eu-flagge.jpg
E U R O - M A N I A
- Europäische Institutionen -
Letzte Aktualisierung dieser Seite: 08.10.2013
eu-flagge.jpg
 
pfeil_weiss_rechts.gif   Einführung
pfeil_weiss_rechts.gif   Über Europa
pfeil_weiss_rechts.gif   Länder
pfeil_weiss_rechts.gif   Geschichte
pfeil_weiss_rechts.gif   Der ECU
pfeil_weiss_rechts.gif   Der EURO
pfeil_weiss_rechts.gif  Institutionen
   Einführung
   Ausschuß der Regionen
   Europäische Atomgemeinschaft
   Europäische Freihandelsassoziation
   Europäische Gemeinschaft
   Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl
   Europäische Investitionsbank
   Europäische Kommission
   Europäische Konferenz der Verwaltungen für Post- und Fernmeldewesen
   Europäische Politische Gemeinschaft
   Europäischer Gerichtshof
   Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
   Europäischer Investitionsfonds
   Europäischer Konvent
   Europäischer Rat
   Europäischer Rechnungshof
   Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuß
   Europäisches Institut für Telekommunikationsnormen
   Europäisches Komitee für elektrotechnische Normung
   Europäisches Komitee für Normung
   Europäisches Parlament
   Europäische Union
   Europäische Verteidigungsgemeinschaft
   Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
   Europäische Wirtschafts- und Währungsunion
   Europäische Zentralbank
   Europarat
   Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa
   Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa
   PostEurop
   Rat der Europäischen Union
   EFSF
   ESM
pfeil_weiss_rechts.gif   Persönlichkeiten
pfeil_weiss_rechts.gif   Verträge
pfeil_weiss_rechts.gif   Briefmarken
pfeil_weiss_rechts.gif   Münzen
pfeil_weiss_rechts.gif   Impressum
pfeil_weiss_rechts.gif   Kontakt
pfeil_weiss_rechts.gif   H O M E
Einführung Ausschuß der Regionen Europäische Atomgemeinschaft Europäische Freihandelsassoziation Europäische Gemeinschaft Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl Europäische Investitionsbank Europäische Kommission Europäische Konferenz der Verwaltungen für Post- und Fernmeldewesen Europäische Politische Gemeinschaft Europäischer Gerichtshof Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Europäischer Investitionsfonds Europäischer Konvent Europäischer Rat Europäischer Rechnungshof Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuß Europäisches Institut für Telekommunikationsnormen Europäisches Komitee für elektrotechnische Normung Europäisches Komitee für Normung Europäisches Parlament Europäische Union Europäische Verteidigungsgemeinschaft Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Europäische Wirtschafts- und Währungsunion Europäische Zentralbank Europarat Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa PostEurop Rat der Europäischen Union Europäische Finanzstabilisierungsfazilität Europäischer Stabilitätsmechanismus nach unten

Einführung

Im Laufe der Zeit entstanden zahlreiche europäische Institutionen und Organisationen, die im Überblick vorgestellt werden sollen. Die bekanntesten Institutionen sind sicherlich das EU-Parlament, der Europäische Gerichtshof und die EU-Kommission. Es gibt aber auch viele Einrichtungen, die im Bewußtsein der Bevölkerung nicht so sehr verankert sind.

zurück
Ausschuß der Regionen (AdR)

Einführung

eu-regionen-ausschuss-logo.jpgDer "Ausschuß der Regionen" (AdR), der 1992 durch den Vertrag über die Europäische Union (Vertrag von Maastricht) errichtet wurde und 1994 zum ersten Mal tagte, ist ein beratendes Organ aus 344 Vertretern regionaler und kommunaler Gebietskörperschaften Europas. Durch ihn soll gewährleistet werden, daß diese ihren Standpunkt zur Politik der EU einbringen können und dass regionale und lokale Identitäten und Vorrechte respektiert werden.

Zusammensetzung, Organisation und Aufgaben des AdR sind in den Art. 263 bis 265 EG geregelt. Mit dem Vertrag von Amsterdam wurden zusätzliche fünf Bereiche der verbindlichen Konsultation aufgenommen. Zudem wurde festgelegt, daß ein Mitglied des AdR nicht gleichzeitig Mitglied des europäischen Parlaments sein darf.

Aufgaben

Der AdR hat nur eine beratende Funktion, trifft also keine verbindlichen Entscheidungen. Er mu0 aber bei Fragen angehört werden, die die kommunale und regionale Verwaltung betreffen. Deshalb ist der AdR die Stimme der Kommunen (Gemeinden und Städte) und der Regionen (z. B. der deutschen Bundesländer) in der EU und nimmt zu den Vorschlägen der Europäischen Kommission für neue Rechtsvorschriften der EU Stellung. Jährlich finden fünf Sitzungen des Ausschusses der Regionen statt, in denen seine allgemeine Politik festgelegt wird und die Stellungnahmen verabschiedet werden. Diese fünf Sitzungen und die Stellungnahmen werden von sechs Fachkommissionen vorbereitet, auf die sich die AdR-Mitglieder verteilen:

- Fachkommission für Kohäsionspolitik (COTER)
- Fachkommission für Wirtschafts- und Sozialpolitik (ECOS)
- Fachkommission für nachhaltige Entwicklung (DEVE)
- Fachkommission für Kultur und Bildung (EDUC)
- Fachkommission für konstitutionelle Fragen und Regieren in Europa (CONST)
- Fachkommission für Außenbeziehungen (RELEX)

Mitglieder

Der AdR setzt sich aus 344 Mitgliedern zusammen, die sich auf die Mitgliedstaaten der EU ungefähr nach der Größe der Bevölkerung verteilen. Die Mitglieder des AdR sind Kommunal- und Regionalpolitiker wie zum Beispiel Abgeordnete aus Landtagen, kommunale Ratsmitglieder, Bürgermeister von Städten und auch Ministerpräsidenten aus den deutschen Bundesländern.

Vorgeschlagen werden die Mitglieder des AdR von den Regierungen der EU-Mitgliedsländer. Meist wird die Liste der Mitglieder von der ganzen Regierung oder von einem Regierungsmitglied (meist dem Innen- oder Außenminister, in manchen Fällen auch vom Regierungschef) erstellt. Subnationale Akteure sind generell in den Prozess der Aufstellung einer solchen Liste integriert, aber nur in den föderalen Staaten (Belgien, Deutschland und Österreich) besteht dafür eine gesetzliche Basis. Die Kriterien für die Aufnahme sind geographischer und politischer Natur, d.h. es wird darauf geachtet, daß die Mitglieder aus verschiedenen Landesteilen kommen und die Parteienlandschaft widerspiegeln. Solche Kriterien sind überall von belang, wenngleich in den Niederlanden, Irland und Italien nicht ausdrücklich festgeschrieben. In Finnland und den Niederlanden wird auch auf Länderkriterien geachtet.

In Deutschland übernimmt die Bundesregierung die Vorschläge der Landesparlamente. Jedes Bundesland erhält einen Sitz und weitere fünf Sitze rotieren nach dem Kriterium der Bevölkerungszahl. Die verbliebenen drei Sitze stehen lokalen Vertretern zur Verfügung. In Österreich hat jedes Bundesland einen Sitz und die drei verbliebenen Sitze gehen ebenfalls an lokale Vertreter. In Belgien gehen alle zwölf Sitze an die Regionen oder Gemeinschaften. Sechs Sitze gehen an die Region Flandern, vier an die Region Wallonien, zwei an die Hauptstadtregion Brüssel. Der Sitz für die deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens wird abwechselnd von der französischen bzw. flämischen Gemeinschaft zur Verfügung gestellt. In den zentralistischen Staaten sind die Regionen tendenziell weniger gut repräsentiert, hier gehen mehr Sitze an lokale Vertreter.

Ernannt werden die Mitglieder dann durch den Rat der EU. Seit dem Vertrag von Nizza erfolgt die Benennung mit qualifizierter Mehrheit (vorher: Einstimmigkeit). Die Amtszeit der Mitglieder beträgt vier Jahre, wobei eine Wiederernennung möglich ist. In ihrer Arbeit sind sie an keine Weisungen gebunden, sie agieren daher (theoretisch) politisch völlig unabhängig. Der Vertrag von Nizza verlangt außerdem, daß sie ein Wahlmandat der von ihnen vertretenen Gebietskörperschaft innehaben oder einer gewählten Versammlung gegenüber politisch verantwortlich sind.

zurück
Europäische Atomgemeinschaft (EAG / ERATOM)

Einführung

Die "Europäische Atomgemeinschaft" (EAG oder EURATOM) wurde am 25. März 1957 durch die Römischen Verträge von Frankreich, Italien, den Beneluxstaaten und der Bundesrepublik Deutschland gegründet. Seit 1965 ist sie neben der 2004 ausgelaufenen Montanunion (EGKS) und der ebenfalls durch die Römischen Verträge eingeführten Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) Bestandteil der Europäischen Gemeinschaften (EG).

Zielsetzung

Aufgabe der Europäischen Atomgemeinschaft ist es, "durch die Schaffung der für die schnelle Bildung und Entwicklung von Kernindustrien erforderlichen Voraussetzungen zur Hebung der Lebenshaltung in den Mitgliedstaaten und zur Entwicklung der Beziehungen mit den anderen Ländern beizutragen" (Artikel 2, Absatz f). Somit verfolgte man mit der Gründung von EURATOM auch das Ziel der Friedenssicherung, indem ähnlich wie schon bei der Montanunion durch "Vergemeinschaftung" der Nukleartechnik eine gegenseitige Kontrolle ermöglichte.

Die einzelnen Kapitel des EURATOM-Vertrags, für den ebenfalls die Abkürzung EAGV gebräuchlich ist, beschäftigen sich u. a. mit der Förderung der Forschung auf dem Nukleargebiet, der Verbreitung von Kenntnissen, dem Gesundheitsschutz, Investitionen, gemeinsamen Unternehmen, der Versorgung der Gemeinschaft mit Erzen, Ausgangsstoffen und besonderen spaltbaren Stoffen (per EURATOM-Versorgungsagentur), der Überwachung der Sicherheit sowie mit dem Eigentum an den besonderen spaltbaren Stoffen, dem Gemeinsamen Markt auf dem Nukleargebiet und den Außenbeziehungen (Verträge von EURATOM mit Drittstaaten). Kapitel 3 regelt die Maßnahmen zur Sicherung der Gesundheit der Bevölkerung. So bestimmt Art. 37, daß jeder Mitgliedsstaat verpflichtet ist, bestimmte Angaben zur Freisetzung radioaktiver Stoffe, z. B. beim Neubau oder Abbau von Kernkraftwerken, der EU-Kommission zu übermitteln. Erst wenn die EU-Kommission ihre Stellungnahme dazu veröffentlicht hat, darf mit dem Vorhaben begonnen werden.

Im Unterschied zum 2002 ausgelaufenen EGKS-Vertrag ist die Dauer des EURATOM-Vertrags unbeschränkt. Außerdem unterlag der EURATOM-Vertrag – im Gegensatz zu den Verträgen der EGKS und der EWG – im Laufe der Zeit keinen substanziellen Veränderungen. Die Europäische Atomgemeinschaft wird somit auch nach einem möglichen In-Kraft-Treten des Vertrags von Lissabon als hierzu angefügtes Protokoll fortgeführt werden.

zurück
Europäische Freihandelsassoziation (EFTA)

Einführung

efta-logo.jpgDie "Europäische Freihandelsassoziation" (englisch: European Free Trade Association - EFTA; französisch: Association européenne de libre-échange - AELE) ist eine am 4. Januar 1960 in Stockholm (Schweden) gegründete Internationale Organisation. Das entsprechende Übereinkommen trat am 3. Mai 1960 in Kraft. Zielsetzung war die Förderung von Wachstum und Wohlstand ihrer Mitgliedstaaten und die Vertiefung des Handels und der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den westeuropäischen Ländern wie auch der Welt insgesamt. Gleichzeitig sollte sie ein Gegengewicht zu den Europäischen Gemeinschaften und deren politischen Zielen bilden.

Mitglieder

Die Gründungsmitglieder der EFTA waren Dänemark, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, die Schweiz und Großbritannien. Es folgten Finnland (assoziiertes Mitglied 1961, Vollmitglied 1986), Island (1970) und Liechtenstein (1991).

Nach dem Beitritt von Dänemark und Großbritannien (1973), Portugal (1986) sowie Finnland, Österreich und Schweden (1995) zur Europäischen Gemeinschaft (EG) und dem damit einhergehenden Austritt aus der EFTA besteht die EFTA nur noch aus den vier Staaten Island, Norwegen, der Schweiz und Liechtenstein. Mit Ausnahme der Schweiz bilden diese Länder zusammen mit den Mitgliedern der EG den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR).

Im August 2005 haben die zu Dänemark, aber nicht zur EG gehörenden Färöer-Inseln angekündigt, Mitglied der EFTA werden zu wollen.

efta-karte.jpg
hellgrün = ehemalige Mitglieder
dunkelgrün = derzeitige Mitglieder

Institutionen

Die EFTA verfügt über folgende Institutionen:

- Das EFTA-Sekretariat in Genf, Brüssel und Luxemburg übernimmt verschiedene Verwaltungs- und Koordinierungsaufgaben.
- Die EFTA-Überwachungsbehörde in Brüssel überwacht die Einhaltung des EWR-Abkommens durch Island, Liechtenstein und Norwegen.
- Der Gerichtshof der EFTA (eingerichtet 1994, 3 Richter mit einer Amtszeit von 6 Jahren) in Luxemburg übt die gerichtliche Kontrolle in Bezug auf das EWR-Abkommen und die Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen aus.

Gründungsgeschichte der EFTA

Einführung

Die Gründung der EFTA war eine Reaktion auf die Gründung der Europäischen Gemeinschaften und steht seit ihrer Gründung 1960 bis heute im engen Zusammenhang mit der Entwicklung der Europäischen Gemeinschaften zur heutigen EU, zumal einige (ehemalige) Mitgliedsländer inzwischen zur Europäischen Gemeinschaft (EU) gehören.

Vorgeschichte

Der 2. Weltkrieg hatte in der westlichen Welt zu der Erkenntnis geführt, daß politische Isolation und Protektionismus einen Neuaufbau in friedlichem Miteinander unmöglich machten. Bereits auf der 1944 abgehaltenen Konferenz von Bretton Woods war deshalb neben der Ausarbeitung eines Währungssystems für die Nachkriegszeit das Konzept einer weltweiten Handelsorganisation (International Trade Organization - ITO) erarbeitet worden, die alle Länder der westlichen Welt umfassen sollte. Zwar wurde die ITO selbst nie realisiert, sie bildete aber die Basis für das GATT-Abkommen 1948, dem Vorläufer der heutigen Welthandelsorganisation (WTO).

Marshall-Plan und OEEC

Die USA stellten 1947 im Rahmen des "European Recovery Program" (ERP oder auch als Marshallplan bekannt) 13 Mrd. US-Dollar für den Wiederaufbau bereit, wobei die europäischen Länder in den Entscheidungsprozess über die Verwendung der bereitgestellten Mittel eingebunden werden sollten. Zu diesem Zweck wurde 1948 die "Organization for European Economic Co-operation" (OEEC), gegründet, um die Distribution der US-Hilfe und die Aufstellung europäischer Wiederaufbaupläne zu koordinieren und auf die Liberalisierung von Handels- und Zahlungsströmen hinzuwirken. Die OEEC wurde ihrerseits 1961 in die "Organization for Economic Co-operation and Development" (OECD) überführt.

Bei der Gründung der OEEC zeigte sich erstmals eine aufkommende Spaltung Westeuropas in zwei Lager. Die von Frankreich angeführten kontinentalen Föderalisten waren darum bemüht, zugunsten eines beschleunigten Einigungsprozesses nationale Kompetenzen auf europäische Ebene zu übertragen und die OEEC als supranationale Organisation zu etablieren. Die britischen und skandinavischen Funktionalisten lehnten hingegen jede Schwächung der eigenen Souveränität ab, wollten nur eine Kooperation der nationalen Regierungen zulassen. Sie konnten ihre Vorstellungen bei der Gründung der OEEC weitgehend durchsetzen.

Gründung der Europäischen Gemeinschaften

Um den Frieden in Europa dauerhaft zu sichern, wurde insbesondere eine Beendigung der historischen Rivalität zwischen Frankreich und Deutschland als notwendig erachtet. Nach einem Plan des französischen Außenministers Robert Schuman wurde von Deutschland, Frankreich, Italien und den Benelux-Ländern 1951 die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS oder auch als Montanunion bekannt) gegründet, eine Zollunion im Montanbereich unter der Kontrolle einer weitestgehend souveränen Hohen Behörde.

Bereits 1955 wurde beschlossen, die bestehende Kooperation auf alle Bereiche der industriellen Produktion auszuweiten und durch eine weit reichende Koordinierung der Agrar- und Atompolitik zu ergänzen. Mit der Unterzeichnung der Römischen Verträge schufen die Sechs zum 1. Januar 1958 die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) und die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG).

Großbritannien war auf Grund seiner weltweiten Interessen und seiner engen wirtschaftlichen Verbindungen zum Commonwealth eigentlich nicht an der Verwirklichung einer geschlossenen Wirtschaftszone interessiert und blieb bei der Gründung der Europäischen Gemeinschaften zunächst ebenso außen vor wie Schweden, die Schweiz und Österreich, die auf Grund ihrer Neutralität keine derart weit reichenden politischen Verpflichtungen eingehen konnten bzw. wollten. Der von Großbritannien unterbreitete Plan zur Schaffung einer OEEC-weiten Freihandelszone unter Wahrung nationaler Zolltarife und eigener Außenhandelspolitiken scheiterte jedoch im Dezember 1958 in den so genannten Maudling-Verhandlungen.

Großbritannien wollte durch die Gründung dieser Freihandelszone auch Mitglieder der europäischen Gemeinschaften anziehen, um deren Bedeutung zu schwächen, was aber nicht gelang. Stattdessen wurden 1959 Verhandlungen zur Realisierung einer Ersatzlösung, der Schaffung einer kleinen Freihandelszone von sieben Ländern – Dänemark, Großbritannien, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, Schweiz – aufgenommen. Diese mündeten nach nur sechs Monaten in die Stockholmer Konvention, dem Gründungsdokument der EFTA, auch als Übereinkommen zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation bekannt. Es beschreibt die Ziele der EFTA und legt die Rechte und Pflichten der Mitgliedstaaten fest.

Die Stockholmer Konvention wurde am 4. Januar 1960 unterzeichnet und trat am 3. Mai 1960 in Kraft. Die erste im Vertrag vorgesehene Zollsenkung nach Artikel 3 erfolgte zum 1. Juli 1960 und wurden schrittweise bis 1970 ganz abgebaut. Das EFTA-Übereinkommen galt auch für Liechtenstein, welches mit der Schweiz durch eine Zollunion verbunden war. Ab Juni 1961 war auch Finnland durch ein Assoziationsabkommen in den territorialen Anwendungsbereich der EFTA mit einbezogen.

Zielsetzungen

Die EFTA war von Anfang an als temporäre Organisation geplant, um durch Bündelung der gemeinsamen Interessen eine Annäherung an die EG zu erleichtern und die in der Präambel als primäres Ziel definierte Schaffung eines freien, alle OEEC-Länder umfassenden Marktes zu verwirklichen. Zwischenzeitlich sollte ein Abbau der Zollschranken den freien Handel zwischen den Mitgliedern erleichtern und den freien Welthandel im Sinne des GATT-Abkommens fördern. Artikel 2 der Stockholmer Konvention fordert konkret die Förderung von Wirtschaftswachstum, Vollbeschäftigung, Produktivitätssteigerungen und finanzieller Stabilität zur stetigen Verbesserung des Lebensstandards, die Gewährleistung gerechter Handels- und Wettbewerbsbedingungen, die Erzielung und Aufrechterhaltung eines Ausgleiches zwischen den Partnern und den verschiedenen Wirtschaftssektoren, einen aktiven Beitrag zur Ausweitung des Welthandels zu leisten.

Anders als die EG, die die ökonomische Integration im wesentlichen als einen Zwischenschritt zur angestrebten politischen Integration betrachtete, wollte die EFTA ihren Mitgliedstaaten die volle politische Handlungsfreiheit erhalten; ein wesentliches Merkmal dafür war der Verzicht auf gemeinsame Außenzölle. Auf Grund erheblicher struktureller Differenzen wurden auch Landwirtschaft und Fischerei nicht miteinbezogen, außerdem wurde von einer Harmonisierung der nationalen Steuer- und Sozialsysteme abgesehen. Im Gegensatz zu den auf unbefristete Zeit angelegten EG-Verträgen definiert das EFTA-Abkommen auch das Recht, nach zwölfmonatiger Kündigungsfrist aus der Assoziation auszutreten.

Organe der EFTA

Gemäß der EFTA-Philosophie, der Entstehung supranationaler Vollmachten entgegenzuwirken, sollten die notwendigen Institutionen mit einem Minimum an Organisationsaufwand so flexibel wie möglich bleiben. Als einziges Entscheidungsorgan wurde daher nach Artikel 32 der Stockholmer Konvention der EFTA-Rat geschaffen, der regelmäßig auf Minister- oder Beamtenebene zusammentrat und die politische Führung der EFTA bildete. Der EFTA-Rat konnte gleichzeitig Beschlüsse fassen und deren Umsetzung überwachen.

Allerdings besteht ein dem Europäischen Gerichtshof vergleichbarer Gerichtshof, der EFTA-Gerichtshof in Luxemburg. Zur Unterstützung des Rates konnten je nach Bedarf Arbeitsgruppen und Komitees einberufen werden. Eine Sonderstellung nahm hierbei das Konsultativkomitee ein, das aus führenden, politisch unabhängigen Persönlichkeiten aus verschiedensten Bereichen der Wirtschaft aller Mitgliedstaaten bestand und eine Wahrnehmung der öffentlichen Meinung durch den Rat vereinfachte.

Weiterhin wurde am Amtssitz der EFTA in Genf ein für die Gesamtkoordination der EFTA-Aktivitäten verantwortliches ständiges EFTA-Sekretariat errichtet, wozu bis in die 90er Jahre nicht mehr als 150 Mitarbeiter nötig waren, während die EG-Kommission in Brüssel bereits in den 60er Jahren mehr als 5.000 Mitarbeiter beschäftigte.

Entwicklung der EFTA bis heute

1960-69 - Rivalität zwischen EG und EFTA

Nach Gründung von EG und EFTA herrschte zwischen beiden Organisationen zunächst ein starkes Konkurrenz- und Rivalitätsdenken. Die EFTA war im ersten Jahrzehnt ihres Bestehens vorwiegend darum bemüht, sich als alternatives Integrationsmodell zu etablieren und die eigene Handlungsfähigkeit zu beweisen. Dies geschah vor allem durch Abbau der Binnenzölle, die nach beschleunigtem Zeitplan bereits zum 31. Dezember 1966, drei Jahre früher als zunächst geplant, stufenweise abgeschafft wurden.

Das Ziel der EFTA, eine starke Verhandlungsposition gegenüber der EG zu schaffen, wurde aber nicht erreicht. Verschiedene Versuche der gemeinsamen Annäherung der EFTA-Staaten an die EG in den Jahren 1960/61 blieben erfolglos und wurden von einer bilateralen Vorgehensweise abgelöst. Insbesondere im Vereinigten Königreich hatte man erkannt, daß sich das wirtschaftliche Wachstum in den EG-Staaten schneller vollzog als in der EFTA und dass eine politische Isolation drohte. Im Juli 1961 entschloß sich daher das Vereinigte Königreich, den EG-Beitritt zu beantragen. Diesem Antrag schlossen sich auch Dänemark, Norwegen und – außerhalb der EFTA – Irland an, während die neutralen EFTA-Staaten Österreich, Schweden und Schweiz die EG-Assoziierung beantragten.

Die von Frankreich und Deutschland dominierte EG ließ die Beitrittsverhandlungen im Januar 1963 zunächst jedoch scheitern. Erst nach Ablösung des französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle durch Georges Pompidou wurde über die 1967 erneut gestellten Beitrittsanträge beraten. Der grundsätzliche Beschluss zur ersten EG-Erweiterung wurde im Dezember 1969 gefasst.

1969-84 - EG-Erweiterung und Freihandelsabkommen

Großbritannien und Dänemark traten zum 1. Januar 1973 aus der EFTA aus und zusammen mit Irland in die EG ein, in Norwegen wurde der EG-Beitritt per Referendum abgelehnt. Die erste EG-Erweiterung markierte den Beginn eines neuen Abschnittes zwischen EG und EFTA, die als pragmatischer "Bilateralismus" bezeichnet werden kann.

Auf Initiative Großbritanniens wurden zwischen der EG und den einzelnen EFTA-Staaten, zu denen ab 1970 auch Island gehörte, bilaterale Freihandelsverträge abgeschlossen. Innerhalb von vier Jahren, bis zum Juli 1977, konnte die größte Freihandelszone der Welt für gewerbliche und industrielle Erzeugnisse realisiert werden.

Den neutralen EFTA-Staaten öffneten sich damit die EG-Märkte für industrielle Güter, während ihnen die volle wirtschaftspolitische Handlungsfreiheit erhalten blieb. Über die Bereiche des Freihandels hinaus waren die EFTA-Staaten zudem um eine Zusammenarbeit mit der EG bemüht, unter anderem in den Bereichen Umweltschutz, Forschung und Technik, Atomenergie, Fischerei und Schifffahrt sowie technische Normen.

Gleichzeitig ergab sich für die EFTA aber auch die Situation, dass mit der Verwirklichung der europaweiten Freihandelszone für industrielle Güter die vertraglichen Ziele zwar weitgehend erreicht worden waren, sie jedoch an Bedeutung und Attraktivität gegenüber der EG verloren hatte und auf die Funktion der bloßen Verwaltung des Freihandels reduziert zu werden drohte.

1984-89 - EG-Binnenmarkt und Luxemburg-Prozeß

Vor dem Hintergrund der Beseitigung der letzten quantitativen Restriktionen fand im April 1984 in Luxemburg ein gemeinsames Ministertreffen von EG und EFTA statt. Bei dieser ersten gemeinsamen Ministertagung beschloss man, die bestehende Kooperation fortzusetzen und auf Basis eines neuen multilateralen Dialoges den so genannten Luxemburg-Prozess zu etablieren. In diesem Zusammenhang wurde erstmals vom Konzept eines dynamischen Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) gesprochen, der einen Ausbau des freien Handels gewährleisten sollte.

Aus Sicht der EG aber war die bislang angewandte Form des bilateralen Dialogs mit einzelnen EFTA-Staaten nicht mehr geeignet, weil individuelle Verhandlungen die homogene Ausgestaltung der externen Beziehungen der EG erschwerten. Durch Ausklammerung sensibler Bereiche, wie z. B. der Landwirtschaft oder dem freien Personenverkehr, wurde aus Sicht der EG der Eindruck erweckt, dass sich die EFTA-Staaten ökonomische Vorteile verschaffen würden, ohne entsprechende Gegenleistungen zu erbringen.

1987 hatte die – ein Jahr zuvor um Spanien und Portugal erweiterte – EG in der Einheitlichen Europäischen Akte außerdem beschlossen, bis 1992 einen Europäischen Binnenmarkt zu verwirklichen. Auf der EFTA-Ministerkonferenz von Interlaken 1987 verkündete die EG-Kommission deshalb drei Prinzipien für die zukünftige Gestaltung der Beziehungen zur EFTA:

- die Priorität des eigenen Integrationsprozesses gegenüber dem Ausbau externer Relationen,
- die Bewahrung interner Entscheidungsautonomie und die Abwehr externer Einflüsse auf die innere Autonomie,
- die Sicherstellung einer ausgewogenen Verteilung von Rechten und Pflichten (advantages and obligations).

Die Priorität der Vollendung des Binnenmarktes gegenüber einem Ausbau der externen Beziehungen der EG bedeutete, daß die traditionelle Vorgehensweise der EFTA, eine nur schrittweise vollzogene Annäherung an die EG zu betreiben, nun nicht mehr erfolgreich sein würde. Für die EFTA-Staaten bestand damit erneut die Gefahr der Marginalisierung durch die EG. Zwar waren EFTA und EG gemessen am Außenhandel zum jeweils wichtigsten Wirtschaftspartner des anderen geworden, aufgrund ihrer Größe waren die EFTA-Länder jedoch weit stärker von der EG abhängig als umgekehrt. Als Nichtmitglieder verfügten sie jedoch über kein politisches Mitbestimmungsrecht innerhalb der EG.

1989-95 - EWR und zweite EG-Norderweiterung

In der Situation des zum Stillstand gekommenen Luxemburg-Prozesses unterbreitete im Januar 1989 der Präsident der EG-Kommission, Jacques Delors, den Vorschlag, die Annäherung zwischen EG und EFTA auf eine neue institutionelle Basis zu stellen. Die EFTA-Staaten sollten als ganzes in den Gemeinsamen Markt eingebunden und in gemeinsame Entscheidungs- und Verwaltungsprozesse integriert werden.

Die Delors-Initiative wurde von den EFTA-Staaten positiv aufgenommen, bedeutete dies doch für sie eine Öffnung des Gemeinsamen Marktes auf Basis der vier Grundfreiheiten, ohne an den gemeinsamen EG-Politiken teilnehmen zu müssen: ausgeklammert aus den ab 1990 offiziell geführten EWR-Verhandlungen blieben z. B. die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die Agrarpolitik, die Verkehrspolitik, die Steuer- und Finanzpolitik und die Teilnahme an der geplanten Wirtschafts- und Währungsunion.

