das sich auch an die übrige Welt richtet", sagte er. "Man kann Europa vertrauen, man kann der Eurozone vertrauen."

Das Jahr 2013

Am 1. Januar 2014 trat Lettland als zweiter baltischer Staat der Euro-Zone bei. Am 9. Januar 2013 konnten sich die Staats- und Regierungschefs der EU endlich auf einen neuen Finanzrahmen bis zum Jahr 2020 einigen, nachdem ein Gipfel im November 2012 gescheitert war. Dies teilte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy per Kurznachrichtendienst Twitter nach fast 26-stündigem Verhandlungsmarathon in Brüssel mit. Einem Entwurf zufolge wurde für die Jahre 2014 bis 2020 eine Obergrenze von 960 Mrd. Euro geplant. Die reichen EU-Nettozahler Deutschland und Großbritannien konnten sich beim Gipfel zu den künftigen Brüsseler Finanzen durchsetzen. In einem Sparhaushalt bekam die Union in den kommenden sieben Jahren erstmals weniger Geld als in der Vergangenheit. Insbesondere London und Berlin hatten auf zusätzliche Milliarden-Kürzungen gedrungen. In der Vorperiode waren es inklusive Inflationsausgleich 993,6 Mrd. Euro gewesen. Bundeskanzlerin Angela Merkel setzte durch, das Budget auf genau ein Prozent der EU-Wirtschaftsleistung zu begrenzen. Deutschland, das auch einer der größten Empfänger von EU-Geldern ist, verteidigte zudem die Zahlungen an strukturschwache Regionen in den neuen Bundesländern. Die 27 Staatenlenker setzten somit vor dem Hintergrund der Krise ein Zeichen, daß die Union berechenbar bleibt. Der Mehrjahreshaushalt sollte zudem die Planungssicherheit für Langfristvorhaben wie Energie- und Verkehrstrassen erhöhen.

Der Beitritt von Rumänien und Bulgarien zum Schengen-Raum ohne Grenzkontrollen für 2013 wurde am 7. März 2013 abgelehnt, wie der irische Justizminister Alan Shatter bei dem Ministertreffen in Brüssel bekannt gab. "Es gab eine Reihe von Staaten, die politische Bedenken hatten", sagte Shatter, der den Vorsitz bei den Treffen führte. Dazu gehörten Deutschland und die Niederlande. Nach seinen Worten würden die Minister nun auf der Basis eines Beitritts in zwei Stufen beraten.

EU-Staaten und Europaparlament einigten sich am 19. März 2013 endgültig auf eine gemeinsame Bankenaufsicht für die Eurozone. Die EZB sollte ab 2014 die 150 größten Banken in der Euro-Zone überwachen. Der Großteil der rd. 6.000 Institute würde aber weiter von den nationalen Aufsichtsbehörden kontrolliert. Die Euro-Staaten hatten sich dazu entschlossen, die Großbanken unter Aufsicht der EZB zu stellen, nachdem nationale Behörden trotz enger Koordination in Europa zum Beispiel in Spanien nicht hart genug durchgegriffen hatten. Die Euro-Bankenaufsicht war außerdem die Bedingung Deutschlands dafür, daß der Euro-Rettungsmechanismus (ESM) in Zukunft Banken direkt kapitalisieren könnte. Die Aufsicht wurde als erste Stufe zum Aufbau einer Bankenunion angedacht.

Am 1. Juli 2013 erfolgte der Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union. Bundeskanzlerin Merkel nahm an den Feierlichkeiten bewußt nicht teil, obwohl offiziell "Zeitgründe" genannt wurden. Eigentlicher Grund für Merkels Fernbleiben war die Weigerung der Zagreber Regierung, einen gewissen Josip Perkovic auszuliefern. Kroatien wurde das 28. Mitglied der Europäischen Union.