Zwar fiel es den einzelnen EFTA-Staaten zunächst schwer, die stark differierenden nationalen Interessen in einer gemeinsamen Position zu vereinen, grundsätzlich war man aber bereit, den Standpunkt der EG, das bestehende EG-Recht in vollem Umfang beizubehalten und die Regeln des Binnenmarktes auf den EWR zu übertragen, zu akzeptieren. Der "Acquis communautaire" (rechtlicher Besitzstand der EG) wurde jedoch nur als Ausgangspunkt betrachtet, um unter Berücksichtigung spezifischer nationaler Interessen zu individuellen Übergangs- und Sonderregelungen zu gelangen. Insbesondere wurden eine angemessene aktive Beteiligung bei der Gestaltung zukünftigen EWR-Rechts gefordert.

Durch den Zusammenbruch der sozialistischen Systeme in Osteuropa hatten sich jedoch die internationalen politischen Rahmenbedingungen entscheidend verändert, und die EG konnte noch stärker als politisches und ökonomisches Kraftzentrum in Europa in Erscheinung treten. Mit Beendigung des Ost-West-Konfliktes hatte für viele EFTA-Staaten die Neutralitätspolitik ihren dominierenden Charakter verloren und die politische Rechtfertigung für eine Sonderbehandlung der EFTA-Staaten war entfallen. Dies bedeutete, dass die EG nur noch zu wenigen Zugeständnissen bereit war und kompromisslos auf den eigenen Standpunkten beharren konnte.

Dies zeigte sich vor allem bei solchen Fragen, die die Mitbestimmung und die Auslegung von europäischem Recht betrafen. Die EFTA-Staaten mussten sich zwar verpflichten, sich am finanziellen Ausgleich strukturschwacher europäischer Regionen finanziell zu beteiligen, eine echte Mitbestimmung im von der EG dominierten EWR-Ministerrat, -Gerichtshof und im Gemeinsamen Komitee wurde ihnen jedoch nicht zugestanden; insbesondere das Europäische Parlament und der Europäische Gerichtshof hatten sich diesen Forderungen vehement widersetzt. Außerdem mussten sie eine automatische Übernahme aller zukünftigen Acquis akzeptieren, ohne am politischen Prozess beteiligt zu werden.

Insgesamt eröffnete der EWR zwar allen beteiligten Staaten die Erschließung großer Marktpotenziale und verschaffte den EFTA-Staaten zudem gewisse Privilegien gegenüber den osteuropäischen Ländern, aus Sicht der EFTA-Staaten war damit jedoch das eigentliche Ziel, die Chancengleichheit zwischen EG- und EFTA-Staaten zu wahren und der drohenden Marginalisierung zu entgehen, verfehlt. Der EWR stellte somit keine echte Alternative zur EG-Mitgliedschaft dar. Da eine echte Mitwirkung an politischen Entscheidungsprozessen in der EG nur als Vollmitglied erreicht werden könne, entschieden sie sich sukzessiv, den Beitrittsantrag zu stellen. Auf Österreich (1989) und Schweden (1991) folgten 1992 Finnland, die Schweiz und Norwegen, wodurch die EWR-Verhandlungen in gewisser Weise den Charakter von vorgezogenen EG-Beitrittsverhandlungen annahmen.

Dennoch wurde die Schaffung des EWR zum 1. Januar 1993, parallel zum Beginn des EG-Binnenmarktes beschlossen. Das EWR-Abkommen trat am 1. Januar 1994 in Kraft. Während die norwegische Bevölkerung 1994 bereits zum zweiten Mal den EG-Beitritt ablehnte und die Schweiz auch das EWR-Abkommen nicht ratifizierte, traten Österreich, Finnland und Schweden zum Januar 1995 der Europäischen Union bei.

Seit 1995 - die EFTA heute

Seit 1995 wird die EFTA nur noch von Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz gebildet. Trotz großer Heterogenität und stark differierender wirtschaftspolitischer Interessen beschlossen aber die EFTA-Minister bei ihren gemeinsamen Treffen im Dezember 1994 und Juni 1995, die EFTA als Zweckverband fortzuführen und als Pfeiler im EWR zu erhalten.

Eine Aufnahme neuer Mitglieder war nach Ablehnung des slowenischen Beitrittsgesuches im Herbst 1995 hingegen unwahrscheinlich geworden. Trotzdem haben gewisse Länder, unter anderem Algerien, Interessen bezüglich Beitritt angemeldet. Eine zeitweilig diskutierte Funktion als Warteraum für osteuropäische Länder, die über einen mit der EFTA-Mitgliedschaft verbundenen EWR-Beitritt in kleinen Schritten an die EU hätten herangeführt werden können, erwies sich als zu wenig attraktiv. In der politischen Praxis wurde diese Idee deshalb nicht weiter verfolgt.

Gemäß einem Beschluß von 1999 wurde das EFTA-Übereinkommen zum 1. Juni 2002 um die so genannte Vaduzer Konvention ergänzt, um eine Anpassung an die EWR-Vereinbarungen (bzw. die Nichtteilnahme der Schweiz) sowie die 1995 etablierte WTO zu erreichen.

Die Aufgabe der EFTA beschränkt sich heute vorwiegend auf die Verwaltung und Umsetzung der EFTA-Konvention (EFTA-interner Handel), das EWR-Abkommen sowie dem Abschluss von Freihandelsabkommen mit Drittländern, die seit den 1990er Jahren verstärkt geschlossen wurden. Nach der Osterweiterung der EU am 1. Mai 2004 sind acht Freihandelsabkommen der EFTA-Staaten mit Staaten Mittelosteuropas beendet worden. Heute bestehen insgesamt 17 Freihandelsabkommen mit südosteuropäischen Ländern, den meisten Mittelmeer-Anrainerstaaten sowie lateinamerikanischen (Mexiko, Chile) und asiatischen (Singapur, Südkorea) Ländern. Zuletzt kamen 2008 die Freihandelsabkommen der EFTA mit Ägypten und der Südafrikanischen Zollunion (SACU) hinzu, durch die der Handel mit Industriegütern, verarbeiteten landwirtschaftliche Produkten sowie Fisch und anderen Meeresprodukten liberalisiert werden soll. Des Weiteren wurden 2008 die Verhandlungen über Freihandelsabkommen mit dem Golf-Kooperationsrat (GCC) und Peru abgeschlossen, die 2009 unterzeichnet werden sollen. Derzeit verhandeln die EFTA-Staaten mit Thailand und Indien über den Abschluß von Freihandelsabkommen. In verschiedenen Stadien der Machbarkeitsprüfung befinden sich potentielle Abkommen mit Indonesien, dem Mercosur, Malaysia und Hong Kong.

zurück
Europäische Gemeinschaft (EG)

Einführung

Die "Europäische Gemeinschaft" (EG) ist eine supranationale Organisation, die 1993 aus der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) hervorging. Sie ist die erste und wichtigste der drei Säulen der Europäischen Union, damit ist der Rechtskörper der Europäischen Gemeinschaft das Kernstück der Europäischen Union (EU). Die Bezeichnung "Europäische Union" hat heute in der Umgangssprache die "Europäische Gemeinschaft" ersetzt, jedoch bleiben EU und EG juristisch unterschiedliche Begriffe. Anders als die EU verfügt die EG über völkerrechtliche Handlungsfähigkeit.

Geschichte

Die "Europäische Gemeinschaft" wurde am 25. März 1957 in Rom von den sechs Mitgliedsstaaten (Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande) der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS, auch Montanunion genannt) unter dem Namen "Europäische Wirtschaftsgemeinschaft" (EWG) gegründet. Grundlage war der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (abgekürzt EGV). Sein ursprünglicher Titel lautete "Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft", andere gebräuchliche Bezeichnungen sind "Römische Verträge" oder "EWG-Vertrag". Die Inhalte des Vertragswerkes wurden wesentlich auf den Bilderberg-Konferenzen im Vorfeld erarbeitet. Gleichzeitig gründeten die Staaten auch die Europäische Atomgemeinschaft (EAG oder EURATOM). Zusammen mit der bereits 1951 gegründeten EGKS bestanden nun drei Gemeinschaften, die auch als Europäische Gemeinschaften bezeichnet werden. Durch den Fusionsvertrag (EG) existieren gemeinsame Organe, darunter eine Kommission und ein Rat. Die EGKS wurde befristet auf 50 Jahre geschlossen und 2001 durch den Vertrag von Nizza (2003 in Kraft getreten) in den EGV eingegliedert. Sie besteht nicht mehr selbstständig.

Mit der Gründung der Europäischen Union (EU) wurde die EWG in "Europäische Gemeinschaft" umbenannt und aus dem EWG-Vertrag wurde der EG-Vertrag. Mit dieser Änderung sollte die qualitative Veränderung der EWG von einer reinen Wirtschaftsgemeinschaft hin zu einer politischen Union zum Ausdruck gebracht werden. An der Existenz der drei Teilgemeinschaften (EGKS, EAG, EG) änderte diese Umbenennung allerdings nichts, da mit ihr keine formelle Vereinigung der drei Gemeinschaften verbunden war.

Im Zuge der Gründung der EU haben sich auch einige Organe der EG umbenannt:

- Der Rat der Europäischen Gemeinschaften führt seit dem 8. November 1993 die Bezeichnung Rat der Europäischen Union. Dieser ist zu unterscheiden vom Europarat und dem Europäischen Rat.
- Aus der Kommission der Europäischen Gemeinschaften ist die Europäische Kommission geworden.
- Der Rechnungshof hat sich am 17. Januar 1994 in Europäischer Rechnungshof umbenannt.

Die von den einzelnen Organen erlassenen Rechtsakte bleiben allerdings weiterhin Rechtsakte der jeweiligen Gemeinschaft.

Da die Bedeutung der EGKS immer geringer wurde und EURATOM nur eine spezialisierte Aufgabe hat, bildet die Europäische Gemeinschaft heute das Herz der Europäischen Gemeinschaften, die wiederum die erste und wichtigste Säule der drei Säulen der Europäischen Union bilden. Ihr Ziel ist die Errichtung eines Binnenmarktes und - darauf aufbauend - einer Wirtschafts- und Währungsunion. Daneben hat sie Zuständigkeiten in weiteren Politikbereichen wie Verkehr, Soziales, Umwelt, Forschung und Technologie, Gesundheit, Bildung, Kultur, Verbraucherschutz, Entwicklung.

2002 wurden die Regelungen des Vertrages über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl in den EG-Vertrag aufgenommen, weil der EGKS-Vertrag nach 50 Jahren Laufzeit auslief.

Organe

Die Organe der EG sind gem. Art. 7 Abs. 1 EGV:

- Europäisches Parlament (Art. 189 ff. EGV)
- Rat der Europäischen Union (Art. 202 ff. EGV)
- Europäische Kommission (Art. 211 ff. EGV)
- Europäischer Gerichtshof (EuGH) (Art. 220 ff. EGV)
- Europäischer Rechnungshof (Art. 246 ff. EGV)

Diese Organe sind gleichzeitig für die gesamte Europäische Union (einheitlicher institutioneller Rahmen) tätig.

Der Rat und die Kommission werden gem. Art. 7 Abs. 2 EGV vom Wirtschafts- und Sozialausschuss sowie vom Ausschuß der Regionen unterstützt. Diese Institutionen haben im Gegensatz zu den Organen jedoch lediglich beratende Aufgaben.

Rechtsfähigkeit

Anders als die EU besitzt die EG Rechtsfähigkeit und kann völkerrechtlich verbindliche Verträge abschließen. Diesen Status sprach ihr der Europäische Gerichtshof 1971 und nochmals 1976 in der AETR-Doktrin aufgrund der Parallelität von internen und externen Rechtsetzungskompetenzen zu,

Wenn die Gemeinschaft im Innenverhältnis für die Erreichung eines bestimmten Zieles zuständig ist, verfügt sie auch über die ausschließliche auswärtige Zuständigkeit für dieses Gebiet, sofern außenpolitisches Handeln zu diesem Zweck erforderlich ist. Beispielsweise ist die EG ein vollwertiges Mitglied der EBWE und hat ein Stimmrecht entsprechend ihrer Einlagen. An den Organisationen WTO, FAO und Eurocontrol ist sie ebenfalls beteiligt. Jedoch muß sie vor den Sitzungen mit den EU-Mitgliedsstaaten, die auch in den Organisationen vertreten sind, ihr Abstimmungsverhalten mitteilen. Wenn sie ihr Mandat wahrnimmt, vertritt sie diese Staaten und gibt statt ihrer ihre Stimme ab.

zurück
Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS)

Einführung

egks-flagge.jpgDie "Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl" )Abkürzung EGKS, oft auch Montanunion genannt) war ein europäischer Wirtschaftsverband und ein Vorläufer der EG. Er gab allen Mitgliedsländern Zugang zu Kohle und Stahl, ohne Zoll zahlen zu müssen. Die Gründerstaaten des Vertrages waren Belgien, die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande. Der EGKS-Vertrag, der für eine Dauer von 50 Jahren geschlossen wurde, lief am 23. Juli 2002 aus. Er wurde nicht verlängert. Seine Regelungsmaterie wurde fortan dem EG-Vertrag zugerechnet.

egks-karte.jpg

Geschichte

Die EGKS wurde am 18. April 1951 durch den "Vertrag von Paris" gegründet und trat am 23. Juli 1952 in Kraft. Der EGKS-Vertrag ging auf den Schuman-Plan, eine Initiative des französischen Außenministers Robert Schuman zurück, in der er dem deutschen Kanzler Konrad Adenauer einen Vorschlag machte, dem dieser sofort zustimmte. Es ging um eine gemeinsame Kontrolle der Montanindustrie der Mitgliedsländer ohne Zoll. Das bedeutete, daß das Ruhrgebiet, das damals unter der Kontrolle einer nichtdeutschen Kommission der Siegermächte und britischer Besatzung stand und dessen Anlagen gerade weiter demontiert wurden, eine Chance für neues Wachstum bekam. Tatsächlich sollte sich die Montanunion in der Folge als "Schwungrad" des wirtschaftlichen Neuaufbaus in Westdeutschland erweisen, wodurch das "Wirtschaftswunder" erst möglich wurde.

Hauptziel des Vertrages war in der Argumentation Schumans die Sicherung des innereuropäischen Friedens durch die "Vergemeinschaftung", also die gegenseitige Kontrolle, der kriegswichtigen Güter Kohle und Stahl, sowie die Sicherstellung dieser für den Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg entscheidenden Produktionsfaktoren.

In der Bundesrepublik Deutschland lagen damals die reichsten Kohlevorkommen der sechs Länder. Frankreich erhielt damit vor allem Zugang zum Ruhrgebiet, welches in der vormals britischen Besatzungszone lag und dessen Rohstoffproduktion und wirtschaftliche Entwicklung bis dahin noch unter den Sanktionen der Siegermächte zu leiden hatte. Da Frankreich auch schon großen Einfluß im Saargebiet hatte, war dies eine weitere Möglichkeit, von Rohstofflagerstätten zu profitieren.

Organe

Die Organe der EGKS, der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europäischen Atomgemeinschaft (EURATOM) wurden am 8. April 1965 durch den sog. "Fusionsvertrag" zusammengelegt. Die rechtliche Selbständigkeit der drei Gemeinschaften blieb hiervon jedoch unberührt.

Die Organe der Gemeinschaft waren:

- Hohe Behörde: Exekutive Gewalt mit neun unabhängigen Mitgliedern (legislatives Element, ging 1967 in der Europäischen Kommission auf) Beratender Ausschuss: Interessenvertretung, 51 Mitglieder: Arbeitgeber-, Arbeitnehmer- und Verbrauchsorganisatoren, heute Wirtschafts- und Sozialausschuß
- Ministerrat: Ressortminister der einzelnen Länder (Vorläufer des Rats der Europäischen Union)
- Gemeinsame Versammlung: 78 Mitglieder, Vorläufer des Europäischen Parlaments, Kontrolle der Hohen Behörden
- Gerichtshof: sieben Mitglieder mit supranationaler Rechtsprechung (judikatives Element, Vorläufer des "Europäischen Gerichtshofes").

zurück
Europäische Investitionsbank (EIB)

Einführung

eib-logo.jpgDie "Europäische Investitionsbank" (Abkürzung: EIB) wurde 1958 auf Initiative des französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle gegründet und hat ihren Hauptsitz in Luxemburg. Die EIB ist ein eigenständiges Organ der Europäischen Union und somit nicht an Weisungen von Kommission oder Parlaments gebunden, sie konsultiert diese jedoch. Zusammen mit dem Europäischen Investitionsfonds bildet sie die EIB-Gruppe. Kapitaleigner der EIB sind die Mitgliedstaaten der EU. Seit der letzten EU-Erweiterungsrunde beläuft sich das gezeichnete Kapital der EIB auf 163 Milliarden Euro. Von diesem Betrag sind satzungsmäßig 5 Prozent (8,1 Mrd. Euro) eingezahlt.

Förderschwerpunkte

Die EIB ist als Finanzierungsinstrument der Europäischen Union gemäß Artikel 267 EG-Vertrag den politischen Zielen der Union verpflichtet und soll andere EU-Fördermaßnahmen flankieren. Die Aufgaben ergeben sich neben dem EG-Vertrag aus der Satzung der EIB sowie aus Mandaten, die ihr aus Beschlüssen des Europäischen Rates übertragen werden. Sie ist somit zuständig für die Vergabe von Krediten und Bürgschaften an öffentliche und private Institutionen in Übereinstimmung mit den Zielen der Union. Zu den vier prioritären Förderzielen der EIB in der EU gehören:

- Regionalentwicklung und Kohäsion (d.h. Verbesserung des innereuropäischen wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhaltes);
- Unterstützung der Entwicklungs- und Kooperationspolitik der EU gegenüber den Partnerländern;
- Investitionsfazilität, denn im Rahmen der EU-Außenbeziehungen ist die EIB auch verantwortlich für die finanzielle Umsetzung von Abkommen zur Entwicklungszusammenarbeit auf Basis verschiedener Ad-hoc-Mandate der EU.

Struktur

Die Gremien der EIB sind:

Rat der Gouverneure

Der Rat der Gouverneure setzt sich aus den zuständigen Fachministern der Mitgliedsstaaten zusammen, in der Regel sind dies die Finanzminister. Gemeinsam legen sie die Leitlinien für die Kreditpolitik fest, genehmigen die Jahresbilanz und die Ergebnisrechnung, erteilen Genehmigungen für die Beteiligung der Bank an Finanzierungen außerhalb der Union und entscheiden über Kapitalerhöhungen. Zudem bestellen Sie die Mitglieder der anderen Gremien.

Verwaltungsrat

Dem Verwaltungsrat obliegt die Entscheidung über Darlehen und Bürgschaften. Er gewährleistet die ordnungsgemäße Verwaltung des Institutes und die Einhaltung der rechtlichen Bestimmungen (EG-Vertrag), der EIB-Satzung und der Leitlinien des Rates der Gouverneure. 28 Mitglieder werden von den Mitgliedsstaaten ernannt, ein Mitglied ist ein Vertreter der Europäischen Kommission. Die Amtszeit beträgt fünf Jahre, eine Wiederbestellung ist zulässig. Es können bis zu sechs stimmberechtigte Sachverständige bestellt werden. Die Mitglieder erhalten keine Vergütung, sondern lediglich Sitzungsgelder.

Direktorium

Das neunköpfige Direktorium ist das Exekutivorgan der EIB. Unter der Aufsicht des Präsidenten und kontrolliert durch den Verwaltungsrat tätigt es die laufenden Geschäfte, bereitet die Entscheidungen des Verwaltungsrats vor und gewährleistet deren Umsetzung. Die Amtszeit beträgt sechs Jahre, eine Wiederbestellung ist zulässig.

Prüfungsausschuß

Der unabhängige Prüfungsausschuß überwacht die ordnungsgemäßige Ausführung der Geschäfte und prüft die Bücher der Bank. Er erstattet dem Rat der Gouverneure Bericht. Der Ausschuß umfasst drei Mitglieder und drei Beobachter, die vom Rat der Gouverneure für drei Jahre ernannt werden.

Arbeitsweise

Das Kapital der EIB wird zum Einen von den Mitgliedsländern bereitgestellt, indem diese gemäß ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Bruttoinlandsprodukt) Anteile an der EIB zeichnen. Zum Anderen nimmt sie durch Begebung von Anleihen umfangreiche Mittel an den Kapitalmärkten auf. Da die Mitgliedsstaaten Eigentümer der Bank sind, verfügt sie auf den internationalen Finanzmärkten über ein hervorragendes Rating (AAA). Finanziert werden förderungswürdige Projekte normalerweise bis zu 50 Prozent der Gesamtsumme, diese wird zu günstigen Bedingungen (z.B. niedrige Zinsen) zur Verfügung gestellt. Die Investitionsziele werden von der EIB in einem operativen Gesamtplan für einen Zeitraum von drei Jahren festgelegt. Die EIB verfaßt über ihre Aktivitäten einen jährlichen Bericht.

zurück
Europäische Kommission (EK)

Einführung

Die "Europäische Kommission" ist eine Institution sui generis im politischen System der Europäischen Union. Sie vertritt und verteidigt die Interessen der gesamten Europäischen Union. Die Europäische Kommission ist ein von den Mitgliedstaaten unabhängiges und somit supranationales Organ der EU.

Das von den Regierungen der Mitgliedstaaten ernannte Kolleg von Kommissaren übernimmt vor allem Aufgaben der Exekutive. Darüber hinaus besitzt sie das alleinige Initiativrecht in der Legislative, das heißt, nur sie kann formal EU-Rechtsvorschriften vorschlagen. Die Europäische Kommission ist für die Einhaltung der Verträge (Primärrecht) verantwortlich und wird daher oft auch als "Hüterin der Verträge" bezeichnet. Die Kommission wirkt in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten (Komitologie) und unter Aufsicht des Europäischen Parlaments an der Umsetzung der Beschlüsse des Rates der EU und des Europäischen Parlaments mit (Sekundärrecht).

Die Kommissare dienen alleine der Union, nicht ihren jeweiligen Herkunftsstaaten. Der Präsident und die Mitglieder der Kommission werden für fünf Jahre ernannt. Ihre Amtszeit entspricht der Legislaturperiode des Europäischen Parlaments. Die Kommission ist dem demokratisch gewählten Europäischen Parlament gegenüber Rechenschaft schuldig und kann von diesem mit Zweidrittelmehrheit zum Rücktritt gezwungen werden. Das Europäische Parlament besitzt außerdem ein Vetorecht bei der Bestellung einer neuen Kommission. Die Kommission hat ihren Sitz in Brüssel (Belgien).

Organisation

Die Europäische Kommission besteht aktuell aus 27 Kommissaren, von denen einer als Kommissionspräsident die Kommission leitet. Sie wird grundsätzlich alle fünf Jahre binnen sechs Monaten nach der Wahl des Europäischen Parlamentes neu besetzt. Der Kommissionspräsident wird vom Rat der Europäischen Union in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten bestimmt und benötigt ein Zustimmungsvotum des Parlaments. Als designierter (gewählter, aber noch nicht im Amt befindlicher) Präsident wählt er anschließend gemäß Art. 214 II EGV zusammen mit dem Rat, der in Dreiviertelmehrheit entscheidet, auf Vorschlag der Regierungen der Mitgliedstaaten die Mitglieder seiner Kommission aus. Dieses Mitspracherecht hat der Präsident erst seit 1999. Daraufhin befragt das neu gewählte Parlament diese Kandidaten ausführlich und gibt eine Stellungnahme ab. Es kann die Kommission jedoch nur als Ganzes ablehnen. Abschließend wird die Kommission von dem Rat mit qualifizierter Mehrheit ernannt. Auch nach der Ernennung der Kommission kann das Europäische Parlament diese jederzeit durch ein mit Zweidrittelmehrheit getroffenes Misstrauensvotum zum Rücktritt zwingen.

Seit der EU-Erweiterung 2004 entsendet jeder der EU-Mitgliedstaaten je einen Kommissar, die alle gleich berechtigte Mitglieder des Kollegiums sind. Jedem Kommissar ist ein bestimmtes politisches Ressort zugeordnet, Entschlüsse werden aber nach dem Kollegialprinzip gefasst. Die Amtsdauer der Kommission beträgt fünf Jahre und ist mit der Legislaturperiode des Europäischen Parlaments abgestimmt.

Jedes Kommissionsmitglied verfügt über einen eigenen Mitarbeiterstab (das Kabinett) aus sechs bis neun politischen Beamten. Die Kabinettchefs bereiten die Sitzungen des Kollegiums vor und stimmen sich bereits untereinander ab: bei den sog. "A-Punkte" (A items) herrscht Einigkeit unter den Diensten, sie sind ohne größere Beratung beschlussfähig. Die sogenannten "B-Punkte" (B items) dagegen bedürfen eingehender Diskussion im Kollegium. Die Sitzungen des Kommissionskollegiums finden meist am Mittwochvormittag statt. Weitere Regelungen zur Organisation enthält die Geschäftsordnung der Europäischen Kommission.

Der Europäischen Kommission unterstehen verschiedene Generaldirektionen und Dienste für die interne Organisation und die jeweiligen Politikbereiche. Diese Generaldirektionen erfüllen ähnliche Funktionen wie die Ministerien auf nationaler Ebene. Anders als bei einem Ministerium decken sich jedoch die Ressorts der Kommissare nicht genau mit denen der Generaldirektionen, so daß teilweise einem Kommissar mehrere Generaldirektionen zugeordnet sind oder eine Generaldirektion mehreren Kommissaren zuarbeitet.

Ursprünglich sah der Vertrag von Lissabon, ebenso wie der EU-Verfassungsvertrag, eine Verkleinerung der Europäischen Kommission vor, in der künftig nicht mehr jedes Land einen eigenen Kommissar stellen sollte. Diese Maßnahme stieß allerdings vor allem bei einigen kleineren Ländern auf Kritik und galt als einer der Gründe, weshalb das erste Referendum, das in Irland über den Vertrag abgehalten wurde, scheiterte. Daher beschloß der Europäische Rat im Dezember 2008, die Verkleinerung der Kommission nicht in Kraft treten zu lassen. Diese Modifizierung des Vertrags von Lissabon erfordert jedoch eine erneute Vertragsänderung, die ihrerseits von allen Mitgliedstaaten ratifiziert werden müßte. Dies könnte im Zuge der Vertragsanpassungen geschehen, die für den EU-Beitritt Kroatiens notwendig sind, welcher für 2010 oder 2011 erwartet wird.

Aufgaben

Als Organ ist die Kommission bislang in Art. 211 ff. EGV sowie Art. 124 ff. EAV verankert. Sie ist der Motor des institutionellen Systems der Gemeinschaft. Sie hat das Initiativrecht und schlägt demnach Rechtsakte vor, die sie dem Parlament und dem Rat unterbreitet. Im Gegensatz zu den so genannten "agenda setter organs" in anderen politischen Systemen (also Organen, die lediglich die zu bearbeitenden Themen definieren), wie z. B. der deutschen Bundesregierung, kann die Kommission einen Gesetzesvorschlag jederzeit wieder zurücknehmen, solange er noch nicht beschlossen wurde.

Als Exekutivorgan sorgt die Kommission für die korrekte Ausführung der europäischen Rechtsakte (Richtlinien, Verordnungen, Entscheidungen), die Umsetzung des Haushalts und der Programme. Als "Hüterin der Verträge" sorgt sie gemeinsam mit dem "Europäischen Gerichtshof" (EuGH) für die Einhaltung des Gemeinschaftsrechts. Bei Rechtsverstößen kann sie ein sogenanntes Vertragsverletzungsverfahren vor dem EuGH einleiten. Als Vertreterin der Gemeinschaft auf internationaler Ebene handelt sie vor allem in den Bereichen Handel und Zusammenarbeit internationale Übereinkommen aus. So repräsentiert die Kommission die EU-Staaten beispielsweise in der Welthandelsorganisation.

In der intergouvernementalen zweiten und dritten Säule der EU, also der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU (GASP) und der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS), hat die Kommission bisher kaum Kompetenzen. Die wesentlichen Entscheidungen werden hier allein vom Rat der Europäischen Union getroffen. Durch den Vertrag von Lissabon soll jedoch die PJZS in den Bereich der regulären Gemeinschaftsrechtsetzung übergeführt werden, so daß die Kommission hier dieselben Kompetenzen hat wie in anderen Politikbereichen. Außerdem sollen die Ämter des Außenkommissars und des Hohen Vertreters für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zusammengelegt werden, so daß auch im Bereich der GASP eine bessere Verzahnung zwischen Kommission und Rat entstehen soll.

Geschichte der Kommission

Die Europäische Kommission hat ihren Ursprung in der Hohen Behörde, die im Rahmen des Pariser Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl 1952 geschaffen wurde, jedoch auch schon als Kommission bezeichnet wurde. Als ausführendes Organ der Gemeinschaft mit Sitz in Luxemburg oblag ihr der Vollzug der Beschlüsse der Montanunion. Die sechs Unterzeichnerstaaten bestimmten acht Mitglieder selbst, ein neuntes wurde von der Behörde gewählt. Die Mitglieder der Hohen Behörde entschieden mit einfacher Stimmenmehrheit. Erster Präsident der Hohen Behörde war Jean Monnet, der geistige Urheber des Schuman-Plans, der zur Gründung der EGKS geführt hatte.

Mit der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) 1958 wurden zwei neue Kommissionen eingerichtet, die nun auch offiziell diesen Namen trugen. Zum ersten Präsidenten der EWG-Kommission wurde Walter Hallstein genannt, der als außenpolitischer Staatssekretär unter Konrad Adenauer von deutscher Seite wesentlich zur Gründung der Gemeinschaften beigetragen hatte.

Am 1. Juli 1967 wurden die Hohe Behörde der EGKS und die Kommissionen von EWG und Euratom im Rahmen des EG-Fusionsvertrages zur Europäischen Kommission verschmolzen. In der Folgezeit ragten vor allem die Amtszeiten der Kommissionen Jenkins und Delors als bedeutende Phasen der Europäischen Integration heraus.

Die EU-Kommission Santer (1995-1999) wurde gegen Ende ihrer Amtszeit von einem Korruptionsskandal um die Kommissarin Edith Cresson erschüttert, was schließlich am 16. März 1999 zum Rücktritt der gesamten Kommission führte.

Mitglieder der Kommission

Die vom Rat angenommene Zusammensetzung der Kommission wird vom Europäischen Parlament bestätigt. Die Kommission hat jeweils eine Amtszeit von fünf Jahren und hat derzeit die folgenden 27 Funktionen:

- Präsident,
- Vizepräsidentin, Institutionelle Beziehungen und Kommunikationsstrategie,
- Vizepräsident, Unternehmen und Industrie, Vizepräsident, Verkehr,
- Vizepräsident, Justiz, Freiheit und Sicherheit,
- Vizepräsident, Verwaltung, Audit und Betrugsbekämpfung,
- Wirtschaft und Währung,
- Binnenmarkt und Dienstleistungen,
- Landwirtschaft und ländliche Entwicklung
- Wettbewerb,
- Handel,
- Fischerei und maritime Angelegenheiten,
- Umwelt,
- Gesundheit,
- Entwicklung und humanitäre Hilfe,
- Erweiterung,
- Beschäftigung, soziale Angelegenheiten und Chancengleichheit,
- Steuern und Zollunion,
- Finanzplanung und Haushalt,
- Außenbeziehungen und europäische Nachbarschaftspolitik,
- Allgemeine und berufliche Bildung und Kultur,
- Regionalpolitik,
- Energie,
- Wissenschaft und Forschung,
- Informationsgesellschaft und Medien,
- Verbraucherschutz und
- Mehrsprachigkeit.

zurück
Europäische Konferenz der Verwaltungen für Post- und Fernmeldewesen (CEPT)

Einführung

europamarke.jpgDie "Europäische Konferenz der Verwaltungen für Post- und Fernmeldewesen" (Conférence Européenne des Administrations des Postes et des Télécommunications - CEPT) bzw. "Europäische Konferenz der Verwaltungen für Post und Telekommunikation") ist eine Dachorganisation zur Zusammenarbeit der Regulierungsbehörden aus 48 europäischen Staaten.

Geschichte

Die CEPT wurde 1959 von neunzehn staatlichen Post- und Telekommunikationsunternehmen gegründet. In Deutschland erlangte die CEPT in den 1980er Jahren wegen des 1981 verabschiedeten Zeichen-Standards für den weit verbreiteten Bildschirmtext allgemeine Bekanntheit. Die CEPT-Mitglieder beschlossen 1988 die Gründung der ETSI.

Ziele

Die CEPT verfolgt das Ziel, als Forum für regulatorische Themen im Post- und Telekommunikationssektor die Mitglieder zu unterstützen und die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene zu fördern, sowie Grundsatzfragen auf europäischer Ebene zu klären (z. B. Nutzung der Funkfrequenzen) Dabei werden die Beziehungen zwischen den europäischen Regulierungsbehörden, der EU sowie die Kontakte zur "Internationalen Fernmeldeunion" (ITU) und zum "Weltpostverein" (UPU) gepflegt. Tendenziell soll auf eine langfristige Angleichung der nationalen Regelungen im Post- und Telekommunikationssektor auf europäischer und internationaler Ebene gewirkt werden.

Struktur

Die CEPT gliedert sich in die Komitees ...

- Electronic Communications Committee (ECC) und
- European Committee for Postal Regulation (CERP).

Daneben hat die CEPT auf gleicher Ebene wie ECC und CERP die Arbeitsgruppe ITU (WG-ITU) eingerichtet.

Das "European Radiocommunications Office" (ERO) in Kopenhagen ist das Büro des ECC. Es verfügt über die nötige Expertise, um Planungen zu erarbeiten und das ECC zu beraten. Außerdem führt es Konsultationen durch, bildet die Schnittstelle zu den nationalen Regulierungsbehörden und besorgt die Veröffentlichungen des ECC.

Für das Funkwesen sind die beim ECC angesiedelten Arbeitsgruppen WG RA (Working Group Regulatory Affairs), WG FM (Working Group Frequency Management) und WG SE (Working Group Spectrum Engineering) von Bedeutung. Die vom ECC beschlossenen Entscheidungen, Empfehlungen und Berichte (Decisions, Recommendations und Reports), die von den genannten Arbeitsgruppen vorbereitet werden, sind in der Dokumentendatenbank des ERO frei erhältlich.

Mitglieder

Heute sind die Regulierungsbehörden aus 48 Staaten in der CEPT zusammengeschlossenen). Dies sind 45 der 46 Länder Europas (also alle außer Kasachstan), sowie die drei geographisch zu Asien gehörenden Länder Aserbaidschan, Georgien und Zypern). Armenien ist kein Mitglied der CEPT. Die deutsche Regulierungsbehörde für das Postwesen ist die Bundesnetzagentur. In der Schweiz ist Postregulationsbehörde (PostReg) eine fachlich unabhängige Behörde im Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK). Die PostReg arbeitet im CERP mit, während die Schweiz im ECC durch das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) vertreten ist. Die Regulierungshoheit in Österreich liegt für den Post- und Telekommunikationsbereich beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit), das sich hierzu u.a. der weisungsgebundenen "Rundfunk und Telekom Regulierungs GmbH (RTR-GmbH)" bedient. Die Deutsche Post AG, die Swiss Post und die Österreichische Post AG sind als Postunternehmen Mitglieder der PostEurop und nicht der CEPT.

zurück
Europäische Politische Gemeinschaft (EPG)

Einführung

Die "Europäische Politische Gemeinschaft" (EPG) war der erste Versuch, eine umfassende politische Integration europäischer Staaten zu verwirklichen. Teilnehmen sollten die sechs damaligen Mitglieder der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS oder auch Montanunion). Das Projekt scheiterte am Widerstand der französischen Nationalversammlung im Rahmen der Ratifizierung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft.

Vorgeschichte

Am 10. September 1952 beschlossen die Außenminister auf der Tagung des Rates der EGKS, daß eine Verfassung für eine zu schaffende Europäische Politikgemeinschaft ausgearbeitet werden müsse. Die EPG sollte über die Zuständigkeiten im Bereich der EGKS und der Verteidigung verfügen und außerdem sollte sie die Außenpolitik der Mitgliedsstaaten regeln. Weitere Zielsetzungen waren die Ausarbeitung eines gemeinsamen Binnenmarktes sowie die Verbesserung des Lebensstandards und die Steigerung der Arbeitsplätze. Dies alles sollte in 2 Jahren geschehen und mit der EKGS und EVG zusammengebracht werden.

Verhandlungen und Scheitern des Projekts

Der 117 Artikel umfassende Verfassungsentwurf, der am 10. März 1953 dem Rat vorgelegt wurde, sah neben einem Parlament mit zwei Kammern auch einen Exekutivrat, einen Rat der nationalen Minister, einen Gerichtshof, und einen Wirtschafts- und Sozialrat vor. Insgesamt stellt der Entwurf eine Mischung aus supranationalen und föderativen Elementen dar. Das direkt zu wählende Parlament und der Exekutivrat sind supranationale Elemente, während der Rat der nationalen Minister der föderativen Idee zuzuordnen ist.

Der Entwurf für die EPG wurde gebilligt. Die Verhandlungen von 1953 über die Reichweite der EPG führten zu keinem Abschluß. Im März 1954 schlug Frankreich eine Vertagung der Verhandlungen vor, stieß dabei aber auf keine Zustimmung.

In der französischen Nationalversammlung scheiterte die Europäische Verteidigungsgemeinschaft, damit war der EPG die Grundlage entzogen. Um diese Idee zu verfolgen, wurde die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) ins Rollen gebracht, welche später auch in Kraft traten.

zurück
Europäischer Gerichtshof (EuGH)

Einführung

Der "Europäische Gerichtshof" (EuGH, amtlich "Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften") mit Sitz in Luxemburg ist das oberste rechtsprechende Organ der Europäischen Gemeinschaften (EG). Er nimmt damit zusammen mit dem Europäischen Gericht erster Instanz (EuG I) und dem Gericht für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union (EUGöD) im politischen System der Europäischen Union die Rolle der Judikative ein.

Zuständigkeit und Verfahren

Aufgaben und Zuständigkeit

Die Aufgaben des EuGH sind in den Art. 220 bis 245 EG-Vertrag, Artikel 46 EU-Vertrag sowie einer eigenen Satzung festgeschrieben. Dazu zählt insbesondere, die einheitliche Auslegung des europäischen Rechts zu gewährleisten. Im Jahr 1989 wurde zur Entlastung des Gerichtshofs das Europäische Gericht erster Instanz (kurz EuG) geschaffen. Seit dem Jahr 2005 besteht darüber hinaus als sog. Gerichtliche Kammer das Gericht für den öffentlichen Dienst (kurz EuGöD), das vom EuG die Zuständigkeit für Rechtsstreitigkeiten zwischen der Gemeinschaft und ihren Beamten oder sonstigen Bediensteten übernommen hat. Der Gerichtshof selbst ist bei direkten Klagen natürlicher und juristischer Personen nunmehr als Rechtsmittelinstanz für Entscheidungen des Europäischen Gerichts erster Instanz zuständig. Das EuG ist – von wenigen Ausnahmen abgesehen – auch für Klagen der Mitgliedstaaten gegen die Europäische Kommission im dritten Rechtszug zuständig.

Verfahren

Für Klagen der Europäischen Kommission (u. a. Vertragsverletzungsverfahren), Klagen anderer Gemeinschaftsorgane oder der Mitgliedstaaten, die nicht gegen die Kommission gerichtet sind, sowie für die Entscheidungen im Vorabentscheidungsverfahren ist der Gerichtshof allein zuständig.

Vertragsverletzungsverfahren sind im Art. 226 EG-Vertrag festgelegt. Die Europäische Kommission kann einen Mitgliedstaat - nach einem Vorverfahren - vor dem EuGH verklagen. Der Gerichtshof prüft dann, ob ein Mitgliedstaat seinen sich aus dem EG-Vertrag ergebenden Verpflichtungen nicht nachgekommen ist. Dem EuGH wird eine Klageschrift zugestellt, die teilweise im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und dem Beklagten zugestellt wird. Je nach Fall kommt es zu einer Beweisaufnahme und einer mündlichen Verhandlung. Im Anschluß daran gibt der Generalanwalt seine Schlußanträge ab. Darin macht er einen Urteilsvorschlag, an den der EuGH jedoch nicht gebunden ist. Gemäß Art. 227 EG-Vertrag kann auch ein Mitgliedstaat gegen einen anderen vor dem EuGH (nach einem Vorverfahren durch Einschaltung der Kommission, Art. 227 Abs. 2–4 EG-Vertrag) vorgehen.

Vorabentscheidungsverfahren sind im Art. 234 EG-Vertrag festgelegt. Die nationalen Gerichte können bzw. müssen, soweit es sich um die letzte Instanz (z. B. Bundesfinanzhof, Bundesgerichtshof) handelt, dem EuGH Fragen hinsichtlich der Auslegung von Gemeinschaftsrecht vorlegen. Außerdem können sie überprüfen lassen, ob ein europäischer Gesetzgebungsakt gültig ist. Dies soll in besonderem Maße die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts durch die nationalen Gerichte, die für dessen Durchsetzung zu sorgen haben, sicherstellen. Das nationale Gericht muß in seiner Verhandlung auf die Auslegung bzw. Gültigkeit des Gemeinschaftsrechts angewiesen sein (sie muß entscheidungserheblich sein und die Auslegung darf nicht bereits geklärt sein), um eine Frage vorlegen zu dürfen. Es unterbricht dabei sein Verfahren bis zur Antwort des EuGH. Die vorgelegte Frage wird zunächst in alle Amtssprachen übersetzt und im Amtsblatt bekanntgegeben. Dies gibt den beteiligten Parteien, sämtlichen Mitgliedstaaten und den europäischen Organen die Möglichkeit, Stellungnahmen abzugeben. Wiederum folgen i. d. R. eine mündliche Verhandlung sowie Schlußanträge des Generalanwalts, bevor es zu einem Urteilsspruch kommt. Das vorlegende Gericht (und andere Gerichte in ähnlichen Fällen) sind an das Urteil des EuGH gebunden.

Eine Besonderheit des EuGH ist die Institution des Generalanwalts (Art. 222 EG-Vertrag). Die Generalanwälte haben die Aufgabe, nach der mündlichen Verhandlung einen Vorschlag für ein Urteil zu unterbreiten ("Schlußsanträge"). Dazu fassen sie insbesondere die bisherige Rechtsprechung des EuGH in ähnlichen Fällen zusammen und nutzen diese, um ihre Vorstellungen hinsichtlich der Beurteilung des vorliegenden Falls zu begründen. Der Generalanwalt ist dabei nicht Vertreter einer der beiden Parteien, sondern soll seinen Vorschlag unabhängig und neutral entwickeln. Der EuGH ist an diese Vorschläge nicht gebunden, in der Praxis folgt er jedoch in etwa dreiviertel aller Fälle den Vorschlägen des Generalanwalts. Da die Entscheidungen des Gerichtshofs selbst in den rechtlichen Ausführungen meist äußerst knapp gehalten sind, geben oft erst die erheblich analytischeren Ausführungen in den Schlussanträgen Aufschluß über die Erwägungen, die der Spruchpraxis des EuGH zugrunde liegen.

Sprachliche Aspekte

Verfahrenssprache kann jede Amtssprache der Europäischen Union sein. Die Auswahl fällt der Klage erhebenden Partei zu. Beim Vorabentscheidungsverfahren ist es die Sprache im Mitgliedsland des anfragenden Gerichts, bei Klagen gegen einen Mitgliedstaat wird dessen Amtssprache (ggf. auch mehrere) Verfahrenssprache. Diese Regelung soll sicherstellen, daß jeder Angehörige der Europäischen Union in seiner Sprache Rechtshandlungen vornehmen kann. Alle Verfahrensdokumente werden in die Verfahrenssprache sowie ins Französische – traditionell die interne Arbeitssprache des EuGH, was allerdings zunehmend, vor allem auch von osteuropäischen Staaten, kritisiert wird – übersetzt, Vorabentscheidungsersuchen und die Urteile von EuGH und EuG in alle Amtssprachen. Äußerungen des Generalanwalts, der sich in seiner eigenen Sprache äußern kann, werden in die Verfahrenssprache(n) und alle Amtssprachen übersetzt.

EuGH und EuG unterhalten einen gemeinsamen Übersetzungsdienst, der eine eigene Direktion (mit 20 Sprachabteilungen und einer Abteilung Allgemeine Dienste) bildet. Die Übersetzer beim EuGH verfügen alle über eine abgeschlossene juristische Ausbildung und werden auch als "Sprach- und Rechtssachverständige" (Lawyer-Linguists) bezeichnet.

Mündliche Verhandlungen bei EuGH und EuG werden von Konferenzdolmetschern simultan übersetzt. Der Gerichtshof unterhält dafür einen Dolmetscherdienst mit beamteten Dolmetschern und zieht bei Bedarf freiberuflich tätige Dolmetscher hinzu.

Auslegungsmethoden

Bei der Auslegung von Rechtsnormen des europäischen Gemeinschaftsrechts durch den EuGH ergeben sich einige Besonderheiten gegenüber den gewöhnlichen juristischen Auslegungsmethoden.

Die erste Besonderheit liegt darin, daß die Rechtsquellen des Gemeinschaftsrechts keine einheitliche, verbindliche sprachliche Fassung kennen, sondern derzeit in 23 verschiedenen Sprachen verbindlich sind, was sich aus Art. 314 EG-Vertrag (bzw. Art. 225 EAGV) sowie den Beitrittsdokumenten der letzten beiden Erweiterungsrunden ergibt. Bei abweichendem Sinn verschiedener Sprachfassungen stößt die reine Wortlautauslegung daher an ihre Grenzen, und die zusätzliche Verwendung rechtsvergleichender, systematischer oder teleologischer Argumente wird notwendig.

Des Weiteren ergeben sich Auslegungsprobleme aus der sprachlichen Ungenauigkeit des Primärrechts. Sie ist Folge schwieriger politischer Willensbildungsprozesse, an denen eine Vielzahl von Organen bzw. Personen beteiligt ist. So beschränken sich viele Normen auf allgemeine Formulierungen, um den Gemeinschaftsorganen einen Entscheidungsspielraum zu gewähren und eine dynamische Interpretation zu ermöglichen. Auch sind die in den Verträgen verwendeten Begriffe autonom, d. h. mit gemeinschaftsrechtlichen Bedeutungen, zu verstehen und können nicht dem Sprachgebrauch einzelner Mitgliedstaaten entnommen werden. Der Gerichtshof bedient sich hier bei der Suche nach systematischer Geschlossenheit oft der sog. "wertenden Rechtsvergleichung", wobei er in den nationalen Regelungen nach der besten Lösung sucht.

Weitere Besonderheiten zeigen sich bei der Auslegung der Verträge nach Sinn und Zweck. So handelt es sich etwa bei dem Effektivitätsgrundsatz (effet utile) um eine besondere Form der Auslegung nach Sinn und Zweck, nämlich die nach den Vertragszielen. Demnach sollen die einzelnen Bestimmungen der Verträge so ausgelegt werden, daß sie die größtmögliche Wirksamkeit entfalten. Insbesondere die Berufung auf den "effet utile" benützt der EuGH häufig, um Normen des Primärrechts teilweise erheblich über den Wortlaut hinaus auszudehnen und der Gemeinschaft Kompetenzen und Befugnisse zukommen zu lassen, die ursprünglich so nicht vorgesehen waren.

Geschichte

Der Europäische Gerichtshof wurde im Jahr 1952 durch den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) gegründet und nahm im Jahr 1953 seine Arbeit auf. Er war zunächst nur für Streitigkeiten innerhalb des EGKS-Vertrages zuständig. Nach Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG oder EURATOM) durch die Römischen Verträge 1957 war der EuGH als gemeinsames Organ der Gemeinschaften für sämtliche Streitigkeiten aufgrund der drei Verträge zuständig. Das Gericht erster Instanz wurde dem Gerichtshof 1989 zugeordnet, das Gericht für den öffentlichen Dienst der EU 2005.

Entscheidungen

Urteile des EuGH, soweit sie im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 234 EGV ergangen sind, dienen zunächst dazu, dem vorlegenden nationalen Gericht die Entscheidung im Ausgangssachverhalt zu ermöglichen. Grundsätzlich bindet die EuGH-Entscheidung durch die Auslegung des Gemeinschaftsrechts nur das anfragende Gericht, dessen Urteil wiederum theoretisch nur für den entschiedenen Einzelfall gilt.

Die faktische Wirkung eines EuGH-Urteils ist jedoch ungleich größer, sie geht weit über den einzelnen Sachverhalt, der zur Vorlage geführt hat, hinaus. Da der EuGH für alle Mitgliedstaaten verbindlich Gemeinschaftsrecht auslegt, gilt die Norm des Gemeinschaftsrechts, so wie sie durch die im Urteil verkündete Auslegung zu verstehen ist, für alle Mitgliedstaaten und - in der Regel - ex tunc, d. h. rückwirkend. Der EuGH stellt somit fest, wie eine Vorschrift des Gemeinschaftsrechts immer schon und von allen hätte verstanden werden müssen.

Eine unbegrenzte Rückwirkung der Urteile wird jedoch ggf. durch die nationalen Verfahrensrechte verhindert, insoweit als sie regeln, dass ein bestandskräftiger Verwaltungsakt ohne gesonderte Vorschrift nicht mehr geändert werden kann.

Von 1953 bis Ende 2005 wurden 13.960 Rechtssachen beim EuGH anhängig gemacht; in 6.827 Fällen sind Urteile ergangen.

Eigenständige Rechtsordnung der EG

Eine der wichtigsten Entscheidungen des EuGH ist das Urteil in der Sache "Van Gend & Loos" von 1963. In dieser Entscheidung begründete der EuGH die Doktrin, daß es sich beim europäischen Gemeinschaftsrecht um eine selbstständige Rechtsordnung sui generis handele, die von dem Recht der Mitgliedstaaten losgelöst sei. Dies bedeutete eine Abkehr von der bisherigen Auffassung, es handle sich beim Recht der europäischen Gemeinschaften um gewöhnliches Völkerrecht. Die Entscheidung hat große Bedeutung und sorgte in der Fachwelt für Aufsehen, da der EuGH damit auch begründete, daß Subjekte des Europarechts nicht nur die Mitgliedstaaten, sondern auch die einzelnen Bürger seien.

Aus der in Van Gend & Loos begründeten Doktrin von der Eigenständigkeit des Europarechts entwickelte der EuGH 1964 in der Entscheidung "Costa/ENEL" die weitere Doktrin vom Vorrang des Europarechts gegenüber dem Recht der Mitgliedstaaten.

In diesen und den darauf folgenden Entscheidungen betonte der EuGH immer wieder, daß sich die Mitgliedstaaten freiwillig einer Gemeinschaft mit eigenständiger Rechtsordnung unterworfen haben. Dass es sich hierbei um eine Rechtsordnung und nicht bloß um ein politisches Zweckbündnis handelt, zeigt sich vor allem in solchen Entscheidungen des EuGH immer wieder.

So wurde am 13. Juli 2004 ein Beschluß der EU-Finanzminister revidiert, der die Defizit-Strafverfahren gegen Deutschland und Frankreich ausgesetzt hatte. Diese Entscheidung der Minister sei nicht mit EU-Recht vereinbar. Geklagt hatte die EU-Kommission.

Warenverkehrsfreiheit

Eine gleichermaßen wichtige Entscheidung des EuGH im Zusammenhang des freien Warenverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten ist die Cassis-de-Dijon-Entscheidung von 1979. Darin untersagte der EuGH Deutschland, Anforderungen an ein Produkt zu stellen, die es in seinem Herkunftsland nicht erfüllen muß. Die Entscheidung führt zum Prinzip der "wechselseitigen Anerkennung" der nationalstaatlichen Produktionsstandards, die jedoch durch sogenannte allgemein gültige Mindeststandards oder Schutzklauseln beschränkt sind. z. B. Verbraucher- und Umweltschutz.

Entscheidungskompetenz des EuGH

Die nationalen Steuervorschriften innerhalb der EU sind vor allem im Bereich der direkten Steuern noch kaum harmonisiert (anders die indirekten Steuern, die über die Mehrwertsteuerrichtlinien stark vereinheitlicht wurden). Die Gemeinschaft hat in diesem Bereich auch keine ausdrückliche Harmonisierungskompetenz, auf Grund des Prinzips der begrenzten Einzelermächtigung und den Grundsätzen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit (s. Art. 5 EG-Vertrag) darf sie daher diesen Bereich (unter weiteren Voraussetzungen) nur dann harmonisieren, wenn die Errichtung oder das Funktionieren des Europäischen Binnenmarktes behindert wird (s. Art. 94 EG-Vertrag). Daher ist es im Bereich der direkten Steuern nur in wenigen Bereichen zu einer Harmonisierung gekommen, beispielsweise im Rahmen der Mutter-Tochter-Richtlinie und der Fusionsrichtlinie.

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH müssen die Mitgliedstaaten allerdings bei Ausübung der ihnen verbleibenden Kompetenz die Schranken, die Ihnen das Gemeinschaftsrecht auferlegt, beachten. Das heißt, daß obwohl die Ausgestaltung des nationalen Steuerrechts Teil der Souveränität der Nationalstaaten ist und bleibt, das Ergebnis der Kompetenzausübung, also die nationalen Steuergesetze, nicht gegen Gemeinschaftsrecht, insbesondere nicht gegen die Grundfreiheiten verstoßen dürfen.

Richter

Aus jedem Mitgliedstaat der EG stammt ein Richter am EuGH (Art. 221 EG-Vertrag). Die Personen müssen unabhängig sein und die in ihrem Land für eine Tätigkeit am höchsten Gericht erforderliche Qualifikation aufweisen oder von "anerkannt hervorragender Befähigung" sein. Alle drei Jahre wird die Hälfte der Richter von den Regierungen neu ernannt. Sie bleiben jeweils für sechs Jahre im Amt. Eine Wiederernennung ist möglich (Art. 223 EG-Vertrag).

Präsident des Europäischen Gerichtshofs

Der Präsident des Europäischen Gerichtshofs wird auf drei Jahre gewählt, und zwar indem die Richter für einen aus ihrer Mitte abstimmen. Der Präsident kann uneingeschränkt wiedergewählt werden.

Er leitet die Verwaltung des Gerichts und die sonstigen richterlichen Aufgaben und führt den Vorsitz bei Anhörungen und Beratungen in den Kammern. Er teilt die Fälle den Kammern für jegliche vorbereitende Aufgaben zu und wählt außerdem einen Richter der Kammer aus, der in dem jeweiligen Verfahren als Berichterstatter fungiert. Des Weiteren legt er die Daten und den Zeitplan für die Sitzungen der "Großen Kammer" und des gesamten Gerichtes, fest. Der Präsident nimmt auch persönlich Stellung, wenn es um Anfragen für einstweilige Verfügungen u.ä. geht.

zurück
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR / EuGHMR)

Einführung

Der "Europäische Gerichtshof für Menschenrechte" in Straßburg, der dem Europarat zuzuordnen ist, ist nicht zu verwechseln mit dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) in Luxemburg. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR, manchmal auch EuGHMR) ist ein aufgrund der Europäischen Menschenrechtskonvention eingerichteter Gerichtshof mit Sitz in Straßburg, der Akte der Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung in Bezug auf die Verletzung der Konvention in allen Unterzeichnerstaaten überprüft.

Geschichte

In seiner heutigen Form als ständig tagendes Gericht existiert der EGMR seit dem 1. November 1998. Damit wurden die zuvor geltenden Mechanismen zur Durchsetzung der Menschenrechtskonvention abgelöst, zu denen die 1954 eingerichtete Europäische Menschenrechtskommission und der frühere, eingeschränktere EGMR (1959 geschaffen) zählten.

Organisation

Richter

Jeder Unterzeichnerstaat entsendet einen Richter (Art. 20), der jedoch nicht Staatsangehöriger dieses Landes sein muss. So wird beispielsweise Liechtenstein im Gerichtshof durch einen Schweizer vertreten. Die Richter müssen hohes sittliches Ansehen genießen und entweder die zur Ausübung hoher richterlicher Ämter notwendigen Voraussetzungen erfüllen oder Rechtsgelehrte von anerkanntem Ruf sein (Art. 21 Abs. 1).´

Alle Richter gehören dem Gerichtshof in ihrer persönlichen Eigenschaft an (Art. 21 Abs. 2), wodurch sie nicht weisungsgebunden sind. Sie dürfen keine Tätigkeit ausüben, die mit ihrer Unabhängigkeit, ihrer Unparteilichkeit oder mit den Erfordernissen der Vollzeitbeschäftigung in diesem Amt unvereinbar ist, wobei der Gerichtshof selbst über diese Regelung betreffende Fragen entscheidet (Art. 21 Abs. 3).

Die Mitglieder werden von der Parlamentarischen Versammlung des Europarats gewählt (Art. 22). Das Land, dessen Posten im Gerichtshof neu besetzt werden muß, reicht zu diesem Zweck drei Vorschläge ein. Ernannt wird der Kandidat, welcher die Mehrheit der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigt.

Die Amtszeit beträgt sechs Jahre, eine Wiederwahl ist zulässig (Art. 23 Abs. 1 Satz 1 u. 2). Alle drei Jahre wird die Hälfte der Richter neu gewählt (Art. 23 Abs. 1 Satz 3), um eine verzahnte Ablösung zu ermöglichen. Damit dies immer gewährleistet werden kann, darf die Parlamentarische Versammlung u.a. die Amtszeit von Mitgliedern des Gerichtshofes um bis zu drei Jahre verlängern bzw. verkürzen (Art. 23 Abs. 3).

Spätestens mit Vollendung des 70. Lebensjahres endet die Amtszeit eines Richters. (Art. 23 Abs. 6). Er bleibt jedoch bis zum Antritt seines Nachfolgers im Amt und auch darüber hinaus in Rechtssachen tätig, mit denen er sich bereits befasst hat (Art. 23 Abs. 7). Eine Entlassung ist nur möglich, wenn die anderen Richter mit einer Zweidrittelmehrheit entscheiden, dass er die erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt (Art. 24).

Plenum

Vom Plenum des Gerichtshofes werden der Präsident und zwei Vizepräsidenten gewählt.