Erstmals hatte die EU-Kommission im Jahre 2013 die Haushaltspläne der Euro-Länder vorab geprüft. Deutschland ist demnach neben Estland der einzige Staat, der alle Kriterien erfüllt. Frankreich, Italien und Spanien kassierten dagegen Warnungen, wie das Mitte November vorgestellte Ergebnis zeigte. Bei einem Treffen der Staatschefs am 14. November deuteten sich Verbesserungen für Irland, Italien und Spanien an, die leichte Hoffnungen machten. Der irische Ministerpräsident Enda Kenny kündigte bereits vor dem Treffen an, daß sein Land, das bisher 67,5 Milliarden Euro vom Euro-Rettungsfonds EFSF und dem Internationalen Rettungsfonds (IWF) erhalten hatte, ab Jahresende wieder an den Kapitalmarkt zurückkehren und sich wieder selbst finanzieren wollte. Auch Spanien erwartete ein Ende seines Hilfsprogramms, zumal es von den ursprünglich genehmigten 100 Mrd. Euro für spanische Banken nur gut 40 Mrd. aufgebraucht hatte.

Im November stimmten die Abgeordneten des EU-Parlamentes der Finanzplanung zu, nachdem die EU-Regierungen zuvor ein Defizit in Höhe von 11,2 Mrd. Euro im Haushalt des laufenden Jahres ausgeglichen hatten. In zähen Verhandlungen war ein Kompromiß erreicht worden, der für die kommenden sieben Jahre eine Obergrenze von 960 Mrd. Euro für die finanziellen Verpflichtungen der EU vorsah. Mit dieser Zustimmung machte das Parlament auch den Weg für den EU-Haushalt 2014 frei. Protokollarischer Höhepunkt bei dem "Gipfel der Östlichen Partnerschaft" in Vilnius am 28. und 29. November sollte die feierliche Unterzeichnung eines Abkommens der Ukraine mit der Europäischen Union werden, aber der ukrainische Präsident Wiktor Janukowitsch legte - auf erheblichem Druck aus Rußland das Abkommen zunächst auf Eis.

Anfang Dezember beschloß die EU-Kommission eine Änderung der Asylregelung, die die Reisefreiheit für Bürger von Balkanstaaten beschnitt, da immer mehr Menschen aus Serbien, Bosnien-Herzegowina und Montenegro Asyl in der Europäischen Union beantragten. Es wurde eine Notfall-Klausel erlassen, daß Länder die Visafreiheit für bestimmte Nicht-EU-Bürger für eine begrenzte Zeit aussetzen dürften.

Am 19./20. Dezember fand in Vilnius ein Europa-Gipfel statt, der von den Spannungen zwischen der EU und Rußland bezüglich einer Anbindung der Ukraine überschattet wurde. Kiew lehnte das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine ab und nahm lieber einen russischen Kredit über 15 Mrd. US-Dollar an. Der Tür zu Europa sollte der Ukraine aber weiterhin offen stehen! Gleichzeitig wurde am 20. Dezember bekannt, daß die Ratingagentur Standard & Poor's die Bestnote für Europäische Union gekippt hatte. Die Note wurde wegen der schwächeren Verfassung ihrer 28 Mitgliedsländer um eine Stufe von "AAA" auf "AA+" gesenkt. Den Ausblick hielt die Agentur allerdings auf "stabil". Der Vize-Präsident der EU-Kommission, Olli Rehn, kritisierte die Herabstufung. Bei der Beurteilung der EU-Kreditwürdigkeit sollte unter anderem ihr besonderes Budget ohne Defizit und Schulden berücksichtigt werden, hieß es in einer Mitteilung. Die 28 Mitgliedsstaaten seien durch den EU-Vertrag dazu verpflichtet, den Haushalt ausgeglichen zu halten.

Das Jahr 2014

Ende Mai 2014 fanden die Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Spitzenkandidaten waren Jean-Claude Juncker für die Christdemokraten und Ruprecht Scholz für die Sozialdemokraten. Die EVP kam auf 28,23 Prozent, gefolgt von den Sozialdemokraten mit 24,63 Prozent. Auf Platz drei lagen die Liberalen mit 9,85 Prozent. Rechtsorientierte Parteien kamen auf insgesamt rund 18 Prozent und schnitten erstaumlich gut ab.