Sektionen

Der Gerichtshof besteht aus fünf Sektionen, die hinsichtlich geographischer Gesichtspunkte und einer gleichmäßigen Verteilung der Geschlechter für drei Jahre zusammengestellt werden. Als Sektionspräsidenten fungieren die zwei Vizepräsidenten und drei weitere vom Plenum ernannte Richter. Unterstützt und vertreten werden sie von den Vizepräsidenten der Sektionen.

Die Posten des san-marinesischen und ukrainischen Richters sind derzeit vakant. Die Amtszeit des maltesischen Richters ist seit Juni 2006 abgelaufen, er bleibt jedoch im Amt, da noch kein Nachfolger ernannt wurde.

Der Gerichtshof bildet als Spruchkörper Ausschüsse, Kammern und eine Große Kammer. Der Ausschuß ist mit drei Richtern besetzt, die Kammer mit sieben Richtern und die Große Kammer mit siebzehn Richtern.

Präsidenten

Dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte standen bisher zehn Präsidenten aus acht verschiedenen Mitgliedsstaaten des Europarats vor.

Verfahren

Zuständig ist der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte für Beschwerden von natürlichen Personen, von juristischen Personen bzw. Personengruppen (die keinen Staatsbezug aufweisen, d.h. im weitesten Sinne dem Privatrecht angehören) und von nichtstaatlichen Organisationen gegen einen oder mehrere Unterzeichnerstaaten wegen Verletzung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder deren Zusatzprotokolle durch Handlungen eines Unterzeichnerstaates. Nicht notwendig ist, daß der Verletzte einem Unterzeichnerstaat angehört.

Neben dieser Individualbeschwerde ist auch die Staatenbeschwerde durch einen anderen Vertragsstaat möglich, der die Verletzungen eines anderen Unterzeichnerstaates rügen will. Letztere Verfahren sind allerdings äußerst selten.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte kann im Individualbeschwerdeverfahren erst angerufen werden, wenn der innerstaatliche Instanzenzug durchlaufen ist und keine Rechtsbehelfe mehr verbleiben. Daher muß grundsätzlich auch ein Verfassungsgericht wie beispielsweise das Bundesverfassungsgericht angerufen werden, selbst wenn dieses nach dem nationalen Recht nicht zum eigentlichen Instanzenzug gehört. Die Anrufungsfrist nach der letzten endgültigen innerstaatlichen Entscheidung beträgt sechs Monate.

Gegen die Urteile einer Kammer des Gerichtshofes besteht in Ausnahmefällen die Möglichkeit, binnen drei Monaten Verweisung an die Große Kammer zu beantragen. Der Antrag wird angenommen, wenn schwerwiegende Fragen in der Sache zu klären sind).

Reform des Gerichtshofs

Auf Grund der chronischen Überlastung soll der Gerichtshof reformiert werden. Im 14. Zusatzprotokoll vom 13. Mai 2004 zur EMRK sind folgende Änderungen vorgesehen:

- Die Amtszeit der Richter steigt auf neun Jahre, ohne Möglichkeit der Wiederwahl.
- Der Gerichtshof tagt in Einzelrichterbesetzung, in Ausschüssen mit drei Richtern, in Kammern mit sieben Richtern und in einer Großen Kammer mit siebzehn Richtern.
- Der Einzelrichter kann Beschwerden, die keiner weiteren Überprüfung benötigen (without further examination) abweisen oder aus dem Register streichen.
- Die 3er-Ausschüsse können Beschwerden bei gefestigter Rechtsprechung in der Begründetheit entscheiden.
- Beschwerden bei denen dem Beschwerdeführer kein erheblicher Nachteil entstanden ist, können für unzulässig erklärt werden.

Das 14. Zusatzprotokoll kann erst in Kraft treten, wenn es durch sämtliche Mitgliedsstaaten der Konvention ratifiziert wurde. Dies ist zum jetzigen Zeitpunkt durch alle Staaten bis auf Rußland erfolgt. Die Russische Staatsduma weigerte sich mit Beschluß vom 20. Dezember 2006 das 14. Zusatzprotokoll

zurück
Europäischer Investitionsfonds (EIF)

Einführung

eif-logo.jpgDer "Europäische Investitionsfonds" (EIF) wurde 1994 mit Sitz in Luxemburg gegründet. Hauptanteilseigner sind die Europäische Investitionsbank (64 Prozent), die EU-Kommission (30 Prozent) sowie verschiedene europäische Banken und Finanzinstitutionen. Das Gründungskapital des EIF betrug zwei Mrd. Euro.

Aufgaben

Der EIF ist auf Risikokapitalfinanzierungen und Garantien zugunsten von KMU´s spezialisiert. Dabei gewährt der EIF Finanzierungen nicht direkt an Unternehmen, sondern bedient sich dabei anderer Durchleitungsinstitute wie z. B. privater Banken.

Organe

Der EIF weist drei Organe auf, die seine Geschäftstätigkeit verwalten und steuern:

- die Generalversammlung;
- der Verwaltungsrat und
- der geschäftsführende Direktor.

zurück
Europäischer Konvent

Der erste Konvent

Der erste europäische Konvent, geleitet von Roman Herzog, erarbeitete zwischen Dezember 1999 und Oktober 2000 die Charta der Grundrechte der Europäischen Union.

Der Verfassungskonvent

Der Europäische Konvent ("Verfassungskonvent") erarbeitete zwischen dem 28. Februar 2002 und dem 20. Juli 2003 den maßgeblichen Entwurf für den Vertrag über eine Verfassung für Europa.

Der Konvent setzte sich aus Regierungs- und Parlamentsvertretern der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, der zehn Beitrittsländer und -kandidaten (Rumänien, Bulgarien, Türkei) sowie Vertretern des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission zusammen.

Vorgeschichte

Zur Erarbeitung einer Verfassung hat der Europäische Rat im Dezember 2001 mit der "Erklärung von Laeken zur Zukunft der Europäischen Union" einen "Konvent über die Zukunft Europas"“ aus Vertretern der Regierungen, der Europäischen Kommission sowie des Europaparlaments und der nationalen Parlamente einberufen. Die Erklärung betont in diesem Zusammenhang die historische Bedeutung einer europäischen Einigung und der Friedensmission Europas. Die Geschichte der EU sei eine Erfolgsgeschichte, nun müsse neben der wirtschaftlichen auch die politische Union ausgebaut werden. Als Arbeitsziel wird neben einer Vereinfachung bestehenden EU-Rechts Demokratisierung, Entbürokratisierung, Bürgernähe und die Klärung von Zuständigkeiten innerhalb der EU genannt.

Vorgehensweise des Konventes

Der Konvent als Institution selbst war eine große Veränderung im Vergleich zu der Ausarbeitung der bisherigen Verträge. Die "Konvents-Methode" war zuvor bei Erarbeitung der europäischen Grundrechtecharta erfolgreich.

In der Vergangenheit waren europäische Vertragsänderungen immer zwischen den Regierungen, meist unter Ausschluß der Öffentlichkeit, ausgehandelt worden, um dann im Nachhinein von den Nationalparlamenten ratifiziert zu werden.

Zusammensetzung

Die "Verfassungsväter und -mütter" im Konvent kamen aus verschiedenen Organen. Neben Regierungsvertretern waren auch Parlamentarier aus dem Europäischen Parlament und den Parlamenten der Mitgliedstaaten an der Ausarbeitung direkt beteiligt.

Mitglieder des Konvents waren 16 Europa-Abgeordnete, zwei nationale Abgeordnete und ein Regierungsvertreter je EU-Land (also insgesamt fünfzehn bzw. 30 Vertreter), zwei EU-Kommissare und der Konventspräsident mit seinen zwei Stellvertretern; Auch die zehn osteuropäischen Beitrittskandidaten (EU-Erweiterung) sowie die Türkei, Rumänien und Bulgarien entsandten jeweils zwei Vertreter ihrer nationalen Parlamente und einen Regierungsvertreter, und nahmen als Beobachter ohne Stimmrecht teil. Die Mitglieder hatten jeweils einen faktisch gleichberechtigten Stellvertreter.

zurück
Europäischer Rat (ER)

Einführung

Der "Europäische Rat" ist das Gremium der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union (EU). Sie versammeln sich üblicherweise viermal jährlich zu Treffen, die auch als EU-Gipfel bezeichnet werden. Im politischen System der Europäischen Union nimmt der Europäische Rat eine besondere Rolle ein. Er ist die einzige Institution, deren Funktionsweise nicht im EG-Vertrag, sondern im EU-Vertrag geregelt ist, daher ist er auch – anders als der Rat der Europäischen Union (auch Ministerrat genannt) sowie die supranationalen Institutionen Europäisches Parlament, Europäische Kommission, Europäischer Gerichtshof und Europäischer Rechnungshof – formal kein Organ der Europäischen Gemeinschaft (EG). An der alltäglichen Rechtsetzung der EG ist der Europäische Rat nicht beteiligt. Vielmehr dient er als übergeordnete Institution dazu, die entscheidenden Kompromisse zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten zu finden und Impulse für die weitere Entwicklung der Union zu setzen.

Zusammensetzung und Aufgaben

Der Europäische Rat ist eine intergouvernementale Institution. Seine Zusammensetzung und Rolle in der Europäischen Union ist in Art. 4 EUV geregelt. Demnach gibt er der EU "die für ihre Entwicklung erforderlichen Impulse und legt die allgemeinen politischen Zielvorstellungen für diese Entwicklung fest". Daneben behandelt der Europäische Rat auch wichtige Fragen, für die auf Ministerebene (also im Rat der Europäischen Union) kein Konsens gefunden werden konnte. Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) wird ebenfalls häufig thematisiert. An den Gipfeltreffen sind die Staats- und Regierungschefs aller Mitgliedstaaten sowie deren Außenminister und – allerdings nur in beratender Funktion – der Präsident der Europäischen Kommission beteiligt.

Der Europäische Rat handelt grundsätzlich im Konsens, also einstimmig. Die einzelnen Mitgliedstaaten müssen daher zwischen ihren Positionen Kompromisse finden, um eine Blockade der EU zu vermeiden. Die Ergebnisse der Ratstagungen werden in den "Schlußfolgerungen des Vorsitzes" festgehalten. Diese sind innerhalb des politischen Systems der EU zunächst nicht rechtsverbindlich. Da jedoch die Staats- und Regierungschefs meist innerhalb der Regierung ihres eigenen Staates eine Richtlinienkompetenz besitzen, dienen die Verhandlungsergebnisse des Europäischen Rates auch als Richtlinie für die Treffen des Ministerrats. Auch die Europäische Kommission handelt meist im Sinne der auf den Gipfeltreffen gefundenen Kompromisse.

Neben der Entwicklung der politischen Leitlinien treffen die Staats- und Regierungschefs auch einige im EG-Vertrag vorgesehene operative Entscheidungen in der EU-Politik, etwa die Ernennung des Kommissionspräsidenten, die mit qualifizierter Mehrheit erfolgt. Formal handelt es sich dabei allerdings nicht um Entscheidungen des Europäischen Rates sondern des Rates der EU "in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs". Allerdings soll diese Unterscheidung mit dem (noch im Ratifizierungsverfahren befindlichen) Vertrag von Lissabon entfallen.

Der Vorsitz des Europäischen Rates rotiert halbjährlich zwischen den Mitgliedstaaten und wird jeweils von dem Land übernommen, das auch den Präsidenten des Ministerrats stellt.

Der Europäische Rat tritt mindestens zweimal, in der Regel viermal pro Jahr zusammen. Diese Gipfeltreffen finden zumeist in der Mitte und am Ende jedes Halbjahres, also im März, Juni, September und Dezember, statt. Außerdem kann es Sondergipfel geben, auf denen über aktuelle wichtige Themen beraten wird. Die Sitzungen sind nicht öffentlich, allerdings informiert der Ratspräsident das Europäische Parlament über die Ergebnisse und legt diesem einen schriftlichen Bericht vor, außerdem werden am Ende des Gipfels die "Schlußfolgerungen des Vorsitzes" veröffentlicht.

Eine besondere Rolle nimmt der Europäische Rat bei Reformen des EU-Vertrages (wie dem Vertrag von Nizza oder dem Vertrag von Lissabon) ein. Diese sind völkerrechtlich internationale Verträge zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten und müssen somit von deren Regierungen ausgehandelt und unterzeichnet werden. Auch hier werden die Leitentscheidungen meist auf Gipfeltreffen des Europäischen Rats getroffen, der dann eine Regierungskonferenz einberuft, auf der Beamte der Mitgliedstaaten die genauen Formulierungen aushandeln. Die Unterzeichnung der Verträge erfolgt wiederum auf Treffen des Europäischen Rats.

Die Mitglieder des Europäischen Rates gehören auf nationaler Ebene Parteien verschiedener politischer Spektren an, die sich nationenübergreifend in europäischen Parteizusammenschlüssen organisiert haben. Obwohl im Rat formal keine Koalitionen entlang ähnlicher parteiideologischer Orientierungen gebildet werden und das Verhandlungs- und Abstimmungsverhalten der Regierungschefs eher von pragmatischen Motiven bestimmt wird, bieten die Parteizugehörigkeiten der Staats- und Regierungschefs doch einen Erklärungsansatz für die Politik des Rates insgesamt.

Änderungen durch den Vertrag von Lissabon

Im Vertrag von Lissabon, der sich 2009 im Ratifizierungsverfahren befand, sind für den Europäischen Rat einige Veränderungen vorgesehen. So wird er nun auch offiziell zu einem Organ der EU, seine Beziehungen zu den übrigen europäischen Institutionen werden genauer als bisher definiert und formal festgeschrieben. Außerdem soll an die Stelle des bisher halbjährlich rotierenden Vorsitzes ein für jeweils zweieinhalb Jahre ernannter Präsident des Europäischen Rates treten. Dieser soll durch den Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit ernannt werden und einmal wiedergewählt werden können. Der Europäische Rat würde sich demnach aus den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten sowie dem Präsident des Europäischen Rates und dem Präsidenten der Kommission zusammensetzen, auch der Hohe Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik soll an seinen Arbeiten teilnehmen.

Geschichte

Nachdem sich die europäischen Staats- und Regierungschefs zuvor lediglich zu zeremoniellen Anlässen versammelt hatten, fand auf dem Gipfel von Den Haag 1969 erstmals ein politisch bedeutendes Treffen statt, auf dem wichtige Integrationsprobleme in Angriff genommen wurden. Der Erfolg dieses von der Europäischen Bewegung initialisierten Gipfels führte dazu, daß in den folgenden Jahren in unregelmäßigen Abständen ähnliche Treffen wiederholt wurden. 1974 wurde auf dem Gipfel von Paris vereinbart, das Treffen nun regelmäßig alle vier Monate zu veranstalten; später wurde zu Treffen alle drei Monate übergegangen. In die Verträge wurde der Europäische Rat als Institution der EU erst 1987 mit Inkrafttreten der Einheitlichen Europäischen Akte aufgenommen, wo nun mindestens halbjährliche Ratstreffen festgeschrieben wurden. Diese fanden zunächst jeweils in dem Land statt, das die Ratspräsidentschaft innehatte. Als das Ratstreffen 2000 in Nizza zu scheitern drohte, schlug der französische Präsident Chirac als Entgegenkommen für Belgien vor, die künftigen Treffen im Regelfall in Brüssel abzuhalten. Allerdings ist es noch immer üblich, daß sich die Regierungschefs zu besonderen Ereignissen jeweils in dem Staat treffen, der den Ratsvorsitz innehat – so zum Beispiel 2007 anlässlich der Berliner Erklärung oder der Unterzeichnung des Vertrags von Lissabon.

Ursprünglich waren die Treffen zwischen den Regierungschefs als informelle "Gespräche am Kamin" gedacht, ohne Außenminister, weder Beamte noch Dokumente. Rechtskräftige Beschlüsse sollten nicht verabschiedet werden. Die Konferenzen fanden in abgelegenen Schlössern, abgeschirmt von der Presse, statt.

Nach den ersten Treffen bildete sich schnell ein festes Ritual heraus, das in den folgenden Jahrzehnten von dem jeweils veranstaltenden Vorsitz eingehalten wurde, denn es gab nun keine Tagesordnung, aber ein Einladungsbrief des Vorsitzenden eine Woche vor der Veranstaltung mit Angabe von wahrscheinlichen Themen, Festlegung der begleitenden Delegationen, geregelter Ablauf der Sitzungen im engsten Kreis. Die Abfassung eines Schlußdokuments erfolgt als "Schlußfolgerung des Vorsitzes".

Mittlerweile ist das Treffen der Regierungschefs zu einer vertraglich festgelegten EU-Institution gereift, die die Richtlinien der europäischen Politik bestimmt. Regelmäßig viermal im Jahr findet diese riesige und kostspielige Veranstaltung statt, die 2.000 Journalisten anzieht und mit 12.000 Sicherheitskräften beschützt werden muss. Minister, Botschafter, Beamte, Dolmetscher und Übersetzer umgeben die 27 Regierungschefs und den Kommissionspräsidenten.

zurück
Europäischer Rechnungshof (EuRH)

Einführung

eu-rechnungshof-logo.jpgDer "Europäische Rechnungshof" (EuRH) wurde 1975 durch den Vertrag zur Änderung bestimmter Finanzvorschriften errichtet, nahm 1977 als unabhängiges Kontrollorgan seine Arbeit auf und wurde mit dem Vertrag von Maastricht 1993 den anderen Organen gleichgestellt. Durch die Verträge von Amsterdam und Nizza wurden seine Kompetenzen weiter ausgebaut. Auf Grundlage der Art. Art. 246 bis 248 EG-Vertrag prüft der EuRH fortlaufend die Rechtmäßigkeit und ordnungsgemäße Verwendung von Einnahmen und Ausgaben der Institutionen der Europäischen Gemeinschaft. Sitz des Rechnungshofes ist Luxemburg.

Zusammensetzung

Jeder Mitgliedstaat schlägt einen Vertreter für den EuRH vor, der fachlich geeignet und unabhängig ist und vom Ministerrat nach Anhörung des Parlaments für die Dauer von sechs Jahren ernannt wird. An der Spitze des EuRH steht der Präsident, der aus den Reihen der Mitglieder auf drei Jahre (eine Wiederwahl ist möglich) gewählt wird. Die Mitglieder können für bestimmte Berichte oder Stellungnahmen Kammern bilden. Höchster Beamter des EuRH ist der Generalsekretär, der vom Rechnungshof ernannt und mit Verwaltungsaufgaben betraut wird.

Die Mitarbeiter des EuRH (derzeit rund 760) bilden Prüfungsgruppen für spezifische Prüfvorhaben. Sie können jederzeit Prüfbesuche bei anderen EU-Organen, in den Mitgliedstaaten sowie in Ländern durchführen, die EU-Hilfen erhalten. Rechtliche Schritte kann er jedoch nicht unternehmen - Verstöße werden den anderen Organen mitgeteilt, damit entsprechende Maßnahmen ergriffen werden können.

Aufgaben

Die Hauptaufgabe des Europäischen Rechnungshofs besteht darin, einen jährlichen Bericht über die Verwendung der Gemeinschaftsmittel vorzulegen. Der Bericht wird immer zum 30. November des Folgejahres erstellt und mit Stellungnahmen der Organe im Amtsblatt der EG veröffentlicht. Bei Erstellung dieses Berichts sollen die Organe der EG unterstützend wirken (Art. 248 Abs. 3 EG). Er dient dem Europäischen Parlament als Hilfsmittel der Haushaltskontrolle und ist Grundlage für die Haushaltsentlastung der Kommission durch das Parlament.

Fällt der Bericht zufriedenstellend aus, legt der Rechnungshof diesen Institutionen eine Zuverlässigkeitserklärung vor und bestätigt damit das ordnungsgemäße Wirtschaften innerhalb der EU.

zurück
Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuß (EWSA / WSA)

Einführung

Der "Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuß" (EWSA oder auch nur WSA) ist eine beratende Einrichtung, jedoch kein Organ der Europäischen Union. Er wurde 1957 durch die Römischen Verträge eingesetzt. In ihm sind Arbeitgeber, Gewerkschaften, Landwirte, Verbraucher und andere Interessensgruppen vertreten, die gemeinsam die "organisierte Bürgergesellschaft" bilden. Zusammensetzung, Organisation und Aufgaben des EWSA sind in den Art. 257 bis 262 EGV geregelt.

Mitglieder

Der EWSA setzt sich aus 344 Mitgliedern zusammen, die sich auf die Mitgliedstaaten der EU anhand der Größe der Bevölkerung verteilen.

Die Mitglieder werden in drei bzw. vier Gruppen unterteilt:

- Gruppe I: Arbeitgeber
- Gruppe II: Arbeitnehmer
- Gruppe III: Verschiedene Interessen
- Ohne Gruppenzugehörigkeit

Die Ausschußmitglieder werden von den Regierungen der Mitgliedstaaten vorgeschlagen, sind in ihrer Arbeit aber politisch völlig unabhängig. Ihre Amtsperiode dauert vier Jahre, wobei eine Wiederernennung zulässig ist. Aus seiner Mitte ernennt der WSA einen Präsidenten und zwei Vizepräsidenten für eine Amtszeit von jeweils zwei Jahren.

Aufgaben

Der EWSA hat nur eine beratende Funktion, trifft also keine Entscheidungen. Er muß jedoch bei Fragen angehört werden, die die Wirtschafts- oder Sozialpolitik der EU betreffen. Er nimmt dann zu den Vorschlägen der Europäischen Kommission für Rechtsvorschriften der EU Stellung. In politischen Beratungen mit der Kommission, dem Ministerrat und dem Europäischen Parlament legt der EWSA den Standpunkt seiner Mitglieder dar und vertritt deren Interessen.

Der Ausschuss umfasst eine neunmal pro Jahr tagende Vollversammlung, deren Beratungen von sechs Unterausschüssen - den so genannten Fachgruppen - vorbereitet werden, die jeweils für einen bestimmten Politikbereich zuständig sind:

- Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt
- Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch
- Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umweltschutz
- Außenbeziehungen
- Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft
- Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft

Nach dem Auslaufen des EGKS-Vertrages im Juli 2002 übernahm der EWSA die Zuständigkeiten des Beratenden EGKS-Ausschusses und richtete zusätzlich die Kommission für den industriellen Wandel ein, die sich mit dem Kohle- und Stahlsektor sowie Problemen der wirtschaftlichen Modernisierung befaßt.

Den Fachgruppen arbeiten Studiengruppen zu, die aus drei bis achtzehn Mitgliedern bestehen. Diese können auch externe Sachverständige hinzuziehen. Stellungnahmen des EWSA werden auf der Plenartagung mit einfacher Mehrheit beschlossen und im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Pro Jahr werden etwa 150 solcher Stellungnahmen abgegeben, davon etwa 15 Prozent Initiativstellungnahmen, die nicht auf Ersuchen von Organen der EU zurückgehen.

zurück
Europäisches Institut für Telekommunikationsnormen (ETSI)

Einführung

Das "Europäische Institut für Telekommunikationsnormen" (European Telecommunications Standards Institute - ETSI) ist eine der drei großen Normungsorganisationen in Europa. ETSI ist ein gemeinnütziges Institut mit dem Ziel, europaweit einheitliche Standards im Bereich der Telekommunikation zu schaffen. Es wurde 1988 auf Initiative der Europäischen Kommission gegründet.

Das Institut hat 655 Mitglieder aus über 50 Ländern, darunter Netzbetreiber, Diensteanbieter, Verwaltungen und Hersteller. Sitz des Instituts ist Sophia Antipolis in der Nähe von Nizza (Frankreich). Sein Budget betrug 2005 mehr als 20 Mio. Euro und setzte sich aus Mitgliedsbeiträgen, Erlösen aus kommerziellen Aktivitäten sowie aus Zuschüssen zusammen, von denen 10 Prozent von der Europäischen Gemeinschaft stammen.

Es ist hervorgegangen aus der "Conférence Européenne des Administrations des Postes et des Télécommunications" (CEPT), in der sich die ehemaligen europäischen Telekommunikationsverwaltungen (zu Monopolzeiten, heute die nationalen Regulierungsbehörden) zusammengeschlossen hatten, um organisatorische und technische Fragen zu klären. Nach der Gründung der ETSI wurden die technischen Fragen zu ihr transferiert, CEPT beschäftigt sich heute nur noch mit Fragen der Frequenzverwaltung und der Regulierung.

Aufgaben

Das ETSI ist zuständig für die europäische Normung im Bereich Telekommunikation. Zusammen mit CENELEC (Europäisches Komitee für elektrotechnische Normung) und CEN (Europäisches Komitee für Normung) bildet ETSI das europäische System für technische Normen. Entsprechend seiner Mitgliederstruktur ist die Arbeitsweise des Instituts nachfrageorientiert; d. h., es erarbeitet Standards und Normen entsprechend den Bedürfnissen seiner Mitglieder – im Unterschied zu seiner als Behörde organisierten Vorgängerorganisation, die Vorschriften aufstellte, an die sich die betroffenen Unternehmen zu halten hatten. Es müssen mindestens vier Mitglieder sein, um ein sogenanntes "Work Item" für die Erstellung eines neuen Standard zu beantragen.

Wichtige Standards, die vom ETSI geschaffen wurden, beziehungsweise an denen sie im ITU-Rahmen mitgearbeitet hat, sind zum Beispiel DSS1, GSM, UMTS, Digital Enhanced Cordless Telecommunications (DECT), SDR, TETRA (Terrestrial Trunked Radio) und NGN (Next Generation Network).

Für die Standardisierung von UMTS und die Weiterentwicklung von GSM hat sich ETSI mit fünf anderen Standardisierungsgremien zum weltweiten 3rd Generation Partnership Project 3GPP zusammengeschlossen.

zurück
Europäisches Komitee für elektrotechnische Normung (CENELEC)

Einführung

Das "Europäische Komitee für elektrotechnische Normung" (französisch: Comité Européen de Normalisation Électrotechnique; englisch: European Committee for Electrotechnical Standardization - CENELEC) ist eine der drei großen Normungsorganisationen in Europa.

CENELEC ist zuständig für die europäische Normung im Bereich Elektrotechnik. Zusammen mit ETSI (Normung im Bereich Telekommunikation) und CEN (Normung in allen anderen technischen Bereichen) bildet CENELEC das europäische System für technische Normen.

CENELEC wurde 1973 gegründet. Zuvor waren zwei Organisationen für die elektrotechnische Normung zuständig: CENELCOM und CENEL. CENELEC ist eine gemeinnützige Organisation unter belgischem Recht mit Sitz in Brüssel. Mitglieder sind die nationalen elektrotechnischen Normungsgremien der meisten europäischen Staaten.

zurück
Europäisches Komitee für Normung (CEN)

Einführung

cen-logo.jpgDas "Europäische Komitee für Normung" (französisch: Comité Européen de Normalisation; englisch: European Committee for Standardization - CEN) ist eine private, nicht gewinnorientierte Organisation, deren Mission es ist, die Europäische Wirtschaft im globalen Handel zu fördern, das Wohlbefinden der Bürger zu gewährleisten und den Umweltschutz voranzutreiben. Dies soll mit Hilfe einer effizienten Infrastruktur zur Entwicklung, Verwaltung und Verteilung von europaweit kohärenten Normen und Spezifikationen geschehen, die allen interessierten Kreisen zugänglich sind. CEN ist eine der drei großen Normungsorganisationen in Europa.

Das CEN ist verantwortlich für europäische Normen in allen technischen Bereichen außer der Elektrotechnik und der Telekommunikation. Für diese Bereiche sind die beiden folgenden Institutionen zuständig:

- CENELEC (Europäisches Komitee für elektrotechnische Normung)
- ETSI (Europäisches Institut für Telekommunikationsnormen)

Geschichte

Das CEN wurde 1961 von den nationalen Normungsgremien der Mitgliedstaaten von EWG und EFTA gegründet und hat seinen Sitz in Brüssel (Belgien).

Die 30 CEN-Mitglieder arbeiten zusammen, um freiwillige europäische Normen in verschiedenen Industrie- und Dienstleistungsbereichen zu entwickeln. Damit soll in Europa ein Binnenmarkt für Güter und Dienstleistungen durch den Abbau von technischen Handelshemmnissen verwirklicht werden. Gleichzeitig soll der europäischen Wirtschaft ermöglicht werden, eine wichtige Rolle in der globalen Wirtschaft zu spielen. Mehr als 60.000 Experten und Industrieverbände, Konsumenten und andere gesellschaftliche Interessengruppen sind an der Arbeit in CEN beteiligt. Die Ergebnisse dieser Tätigkeit erreichen über 490 Millionen Menschen. CEN ist die offiziell anerkannte Normungsorganisation für alle Bereiche außer Elektrotechnik und Telekommunikation.

Die Normungsorganisationen der 30 Nationalen Mitglieder repräsentieren die EU-Mitgliedsländer, drei Mitglieder der Europäischen Freihandelsvereinigung (EFTA) und Länder, die in Zukunft der EU oder EFTA beitreten werden. CEN trägt zu der Zielsetzung der EU und EFTA mit Hilfe von freiwilligen Normen (EN) bei, die freien Handel, Produktsicherheit, Arbeits- und Konsumentenschutz, Interoperabilität von Netzwerken, Umweltschutz, Nutzung von Forschungsergebnissen unterstützen.

Mitglieder und Partner

Die CEN-Mitglieder sind die Normungsorganisationen folgender Länder Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Island, Irland, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn und Zypern.

Affiliierte Mitglieder sind Albanien, Mazedonien, Kroatien und die Türkei.

Partner-Normungsorganisationen sind Ägypten, Australien, Bosnien-Herzegowina, Rußland, Serbien, Tunesien und die Ukraine.

zurück
Europäisches Parlament (EP)

Einführung

eu-parlament-logo.jpgDas "Europäische Parlament" (auch "Europa-Parlament" - EP) mit Sitz in Straßburg ist das Parlament der Europäischen Union (Art. 189 ff. EG-Vertrag). Seit 1979 wird es alle fünf Jahre in allgemeinen, unmittelbaren, freien und geheimen Europawahlen von den Bürgern der EU gewählt (Art. 190 EG-Vertrag). Damit ist das Europa-Parlament nicht nur das einzige direkt gewählte Organ der Europäischen Union, sondern die einzige direkt gewählte supranationale Institution weltweit und die Vertretung von rund 500 Mio. Menschen. Eine Europawahl gab es z. B. 2009 zwischen dem 4. und 7. Juni 2009.

Das Europäische Parlament ist eine der fünf wichtigsten Institutionen der EU. Da es unmittelbar die europäische Bevölkerung repräsentiert, kann es als die Bürgerkammer der EU bezeichnet werden (neben dem Rat der Europäischen Union als Staatenkammer). Seit der Gründung des Parlaments 1952 wurden seine Kompetenzen bei der EU-Rechtsetzung mehrmals deutlich erweitert, vor allem durch den Vertrag von Maastricht 1992, den Vertrag von Nizza 2001 und zuletzt durch den Vertrag von Lissabon 2007, der 2009 jedoch noch nicht in Kraft war. Allerdings besitzt das Europäische Parlament insbesondere in Bezug auf die Bildung der Exekutive noch immer weniger Einfluss als die meisten nationalen Parlamente.

Während Regierungschefs und teilweise auch Minister auf nationaler Ebene in der Regel vom Parlament gewählt werden, wird der Präsident der Europäischen Kommission von den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten ernannt und vom Europa-Parlament lediglich bestätigt. Durch das Fehlen eines klaren Gegensatzes zwischen Regierungs- und Oppositionsfraktionen sind die einzelnen Europa-Abgeordneten andererseits aber auch unabhängiger und können bei Verhandlungsgeschick und Sachkenntnis zum Teil größeren Einfluss auf die EU-Gesetzgebung nehmen als es in nationalen Parlamenten der Fall ist, wo die Mehrheitsfraktion normalerweise loyal zur Regierung steht und deren Gesetzentwürfe prinzipiell unterstützt. Darüber hinaus kann das Parlament insgesamt die Kommission durch ein Misstrauensvotum zu Fall bringen. Mit dem Vertrag von Lissabon wird die Einflußnahme des Europäischen Parlaments bei der Bestellung der Europäischen Kommission zusätzlich gestärkt.

Am 20. Juli 2004 konstituierte sich das Europäische Parlament für die sechste Wahlperiode. Darin umfaßte es zunächst 732 Mitglieder und seit dem 15. Januar 2007 (Beitritt Rumäniens und Bulgariens) sind es 785. Das Parlament ist derzeit unterteilt in sieben Fraktionen sowie eine Reihe von fraktionslosen Abgeordneten. In ihren Heimatländern sind die Abgeordneten Mitglieder in rund 160 verschiedenen Parteien, die sich auf europäischer Ebene großenteils zu Europaparteien zusammengeschlossen haben. Bei den Europawahlen 2009 wird das Parlament vertragsgemäß auf 736 Mitglieder verkleinert (lt. Art. 190 EG-Vertrag). Mit dem noch nicht ratifizierten Vertrag von Lissabon soll es jedoch wieder auf 750 Mitglieder zuzüglich des Präsidenten erweitert werden.

Arbeitsorte des Europaparlaments sind neben Straßburg auch Brüssel und Luxemburg. Regelungen zu Organisation und Arbeitsweise enthält die Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments.

Geschichte

Vom 10. bis zum 13. September 1952 traf sich im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), einer der Vorgängerorganisationen der EU, zum ersten Mal eine parlamentarische Versammlung. Sie bestand aus 78 nationalen Abgeordneten, die von den jeweiligen nationalen Parlamenten gewählt worden waren. Wahlverfahren und Kompetenzen der Versammlung orientierten sich an der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, die drei Jahre zuvor gegründet worden war. Ebenso wie diese konnte auch die Versammlung der EGKS fast nur beratend tätig werden (sog. Konsultationsverfahren). Sie hatte allerdings auch das Recht, die Hohe Behörde der EGKS mit einem Mißstrauensvotum zum Rücktritt zu zwingen. Von Anfang an erfolgte die Zusammenarbeit innerhalb der Versammlung nicht nach nationaler Herkunft, sondern nach politischer Ausrichtung der Parlamentarier. Die erste Versammlung umfaßte 38 christdemokratische, 23 sozialistische und sozialdemokratische sowie elf liberale Mitglieder, sechs Parlamentarier blieben fraktionslos.

1957 wurden mit den Römischen Verträgen die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) sowie die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) gegründet. Die Parlamentarische Versammlung der EGKS war jetzt für alle drei Gemeinschaften zuständig und wurde auf 142 Abgeordnete erweitert. Sie erhielt keine neuen Kompetenzen, gab sich aber trotzdem selbst den Namen Europäisches Parlament (der erst 1986 auch von den Einzelstaaten offiziell anerkannt wurde). Als die Europäischen Gemeinschaften 1971 eigene Finanzmittel erhielten, wurde die Versammlung an der Aufstellung und der Verabschiedung des Haushaltsplans beteiligt – allerdings nicht im Bereich der Ausgaben für die Gemeinsame Agrarpolitik, die zu jener Zeit rund 90 % des Gesamtetats ausmachten. Diese begrenzten Kompetenzen des Parlaments wie auch ein in Deutschland verbreitetes Desinteresse führten in den siebziger Jahren zur Spottsprüchen wie "Hast du einen Opa, schick ihn nach Europa". Nach Meinung vieler deutscher Kommentatoren lag die Hauptfunktion des Europa-Parlaments damals darin, Altpolitikern einen politisch unbedeutenden Versorgungsposten zu verschaffen. In anderen Ländern, etwa in Frankreich oder Italien, galt ein Mandat im Europäischen Parlament dagegen als Karrieresprungbrett für politische Talente.

Seit Ende der siebziger Jahre gewann das Europäische Parlament schrittweise an Bedeutung. 1979 fanden die ersten direkten Europawahlen statt, bei denen die Bürger selbst das Parlament wählen konnten. Dies war zunächst zwar nicht mit einer Ausweitung seiner Zuständigkeiten verbunden, verschaffte dem Parlament aber eine bessere Legitimation und ein größeres Selbstbewußtsein gegenüber den anderen EG-Institutionen. Das ging so weit, daß ein Parlamentsausschuß unter Leitung von Altiero Spinelli 1984 einen föderalistisch geprägten Vertragsentwurf für eine neu zu gründende Europäische Union ausarbeitete, in dem das Europäische Parlament die zentrale Stellung einnehmen sollte. Dieser Entwurf wurde von den Regierungen der Mitgliedsstaaten zwar nicht angenommen, 1986 fand jedoch durch die Einheitliche Europäische Akte erstmals tatsächlich eine wichtige Kompetenzerweiterung für das Parlament statt: Mit dem so genannten Verfahren der Zusammenarbeit war es nun an der allgemeinen Gesetzgebung beteiligt und konnte offiziell Änderungsvorschläge an Gesetzentwürfen machen, auch wenn nach wie vor das letzte Wort beim Ministerrat verblieb.

Dies änderte sich – wenigstens in einigen Politikbereichen – durch den nächsten wesentlichen Schritt bei der Ausweitung der Kompetenzen des Parlaments, den Vertrag von Maastricht 1992. In diesem wurde nun für einige Politikbereiche das so genannte Mitentscheidungsverfahren eingeführt, in dem das Parlament dem Rat gleichgestellt wurde. Es konnte nun einen Gesetzentwurf zwar noch immer nicht gegen den Willen des Rats durchsetzen; allerdings konnte auch nichts mehr ohne das Parlament beschlossen werden. Außerdem erhielt es das Recht, eigenständig Untersuchungsausschüsse einzusetzen, was seine Kontrollmöglichkeiten stark erweiterte. Durch die jüngsten Vertragsreformen von Amsterdam 1997 und von Nizza 2001 schließlich wurde das Mitentscheidungsverfahren ausgeweitet, so daß es nun für einen Großteil der Politikbereiche der Europäischen Union gilt. In manchen wichtigen Bereichen, etwa der Gemeinsamen Agrarpolitik oder der Polizeilichen und Justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, hat das Parlament nach wie vor keine vollen Kompetenzen. Dennoch hat es als gemeinsamer Gesetzgeber mit dem Rat heute eine legislativ starke Position.

Aufgaben

Das Parlament hat drei wesentliche Aufgaben: Gesetzgebung, Haushaltskontrolle und Kontrolle der Europäischen Kommission.

Gesetzgebungsfunktion

Das Parlament teilt sich die Gesetzgebungsfunktion mit dem Rat der Europäischen Union, es nimmt also europäische Gesetze an (Richtlinien, Verordnungen, Entscheidungen). In den meisten Politikfeldern gilt dafür seit dem Vertrag von Nizza das so genannte Mitentscheidungsverfahren (Art. 251 EG-Vertrag), bei dem Parlament und Rat gleichberechtigt sind und jeweils in zwei Lesungen Änderungen an einem von der Kommission vorgeschlagenen Gesetzestext einbringen können. Bei Uneinigkeit müssen sich Rat und Parlament in dritter Lesung in einem Vermittlungsausschuss einigen.

Insgesamt ähnelt dieses Verfahren dem deutschen Gesetzgebungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat. Allerdings besitzt das Europäische Parlament – anders als der Bundestag – kein Initiativrecht, das heißt, es kann keine eigenen Gesetzesvorlagen einbringen. Dieses Initiativrecht hat auf EU-Ebene nur die Europäische Kommission. Auch der gescheiterte Vertrag über eine Verfassung für Europa und der Vertrag von Lissabon sehen keine Erweiterung des Initiativrechts auf das Parlament vor.

Neben dem Mitentscheidungsverfahren gibt es noch andere Formen der Rechtsetzung in der EU, bei denen das Parlament weniger Mitspracherechte besitzt. Diese erstrecken sich nach dem Vertrag von Nizza heute jedoch nur noch auf einige bestimmte Politikbereiche. So muss das Parlament im Bereich der Agrar- und der Wettbewerbspolitik der Europäischen Union lediglich angehört werden; auch die so genannten Politiken der zweiten und dritten Säule der Europäischen Union (Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen) sind stark intergouvernemental geprägt. Nicht einmal eine Anhörungspflicht besteht schließlich in der Gemeinsamen Handelspolitik. Durch den Vertrag von Lissabon ist allerdings eine weitere Ausweitung des Mitentscheidungsverfahrens vorgesehen, unter anderem auf die Gemeinsame Agrarpolitik und die Zusammenarbeit in Strafsachen.

Haushaltskontrolle

Das Europäische Parlament und der Rat bilden gemeinsam die Haushaltsbehörde der EU, die über die Budgetierung des EU-Haushalts entscheidet (etwa 113 Mrd. Euro im Jahr 2006. Die Europäische Kommission schlägt einen Haushaltsentwurf vor; im Haushaltsverfahren können dann Parlament und Rat Änderungen beschließen. Bei den Einnahmen hat der Rat das letzte Wort, bei den Ausgaben das Parlament (zum Verfahren im Einzelnen: Art. 272 EG-Vertrag).

Eine bedeutende Einschränkung stellt dabei jedoch der Bereich der so genannten "obligatorischen Ausgaben" dar, d. h. der Ausgaben für die Gemeinsame Agrarpolitik, die fast 40 Prozent des gesamten EU-Etats ausmachen. Hier verfügt das Parlament nur über stark eingeschränkte Befugnisse, das Letztentscheidungsrecht liegt beim Rat. Allerdings soll die Unterscheidung in „obligatorische“ und „nicht-obligatorische“ Ausgaben durch den Vertrag von Lissabon aufgehoben werden, so daß das Parlament dann in allen Etatbereichen die Letztentscheidung über die Ausgaben besitzt.

Kontrolle der Europäischen Kommission

Außerdem übt das Parlament die parlamentarische Kontrolle über die Europäische Kommission und den Rat der Europäischen Union aus. Hierfür kann es Untersuchungsausschüsse einrichten und gegebenenfalls Klage beim Europäischen Gerichtshof erheben. Dies gilt auch in den Bereichen der EU, wo Kommission und Rat exekutive Funktionen innehaben und die legislativen Mitbestimmungsrechte des Parlaments eingeschränkt sind (siehe die drei Säulen der Europäischen Union). Damit das Parlament dieser Kontrollfunktion nachkommen kann, müssen die übrigen EU-Institutionen, etwa die Kommission, der Rat oder die Europäische Zentralbank, dem Parlament regelmäßig Bericht über ihre Tätigkeit ablegen; der Präsident des Parlaments nimmt auch an den Gipfeltreffen des Europäischen Rates teil. Außerdem können die Europaabgeordneten schriftliche und mündliche Anfragen an die Kommission und den Rat stellen.

Eine wichtige Rolle spielt das Parlament auch bei der Berufung der Kommission: So prüft es in den jeweiligen Fachausschüssen vor der Ernennung der designierten Kommissare deren Kompetenz und Integrität; anschließend muß das Plenum des Parlaments der Benennung der Kommission zustimmen. Allerdings kann es dabei nur die Kommission als Ganzes annehmen oder ablehnen, nicht einzelne Mitglieder. Auch ernennt das Parlament den Kommissionspräsidenten nicht selbst (anders als die meisten nationalen Parlamente, die den jeweiligen Regierungschef selbst wählen). Es kann lediglich den vom Europäischen Rat vorgeschlagenen Kandidaten bestätigen oder ablehnen. In der gleichen Weise müssen auch die Direktoren der Europäischen Zentralbank vor ihrer Ernennung vom Europäischen Parlament bestätigt werden. Außerdem kann das Parlament, allerdings nur mit 2/3-Mehrheit, durch ein Misstrauensvotum einen Rücktritt der Kommission erzwingen (Art. 201 EG-Vertrag). Von Bedeutung wurden diese Rechte des Parlaments beispielsweise 2004, als der Ausschuß für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres sich gegen die Ernennung des umstrittenen italienischen Politikers Rocco Buttiglione als Justizkommissar aussprach. Die sozialdemokratische, die liberale und die grüne Fraktion im Parlament drohten deshalb eine Ablehnung der vorgeschlagenen Kommission an, woraufhin statt Buttiglione der liberalere Franco Frattini zum Justizkommissar designiert wurde.

Jeder europäische Bürger hat das Recht, beim Europäischen Parlament Petitionen einzureichen, die im Petitionsausschuss verhandelt werden. Außerdem ernennt das Parlament den Europäischen Bürgerbeauftragten, der Bürgerbeschwerden über Missstände in der Verwaltungstätigkeit der EU-Organe untersucht.

Organisation der Parlamentsarbeit

Fraktionen

Das Europäische Parlament ist – ebenso wie ein nationales Parlament – nicht entlang nationaler Gruppen, sondern weltanschaulicher Fraktionen organisiert. Diese setzen sich aus Europaabgeordneten mit ähnlichen politischen Ansichten zusammen. Sie entsprechen im Wesentlichen den europäischen politischen Parteien. Allerdings bilden häufig verschiedene Europaparteien eine gemeinsame Fraktion (z. B. die Fraktion der Grünen/EFA, die sich aus Europäischer Grüner Partei und Europäischer Freier Allianz zusammensetzt, oder die Fraktion ALDE, die die Europäische Liberale, Demokratische und Reformpartei zusammen mit der Europäischen Demokratischen Partei bildet). In mehreren Fraktionen sind aber auch parteilose Abgeordnete vertreten. Zur Gründung einer Fraktion sind derzeit mindestens 20 Abgeordnete aus einem Fünftel der Mitgliedstaaten erforderlich, nach der Wahl 2009 soll die Mindeststärke der Fraktionen auf 25 Abgeordnete erhöht werden.

Insgesamt existieren derzeit sieben Fraktionen mit insgesamt 755 Mitgliedern. 30 Abgeordnete sind fraktionslos. Da das Europaparlament – anders als nationale Parlamente – keine Regierung im traditionellen Sinn wählt, ist die Gegenüberstellung von Regierungskoalition und Oppositionsfraktionen hier weniger stark ausgeprägt. Statt Konfrontation herrscht zwischen den großen Parteien ein weitgehender Konsens. Dabei dominieren allerdings traditionell die beiden größten Fraktionen, die konservativ-christdemokratische EVP-ED und die sozialdemokratische SPE, das Geschehen. Bis 1999 stellten die Sozialdemokraten die größte Fraktion, seither die EVP-ED. Eine einzelne Fraktion hatte bisher noch zu keinem Zeitpunkt eine absolute Mehrheit im Europaparlament. Für diese informelle "Große Koalition" aber gab es stets eine Mehrheit von 50 bis 70 Prozent.

Diese Konstellation wurde zusätzlich gefördert und gestärkt durch die Einheitliche Europäische Akte 1986, die dem Europaparlament erstmals Mitspracherechte bei der EU-Rechtsetzung zugestand: Da gemäß dem Mitentscheidungsverfahren für die Verabschiedung eines Beschlusses in zweiter Lesung jeweils eine absolute Mehrheit der gewählten (nicht der anwesenden) Mitglieder des Europaparlaments notwendig ist, kann das Parlament faktisch nur durch eine Zusammenarbeit aus EVP und SPE die notwendigen Mehrheiten organisieren. Ein deutliches Kennzeichen einer Großen Koalition ist auch ihre Vereinbarung, das fünfjährige Mandat des Parlamentspräsidenten untereinander aufzuteilen. Allerdings ist die Große Koalition nach wie vor nicht formalisiert, es gibt weder einen Koalitionsvertrag noch ein festes gemeinsames "Regierungsprogramm". Im Arbeitsalltag des Europäischen Parlaments werden Entscheidungen meist mit wechselnden Mehrheiten aus verschiedenen Fraktionen getroffen, wenn auch fast immer ausgehend von einem Kompromiß zwischen EVP und SPE.

Die Praxis der Großen Koalition wurde jedoch wiederholt von den Mitgliedern der kleineren Fraktionen, insbesondere von Liberalen und Grünen, kritisiert. Während der Legislaturperiode 1999-2004 kam es infolge des Korruptionsskandals um die Kommission Santer vorübergehend zu einem Bruch der Großen Koalition und zu einer Kooperation zwischen EVP und Liberalen. Bei der Diskussion um die Ernennung von Rocco Buttiglione zum Justizkommissar im Jahr 2004 distanzierten sich EVP und Liberale allerdings wieder voneinander, so daß es – trotz der Differenzen zwischen EVP und SPE – letztlich zu einer neuen informellen Großen Koalition kam. Vor den Europawahlen 2009 kündigte Graham Watson, der Fraktionsvorsitzende der Liberalen, sein Ziel an, in der nächsten Legislaturperiode mit seiner Fraktion an einer stabilen Koalition mit EVP oder SPE teilzuhaben. Allerdings ist es fraglich, ob eine solche „kleine“ Koalition nach den Wahlen eine Mehrheit haben wird.

Präsidium und Konferenz der Präsidenten

Das Präsidium des Europäischen Parlaments wird von den Abgeordneten mit absoluter Mehrheit aus ihrer Mitte gewählt. Es besteht aus dem Parlamentspräsidenten, vierzehn Vizepräsidenten und sechs (ab 2009 nur noch fünf) Quästoren. Der Parlamentspräsident vertritt das Parlament nach außen und leitet die Plenarsitzungen, wobei er aber auch von den Vizepräsidenten vertreten werden kann. Außerdem ist das Präsidium für die Verwaltung des Parlaments und seines Budgets zuständig. Die Quästoren, die im Präsidium nur eine beratende Stimme haben, übernehmen vor allem Verwaltungstätigkeiten, die die Abgeordneten unmittelbar betreffen.

Die Präsidiumsmitglieder werden jeweils für eine halbe Legislaturperiode, also für zweieinhalb Jahre gewählt. Traditionell teilen sich die beiden größten Fraktionen EVP und SPE das Mandat des Präsidenten auf, so daß das Parlament jeweils für die Hälfte der Legislaturperiode von einem Sozialdemokraten und für die andere Hälfte von einem EVP-Mitglied geleitet wird. Lediglich in der Periode 1999-2004 kam es stattdessen zu einer ähnlichen Vereinbarung zwischen EVP und der liberalen Fraktion ALDE.

Ein weiteres wichtiges Gremium für die Organisation des Europäischen Parlaments ist die Konferenz der Präsidenten, die sich aus dem Parlamentspräsidenten sowie den Vorsitzenden aller Fraktionen zusammensetzt. Die Konferenz der Präsidenten beschließt unter anderem über die Tagesordnung der Plenartagungen und über die Zusammensetzung der Parlamentsausschüsse.

Ausschüsse

Wie in Parlamenten üblich, spezialisieren sich die Abgeordneten, um Themen fachkundig behandeln zu können. Sie werden von den Fraktionen bzw. der Gruppe der Fraktionslosen in insgesamt zwanzig ständige Ausschüsse und zwei Unterausschüsse entsandt, die für bestimmte Sachbereiche zuständig sind und die Arbeit der Plenarsitzungen vorbereiten. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, Nichtständige Ausschüsse sowie Untersuchungsausschüsse einzurichten. Die Vorsitzenden der Ausschüsse bilden die Konferenz der Ausschussvorsitzenden, die der Konferenz der Präsidenten (d. h. der Fraktionsvorsitzenden) Vorschläge zur Arbeit der Ausschüsse und zur Aufstellung der Tagesordnung unterbreiten kann.

Europawahl

Die Wahl zum Europaparlament ("Europawahl") findet alle fünf Jahre statt. Die Abgeordneten werden dabei für jeden Mitgliedstaat getrennt gewählt. Wahlberechtigt sind Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union, entweder in dem Land ihres Wohnsitzes oder in ihrem Herkunftsland. Das genaue Wahlsystem wird in den einzelnen Mitgliedsländern durch jeweils nationale Regelungen bestimmt. Vor der Europawahl 2004 mußten die Staaten jedoch eine Richtlinie umsetzen, die eine gewisse Vereinheitlichung des Wahlrechts bewirkte. So wird nun in allen Staaten nach dem Verhältniswahlrecht gewählt, auch wenn dessen genaue Ausprägung je nach Land schwanken kann.

Trotz des stetig steigenden Einflusses des Europäischen Parlaments war die Wahlbeteiligung bei Europawahlen stets rückläufig: Während sie bei der ersten Direktwahl 1979 in den damaligen Mitgliedsstaaten noch durchschnittlich 63,0 Prozent betrug, gingen 2004 nur noch 45,6 Prozent der Wahlberechtigten zu den Urnen. In Deutschland sank die Beteiligung zwischen 1979 und 2009 von 65,7 Prozent auf 43,0 Prozent, in Österreich zwischen 1996 (der ersten Europawahl des Landes) und 2009 von 67,7 Prozent auf 42,4 Prozent. Besonders hoch ist die Beteiligung an Europawahlen traditionell in Belgien und Luxemburg (um 90 Prozent, in beiden Ländern herrscht allerdings Wahlpflicht), aber auch in Italien (um 75 Prozent), besonders niedrig ist sie in den Niederlanden und in Großbritannien (um 35 Prozent). Auch die mittel- und osteuropäischen Länder, die 2004 erstmals an der Europawahl teilnahmen, verzeichneten großteils eine sehr niedrige Wahlbeteiligung. Am geringsten war sie in der Slowakei mit 16,7 Prozent. Als einer der Gründe für die niedrige Wahlbeteiligung wird die mangelnde Präsenz der Politik des Europäischen Parlaments und der europäischen Parteien in den Massenmedien gesehen. Da die Wahl nach Ländern getrennt stattfindet, konzentriert sich der Wahlkampf vor Europawahlen oft auf nationale statt auf europapolitische Themen.

Sitzverteilung nach Ländern

Die Zahl der Sitze, die bei den Europawahlen in den einzelnen Mitgliedstaaten verteilt werden, spiegelt nicht alle Wählerstimmen gleich wieder. Größere Staaten haben grundsätzlich mehr Abgeordnete als kleinere Staaten, allerdings haben kleinere Staaten mehr Abgeordnete pro Einwohner als größere Staaten. Dieses Prinzip wird als "degressive Proportionalität" bezeichnet. Es geht auf die Anfangszeit des Parlaments zurück und wurde seitdem beibehalten. Nach dem im Vertrag von Nizza ausgehandelten Schlüssel bildeten dabei Deutschland als das bevölkerungsreichste und Malta als das bevölkerungsärmste Land der EU die Extremfälle. So entfielen bei der Europawahl 2004 auf Deutschland (82,5 Mio. Einwohner) 99 Sitze, d. h. ein Sitz auf 833.000 Einwohner, auf Malta (0,4 Mio. Einwohner) 5 Sitze, d. h. ein Sitz auf 80.000 Einwohner. Im Durchschnitt kam europaweit ein Sitz auf je rund 615.000 Einwohner. Auf Grund des unterschiedlichen Bevölkerungswachstums – das ohne eine Vertragsreform nicht automatisch zu einer Neuverteilung der Sitze führt – veränderten sich die Relationen seither allerdings. Bei der Europawahl 2009 bildeten Spanien (50 Sitze auf 46 Mio. Einwohner, d. h. 917.000 Einwohner pro Sitz) und Luxemburg (6 Sitze auf 0,5 Mio. Einwohner, 82.000 Einwohner pro Sitz) die Extreme, denn durchschnittlich kam ein Sitz auf 679.000 Einwohner.

Die Regelung der degressiven Proportionalität soll gewährleisten, dass auch die Parteienvielfalt der kleineren Staaten im Europaparlament repräsentiert wird, wofür eine gewisse Mindestgröße der nationalen Delegationen notwendig ist. Umgekehrt würde das Europaparlament bei einer entsprechenden Gewichtung der Wählerstimmen aus den großen Ländern eine nicht mehr arbeitsfähige Größe annehmen. Freilich widerspricht das Prinzip der degressiven Proportionalität der demokratischen Basisregel, nach der grundsätzlich jede Wählerstimme das gleiche Gewicht haben soll. Daher wurden immer wieder Alternativvorschläge für das Europawahlrecht diskutiert, insbesondere die Einführung europaweiter Parteilisten, durch die die Sitzverteilung nach Ländern entfallen würde. Für eine solche Reform wäre jedoch eine Änderung der EU-Verträge notwendig, für die es bislang keinen Konsens unter den nationalen Regierungen gibt.

Auch im (noch nicht ratifizierten) Vertrag von Lissabon ist keine durchgreifende Reform des Europawahlrechts, sondern nur eine Neuverteilung der Sitze pro Land vorgesehen. Geplant ist eine Erweiterung des Parlaments von 736 auf 751 Mitglieder, wobei mehrere Staaten zusätzliche Abgeordnete stellen dürfen, während Deutschland erstmals auf Abgeordnete verzichten muß. Bei der Europawahl 2009 wurde dagegen noch nach der im Vertrag von Nizza vorgesehenen Sitzverteilung gewählt. Sollte der Vertrag von Lissabon in Kraft treten, so würden für die betreffenden Staaten, die mehr Abgeordnete stellen dürfen, Nachrücker ins Parlament einziehen. Die drei überzähligen deutschen Parlamentarier behielten ihr Mandat noch bis zu den nächsten Europawahlen. Das Parlament würde somit vorübergehend auf 754 Mitglieder erweitert.

Sitzungsorte

Sitz des Europäischen Parlaments ist Straßburg. Dort finden zwölf viertägige Plenarsitzungswochen im Jahr statt. Die Ausschüsse und Fraktionen tagen jedoch in Brüssel, wo zudem sechsmal im Jahr kürzere Plenarsitzungen stattfinden. In Luxemburg hat das Generalsekretariat seinen Sitz.

Diese Vielzahl von Sitzungsorten geht auf die historische Entwicklung des Europaparlaments zurück. Als Hauptsitz wurde bei der Gründung der EGKS 1952 Straßburg festgelegt, das auch Sitz des Europarats ist und die deutsch-französische Aussöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg symbolisiert. Die übrigen Institutionen der EGKS, etwa die Hohe Behörde, waren dagegen in Luxemburg angesiedelt, sodass dort auch ein großer Teil der Parlamentsverwaltung untergebracht wurde. 1957 schließlich wurde Brüssel Sitz der neu gegründeten Kommission für EWG und Euratom.

Durch den Fusionsvertrag 1965 wurden die drei Gemeinschaften EGKS, EWG und Euratom vereinigt und auch die Sitzungsorte neu verteilt. Brüssel wurde nun der alleinige Sitzungsort von Rat und Kommission; für Luxemburg blieb nur der Europäische Gerichtshof. Zur Kompensation beschlossen die Mitgliedstaaten, nun die Verwaltung des Europaparlaments in diese Stadt zu verlagern.

Da in der Folgezeit Brüssel als Sitz der Europäischen Union immer mehr an Bedeutung gewann, begann das Parlament schließlich einen Großteil seiner Sitzungen dort abzuhalten, um sich besser mit den übrigen EU-Institutionen zu verzahnen. Da dem Vertrag zufolge jedoch Straßburg der Parlamentssitz blieb, begannen die Abgeordneten zwischen den beiden Orten zu pendeln: Während der Arbeitsalltag in Fraktionen und Ausschüssen sich in Brüssel abspielt, erfolgt zwölfmal im Jahr eine so genannte "Straßburgwoche" mit Plenartagungen.