In Belgien erzielte die Neu-Flämische Allianz der Nationalisten im Norden die stärksten Gewinne. Sie konnte für die niederländischsprachigen Abgeordneten um 12 Prozentpunkte auf gut 18 Prozent zulegen. Es folgten die flämischen Christdemokraten und die Liberalen mit jeweils 13,7 Prozent. Bei den französischsprachigen Abgeordneten kamen die Sozialisten und die frankophonen Liberalen auf jeweils gut 9 Prozent.

In Bulgarien gewann die oppositionelle bürgerliche Partei GERB die Europawahl klar. Sie kam auf 28,6 Prozent, die regierenden Sozialisten auf 19,8 Prozent. Die bisher in Straßburg vertretene nationalistische Partei Ataka verfehlte den Sprung ins EU-Parlament.

In Dänemark gewann die Dänische Volkspartei ("Dansk Folkeparti"). Die europaskeptische DF war mit 26,7 Prozent klarer Wahlsieger vor den egierenden Sozialdemokraten. Die Partei von Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt kam auf 19 Prozent der Stimmen.

In Deutschland kam die CDU auf 30,2 Prozent, die CSU auf 5,3 Prozent, also insgesamt 35,5 Prozent für die Union. Die SPD erzielte 27,3 Prozent. Die Liberalen kamen nur auf 3,4 Prozent. Die Grünen erzielten 10,7 Prozent. Auf dem Niveau der vergangenen Wahl kam die Linke mit 7,4 Prozent. Die AfD erreichte 6 Prozent der Stimmen.

Die rechtspopulistischen Wahren Finnen in Finnland errangen zwei Sitze. Die europaskeptische Partei bekam 12,9 Prozent der Stimmen. Wahlsieger wurde die zu den europäischen Konservativen gehörende Nationale Koalitionspartei mit 22,1 Prozent. Es blieb bei drei Sitzen.

In Frankreich ereignete sich ein politisches Erdbeben. Die rechte Front National (FN) wurde bei der Europawahl erstmals zur stärksten Partei. Die europakritische Partei erreichte 24,96 Prozent Die konservative Oppositionspartei UMP kam bei deutlichen Verlusten auf 20,8 Prozent und die regierenden Sozialisten von Staatschef François Hollande erzielten knapp 14 Prozent.

In Griechenland wurde das oppositionelle Bündnis der radikalen Linken (Syriza) stärkste Kraft. Die Partei des Spitzenkandidaten der europäischen Linken, Alexis Tsipras, kam auf 26,7 Prozent. Die zusammen mit den Sozialisten regierende konservative Nea Dimokratia landete mit 22,8 Prozent auf dem zweiten Platz. Drittstärkste Kraft wurde die rechtsradikale Goldene Morgenröte mit 9,3 Prozent. Der kleinere Koalitionspartner der Regierung, die Olive-Partei (verschiedene Sozialisten und die mitregierende Pasok), kam auf 8,1 Prozent. Es folgten die neue pro-europäische Partei Der Fluß mit etwa 6,7 Prozent und die Kommunisten mit etwa sechs Prozent.

In Großbritannien triumphierte die europafeindliche Ukip von Nigel Farage mit 27 Prozent, zwei Punkte vor der größten Oppositionspartei Labour, die auf 25 Prozent kam. Die konservativen Tories von Premier David Cameron stürzten mit knapp 24 Prozent auf den dritten Platz ab. Es war das erste Mal seit mehr als hundert Jahren, daß keine der etablierten Parteien eine landesweite Wahl in Großbritannien gewinnen konnte. Die proeuropäischen Liberaldemokraten schickten nur noch einen Abgeordneten nach Straßburg.

Die Wähler in Irland straften ihre Regierung ab. Die konservative Fine-Gael-Partei von Premier Enda Kenny kam nur auf 22 Prozent, die mitregierenden Sozialdemokraten (Labour) erzielten nur sechs Prozent. Unabhängige Bewerber profitierten und auch die linksgerichtete Sinn-Fein-Partei um Ex-IRA-Mann Gerry Adams legte zu.