Diese Lösung ist allerdings auch im Parlament nicht unumstritten. Immer wieder gab und gibt es Initiativen von Abgeordneten, den Sitz gänzlich nach Brüssel zu verlegen; das Parlament hat sogar verschiedene Resolutionen verabschiedet, in denen die Auflösung des Standortes Straßburg gefordert wurde. Wichtigste Argumente dabei sind der sehr hohe logistische Aufwand, den der regelmäßige Umzug nach Straßburg bereitet, und die damit verbundenen Kosten von geschätzt 200 Mio. Euro pro Jahr. Für eine Sitzverlegung wäre jedoch eine Vertragsänderung und damit eine Zustimmung aller Mitgliedstaaten notwendig. Das scheiterte bislang an Frankreich, das den zweiten Sitz des Parlaments nicht aufgeben will.

Die Gebäude, die das Parlament in den jeweiligen Städten nutzt, wurden von den entsprechenden Staaten gebaut. Das Parlament versucht, sie an den Tagen, an denen sie nicht für Sitzungen gebraucht werden, zu vermieten. Auch der Europäische Bürgerbeauftragte hat seinen Sitz in den Gebäuden in Straßburg.

Parlamentsverwaltung

Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments werden in ihrer Arbeit von der Parlamentsverwaltung unterstützt. Das Generalsekretariat gliedert sich in zehn Generaldirektionen (nicht zu verwechseln mit den Generaldirektionen der Europäischen Kommission) und den Juristischen Dienst. Es wird geleitet vom Generalsekretär. Die politiknäheren Generaldirektionen befinden sich mit ihren Mitarbeitern in Brüssel, die übrigen in Luxemburg. Hier arbeiten mit ca. 3.500 Mitarbeitern etwas mehr als zwei Drittel der insgesamt ca. 5.000 Bediensteten, darunter viele Übersetzer und sitzungsferne Verwaltungsdienste.

zurück
Europäische Union (EU)

Einführung

eu-flagge.jpgDie "Europäische Union" (EU) ist ein aus 27 europäischen Staaten bestehender Staatenverbund. Die Bevölkerung in den Ländern der EU umfasst derzeit rund eine halbe Mrd. Einwohner. Gemeinsam erwirtschaften die Mitgliedstaaten im Europäischen Binnenmarkt das größte Bruttoinlandsprodukt der Welt.

Gegenwärtig gründet sich das politische System der EU auf den am 1. November 1993 in Kraft getretenen Vertrag über die Europäische Union (Maastricht-Vertrag), der zuletzt im Jahr 2001 durch den Vertrag von Nizza geändert wurde. Auf dem EU-Vertrag basieren die sogenannten drei Säulen des Staatenverbunds: Europäische Gemeinschaften (EG), Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) sowie Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS).

Nach mehreren Erweiterungsrunden steht der Staatenverbund derzeit vor internen Strukturproblemen. Der Europäische Rat hat daher am 13. Dezember 2007 den Vertrag von Lissabon unterzeichnet. Seine Ratifizierung in den Mitgliedstaaten sollte bis Mitte 2009 abgeschlossen sein[, allerdings ist dieser Zeitplan durch die Ablehnung des Vertrags in einem Referendum in Irland im Juni 2008 gesprengt worden.

eu-karte-2008.jpg

Geschichte und Gründungsmotive

Das Ende des 2. Weltkrieges war einer der entscheidenden Ausgangspunkte für den europäischen Einigungs- und Integrationsprozess: Durch eine Vernetzung der militärisch relevanten Wirtschaftssektoren sollte ein neuer Krieg zwischen den früheren Gegnern unmöglich gemacht und in der Folge auch die politische Annäherung und dauerhafte Versöhnung der beteiligten Staaten erreicht werden. Daneben waren auch sicherheitspolitische Erwägungen von Bedeutung. Im soeben ausgebrochenen Kalten Krieg sollten die westeuropäischen Staaten enger zusammengeschlossen und die Bundesrepublik Deutschland in den westlichen Block,

Am 9. Mai 1950 schlug der französische Außenminister Robert Schuman daher vor, die gesamte französisch-deutsche Kohle- und Stahlproduktion einer gemeinsamen Behörde zu unterstellen. Dieser Schuman-Plan führte am 18. April 1951 zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS, auch "Montanunion") durch Belgien, die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande. Die Institutionen dieser EGKS bildeten den Kern der späteren EU: eine Hohe Behörde mit supranationalen Kompetenzen (aus der später die Europäische Kommission wurde), ein Ministerrat als Legislative (heute Rat der EU) und eine Beratende Versammlung (das spätere Europäische Parlament). Allerdings veränderten sich die Zuständigkeiten der verschiedenen Organe im Lauf der Integration – so hatte die Beratende Versammlung noch kaum Mitspracherechte, während das Europäische Parlament heute in der Legislative in den meisten Bereichen gleichberechtigt mit dem Rat ist.

Den nächsten Schritt bildeten 1957 die sogenannten Römischen Verträge, mit denen dieselben Staaten die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) sowie die Europäische Atomgemeinschaft (EAG bzw. Euratom) gründeten. Ziel der EWG war die Schaffung eines gemeinsamen Marktes, in dem sich Waren, Dienstleistungen, Kapital und Arbeitskräfte frei bewegen konnten. Durch die Euratom sollte eine gemeinsame Entwicklung zur friedlichen Nutzung der Atomenergie stattfinden.

EGKS, EWG und Euratom hatten zunächst jeweils eine eigene Kommission und einen eigenen Rat. Mit dem sogenannten Fusionsvertrag wurden diese Institutionen 1967 jedoch zusammengelegt und nun als Institutionen der Europäischen Gemeinschaften (EG) bezeichnet.

Neben den Stationen fortschreitender Integration gab es aber auch Rückschläge und Phasen der Stagnation. So scheiterte der Plan einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) 1954 in der französischen Nationalversammlung. In den 1960er-Jahren bremste Charles de Gaulle als Präsident Frankreichs das Vorankommen der Gemeinschaft mit der sog. "Politik des leeren Stuhls" und mit seinem wiederholten Veto gegen den britischen Beitritt zur EWG. In der ersten Hälfte der 1980er Jahre war es dann die britische Premierministerin Margaret Thatcher, die mit der Forderung nach einer Absenkung der britischen Beitragszahlungen weitere Integrationsfortschritte verhinderte.

Erst Ende der achtziger Jahre gewann die Integration wieder an Dynamik. Mit der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) 1987 entwickelte die EWG unter dem Kommissionspräsidenten Jacques Delors den Plan eines Europäischen Binnenmarkts, in dem bis zum 1. Januar 1993 durch eine Angleichung des Wirtschaftsrechts sämtliche nationalen Hemmschwellen für den europaweiten Handel überwunden werden sollten.

Das Ende der Ost-West-Konfrontation und die damit im Zusammenhang stehende Wiedervereinigung Deutschlands führten zu weiteren Integrationsschritten:. Am 7. Februar 1992 wurde der Vertrag von Maastricht zur Gründung der Europäischen Union (EU) unterschrieben. Darin wurde zum einen die Gründung einer Wirtschafts- und Währungsunion beschlossen, die später zur Einführung des Euro führte. Zum anderen beschlossen die Mitgliedstaaten eine engere Koordinierung in der Außen- und Sicherheitspolitik und im Bereich Inneres und Justiz. Zugleich wurde die EWG in Europäische Gemeinschaft (EG) umbenannt, da sie nun auch Zuständigkeiten in anderen Politikbereiche als der Wirtschaft erhielt (etwa in der Umweltpolitik). Mit dem Vertrag von Amsterdam 1997 und dem Vertrag von Nizza 2001 wurde das Vertragswerk der EU erneut überarbeitet, um eine bessere Funktionsweise der Institutionen zu gewährleisten.

Durch das Ende des Ost-West-Konfliktes geriet nun auch die endgültige Überwindung der politischen Spaltung Europas in den Blickpunkt der EU. Schon zuvor war sie durch mehrere Erweiterungsrunden (1973, 1981, 1986, 1995) von sechs auf fünfzehn Mitglieder angewachsen; nun sollten auch die mittel- und osteuropäischen Länder, die zuvor dem Ostblock angehört hatten, Teil der Union werden. Hierfür legten die EU-Mitgliedstaaten 1993 die sogenannten Kopenhagener Beitrittskriterien fest, mit denen Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und die bürgerlichen Grundfreiheiten als Grundwerte der Union definiert wurden. 2004 und 2007 kam es schließlich zu den beiden Osterweiterungen, bei denen zwölf neue Mitglieder in die EU aufgenommen wurden.

In der Gegenwart bestimmt die im Jahr 2000 verabschiedete Lissabon-Strategie für die Europäische Union das ökonomische und soziale Ziel, bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum in der Welt zu werden. Außerdem soll die EU im Rahmen des globalen Ziels der nachhaltigen Entwicklung als ein Vorbild für den wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Fortschritt in der Welt wirken.

Durch die Erweiterungsrunden drohte allerdings die politische Handlungsfähigkeit der EU zunehmend eingeschränkt zu werden. Die Veto-Möglichkeiten für einzelne Mitgliedstaaten hätten eine Vielzahl von Entscheidungen blockieren können. Auf dem Gipfel von Laeken 2001 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der EU daher die Einberufung eines Europäischen Konvents, der einen neuen Grundvertrag ausarbeiten sollte, mit dem die Entscheidungsverfahren der EU effizienter und zugleich demokratischer werden sollten.

Im Oktober 2004 wurde dieser Vertrag über eine Verfassung für Europa in Rom unterzeichnet. Um in Kraft treten zu können, hätte er von allen 25 damaligen Mitgliedstaaten ratifiziert werden müssen. Im Mai und Juni 2005 lehnten ihn jedoch die Franzosen und die Niederländer in Volksabstimmungen ab. Als Ersatz für die gescheiterte Verfassung erarbeitete daher eine Regierungskonferenz im Jahr 2007 den Vertrag von Lissabon, der die wesentlichen Inhalte des Verfassungsvertrages übernahm. Geplant war nun eine Ratifizierung bis zur Europawahl 2009. Am 12. Juni 2008 wurde allerdings auch der Vertrag von Lissabon in Irland durch ein Volksreferendum abgelehnt. Dennoch wurde der Ratifikationsprozeß in den übrigen Staaten fortgesetzt.

Mitgliedstaaten und Beitrittskandidaten

Gründungsmitglieder

Ursprung der heutigen Europäischen Union waren die 1951 und 1957 gegründeten Europäischen Gemeinschaften (EGKS, EWG und Euratom). Ihre Mitgliedstaaten waren Belgien, die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande.

Drei dieser Gründungsmitglieder – Belgien, die Niederlande und Luxemburg – beschlossen 1958 mit dem Benelux-Vertrag eine nochmals intensivierte Wirtschaftsgemeinschaft, die dem 1993 verwirklichten Europäischen Binnenmarkt als Vorbild dienen konnte.

Eine gewisse Bedeutung ist dieser Ausgangssituation immer noch zuzusprechen. So gelten die sechs Gründungsmitglieder im Allgemeinen als mögliche Integrationsvorreiter bei verschiedenen Konzepten einer abgestuften Integration (man spricht auch vom "Europa der zwei Geschwindigkeiten").

Bisherige Erweiterungen

1973 traten der Europäischen Gemeinschaft in der ersten Norderweiterung Großbritannien, Irland und Dänemark bei. In Norwegen, das ebenfalls einen Beitrittsvertrag unterschrieben hatte, wurde dessen Ratifizierung in einem Referendum von der Bevölkerung abgelehnt.

In den 1980er-Jahren folgten Griechenland (1981), Portugal und Spanien (beide 1986) als Neumitglieder. Diese Staaten hatten teils schon seit langem eine Annäherung an die Europäischen Gemeinschaften gesucht, waren jedoch wegen ihrer autoritären Regierungen nicht zugelassen worden. Erst nach erfolgreichen Demokratisierungsprozessen konnten sie beitreten.

Mit der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 vergrößerte sich die Zahl der Bürger innerhalb der Europäischen Gemeinschaft um die rund 16 Mio. neuen Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland, deren Staatsgebiet sich seitdem auch auf die Fläche der ehemaligen DDR erstreckt.

Schweden, Finnland und Österreich wurden 1995 mit der zweiten Norderweiterung in die kurz zuvor gegründete Europäische Union aufgenommen. Die Norweger stimmten trotz erneuter Regierungsbemühungen in einem Referendum wieder gegen den Beitritt.

Mit der ersten Osterweiterung traten am 1. Mai 2004 zehn Staaten der Europäischen Union bei. Darunter waren acht ehemals kommunistische mittel- und osteuropäische Staaten (Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, Slowenien, Slowakei und Ungarn), sowie die beiden Mittelmeerinselstaaten Malta und Zypern (faktisch jedoch nur der griechische Südteil der Insel). Am 1. Januar 2007 wurden als 26. und 27. Mitgliedstaat Rumänien und Bulgarien in die Union aufgenommen. Durch diese Erweiterung ist die Bevölkerung in der Europäischen Union auf fast eine halbe Mrd. Menschen angewachsen.

Neben diesen Erweiterungen kam es in einigen wenigen Fällen auch zu einer Verkleinerung der Gemeinschaft. So war das ursprünglich zu Frankreich gehörende Algerien nach seiner Unabhängigkeit 1962 nicht mehr Teil der EG. Das zu Dänemark gehörende autonome Grönland trat 1985 als bisher einziges Territorium nach einem Referendum aus der Gemeinschaft aus.

Heutige Mitgliedstaaten

Derzeit sind 27 Staaten Mitglieder der Europäischen Union. Zur EU gehören auch die außereuropäischen Gebiete einiger Mitgliedstaaten. Für andere von EU-Mitgliedstaaten abhängige Gebiete gelten allerdings weitreichende Ausnahmeregelungen, z. B. für die Insel Man und die Kanalinseln, die von den meisten EU-Politikbereichen ausgenommen sind. Man unterscheidet dabei verschiedene Grade der Integration.

Einige europäische Überseegebiete sind vollständig in die nationale Verwaltungsstruktur einbezogen. Sie werden als Teil des Mutterlandes angesehen und sind damit integraler Bestandteil der Europäischen Union. Dabei handelt es sich um die französischen Überseedépartements Französisch-Guayana, die Karibikinseln Martinique und Guadeloupe sowie Réunion im Indischen Ozean sowie die Kanaren, Ceuta und Melilla als Teil Spaniens, ferner die portugiesischen Inselgruppen der Azoren und Madeira.

Die meisten anderen überseeischen Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten der Europäischen Union gehören den Verträgen entweder an oder sind diesen assoziiert. Rechtsgrundlage dafür ist Art. 182 EGV, nach dem die Europäische Union das Ziel der Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung und die Herstellung enger Wirtschaftsbeziehungen mit den assoziierten Ländern und Hoheitsgebieten ins Auge fasst. Nach Art. 184 EGV sind diese Gebiete auch Teil der europäischen Zollunion.

Daneben gibt es auch Hoheitsgebiete, die der Verwaltung der Mitgliedstaaten unterstellt, aber nicht Teil der EU sind, für die also die Gemeinschaftsverträge keine direkte Gültigkeit besitzen. Dennoch gelten in ihnen die Bestimmungen der Zollunion. Hierzu gehören namentlich für Großbritannien die Kanalinseln, die Isle of Man und Gibraltar.

Schließlich wurden für autonome Gebiete mit ausgeprägter regionaler Identität Sonderregelungen geschaffen, die weder eine Zugehörigkeit zur Europäischen Union noch nach Art. 3 Abs. 1 des Zollkodex der EU zu deren Zollgebiet vorsehen. Hierzu gehören die dänischen Autonomiegebiete Färöer und Grönland.

Insgesamt umfassen die Staatsgebiete der derzeitigen Mitgliedstaaten zusammen eine Grundfläche von 4.324.782 qkm. Die Küstenlinie beträgt im Ganzen 65.992,9 km. Auf dem europäischen Festland haben die Staaten der EU Außengrenzen mit insgesamt 16 Nicht-Mitgliedstaaten, darüber hinaus auf dem afrikanischen Kontinent mit Marokko und in Südamerika mit Brasilien und Suriname.

Die Bevölkerung der Mitgliedstaaten beträgt zusammengerechnet rund eine halbe Mrd. Menschen. Während die natürliche Population vorwiegend stagniert oder sogar zurückgeht, ist es vor allem die Immigration, die die Bevölkerung auf einem stabilen Niveau hält. Neben den 23 Amtssprachen der Europäischen Union gibt es noch eine Vielzahl von Regional- und Minderheitensprachen in Europa.

Beitrittskandidaten

Jeder im weitesten Sinne europäische Staat kann beantragen, Mitglied der EU zu werden. Das schließt die Mitglieder des Europarats ein. Der Beitritt kann jedoch nur dann vollzogen werden, wenn die sogenannten Kopenhagener Kriterien (insbesondere Demokratie und Rechtsstaatlichkeit) erfüllt sind. Um diese Bedingungen zu erfüllen, gewährt die EU den Beitrittskandidaten unter anderem sowohl beratende als auch finanzielle Hilfen. Im Rahmen von Beitrittspartnerschaften wird so auf die Angleichung an EU-Standards hingearbeitet. Damit verbunden ist auch ein Twinning-Prozess mit Kooperationshilfen für den Verwaltungsaufbau. Hierzu werden mit den potenziellen Bewerberländern Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) abgeschlossen, die den Beitrittsprozess vorbereiten.

Grundsätzlich wird zwischen "Beitrittskandidaten" und "potenziellen Bewerberländern" unterschieden. Die aktuellen Beitrittskandidaten, mit denen seit 2005 verhandelt wird, sind Kroatien und die Türkei. Mazedonien wurde im Dezember 2005 der Status eines Beitrittskandidaten zuerkannt, der Termin für den Beginn der Verhandlungen ist jedoch noch offen. Montenegro reichte im Dezember 2008, Albanien im April 2009 einen Beitrittsantrag ein, beide wurden jedoch noch nicht formal als Beitrittskandidaten anerkannt. Weitere potenzielle Bewerberländer auf dem westlichen Balkan sind Bosnien-Herzegowina und Serbien. Mit ihnen wurden Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen bereits unterzeichnet, teilweise jedoch noch nicht von allen EU-Mitgliedern ratifiziert. Eine Sonderrolle nimmt Kosovo ein, dessen Unabhängigkeit nicht von allen EU-Mitgliedstaaten anerkannt wird.

Es bestehen Überlegungen, weitere Länder in die EU aufzunehmen. Die EFTA-Staaten könnten mittelfristig beitreten, falls es von den betreffenden Ländern gewünscht wird. Dies betrifft insbesondere Island, dessen Premierministerin Jóhanna Sigurðardóttir Ende April 2009 angekündigt hat, noch im Juli 2009 einen Beitrittsantrag stellen zu wollen. Langfristige Beitrittsperspektiven haben osteuropäische Staaten wie die Ukraine. Von Staaten des Kaukasus werden den drei Mitgliedern des Europarates (Armenien, Aserbaidschan und Georgien) Chancen eingeräumt, deren Zusammenarbeit mit der EU im Rahmen der Östlichen Partnerschaft vertieft werden soll.

Funktionsweise der EU
Das Drei-Säulen-Modell

Das politische System der Europäischen Union hebt sich von einzelstaatlichen politischen Systemen deutlich ab. Als supranationaler Zusammenschluss souveräner Staaten besitzt die EU anders als ein Staatenbund eigene Souveränitätsrechte. Andererseits haben die EU-Institutionen keine Kompetenzkompetenz, anders als ein Bundesstaat kann die EU also die Verteilung der Zuständigkeiten innerhalb ihres Systems nicht selbst gestalten. Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat daher in einem Urteil aus dem Jahr 1993 den neuen Begriff Staatenverbund geprägt, um die EU staatsrechtlich zu charakterisieren.

Die beiden wichtigsten Verträge, auf denen die EU derzeit basiert, sind der EG-Vertrag von 1957 und der EU-Vertrag von 1992. Mit diesen völkerrechtlichen Verträgen vereinbarten die Mitgliedstaaten, die Institutionen der EU zu schaffen und ihnen bestimmte Souveränitätsrechte und Gesetzgebungskompetenzen zu übertragen. Man bezeichnet sie deshalb als europäisches Primärrecht. Das gesamte Sekundärrecht, das die EU selbst gemäß ihren eigenen Rechtsetzungsverfahren erlässt, ist aus diesen Verträgen und den darin genannten Kompetenzen abgeleitet.

Dabei hat die EU in den Politikfeldern, die im EG-Vertrag geregelt sind, eigene supranationale (staatenübergreifende) Kompetenzen. Die Rechtsakte, die gemäß den Rechtsetzungsverfahren der EG von den europäischen Institutionen – Kommission, Rat und Parlament – beschlossen werden, werden durch die in den Verträgen festgelegte Rechtsetzungskompetenz der Europäischen Gemeinschaften bindend.

Andere Bereiche, die nur im EU-Vertrag genannt sind, sind dagegen von intergouvernementalen (zwischenstaatlichen) Entscheidungsmechanismen gekennzeichnet. Das betrifft zum einen die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), zum anderen die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS). Hier handelt es sich um eine reine Zusammenarbeit zwischen den Regierungen der Mitgliedstaaten, wobei alle Entscheidungen einstimmig zu treffen sind und auch nicht unmittelbar Rechtsgültigkeit haben.

Aufgrund dieser Dreiteilung in EG, GASP und PJZS spricht man auch vom Drei-Säulen-Modell der EU. Es wurde 1992 durch den EU-Vertrag von Maastricht eingeführt. Zuvor hatte es lediglich die EG gegeben. Die Bereiche Außen- und Sicherheitspolitik bzw. Inneres und Justiz waren allein der nationalstaatlichen Souveränität überlassen.

Die Europäischen Gemeinschaften

Die Europäischen Gemeinschaften bilden den supranationalen Kernbereich der EU. Sie umfassen die Europäische Gemeinschaft (EG) und die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom). Die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), die zunächst ebenfalls zu den Europäischen Gemeinschaften zählte, lief 2002 aus und wurde daraufhin in die EG integriert. Zu den Politikfeldern der EG gehören insbesondere die Zollunion, der Europäische Binnenmarkt, die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion, die Forschungs- und Umweltpolitik, das Gesundheitswesen, der Verbraucherschutz, die Sozial- und Einwanderungspolitik sowie die Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen.

Die supranationalen Kompetenzen der EU in diesem Kernbereich zeigen sich in mehrfacher Hinsicht. Der Rat der Europäischen Union entscheidet hier meist nach dem Mehrheitsprinzip. Die Veto-Möglichkeiten der einzelnen Mitgliedstaaten sind stark eingeschränkt. In den meisten Politikfeldern können sie durch eine qualifizierte Mehrheit überstimmt werden.

Durch das Mitentscheidungsverfahren hat das supranationale Europäische Parlament in den meisten EG-Politikbereichen volle legislative Mitspracherechte. Die Regierungen der Mitgliedstaaten können hier also nicht gegen den Willen des Parlaments Recht setzen. Bestimmte exekutive Tätigkeiten im Bereich der EG sind vollständig der Europäischen Kommission überlassen. Dadurch wird deren Unabhängigkeit gegenüber den nationalen Regierungen besonders deutlich.

Das EG-Recht hat eine hohe Bindungswirkung: EG-Verordnungen sind unmittelbar geltendes Recht in allem Mitgliedstaaten. Bei EG-Richtlinien sind die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, sie in das jeweilige nationale Recht umzusetzen. Im Bereich der Europäischen Gemeinschaften gilt außerdem zwingend die Gerichtsbarkeit des Europäischen Gerichtshofs (EuGH).

Am Zustandekommen von Rechtsakten der EG sind die Europäische Kommission (alleiniges Initiativrecht), der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament beteiligt. Dabei wird zwischen EG-Verordnungen (ohne nationalen Umsetzungsakt unmittelbar in den Mitgliedstaaten gültig), EG-Richtlinien (erst ab der Umsetzung in nationales Recht bindend) und EG-Entscheidungen (jeweils Rechtsakt im Einzelfall, ähnlich einem Verwaltungsakt) unterschiede.

Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik

Die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) hat die internationale Wahrung der gemeinsamen Interessen und Werte, Förderung der internationalen Zusammenarbeit, die Durchsetzung von Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie die Friedenserhaltung zum Ziel. In der Entwicklungspolitik unterhält die Europäische Union besondere Beziehungen zu den AKP-Staaten und übernimmt damit auch Verantwortung für die im Zeitalter der europäischen Kolonialherrschaft entstandenen Schäden und Spätfolgen.

Entscheidungen im Rahmen der GASP werden intergouvernemental getroffen. Die EU als Ganzes ist deshalb nach außen nur handlungsfähig, wenn sich alle Staaten einig sind. Hierzu verständigen sich die Mitgliedstaaten zu außen- und sicherheitspolitischen Fragen auf gemeinsame Standpunkte, die die EU zu außenpolitischem Handeln befähigen, damit gebündelte gemeinsame Interessen von der EU mit größerem politischen Gewicht international vertreten werden können. Repräsentant der EU nach außen ist der Hohe Vertreter für die GASP, der zugleich Generalsekretär des Rats der Europäischen Union ist.

Da die EU bis heute keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, kann sie im Rahmen der GASP auch keine internationalen Verträge abschließen und nicht selbst Mitglied in internationalen Organisationen werden. So ist etwa in der Union für das Mittelmeer – einer außenpolitischen Initiative der EU mit ihren südlichen Nachbarstaaten – nicht die Union, sondern es sind alle ihre Mitgliedstaaten Mitglied.

Teil der GASP ist die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP), die sich auf die Westeuropäische Union stützt und auf eine europäische Sicherheitsordnung zielt. Sie umfaßt das Politische und Sicherheitspolitische Komitee, den Militärausschuss, den Militärstab, den Ausschuss für die zivilen Aspekte der Krisenbewältigung und die EU-Planungszelle für zivile und militärische Belange. Außerdem existiert eine Europäische Verteidigungsagentur mit der Aufgabe, zur Ermittlung von Maßnahmen zur Stärkung der industriellen und technologischen Basis des Verteidigungssektors beizutragen. Da die EU über kein eigenes Militär verfügt, muss sie im Bedarfsfall (zum Beispiel für die EU-Friedensmission EUFOR) auf Streitkräfte der Mitgliedstaaten zurückgreifen, welche autonom über die Bereitstellung entscheiden.

Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen

Die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS) als "dritte Säule" der EU ist von intergouvernementaler Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten geprägt, da die Mitgliedstaaten im sensiblen Bereich des Strafrechts noch nicht bereit sind, Hoheitsrechte zu vergemeinschaften, d. h. in die Regelungskompetenz der EU zu übertragen. Andere Bereiche aus dem Politikfeld Justiz/Inneres wurden hingegen mit dem Vertrag von Amsterdam 1997 in den supranationalen Bereich der EG übernommen.

Die Ziele der PJZS sind in Artikel 29 EU-Vertrag bestimmt. Diese sind Verhütung und Bekämpfung der Kriminalität, insbesondere des Terrorismus, des Menschenhandels, der Straftaten gegenüber Kindern, des illegalen Drogen- und Waffenhandels, der Bestechung und Bestechlichkeit sowie des Betruges. Während im Bereich der EG nur die Kommission das Initiativrecht für Gesetzgebungsakte hat, können im Bereich der PJZS auch die Mitgliedstaaten Rechtsetzungsvorschläge einbringen. Die hier gefaßten Rahmenbeschlüsse sind – anders als z. B. EG-Verordnungen – nicht unmittelbar rechtswirksam. Sie müssen jedoch von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden.

Als Institutionen wurden ein Europäisches Polizeiamt (Europol), das der Koordination und Informationssammlung dient, sowie eine Europäische Stelle für justizielle Zusammenarbeit (Eurojust) geschaffen, die für die Koordination mitgliedstaatlicher Ermittlungsverfahren zuständig ist. Die Europäische Polizeiakademie (EPA) dient der Zusammenarbeit der Ausbildungsstellen.

Zur Finanzierung ihrer Ausgaben verfügt die Europäische Union über so genannte Eigenmittel, die sich aus Beiträgen der Mitgliedstaaten sowie zum geringeren Teil aus den Import-Zöllen an den Außengrenzen zusammensetzen. Die Beiträge der Mitgliedstaaten resultieren zum einen aus einem Anteil der Umsatzsteuer, der an die EU abzuführen ist, zum anderen aus Beiträgen, die sich proportional aus dem Bruttoinlandsprodukt der Staaten ergeben. Eine Ausnahme stellt dabei der sogenannte Britenrabatt dar. Da ein sehr großer Anteil der EU-Mittel für die Gemeinsame Agrarpolitik ausgegeben wird, von der das Vereinigte Königreich durch seinen vergleichsweise geringen Agrarsektor nur wenig profitiert, erhält es seit 1984 zwei Drittel seiner Nettobeiträge zurückerstattet.

Der Finanzhaushalt der EU und die Höhe der von den Mitgliedstaaten zu leistenden Beiträge sind Gegenstand vielfältiger Auseinandersetzungen und mühsamer Kompromisse, zumal die Rückflüsse von Finanzmitteln der Gemeinschaft in die einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich hoch ausfallen. Im Europäischen Rat stehen einander daher die Lager der Nettozahler- und der Nettoempfängerstaaten gegenüber. Während letztere bemüht sind, ihren Status zu halten, versuchen die Nettozahler, ihre Zahlungen wenigstens zu verringern.