In Lettland gewann klar der EU-freundliche Einheitsblock von Regierungschefin Laimdota Straujuma. Das vor den Wahlen favorisierte oppositionelle Harmoniezentrum käme auf Platz zwei, vor den beiden anderen Mitte-Rechts-Regierungsparteien. Europakritik war in Lettland kaum zu sehen.

In Italien wurde die Demokratische Partei (PD) von Ministerpräsident Matteo Renzi mit 33 Prozent stärkste Kraft. Dahinter folgten die populistische und europaskeptische Fünf-Sterne-Bewegung (M5S), die bei ihrer ersten Europawahl auf rund 26,5 Prozent kam. Die konservative Oppositionspartei Forza Italia (FI) des früheren Regierungschefs Silvio Berlusconi landete mit 18 Prozent auf Platz drei. Erneut den Einzug ins Parlament schaffen könnte die rechtspopulistische Lega Nord, die bei 6,0 Prozent stand.

Bei der Wahl in Luxemburg verloren die drei Regierungsparteien Stimmen, hingegen verbuchte die oppositionelle Christlich-Soziale Volkspartei (CSV) des einstigen Regierungschefs Jean-Claude Juncker einen Stimmengewinn von 6,3 Prozent. Insgesamt erzielte die CSV 37,7 Prozent und stellte 3 der 6 EU-Abgeordneten des Großherzogtums. Von den Regierungsparteien verloren die Sozialdemokraten mit 7,7 Prozent am stärksten im Vergleich zu 2009, gefolgt von den Liberalen (minus 3,9) und den Grünen (minus 1,8 Prozent). Jede der drei Regierungsparteien stellte einen Abgeordneten des Europaparlaments.

In Malta gewann die Labour Partei von Regierungschef Joseph Muscat (PL) ganz klar und kam auf mehr als die Hälfte der Stimmen. Für die größte Oppositionspartei, die konservative Nationalistische Partei (PN) stimmten ca. 40 Prozent.

In Österreich gewannen die rechte FPÖ und die Grünen jeweils deutlich Stimmen hinzu. Die FPÖ verbesserte sich um 7,8 Prozentpunkte auf 20,5 Prozent und Grünen erzielen mit einem Plus von 4 Punkten auf Bundesebene ein Rekordergebnis von 13,9 Prozent. Stärkste Kraft trotz geringer Verluste blieb die konservative ÖVP mit 27,3 Prozent. Die sozialdemokratische SPÖ kam auf 24,2 Prozent und legt damit um 0,5 Prozentpunkte zu. Die liberalen Neos schafften 7,6 Prozent. Die im Oktober 2012 gegründete Partei trat zum ersten Mal bei einer Europawahl an.

In Polen lag die liberale Bürgerplattform (PO) von Regierungschef Donald Tusk nahezu gleichauf mit der nationalkonservativen Opposition. Beide Parteien schickten jeweils 19 der insgesamt 51 polnischen Abgeordneten ins Europaparlament. Die PO führte mit 32,8 Prozent der Stimmen leicht vor der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) mit 31,8 Prozent. Den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde schafften auch das Linksbündnis SLD (9,6 Prozent), die euroskeptische KNP (7,2 Prozent) sowie die Bauernpartei PSL (sieben Prozent).

Als Protestwahl nutzten die Menschen in Portugal die europäische Abstimmung: Die oppositionellen Sozialisten konnten einen klaren Sieg einfahren. Sie erhielten vorläufigen Ergebnissen zufolge 31,58 Prozent. Die Regierungskoalition von Ministerpräsident Pedro Passos Coelho, die aus seiner konservativen PSD und der rechtskonservativen Partei CDS-PP besteht, kam nur auf 27,91 Prozent.

In Rumänien gewannen die regierenden Sozialisten (PSD) haushoch gewonnen. Die PSD des Ministerpräsidenten Victor Ponta kam auf ca. 42 Prozent. Zweitstärktste Kraft würde die oppositionelle Nationalliberale Partei (PNL) mit rund 14 Prozent.

Die Schweden verpaßten wenige Monate vor der Parlamentswahl im September ihrer Regierung einen kräftigen Dämpfer. Die Konservativen ("Moderate Sammlungspartei") von Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt erzielten nur 13 Prozent und verschlechterten sich damit im Vergleich zu 2009 um 5,8 Prozentpunkte. Wahlsieger wurden die Sozialdemokraten mit 23,7 Prozent. Die rechten Schwedendemokraten erreichten 7 Prozent und bekamen damit zum ersten Mal einen Sitz im Europaparlament. Ende Dezember war die neue Regierung schon gescheitert, da es zu Streitereien über eine Vermögenssteuer kam. Neuwahlen wurden für März 2015 angesetzt.

In der Slowakei siegte die sozialdemokratische Regierungspartei, aber längst nicht so klar wie erwartet, denn es gab nur vier Sitze im EU-Parlament für die Sozialdemokraten, die restlichen neun verteilten sich auf bis zu acht Splitterparteien.

In Slowenien siegte die oppositionelle Partei SDS. Sie kam auf drei der acht Parlamentssitze des Landes. Eine konservative Liste erzielte zwei Mandate und je einen Abgeordneten stellten die Rentnerpartei, die Sozialdemokraten und eine Bürgerplattform.

In Spanien gewann die regierende konservative Volkspartei (PP) zwar knapp, hatte aber im Vergleich zum Urnengang 2009 herbe Verluste erlitten. Sechs Jahre nach Ausbruch der schlimmen Wirtschaftskrise straften die spanischen Wähler auch die sozialdemokratisch orientierte Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) ab, die das Land bis Ende 2011 regiert hatte. Die PP von Ministerpräsident Mariano Rajoy kam 26,0 Prozent und 16 Mandaten. Die PSOE erhielt 23,0 Prozent (14 Mandate) und verlor damit rund 16 Punkte. Davon profitierten vor allem linksgerichtete Bündnisse und regionale Parteien, aber auch einige kleinere konservative und liberale Zusammenschlüsse. Zur großen Überraschung avancierte aber die 2013 gegründete linksgerichtete Podemos (Deutsch: "Wir können"), die gleich mit fünf Vertretern ins Europaparlament einzog.

Nur vier Monate nach seinem Amtsantritt erlitt der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka eine Wahlschlappe. Seine sozialdemokratische CSSD landete mit 14,2 Prozent nur auf dem dritten Platz. Stärkste Kraft wurde der Koalitionspartner ANO des Großunternehmers Andrej Babis mit 16,1 Prozent. Die ebenfalls europafreundliche konservative Oppositionspartei TOP09 von Ex-Außenminister Karel Schwarzenberg kam auf Platz zwei mit 15,9 Prozent. Überraschend schaffte auch die europakritische Partei der Freien Bürger den Einzug ins EU-Parlament. Sie kam auf 5,2 Prozent der Stimmen.

In Ungarn gewann erwartungsgemäß dieim Land regierende Rechte. Die Fidesz-Partei des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Viktor Orban erhielt 51,5 Prozent und sicherte sich damit 12 der 21 ungarischen Mandate. Erstmals hatte die oppositionelle rechte Partei Jobbik (Die Besseren) die gleichfalls oppositionelle Sozialistische Partei (MSZP) bei einer Wahl überholt. Die Jobbik kam auf 14,7 Prozent der Stimmen (3 Mandate), die MSZP auf 10,9 Prozent (2 Mandate). Die links-liberale Demokratische Koalition (DK) des ehemaligen Ministerpräsidenten Ferenc Gyurcsany erhielt 9,8 Prozent der Stimmen (2 Mandate). Je ein Mandat errangen das links-liberale Bündnis Gemeinsam 2014 - Dialog für Ungarn (7,2 Prozent) des ehemaligen Ministerpräsidenten Gordon Bajnai und die Öko-Partei Politik kann anders sein (LMP) (5 Prozent).

In Zypern geann die proeuropäische konservative Demokratische Gesamtbewegung (DISY) die Wahl. Sie kam auf 37,78 Prozent. Zweitstärkste Kraft wurde die Linkspartei AKEL mit 26,87 Prozent. Die bürgerliche Demokratische Partei kam auf 10,85, die Sozialisten landeten bei acht Prozent.