Ebenso umstritten ist die Ausgabenseite des Haushalts, obwohl dieser zu über 80 Prozent in die Mitgliedstaaten zurückfließt. Streitig sind nicht nur die Direktzahlungen und Marktbeihilfen (sog. Agrarsubventionen) im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik. Die Nettozahlerdebatte entzündet sich auch an regionalen Strukturförderung der EU, die sich bemüht, das Lebensniveaus in ihren Mitgliedstaaten anzugleichen. Der Mittelfluß in die 271 Regionen (NUTS-2-Ebene) orientiert sich am Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt (BIP), wodurch die 99 Regionen, in denen das BIP unter 75 Prozent des EU-Durchschnitts von 2000 bis 2002 liegt, dementsprechend höhere Zuwendungen erhalten. Da zudem die übrigen Ausgaben des Haushalts politikfeldbezogen und nicht landesspezifisch erfolgen, ist die Nettoquote an EU-Mitteln nicht notwendigerweise vom BIP eines Landes abhängig: So war beispielsweise Irland bis 2009 ein Nettoempfänger, obwohl es nach Luxemburg das zweithöchste Durchschnittseinkommen der EU aufwies.

Die Grundlage für den jährlichen EU-Haushalt bildet ein Finanzplanungsinstrument, der mehrjährige Finanzrahmen, auch Finanzielle Vorausschau genannt. Er wird für jeweils sieben Jahre aufgestellt. Die Haushaltsmittel, die darin für die Jahre 2007–2013 vorgesehen sind, belaufen sich auf rund 975 Mrd. €, entsprechend 1,24 % des Bruttonationaleinkommens aller Mitgliedstaaten. Dieser Betrag entspricht der zulässigen Obergrenze laut Eigenmittelbeschluss des Rates der Europäischen Union. Bei der Aufstellung der jährlichen Etats fungieren das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union gemeinsam als Haushaltsbehörde der EU: Beide Institutionen können an dem von der Kommission vorgeschlagenen Vorentwurf des Haushaltsplans Änderungen vornehmen.

Die Haushaltsmittel z. B. für das Jahr 2009 werden sich dabei wie folgt verteilen (Angaben laut Verpflichtungsermächtigungen): 43 Prozent (ca. 56 Mrd. Euro) entfallen auf die Landwirtschaft und auf die Förderung der ländlichen Entwicklung; 45 Prozent (ca. 60 Mrd. Euro) auf Struktur- und Kohäsionsfonds sowie Wettbewerbsfähigkeit (interne Politikbereiche wie Forschungspolitik, transeuropäische Verkehrs-, Energie- und Telekommunikationsnetze); 6 Prozent% (ca. 8 Mrd. Euro) auf externe Politikbereiche wie Entwicklungsmaßnahmen, humanitäre Hilfen oder Maßnahmen zugunsten von Demokratie und Menschenrechten; 1 Prozent (ca. 1,5 Mrd. Euro) auf Sicherheit, Bekämpfung von Kriminalität und die Wahrung unionsbürgerschaftlicher Rechte. Der Rest von 5 Prozent (ca. 7,7 Mrd. Euro) wird für Verwaltungsausgaben aufgewendet. In einer vom Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat angeregten Überprüfung steht die gesamte Haushaltspolitik der Europäischen Union derzeit allerdings zur Debatte. 2009 wird die Kommission Vorschläge für eine Haushaltsgestaltung nach 2013 einreichen.

Politische Organe

Das institutionelle Gefüge der Gemeinschaft ist seit ihren Anfängen 1952 im Wesentlichen konstant geblieben, allerdings veränderten sich die Kompetenzen der Organe im Einzelnen mehrmals. Rechtliche Grundlage für die Institutionen ist der Fünfte Teil des EG-Vertrags; formal handelt es sich dabei daher nicht um Organe der Union, sondern der Gemeinschaft. Allerdings findet sich in Art. 5 des EU-Vertrags ein Verweis darauf, dass sich die EU zur Erfüllung ihrer Aufgaben der Organe der Europäischen Gemeinschaften bedient.

Eine Besonderheit ist ferner der Europäische Rat, der alle drei Monate stattfindende Gipfel der Staats- und Regierungschefs. Diese Institution soll nach dem EU-Vertrag die allgemeinen politischen Leitlinien der Union vorgeben. Sie hat damit sehr großen Einfluss auf die Entwicklung der Union, obwohl sie formal nicht in deren Rechtsetzungsprozess eingebunden ist.

zurück
Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG)

Einführung

Die "Europäische Verteidigungsgemeinschaft" (EVG) stellte einen 1952 von Frankreich, der Bundesrepublik Deutschland, Italien und den drei Benelux-Staaten unterzeichneten Vertrag dar, nach dem eine europäische Armee unter übernationaler Führung gebildet werden sollte. Dadurch wäre eine Wiederbewaffnung Deutschlands innerhalb eines europäischen Rahmens erfolgt, die gleichzeitig das Ende des Besatzungsstatus nach sich gezogen hätte (erster Deutschlandvertrag). Die Verwirklichung der EVG scheiterte daran, daß die französische Nationalversammlung 1954 den Vertrag nicht ratifizierte.

Kalter Krieg

Der Kalte Krieg war der Beginn eines Umdenkens bezüglich der deutschen Wiederbewaffnung, denn bereits in der Endphase des Zweiten Weltkrieges war es zu Spannungen zwischen den Westalliierten und der Sowjetunion über den künftigen politischen und militärischen Einfluss in Mittel- und Osteuropa gekommen. Angesichts dieser Entwicklung hatte es in den letzten Kriegsmonaten und während der Besatzungszeit unter den Westalliierten Überlegungen zur Nutzung des militärischen Potenzials der Besatzungsgebiete in Deutschland gegeben. Bald kristallisierte sich die Idee einer "europäischen Armee" unter der gemeinsamen Kontrolle der europäischen Staaten heraus.

Nach dem Ausbruch des Kalten Krieges, des Korea-Krieges 1950 und wegen einer akuten Furcht vor einem Angriff der UdSSR wurde am 9. August 1950 von Winston Churchill eine europäische Armee mit deutscher Beteiligung gefordert, die mit den USA zusammenarbeiten sollte. Churchill hatte sich schon im März des gleichen Jahres für einen deutschen Verteidigungsbeitrag ausgesprochen, so daß die beratende Versammlung des Europarates am 11. August 1950 in Straßburg die Bildung einer europäischen Armee mit deutschen Kontingenten befürwortete. In den USA begann sich gleichzeitig die Vorstellung durchzusetzen, eine europäische Verteidigungsstreitmacht unter Führung der NATO aufzubauen. Erstmalig sprach sich am 11. September 1950 der US-amerikanische Außenminister Dean Acheson für eine gemeinsame Europäische Armee unter deutscher Beteiligung aus.

Bundeskanzler Konrad Adenauer betrieb im Rahmen einer verstärkten Westintegration und der Wiedererlangung einer deutschen Souveränität (Ende des Besatzungsstatuts und Kriegszustandes) gleichfalls systematisch eine deutsche Wiederbewaffnung. In einem vorerst geheimen Memorandum an die Hohen Kommissare vom 30. August 1950 erklärte er sich in einem Alleingang bereit, ein deutsches Kontingent im Rahmen einer internationalen westeuropäischen Armee bereit zu stellen. Dieser Vorstoß war innenpolitisch bis in die Regierung Adenauer hinein massiv umstritten. Die Vorbereitungen begannen aber bald während der Tagung der deutschen militärischen Expertenkommission aus ehemaligen hochrangigen Wehrmachtsoffizieren im Eifelkloster Himmerod vom 3. bis 6. Oktober 1950. Die erarbeitete "Denkschrift über die Aufstellung eines deutschen Kontingents im Rahmen einer internationalen Streitmacht zur Verteidigung Westeuropas" (Himmeroder Denkschrift) zielte nicht nur auf die Aufstellung von Truppen ab, sondern entwarf auch Konzepte zur Inneren Führung und dem Staatsbürger in Uniform.

Pleven-Plan und Europäische Verteidigungsgemeinschaft

Am 24. Oktober 1950 unterbreitete der französische Ministerpräsident René Pleven (1901-1993), orientiert am Schuman-Plan und um die politische Initiative nicht zu verlieren, den so genannten Pleven-Plan der französischen Nationalversammlung. Danach sollte eine europäische Armee unter Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland entstehen. Im Gegensatz zu den anderen Ländern der Verteidigungsgemeinschaft, Frankreich, Italien und den drei Benelux-Staaten, hätten die deutschen Truppen ganz in den internationalen Streitkräften aufgehen müssen. Damit wäre der Aufbau einer eigenen Armee in der Bundesrepublik Deutschland verhindert worden. Frankreich behielte hingegen die Oberhoheit über die eigenen Streitkräfte. Die USA unterstützten den Pleven-Plan, der eine enge Kooperation der europäischen Streitmacht mit dem US-Militär vorsah.

In den 1951 intensiv betriebenen Verhandlungen um eine Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) forderte die Regierung der Bundesrepublik Deutschland als Gegenleistung für die Aufstellung deutscher Truppen unter europäischer Führung die Ablösung des Besatzungsstatuts und die Einrichtung eines Verteidigungsministeriums, was eine weitgehende innen- und außenpolitische Souveränität nach sich gezogen hätte (erster Deutschlandvertrag oder Generalvertrag; weitgehendes Ende der Alliierten Kontrollrechte). Frankreich wollte dem erst zustimmen, wenn die militärische Integration und damit die "Entnationalisierung" der deutschen Truppen vertraglich verabschiedet sein würde. Der Deutschlandvertrag konnte nach dieser Auffassung also erst in Kraft treten, wenn der EVG-Vertrag von den nationalen Parlamenten ratifiziert worden war. Mehrere strittige Fragen führten zu einer langen Dauer der Beratungen. Insbesondere bei der Größe der nationalen Einheiten, den Deutschland zugestandenen Waffensystemen und -produktionsstätten sowie der Ausgestaltung der EVG-Führung, insbesondere der Nationalität der Kommandeure, ließen sich nur schwer Einigungen erzielen. Auf Druck der USA wurden diese Probleme entweder in Kompromissen oder durch Vertagung vorerst gelöst. Am 26. und 27. Mai 1952 wurde der EVG-Vertrag schließlich unterzeichnet. Als langfristige Perspektive sah das Projekt einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft die Verschmelzung Europas zu einer politischen Union vor.

Scheitern der EVG und deutscher NATO-Beitritt

Mit der Vertragsunterzeichnung waren die Bedenken in Deutschland und Frankreich jedoch nicht überwunden. Besonders die SPD war mit der Wiederbewaffnung in der Form der EVG nicht einverstanden. In Frankreich störten die Gaullisten sich an dem möglichen Kontrollverlust über die eigene Armee, da der EVG-Vertrag zwingend mit einer Abschwächung oder gar Aufhebung des Besatzungsstatus verbunden war. Zudem wurde aus der UdSSR massiver Protest laut. Um im eigenen Land Zustimmung zur EVG zu erhalten, bemühte sich die französische Regierung 1953, Zusatzverträge durchzusetzen, um die Verfügungsgewalt über die eigene Armee auch innerhalb der EVG weitestgehend zu erhalten. Wiederum unter Druck der USA und der anderen EVG-Mitglieder wurden diese Forderungen teilweise abgemildert und schließlich angenommen. Im Mai 1953 erfolgte die Ratifizierung der EVG-Verträge durch die Bundesrepublik.

In Frankreich hatte inzwischen eine gaullistische und damit der EVG gegenüber skeptische Regierung die Macht übernommen. Ministerpräsident Pierre Mendès-France versuchte erneut den EVG-Prozeß aufzuhalten und hatte damit schließlich Erfolg, als die Nationalversammlung am 30. August 1954 die Ratifizierung des EVG-Vertrags ablehnte. Neben dem deutschen hatten zu diesem Zeitpunkt bereits die Parlamente Belgien, Luxemburg und der Niederlande zugestimmt. Italien stand kurz vor der Ratifikation. Eine zeitgenössische Vermutung lautete, dass ein geheimer "Kuhhandel" zwischen Frankreich und der UdSSR stattgefunden habe. Als Gegenleistung für die verweigerte Ratifizierung habe Frankreich ein günstigeres Ende seines Indochinakrieges gegen die kommunistische Unabhängigkeitsbewegung der Vi?t Minh bekommen.

Auch im Deutschen Bundestag und Bundesrat wurde die Diskussion monatelang bis hin zur Anrufung des Bundesverfassungsgerichtes heftig geführt, da ein Wiederbeginn des deutschen Militarismus, eine Zuspitzung des Ost-West-Konfliktes und eine Festschreibung der deutschen Teilung befürchtet wurden. Für Deutschland bedeutete das Scheitern der EVG eine Beibehaltung des Besatzungsrechts.

Als Ersatz wurde allerdings noch 1954 durch die so genannte Londoner Akte, von den Mitgliedern des Brüsseler Paktes zusammen mit der Bundesrepublik und Italien die Westeuropäische Union (WEU) gegründet, um Deutschland militärpolitisch einbinden zu können. Nach Verabschiedung der Pariser Verträge (1954) und des in diesen enthaltenen zweiten Deutschlandvertrages wurde schließlich der Beitritt der Bundesrepublik zur NATO beschlossen und am 9. Mai 1955 vollzogen. Die weiter bestehenden französischen Bedenken waren zuvor durch die Garantie der USA, dauerhaft Streitkräfte in Europa zu stationieren, und durch eine Verzichtserklärung der Bundesrepublik, atomare, biologische und chemische Waffen herzustellen, ausgeräumt worden.

zurück
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG)

Einführung

Die "Europäische Wirtschaftsgemeinschaft" (EWG) ist der ursprüngliche Name eines Zusammenschlusses europäischer Staaten zur Förderung der gemeinsamen Wirtschaftspolitik im Rahmen der europäischen Integration. Am 25. März 1957 wurde die EWG mit der Unterzeichnung der Römischen Verträge durch Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, die Niederlande und die Bundesrepublik Deutschland gegründet. 1993 wurde die EWG angesichts ihrer mittlerweile erweiterten Aufgabenstellung in "Europäische Gemeinschaft" (EG) umbenannt.

Die Idee zur Schaffung eines Gemeinsamen Marktes reicht bis in die Zeit der gescheiterten EVG-Verträge 1952 zurück. Verschiedene europäische Politiker wie Jean Monnet, der belgische Außenminister Paul-Henri Spaak sowie sein niederländisches Pendant Willem Beyen waren maßgeblich an der Wiederbelebung des europäischen Gedankens beteiligt. Sie sahen die beste Möglichkeit der europäischen Kooperation auf wirtschaftlichem Gebiet, da nach der Ablehnung der EVG durch die französische Nationalversammlung am 30. August 1954 die europäische Zusammenarbeit im militärischen sowie politischen Bereich fehlgeschlagen war.

Auf der Konferenz von Messina in Juni 1955 beschlossen die Außenminister der EGKS die allgemeine wirtschaftliche Einigung der Volkswirtschaften, die Schaffung gemeinsamer supranationaler Institutionen, die Sozialharmonisierung durch Verwirklichung allgemeiner Sozialstandards und die Zusammenarbeit auf dem Nuklearsektor. Zur Ausarbeitung der Grundlagen und Möglichkeiten des Gemeinsamen Marktes wurde auf der Konferenz von Messina die Einsetzung eines Regierungsausschusses unter Vorsitz Spaaks beschlossen (Spaak-Kommission). Innerhalb der deutschen Bundesregierung existierten unterschiedliche Strömungen, die die wirtschaftliche Integration Europas auf der einen Seite durch Wirtschaftsbestimmungen und eine zentrale Hohe Behörde und andererseits durch Freihandel und möglichst wenig Eingriffsmöglichkeiten eines europäischen Organs verwirklichen wollten.

Die sechs Staaten der EGKS einigten sich bei den Regierungsverhandlungen auf Grund des Berichts der Spaak-Kommission auf die Vereinheitlichung des Gemeinsamen Marktes durch Abschaffung von Zollschranken und Kontingentierungen (mengenmäßigen Ein- und Ausfuhrbestimmungen), den freien Dienstleistungs-, Personen- und Kapitalverkehr, die gemeinsame Handelspolitik gegenüber Drittstaaten und die Schaffung europäischer Institutionen. Gleichzeitig wurde eine Einigung hinsichtlich der zivilen Zusammenarbeit im Nuklearbereich erreicht (Euratom). Die Verhandlungen über den Gemeinsamen Markt standen unter dem Eindruck des Aufstands in Ungarn und der Suezkrise, die den Regierungschefs eindringlich die Notwendigkeit der europäischen Zusammenarbeit vor Augen führte. Der Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG-Vertrag) und jener der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG-Vertrag/Euratom) wurden am 25. März 1957 in Rom von den sechs Mitgliedern der Montanunion – Frankreich, Italien, Bundesrepublik Deutschland, Belgien, Niederlande und Luxemburg – unterzeichnet (Römische Verträge).

1967 wurden die Montanunion, die EWG und EURATOM zu den Europäischen Gemeinschaften zusammengefasst. Mit dem Vertrag von Maastricht wurde die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Teil der Europäischen Union.

zurück
Europäische Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU)

Einführung

euro-sm-10-jahre-ewwu_2009.jpgDer Begriff der "Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion" (EWWU) wird vielfach mit dem Begriff der "Europäischen Währungsunion" (EWU) gleichgesetzt. Die EWU bezeichnet den mit Beginn der dritten Stufe der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) am 1. Januar 1999 durchgeführten Zusammenschluß der (damals elf) Teilnehmerstaaten auf dem Gebiet der Geld- und Währungspolitik. Das Hauptziel des Zusammenschlusses war die Gründung einer Zone mit monetärer Stabilität, welches durch die Einführung der gemeinschaftlichen Währung Euro erreicht werden sollte.

Mit diesem Schritt haben die beteiligten Länder den Euro als gemeinschaftliche Währung eingeführt und zugleich ihre geldpolitische Kompetenz auf das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) bzw. das Eurosystem übertragen. Seither übernimmt die Europäische Zentralbank (EZB) als Leiterin und Vertreterin des ESZB die Verantwortung für eine zentral gesteuerte Geld- und Währungspolitik.

Dunkelblau = EU-Mitglieder
Grün = Mitgliedschaft in der EU möglich
Blau/Türkis = Länder mit Aufnahmewunsch

Ziele

Hinter dem Gedanken der EWWU standen folgende Hauptziele:

- Wachstum und Wohlstand: Die damit verbundenen Hoffnungen zielen zum einen auf den durch die EWWU hervorgerufenen Wachstumsschub ab. Die durch eine einheitliche Währung und einen gemeinsamen Binnenmarkt verursachten Absatzsteigerungen und Kostensenkungen sollen dabei den positiven Wachstumseffekt intensivieren. Die Kostensenkungen sowie die Nachfragesteigerungen werden durch den mit der Einführung der EWWU erwarteten Wegfall der Wechselkursunsicherheiten, der Einsparung von Transaktionskosten und der Steigerung der Markttransparenz bewirkt. Zum anderen liegen die Hoffnungen darin, dass der erwartete Verlust an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den größeren Konkurrenten USA und Japan sowie der damit einhergehende Wachstumseinbruch vermieden werden soll. Dies könnte durch eine Arbeitsproduktivitätssteigerung gelingen, welche sich aus der, mit der Einführung der EWWU zusammenhängenden, Marktvergrößerung ergibt.
- Politische Stabilität und Frieden: Die Hoffnung auf politische Stabilität ergibt sich einerseits aus dem Abbau politischer Spannungen und dem Abwenden zukünftiger Kriege und andererseits aus der Vermeidung einer sich in Europa ausdehnenden Balkanisierung. Begründet wird diese Hoffnung durch friedenssichernde Entscheidungen, welche in der bisherigen wirtschaftlichen Zusammenarbeit getroffen wurden. Sie stützt sich auf die negative Korrelation zwischen politischer Konfrontation und wirtschaftlicher Interaktion. Außerdem wird die EWWU oft als die Vorstufe einer politischen Union angesehen, welche als Instrument zur Schaffung anhaltender politischer Stabilität in Europa betrachtet wird. Wesentliche Partielle Ziele:
- Inflationsabbau: Der durch den Übergang zur EWWU erhoffte Inflationsabbau ist bezogen auf einen Reputations- und damit Stabilitätsimport für die einstigen Hochinflationsländer. Dahinter verbirgt sich die These, dass die Aufgabe der geldpolitischen Entscheidungsmacht an eine gemeinsame, stabilitätsorientierte Geldbehörde für die einstigen Hochinflationsländer einen Zwang zur Disziplin mit sich bringt. Diese Disziplin würde durch eine größere Preisstabilität bzw. eine Angleichung der Preisstabilität an den Stand der bisherigen Niedriginflationsländer der EG sichtbar werden. Dadurch würde sich auch eine fiskalpolitische Zurückhaltung ergeben, da Staatsausgaben nicht mehr mit selbst geschaffenem Geld finanziert werden könnten. Außerdem hofft man auf einen Inflationsabbau ohne größere Arbeitslosigkeitskosten.
- Entwicklungsangleichung: Die Hoffnung der ärmeren, weniger entwickelten EU-Länder auf Entwicklungsangleichung lässt sich aus der Geschichte bisheriger Zusammenschlüsse solcher Länder herleiten. Es wird davon ausgegangen, daß innerhalb einer EWWU die reicheren Länder zu Finanztransfers und sonstigen Hilfen an die ärmeren Länder aufgefordert werden. Darüber hinaus treten in einem Binnenmarkt, verbunden mit einer einheitlichen Währung, vermehrt positive Spillovers durch offene Grenzen und zunehmende Direktinvestitionen

Teilnehmerstaaten

Um eine Stabilitätsgemeinschaft wie die EWU bzw. EWWU errichten zu können, ist das Vorhandensein von monetärer und fiskalischer Konvergenz unbedingt erforderlich. Demzufolge wurden als Fundament für die Auswahl der Teilnehmer an der EWU die vier Konvergenzkriterien gemäß Artikel 121 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag), die sog. Maastricht-Kriterien, entwickelt. Diese Regularien sollen sicherstellen, dass nur die Länder der EWU beitreten, welche fortwährend die Hauptziele der Europäischen Währungsunion unterstützen.

Im Einzelnen gestalten sich die vier Kriterien wie folgt:

- Hoher Grad an Preisstabilität – wird anhand der Inflationsrate ersichtlich. Diese sollte sich den Inflationsraten der drei preisstabilsten Länder annähern, d.h. sie darf nicht mehr als 1,5?% über dem Durchschnitt der drei preisstabilsten Länder liegen. Kriterium: Öffentlicher Finanzhaushalt – wird bemessen anhand einer öffentlichen Haushaltslage, welche kein übermäßiges Defizit ausweist, d.h. das Defizit der öffentlichen Haushalte darf nicht mehr als 3?% und die öffentliche Verschuldung nicht mehr als 60 Prozent des nominalen Bruttoinlandsproduktes betragen.
- Teilnahme am Europäischen Währungssystem (EWS) – daran erkennbar, dass sich seit mindestens zwei Jahren die betroffene Währung innerhalb der Bandbreite des Wechselkursmechanismus des EWS bewegt und keine eigenmächtige Abwertung der Leitkurse erfolgte.
- Langfristiger Zinssatz – orientiert sich an den drei Mitgliedsländern mit der niedrigsten Inflationsrate. Der Zinssatz langfristiger Staatsanleihen darf max. 2?% über dem Durchschnitt dieser drei Länder liegen.

Die Entscheidung über die ersten Euro-Mitgliedsländer fällte der Rat der Europäischen Union am 3. Mai 1998. Als Mitglieder aufgenommen wurden Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Österreich und Spanien. Griechenland erfüllte zu diesem Zeitpunkt die EU-Konvergenzkriterien noch nicht, wurde aber am 1. Januar 2001 als zwölftes Land in die EWU aufgenommen. Als erstes der ab 2004 der EU beigetretenen Länder konnte Slowenien 2007 den Euro einführen. Malta und Zypern führten den Euro zum 1. Januar 2008 ein. Die Zentralbanken der Länder wurden am Tag des Beitritts automatisch ein Teil des Eurosystems. Die Slowakei bekam am 19. Juni 2008 die Erlaubnis zur Einführung der Gemeinschaftswährung zum 1. Januar 2009. Dänemakr und Großbritannien hatten sich im Vertrag von Maastricht eine Opting-out-Klausel vorbehalten und von dieser auch Gebrauch gemacht. Schweden verletzte die Konvergenzkriterien bewußt, damit es den Euro nicht einführen mußte.

Zukünftig müssen die Länder, die dem Euro beitreten wollen, nicht mehr die ersten beiden Stufen der EWWU durchlaufen. Sie müssen lediglich die Konvergenzkriterien erfüllen, durch die die Finanzpolitik harmonisiert werden soll, bevor sie in die dritte Stufe der EWWU eintreten können.

Drei-Stufen-Plan

1. Stufe der EWWU

Der Europäische Rat faßte auf der Grundlage des Delors-Berichts im Juni 1989 den Entschluß, daß die 1. Stufe der Verwirklichung der EWWU am 1. Juli 1990 beginnen sollte. Das Hauptziel dieser Stufe war eine stärkere Ausrichtung der einzelnen nationalen Wirtschafts- und Währungspolitiken auf die Erfordernisse der Geldwertstabilität und Haushaltsdisziplin in der Europäischen Gemeinschaft. Um eine schrittweise Konvergenz der Politiken zu erreichen, wurde als neues Koordinierungsinstrument der Gemeinschaft die multilaterale Überwachung eingeführt.

Ein weiterer Bestandteil der 1. Stufe war die Neuordnung der währungspolitischen Zusammenarbeit, welche durch eine Ausdehnung der Aufgaben des Gouverneurausschusses (Ausschuß der Präsidenten der Zentralbanken) umgesetzt wurde. So leistete dieser neben einer stärkeren Abstimmung der nationalen Währungspolitiken zur Erreichung der Preisstabilität auch bedeutende Vorarbeiten zur Einführung einer einheitlichen Währung und damit zur Vergemeinschaftung der Geldpolitik in Europa.

2. Stufe der EWWU

Die 2. Stufe der EWWU begann am 1. Januar 1994 mit der Gründung des Europäischen Währungsinstitutes (EWI) und der gleichzeitigen Auflösung des Gouverneurausschusses. Die Hauptaufgaben des EWI waren die Stärkung der Zusammenarbeit der Zentralbanken sowie die Koordination der nationalen Geldpolitiken und die rechtlichen, organisatorischen und institutionellen Voraussetzungen für den Übergang in die 3. Stufe der EWWU zu schaffen.

Zusätzlich hatte das EWI die Aufgabe, einen Bericht über die zukünftigen Geld- und Wechselkursbeziehungen zwischen dem Euro-Währungsgebiet und den restlichen EU-Ländern zu erarbeiten. Dieser Bericht bildete im Juni 1997 die Grundlage für die Verabschiedung des neuen Wechselkursmechanismus II (WKM II). Weiterhin war das EWI mit der Gestaltung der Banknoten der neuen Gemeinschaftswährung betraut, welche gemäß einem Ende 1995 ergangenen Beschluss des Europäischen Rates „Euro“ genannt werden sollte. Die ersten Entwürfe wurden der Kommission im Dezember 1996 und später der Öffentlichkeit präsentiert. Mit der Errichtung der EZB wurde das EWI nach der Erfüllung seiner Aufgaben gemäß Artikel 123 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft] am 1. Juni 1998 aufgelöst.

3. Stufe der EWWU

Mit der Ernennung des Euro zur Gemeinschaftswährung begann am 1. Januar 1999 die dritte und letzte Stufe der EWWU. Weiterhin wurde eine unwiderrufliche Vereinbarung über die Wechselkurse der Währungen der vom Europäischen Rat ausgewählten elf Mitgliedsstaaten erlassen. Durch diese Einigung über die Methode der Bestimmung der Umrechnungskurse zum Euro konnte den Marktteilnehmern ein Anhaltspunkt gegeben werden. Gleichzeitig gelang es, die Markterwartungen und die Wechselkursentwicklungen in der Einführungsphase zu stabilisieren. Dies war der Beginn der Durchführung einer einheitlichen Geldpolitik unter der Verantwortung der EZB.

Abgrenzung der Eurozone

Als Eurozone (auch Euroraum oder Euroland genannt) bezeichnet man üblicherweise diejenigen sechzehn EU-Länder, die den Euro als Währung eingeführt haben. Rund 315 Mio. Menschen bezahlen 2009 mit dieser Währung. Mitglieder der EWWU sind jedoch alle 27 EU-Länder. Seit dem 1. Januar 2008 ist der Euro durch den Beitritt von Malta und Zypern zur Eurozone erstmals nach der Osterweiterung wieder in der Mehrheit der EU-Länder gesetzliches Zahlungsmittel.

Elf EU-Staaten sind nicht in der Eurozone: Bulgarien, Dänemark, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Schweden, Tschechien, Ungarn, sowie Großbritannien. Dänemark, Estland, Lettland und Litauen sind Teilnehmer am Wechselkursmechanismus II und können nach mindestens zweijähriger Teilnahme am WKM II und nach Erfüllung der anderen EU-Konvergenzkriterien den Euro einführen.