Trotz britischen Widerstands nominierten die EU-Staats- und Regierungschefs am 27. Juni 2014 den früheren luxemburgischen Ministerpräsidenten Jean-Claude Juncker als neuen EU-Kommissionspräsidenten als Nachfolger von José Manuel Barroso. Erstmals wurde mit Juncker ein Kommissionspräsident damit gegen den expliziten Willen von Großbritannien, Ungarn und Schweden und nur per Mehrheitsentscheid nominiert. Mitte Juli 2014 wurde Jean-Claude Juncker mit 422 Stimmen (maßgeblich von Christdemokraten, Sozialisten und Liberalen) gewählt; 376 Ja-Stimmen hätte Juncker benötigt.

Beim Gipfel der EU-Außenminister Ende August stand die Ukraine-Krise im Vordergrund. "Wir fordern Russland weiterhin auf, die Feindseligkeiten sowie den Fluss von Waffen, Ausrüstung und Personal in den Konflikt zu stoppen und seine Truppen aus der Ukraine zurückzuziehen", die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton am 30. August in Mailand zum Abschluß des Treffens, aber auch der Bürgerkrieg in Syrien war ein Thema. Die Minister verurteilten die Bluttaten der islamistischen Terrormiliz IS. Gegen Rußland wurden weitere Sanktionen beschlossen:
- als Reaktion auf die Destabilisierung der Ukraine und die Annexion der Halbinsel Krim wurden Verhandlungen mit Rußland über Visa-Erleichterungen und ein Wirtschaftsabkommen auf Eis gelegt;
- es gab Einreiseverbote und Kontosperrungen, wovon 95 Russen und Ukrainer, die von der EU für die Destabilisierung der Ukraine verantwortlich gemacht werden, betroffen waren, und auch die Konten von inzwischen 23 Unternehmen und Organisationen wurden gesperrt;
- nach dem mutmaßlichen Abschuss des Passagierflugzeugs MH17 durch prorussische Separatisten hatte die EU schon Ende Juli erstmals auch Wirtschaftssanktionenverhängt, wovon Finanzdienstleistungen, Rüstungsexporte und -importe, Ausfuhren von Gütern, die neben einem zivilen auch einen militärischen Nutzen haben können, sowie Exporte von Schlüsseltechnologien für den Erdölbereich betroffen waren. Als Reaktion darauf verhängte Russland ein "vollständiges Embargo" für Fleisch, Obst, Gemüse und Milchprodukte aus der EU.

Auf einem EU-Sondergipfel in Brüssel wurde der polnische Regierungschef Donald Tusk zum neuen EU-Ratspräsidenten bestimmt. Die italienische Außenministerin Federica Mogherini sollte neue EU-Außenbeauftragte werden, wie EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy am 30. August in Brüssel mitteilte. Anfang September senkte die EZB die Leitzinsen für Eurozone auf ein Rekordtief von 0,05 Prozent und im September stellte Jean-Claude Juncker weiteres Personal vor, nämlich den ehemaligen französischenFinanzminister Pierre Moscovici als neuen Wirtschaftskommissar, den Briten Jonathan Hill als neue Kommissar für Finanzdienste und den Deutschen Günther Oettinger für die Digitalwirtschaft. Hierarchisch über Moscovici wurde der für den Euro zuständige Vizepräsident Valdis Dombrovskis aus Lettland angesiedelt. Weitere Vizepräsidenten wurden Kristalina Georgiewa (Bulgarien/Haushalt und Personal), Alenka Bratusek (Slowenien/Energieunion), Jyrki Katainen (Finnland/Arbeit, Wachstum, Investitionen, Wettbewerbsfähigkeit), Valdis Dombrovskis (Lettland/Euro und Sozialer Dialog), Andrus Ansip (Estland/Digitaler Binnenmarkt) und Federica Mogherini (Italien/Außenpolitik). Am 22. Oktoober wurden Juncker und seine 27 Kommissare vom EU-Parlament bestätigt.

Im September stimmte erstmals ein Teil eines EU-Mitgliedsstaates über seine Unabhängigkeit ab. Durch das Nein der Schotten zu einer Unabhängigkeit von Großbritannien bleibt es der Europäischen Union erspart, infolge des Referendums politisch und rechtlich Neuland zu betreten. Durch das Nein der Schotten zu einer Unabhängigkeit von Großbritannien blieb es der Europäischen Union erspart, in Folge des Referendums politisch und rechtlich Neuland zu betreten. Auch die Katalanen in Spanien, die Flamen in Belgien und die Südtiroler in Italien fordern Unabhängigkeit. Für 2017 hatte zuvor der britische Premier Cameron eine Abstimmung über den Austritt Großbritanniens aus der EU in Aussicht gestellt.

In der Nach vom 23. auf den 24. Oktober wurden auf einem Klimagipfel in Brüssel die Ziele bis 2030 beschlossen:
- Reduzierung der Emissionen um mindestens 40 Prozent bezogen auf den Stand von 1990;
- Steigerung des Anteils an Erneuerbaren Energien auf mindestens 27 Prozent im Jahr 2030;
- Kürzung der Zahl der Emissionszertifikate ab 2021 jährlich um 2,2 statt um 1,74 Prozent;
- Erhalt von Entlastungen für Industrie und
- Überprüfbarkeitsklauseln für die Zeit nach dem Abschluß der Weltklimakonferenz in Paris im Dezember 2015.

Das Jahr 2015

Am 22. Januar beschloß die Europäische Zentralbank (EZB), monatlich für 60 Mrd. Euro Staats- und Unternehmensanleihen bis September 2016 zu kaufen, um die Deflation zu bekämpfen. Der Kauf startete schon im März und beflügelte die Börsen, für die deutschen Sparer bedeutete dies - auch wegen der extrem niedrigen Zinsen - ein De-facto-Enteignung, da auch die Lebensversicherer ihren Dividendenzusagen nicht mehr nachkommen konnten!

Auf dem Riga-Gipfel Ende Mai 2015 konnten die Teilnehmerstaaten ihren Streit über den Text der Abschlusserklärung gerade noch beilegen. "Wir werden ein gemeinsames Kommuniqué verabschieden können", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Freitagmorgen (22. Mai) zum Start des zweiten Gipfeltages. In ihm werde vor allem auch deutlich gemacht, dass die territoriale Integrität jedes Landes geschützt werden müsse. Damit bezog sie sich auf die russische Einmischung in den Ukraine-Konflikt. Weißrußland und Armenien hatten sich zuvor dagegen ausgesprochen, daß in der Abschlußerklärung Rußlands Einmischung in der Ukraine und Georgien kritisiert werden sollte. Nach ihrem Gespräch mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras forderte Merkel weitere Anstrengungen Athens zur Überwindung der Finanzkrise. Merkel und Hollande hatten am Donnerstagabend (21. Mai) in der lettischen Hauptstadt mit Tsipras mehr als zwei Stunden über Lösungsmöglichkeiten für Athens Schuldenkrise diskutiert.

Das zentrale Thema des Jahres 2015 war - neben der weiter andauernden Euro-Krise - die Flüchtlingskrise. Kamen zunächst die meisten Flüchtlinge über das Mittelmeer, so war ab Herbst die Balkanroute der Hauptreiseweg. Allein nach Deutschland reisten bis zum Jahresende über Million, meist Syrer, Iraker und Afghanen, ein. Dabei zeigte sich, daß die EU keine wirkliche "Gemeinschaft" war, sondern eher ein Zusammenschluß von Staaten, die sich in die "Geberländer" (allen voran Deutschland) und "Nehmerländer" (besonders die südlichen, aber auch die östlichen Länder) teilten. Die meisten Staaten lehnten Flüchtlingsquoten, ja überhaupt - wie Tschechei, Slowakei und Polen - die Aufnahme von Flüchtlingen, ab. Es gab mehrere Krisengipfel, die wenig Erfolg und den Staatenbund an den Rand des Scheitern brachten. Ungarn errichtete sogar einen Grenzzaun an der Grenze zum Nicht-EU-Mitglied Serbien.

... wird fortgesetzt ...

nach oben