Die Schaffung der Eurozone stellt damit ein Beispiel für die, auf der Basis des EU-Primärrechts etablierte, verstärkte Zusammenarbeit dar. Die Kleinstaaten Monaco, San Marino und der Vatikan sind nicht Teil der Eurozone, da sie keine EU-Mitglieder sind. Auf Grund bilateraler Abkommen mit der EU haben sie aber – in einem eng begrenzten, vereinbarten Umfang – das Recht, den Euro als einzige Währung zu nutzen sowie eigene Euromünzen prägen zu lassen.

Darüber hinaus ist der Euro Währung oder Leitwährung in knapp 30 weiteren Staaten bzw. Teilen von Staaten. Insgesamt nutzen damit 40 Staaten und Teile von Staaten den Euro oder eine vom Euro abhängige Währung. Daher werden die Bezeichnungen "Eurozone", "Euroraum" und "Euroland" manchmal auch für alle Wirtschaftsräume genutzt, in denen der Euro als (gesetzliches) Zahlungsmittel fungiert.

zurück
Europäische Zentralbank (EZB)

Einführung

ezb-euro-emblem.jpgDie "Europäische Zentralbank" (EZB; englisch: European Central Bank - ECB; französisch: Banque centrale européenne - BCE) ist die gemeinsame Währungsbehörde der Mitgliedstaaten der Europäischen Währungsunion und bildet mit den nationalen Zentralbanken (NZB) der EU-Staaten das Europäische System der Zentralbanken (ESZB). Sie ist im Rahmen der Europäischen Union ein Organ sui generis. Sie ist eine supranationale Institution mit Rechtspersönlichkeit, die 1998 im Rahmen der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion gegründet wurde und ihren Sitz im Eurotower in Frankfurt am Main hat.

Die Arbeit und die Aufgaben der EZB werden in dem im Jahre 1992 in Maastricht geschlossenen Vertrag über die Europäische Union sowie in verschiedenen Protokollen geregelt. Um sachgerecht und effizient arbeiten zu können, soll die EZB unabhängig von politischer Einflußnahme sein.

Geschichte

1951 bis 1979

1951 begann mit der Gründung der Montanunion nach den vielen innereuropäischen Kriegen ein neues Zeitalter. Die Römischen Verträge waren 1957 ein weiterer Schritt zur Europäischen Einigung. Das damalige Ziel war eine Handelsunion und ein gemeinsamer Agrarmarkt; dafür hielt man eine Währungsunion für nicht nötig. Darüber hinaus existierte mit dem Bretton-Woods-System ein damals noch gut funktionierendes internationales Währungssystem. Eine Vereinigung im Währungsbereich wurde erstmals 1962 nach dem sogenannten Marjolin Memorandum der Europäischen Kommission diskutiert.

Die erste Institution für die Zusammenarbeit der nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten der damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) war der 1964 eingesetzte Ausschuss der Zentralbankpräsidenten. Die Geschichte der europäischen Währungsunion begann 1970 mit dem Werner-Plan, der erstmals die Errichtung einer europäischen Währungsunion vorsah, aber scheiterte. 1972 begann der Europäische Wechselkursverbund mit festen Wechselkursen zwischen den Währungen einiger europäischer Staaten, wobei maximale Schwankungen von +/- 2,25 Prozent erlaubt waren. 1979 wurde der Verbund vom Europäischen Währungssystem abgelöst, zu deren Zielen die Wegbereitung für eine Währungsunion gehörte. Hier waren ebenfalls die Wechselkurse und eine Bandbreite für die Schwankungen festgelegt, die nationalen Zentralbanken mussten die Wechselkurse durch Interventionen am Devisenmarkt sichern. Die Zugehörigkeit zum europäischen Währungssystem war eine Voraussetzung für die Aufnahme in die Währungsunion, mit deren Beginn das Währungssystem endete.

1980 bis 1999

Die Einheitliche Europäische Akte griff das Ziel einer Währungsunion auf und Währungsfragen wurden ein Zuständigkeitsbereich der Europäischen Gemeinschaft. 1989 legte der damalige Kommissionspräsident Jacques Delors einen neuen Plan für eine Währungsunion vor, der zur Grundlage für die "Europäische Wirtschafts- und Währungsunion" (EWWU) wurde. 1991 entstand in einer Regierungskonferenz, parallel zur Konferenz über die Gründung der politischen Union, durch die Änderung des EWG-Vertrages die institutionelle Struktur für die Währungsunion. Die Vertragsänderung, unter anderem das Protokoll über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank und das Protokoll über die Satzung des Europäischen Währungsinstituts, wurde Teil des 1992 unterzeichneten Vertrags über die Europäische Union.

Die Errichtung der Wirtschafts- und Währungsunion sollte in drei Stufen erfolgen. In der ersten Stufe erhielt der Ausschuss der Zentralbankpräsidenten neue Zuständigkeiten. Durch ihn sollte eine engere Kooperation auf dem Gebiet der Geldpolitik erfolgen, mit dem Ziel der Preisstabilität. Weiterhin mußte der Ausschuss zu klärende Fragen identifizieren, bis Ende 1993 einen Plan zur Abarbeitung von Problemen erstellen und die Aufgaben an dafür gegründete Unterausschüsse und Arbeitsgruppen verteilen.

Am 1. Januar 1994 begann mit der Errichtung des Europäischen Währungsinstituts die zweite Stufe der Währungsunion. Die Aufgaben des Instituts waren die Verstärkung der Zusammenarbeit der nationalen Zentralbanken, eine stärkere Koordinierung von deren Geldpolitik und die Durchführung der Vorarbeiten für die Errichtung des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB), für die Durchführung einer einheitlichen Geldpolitik und für die Schaffung der einheitlichen Währung. Das Institut diente als Forum für Konsultationen für die Geldpolitik, während Interventionen am Devisenmarkt weiterhin Aufgabe der nationalen Zentralbanken waren. Mit der zweiten Stufe der WWU durfte keine der nationalen Zentralbanken mehr Kredite an öffentliche Stellen vergeben. Außerdem mußten bis zum Ende der zweiten Stufe alle Zentralbanken von politischen und anderen Einflüssen unabhängig werden.

Im Dezember 1995 wurde vom Europäischen Rat der Plan für das weitere Vorgehen, der auf den Vorarbeiten des EWI basierte, bekannt gegeben und die Einführung der neuen Währung, die jetzt den Namen "Euro" erhalten hatte, im Jahr 1999 bestätigt. Das EWI erhielt als neue Aufgabe die Vorbereitung des Wechselkursmechanismus II. 1996 entstand der Stabilitäts- und Wachstumspakt, dessen Ziel analog zur Zielsetzung der EZB die Stabilität des Euro ist, der Pakt hat aber keine direkten Auswirkungen auf die EZB. Am 1. Mai 1998 beschloß der Ministerrat, daß elf Staaten die Kriterien für die Teilnahme an der Währungsunion erfüllt hatten. Im Einzelnen waren dies Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Österreich, Portugal und Spanien. Gleichzeitig einigte sich der Rat auf die Personen, die sie für das Direktorium der EZB vorschlagen wollten. Die Ernennung erfolgte am 25. Mai mit Wirkung vom 1. Juni durch die Regierungen.

Die EZB wurde am 1. Juni 1998 Nachfolgerin des Europäischen Währungsinstituts, das alle Aufgaben rechtzeitig beendet hatte. Im Oktober legte die EZB ihre geldpolitische Strategie fest, die Stabilität und Vertrauen in die EZB und den Euro bringen sollte. Die Durchführung der einheitlichen Geldpolitik übernahm die EZB mit Beginn der dritten und letzten Stufe am 1. Januar 1999. Der letzte Schritt zur gemeinsamen Währung war am 1. Januar 2002 die Einführung des Euro als Zahlungsmittel.

1998 war Wim Duisenberg gegen den französischen Mitbewerber Jean-Claude Trichet zum Präsident der Europäischen Zentralbank gewählt worden. Er erklärte allerdings schon zu Anfang, wahrscheinlich nicht die volle Amtszeit von acht Jahren im Amt zu bleiben.

Von 2000 bis heute

Am 5. Januar 2003 geriet die EZB weltweit in die Schlagzeilen, als ein geistig verwirrter Mann drohte, sich mit einem Flugzeug in das Gebäude der EZB zu stürzen. Für mehrere Stunden wurde die EZB vollständig evakuiert.

An seinem 68. Geburtstag gab Wim Duisenberg sein Ausscheiden aus dem Präsidentenamt zum 9. Juli 2003 bekannt. Die EU-Finanzminister lehnten seine Bitte ab und wollten, daß er bis zur ordnungsgemäßen Bestellung seines Nachfolgers im Herbst 2003 im Amt bleibe. Am 1. November 2003 wurde sein ehemaliger Mitbewerber Jean-Claude Trichet sein Nachfolger als Präsident der EZB.

Am 3. Juni 2009 ereignete sich der erste Warnstreik in der 10-jährigen Geschichte der EZB. Mitarbeiter, vertreten durch die Gewerkschaft International and European Public Services Organisation (IPSO), versammelten sich 90 Minuten vor dem Hauptgebäude in Frankfurt, um auf fehlende Arbeitnehmerrechte aufmerksam zu machen, sowie gegen Änderungen bei Pensionen zu demonstrieren, die einen Monat zuvor beschlossen wurden. Zugleich wurde die EZB dazu aufgerufen Tarifverhandlungen mit der Gewerkschaft aufzunehmen, was die Bank bisher ablehnte.

Im Jahre 2009 mußte auch die EZB - wie die FED in den USA - den Leitzinssatz auf ein historisches Tief senken.

Aufgaben und Ziele

Eine Zentralbank ist keine gewöhnliche Bank, sondern nimmt Einfluß auf die Geldpolitik eines Landes. Sie hat zwei wichtige Ziele. Das erste Ziel ist die Preisniveaustabilität. Dabei gilt es, große Schwankungen des Geldwertes zu vermeiden. Die Zielgröße ist die Inflation (Inflationsrate). Das zweite Ziel besteht in der ausgeglichenen konjunkturellen Entwicklung des jeweiligen Landes. Dieses wichtige Nebenziel der Geldpolitik hat den Zweck eine Rezession zu vermeiden. Die konjunkturelle Entwicklung wird an der Auslastung der Kapazitäten einer Volkswirtschaft gemessen.

Die Zentralbanken verfolgen diese Ziele, indem sie den Preis für verliehenes Geld erhöhen oder senken (Leitzins verändern), also Einfluß auf die Wirtschaft nehmen. Somit kann eine Zentralbank sowohl auf die Inflation als auch auf die konjunkturelle Entwicklung einwirken. Die Ziele und Aufgaben des ESZB und dessen Hauptorgans, der EZB, wurden im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft festgeschrieben. In der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) und der Europäischen Zentralbank (EZB), die dem EG-Vertrag als Protokoll beigefügt ist, werden sie im Einzelnen erläutert. Das vorrangige Ziel ist die Gewährleistung der Preisniveaustabilität in der Eurozone; spezifiziert ist diese als Anstieg des harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) für das Euro-Währungsgebiet von unter, aber nahe zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr. Weiteres Ziel ist die Unterstützung der Wirtschaftspolitik in der Europäischen Gemeinschaft, mit dem Ziel eines hohen Beschäftigungsniveaus und dauerhaften Wachstums, soweit dies ohne Gefährdung der Preisniveaustabilität möglich ist.

Die grundlegenden Aufgaben finden sich in Artikel 105 Absatz 2 des Vertrages:

- Festlegung und Durchführung der Geldpolitik (siehe geldpolitische Instrumente),
- Durchführung von Devisengeschäften,
- Verwaltung der offiziellen Währungsreserven der Mitgliedstaaten (Portfoliomanagement),
- Versorgung der Volkswirtschaft mit Geld, insbesondere die Förderung eines reibungslosen Zahlungsverkehrs.

Die EZB hat darüber hinaus weitere Aufgaben:

- Genehmigung der Ausgabe des Euro-Papiergeldes, die Ausgabe selbst erfolgt durch die NZBen,
- Aufsicht über die Kreditinstitute, Kontrolle der Finanzmarktstabilität,
- Beratung der Gemeinschaft und nationaler Behörden, Zusammenarbeit mit anderen internationalen und europäischen Organen,
- Sammlung der für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen statistischen Daten sowie
- Erstellung einer Zentralbankbilanz.

Organe

Die ausführenden Organe sind schlussendlich die nationalen Zentralbanken der Teilnehmerstaaten. Diese unterliegen den Regelungen des ESZB. Wichtig dabei ist, dass sie unabhängig gegenüber Weisungen nationaler Regierungen sind und nur der EZB unterstehen. Die EZB verfügt mit dem Rat und dem Erweiterten Rat über zwei Beschlussorgane und mit dem Direktorium über ein ausführendes Organ.

EZB-Direktorium

Das Direktorium führt die Geschäfte der EZB und setzt die Beschlüsse des EZB-Rats um. Es kümmert sich um die Durchführung der Beschlüsse des EZB-Rates und gibt dazu nötige Anweisungen an die Nationalen Zentralbanken weiter, die die Beschlüsse umsetzen müssen. Das Gremium setzt sich aus dem Präsidenten, einem Vizepräsident und vier weiteren Mitgliedern zusammen. Ein Direktoriumsmitglied wird vom Gremium selbst zum Chefvolkswirt bestimmt. Die Amtszeit eines Direktoriumsmitglieds beträgt acht Jahre. Eine Wiederwahl ist ausgeschlossen. Die Länge der ersten Amtszeiten war gestaffelt, um zu vermeiden, daß alle Mitglieder gleichzeitig ausscheiden.

Neue Mitglieder werden von den Finanz- und Wirtschaftsministern der Teilnehmerstaaten empfohlen. Nach nicht bindenden Abstimmungen im Wirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments und dem Plenum des Parlaments werden sie von den Staats- und Regierungschefs der Teilnehmerstaaten gewählt.

Vor der Arbeitsaufnahme am 1. Juli 1998 wurde der Niederländer Wim Duisenberg zum Präsidenten gewählt. Er wurde am 1. November 2003 vom Franzosen Jean-Claude Trichet abgelöst. Vizepräsident wurde der Grieche Lucas D. Papademos. Zu Direktoren wurden Jürgen Stark (Chefvolkswirt, Deutschland), José Manuel González-Páramo (Spanien), Gertrude Tumpel-Gugerell (Österreich) und Lorenzo Bini Smaghi (Italien) ernannt.

Aus der Zahl der Mitglieder resultiert, daß nicht alle EU-Staaten im Direktorium vertreten sein können. Die großen Euroländer Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien besetzten bisher immer vier der sechs Sitze im Direktorium, die restlichen beiden Sitze wurden von wechselnden kleineren Ländern belegt. Zwar versuchen die großen Länder, ihr Anrecht auf einen Sitz dauerhaft zu manifestieren, allerdings gibt es keine explizite rechtliche Regelung, die ihnen ein solches Vorrecht auf einen Direktoriumssitz gewährt.

EZB-Rat

Dem EZB-Rat gehören alle Mitglieder des Direktoriums und zusätzlich alle Präsidenten der nationalen Zentralbanken der (momentan 16) am Euro teilnehmenden Mitgliedstaaten an. Er ist das oberste Beschlussorgan der EZB und trifft die meisten Entscheidungen mit einfacher Mehrheit, wobei jedes Mitglied eine Stimme hat. Er legt die Richtlinien der Geldpolitik und die Leitzinssätze fest und stellt Zentralbankgeld bereit. Die Aussprachen sind vertraulich, wobei der Rat die Veröffentlichung beschließen kann. Er tagt in der Regel alle 14 Tage. Bei Entscheidungen über das Kapital und Einnahmen der EZB entscheidet der Rat mit gewichteten Stimmen. Die Gewichtung richtet sich nach dem Anteil am gezeichneten Kapital; die Mitglieder des Direktoriums haben keine Stimme. Für die qualifizierte Mehrheit sind zwei Drittel des Kapitals und die Mehrheit der NZBen notwendig.

Erweiterter Rat der EZB

Der Erweiterte Rat besteht aus dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten der EZB sowie den Präsidenten der nationalen Zentralbanken aller EU-Mitgliedstaaten. Im Erweiterten Rat werden unter anderem die Notenbankpräsidenten der Staaten ohne Euro offiziell über die Beschlüsse des EZB-Rates informiert. Er wirkt bei der Erhebung statistischer Daten mit und berät über die Aufnahme weiterer Länder in die Währungsunion. Der Rat tritt in der Regel einmal pro Quartal zusammen. An den Tagungen können ein Mitglied der Europäischen Kommission und der Präsident des Rates ohne Stimmrecht teilnehmen.

Geldpolitik

Geldpolitische Ziele

Ihr geldpolitisches Instrumentarium setzt die EZB ein, um das ihr im EG-Vertrag vorgegebene Ziel der Preisniveaustabilität zu erreichen. Dieses definiert sie selbst als ein Wachstum des harmonisierten Verbraucherpreisindexes HVPI im Euro-Raum, das unter, aber nahe bei zwei Prozent liegen sollte. Die geldpolitische Strategie wurde im Oktober 1998 vom EZB-Rat festgelegt.

Zwei-Säulen-Strategie

Um das Inflationsziel zu erreichen, verfolgt sie ein so genanntes Zwei-Säulen-Konzept. Als Erste Säule (wirtschaftliche Analyse) beobachtet sie die Inflationsentwicklung selbst und Größen, die Einfluß auf die Inflation haben wie z. B. Löhne und Gehälter, Wechselkursentwicklung, langfristige Zinssätze, Meßgrößen für Wirtschaftstätigkeit, fiskalpolitische Indikatoren, Preis- und Kostenindizes und Unternehmens- und Verbraucherumfragen. Als Zweite Säule (monetäre Analyse) veröffentlicht sie einen Referenzwert (M3 unter Annahme einer Inflation von 2-2,5 Prozent und Abnahme der Geldumlaufgeschwindigkeit um 0,5-1 %) für die wünschenswerte M3-Geldmengenentwicklung, der aber keine Zielgröße, sondern Informationen über Abweichungen darstellt. Ziel ist es, mittelfristig Gefahren für die Preisstabilität zu erkennen.

Vorteil dieser Strategie ist es, daß die EZB flexibel auf die Marktanforderungen reagieren kann. In einer schlechten wirtschaftlichen Lage kann sie beispielsweise die Zinsen senken und mehr Geld an die Geschäftsbanken vergeben, also eine expansive Geldpolitik betreiben, da aufgrund des geringen Wirtschaftswachstums auch die Inflationsgefahren gering sind. Dann können Banken sich leichter refinanzieren, deshalb werden mehr Kredite vergeben und die Zinsen gesenkt, was Investitionen und Konsum stimuliert. In einer Hochkonjunktur besteht hingegen die Gefahr, dass es zu einer stärkeren Inflation kommt. Dann betreibt die EZB eine kontraktive (restriktive) Geldpolitik, das heißt sie vergibt weniger Geld und erhöht ihre Zinsen, erschwert damit die Kreditvergabe, verteuert Investitionen. Dies alles gilt immer unter der Voraussetzung, dass die aktuelle Inflation keine andere Politik nahe legt: Ist in einer wirtschaftlichen Schwächephase die Inflation hoch, so dürfte die EZB ihre Zinsen dennoch nicht senken.

Kapital und Währungsreserven

Das gezeichnete Kapital der EZB beträgt 5,6 Mrd. Euro. Es wurde von den Nationalen Zentralbanken eingezahlt, welche Zeichner und Inhaber sind. Der Anteil, den eine NZB am Gesamtkapital einzahlen muss, legt ein Schlüssel fest, der sich nach dem Anteil des jeweiligen Mitgliedstaats an der Bevölkerung der Gemeinschaft im vorletzten Jahr vor der Errichtung des ESZB und nach dem Anteil des jeweiligen Mitgliedstaats am Bruttoinlandsprodukt der Gemeinschaft zu Marktpreisen in den fünf Jahren vor dem vorletzten Jahr vor der Errichtung des ESZB richtet. Den größten Anteil hat die Deutsche Bundesbank mit 21 Prozent. Die Gewichtsanteile werden alle fünf Jahre aktualisiert. Neben den NZBen der Eurozone, die das gesamte Kapital einzahlen, müssen die NZBen der anderen EU-Mitgliedstaaten als Beitrag für die Betriebskosten für ihre Teilnahme am ESZB sieben Prozent ihres gezeichneten Kapitals einzahlen.

Weiterhin erhält die EZB von den NZB der Eurozone Währungsreserven mit einem Gegenwert von bis zu 50 Milliarden Euro, wobei momentan etwa 40 Mrd. Euro übertragen wurden. Die Reserven werden alleine von der EZB gehalten und eingesetzt, verwaltet werden sie weiterhin von den NZB. Ab einer gewissen Größe brauchen Geschäfte mit den Reserven die Zustimmung der EZB. Die Beiträge der einzelnen NZB an dem Betrag entsprechen ihrem Anteil am gezeichneten Kapital, wobei die NZB von der EZB eine Gutschrift im Wert ihres Beitrags erhalten. 15 Prozent des Betrags wurden in Form von Gold entrichtet, der Rest als US-Dollar oder japanischer Yen. Ende 2007 entfielen 79,7 Prozent der Währungsreserven auf Dollarbestände und 20,3 Prozent auf den japanischen Yen.

Kontrollmechanismen

Die EZB unterliegt der Kontrolle demokratischer Institutionen und der Öffentlichkeit. Dazu hat die EZB Berichtspflichten zu erfüllen. Dabei handelt es sich vierteljährlich um einen Bericht über die Tätigkeit des Eurosystems, jede Woche um einen konsolidierten Ausweis und um einen Jahresbericht über ihre Tätigkeit und die Geld- und Währungspolitik des aktuellen und des abgelaufenen Jahres. Den Jahresbericht erhalten das Europäische Parlament, die Europäische Kommission, der Europäische Rat und der Rat der Europäischen Union.

Neben dieser Kontrolle unterliegt die Arbeit der EZB auch der Aufsicht von externen Rechnungsprüfern, die den Jahresabschluss prüfen, dem Europäischen Rechnungshof, der die Effizienz der Verwaltung prüft, und internen Kontrollinstanzen. Hierzu zählen eine interne Revision, die direkt dem Direktorium unterstellt ist und die nach branchenüblichen, vom Direktorium festgelegten Richtlinien arbeitet, sowie eine interne Kontrollstruktur, für die jede Organisationseinheit, wie eine Abteilung oder Direktion, selbst verantwortlich ist. Um die Nutzung von Insiderinformationen zu verhindern, gibt es sogenannte Chinese Walls, zum Beispiel zwischen den Geschäftsbereichen für die Durchführung der Währungspolitik und den Bereichen für die Währungsreserven- und Eigenmittelverwaltung.

Für die Mitarbeiter der EZB und die Mitglieder des EZB-Rates gilt ein Verhaltenskodex, nach dem die Mitarbeiter keine Insidergeschäfte tätigen dürfen. Ein Berater in ethischen Angelegenheiten soll bezüglich des beruflichen Verhaltens und der Geheimhaltung Orientierungshilfe leisten. Auf Beschlußs des Europäischen Parlaments wurde am 1. Januar 2002 ein interner Datenschutzbeauftragter ernannt. Im Auftrag des EZB-Rates führt der Ausschuß für interne Revision Prüfungen durch. Er ist für das ganze ESZB zuständig und koordiniert die Revisionen. Zur Betrugsbekämpfung wird die EZB seit 2004 vom Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) kontrolliert. Seit 1999 hatte sie ein eigenes Programm zur Betrugsbekämpfung und einen Ausschuss für Betrugsbekämpfung, da sie wegen ihrer Unabhängigkeit nicht vom OLAF kontrolliert werden wollte. Die Kommission klagte gegen diese Entscheidung vor dem Europäischen Gerichtshof und erhielt Recht. Der Gerichtshof erklärte, daß die EZB in den Gemeinschaftsrahmen eingefügt“ ist, der Gesetzgeber aber darauf achten müsse, daß die Unabhängigkeit gewährt bleibe.

Die EZB bemüht sich, von sich aus Transparenz herzustellen, das heißt der Öffentlichkeit und den Märkten die wichtigen Informationen über ihre Strategie, Einschätzungen, ihre geldpolitischen Entscheidungen sowie über ihre Verfahren offen, klar und zeitnah bereit zu stellen. Die EZB will der Öffentlichkeit vermitteln, welche Ziele sie mit welchen Mitteln verfolgt. Durch die Transparenz, die auch von den meisten anderen Zentralbanken für notwendig gehalten wird, soll die Glaubwürdigkeit und damit die Wirkung der Geldpolitik gestärkt werden.

Die Transparenz beruht auf der Glaubwürdigkeit, der Selbstdisziplin und der Vorhersehbarkeit. Die Glaubwürdigkeit soll durch die umfassende und klare Information der Öffentlichkeit über Auftrag und Aufgaben der EZB sowie der Erfüllung erreicht werden. Die EZB veröffentlicht dazu neben ihrer Einschätzung der Wirtschaftslage auch ihre Ansichten über die Grenzen der Geldpolitik. Die Transparenz soll die Selbstdisziplin und Konsistenz in der Geldpolitik bringen, da die Arbeit der Entscheidungsträger leichter überprüft werden kann.

Zur Vorhersehbarkeit ihrer Entscheidungen gibt die EZB ihre Einschätzung der Wirtschaftsentwicklung und ihre geldpolitische Strategie bekannt. Dadurch werden die geldpolitischen Maßnahmen vorhersehbar, und es kommt am Markt zu einer effizienteren und richtigeren Erwartungsbildung. Durch korrekte Erwartungen verringert sich die Zeit zwischen dem Ergreifen von Maßnahmen und deren Wirkung, die Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung wird beschleunigt und die Wirksamkeit der Geldpolitik gesteigert.

Gemeinsam mit den NZBen und den zuständigen Behörden der EU überwacht die EZB die Entwicklung auf dem Bankensektor und in anderen Finanzsektoren, wofür der ESZB-Ausschuß für Bankenaufsicht gegründet wurde. Dazu werden Widerstandsfähigkeit und Schwachstellen der Finanzsektoren bewertet. Fünf Geschäftsbereiche der EZB, Finanzstabilität (als Koordinator), Volkswirtschaft, Finanzmarktsteuerung, Internationale und europäische Beziehungen, Zahlungsverkehrssysteme, sind an der Überwachung beteiligt. Die Ergebnisse werden einmal pro Jahr veröffentlicht. Die EZB berät auch nationale und Behörden auf EU-Ebene bei der Festlegung finanzieller Bestimmungen und aufsichtsrechtliche Anforderungen und fördert die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden der EU und den Zentralbanken.

Nach der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der EZB kann die EZB besondere Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über die Kreditinstitute und sonstige Finanzinstitute mit Ausnahme von Versicherungsunternehmen wahrnehmen. Die Bankenaufsicht bleibt aber bei den Mitgliedstaaten, in Deutschland ist dafür die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zuständig, die dabei von der Deutschen Bundesbank unterstützt wird.

zurück
Europarat (ER)

Einführung

europarat-logo.jpgDer "Europarat" (englisch: Council of Europe) ist eine am 5. Mai 1949 gegründete und heute 47 Staaten umfassende europäische, internationale Organisation. Er versteht sich als Forum für Debatten über allgemeine europäische Fragen. Seine Satzung sieht eine allgemeine Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten zur Förderung von wirtschaftlichem und sozialem Fortschritt vor. Der Sitz des Europarats ist in Straßburg im Europapalast. Am 5. Mai wird alljährlich der Europatag des Europarates gefeiert.

Der Europarat ist institutionell nicht mit der Europäischen Union verbunden, auch wenn beide dieselbe Flagge und dieselbe Hymne verwenden. Der Europarat ist auch nicht zu verwechseln mit dem Europäischen Rat und dem Rat der Europäischen Union (Ministerrat).

Geschichte

Der Europarat erhielt am 5. Mai 1949 von Belgien, Dänemark, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Norwegen, Schweden und Großbritannien im Londoner Zehnmächtepakt sein formales Statut. Er ist damit die älteste originär politische Organisation Europas. Gegründet wurde er von der European Conference on Federation auf Betreiben des American Committee for a United Europe. Bereits 1946 hatte sich der britische Oppositionsführer Winston Churchill für eine Art "Vereinigte Staaten von Europa" ausgesprochen.

Neben der wirtschaftlichen OEEC und der militärischen Kooperation in der NATO nahm mit dem Europarat die politische Einigung des Kontinents konkrete Formen an. Die Türkei ist seit 1949 Mitglied des Europarates.

Zielsetzung

In Rahmen des Europarates werden zwischenstaatliche, völkerrechtlich verbindliche Abkommen mit dem Ziel abgeschlossen, das gemeinsame Erbe zu bewahren und wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt zu fördern.

Seit 1993 widmet sich der Europarat verstärkt der Wahrung der demokratischen Sicherheit. Dazu zählen der Einsatz für die Menschenrechte, die Sicherung demokratischer Grundsätze sowie rechtsstaatliche Grundprinzipien Bekämpfung des Terrorismus Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts.

Organe

Die zwei Hauptorgane des Europarats sind das Ministerkomitee, in welchem die Mitgliedstaaten durch ihren Außenminister vertreten werden, sowie die Parlamentarische Versammlung des Europarates, in welche die Parlamente der Mitgliedstaaten Vertreter entsenden. Präsident der Parlamentarischen Versammlung ist seit Januar 2008 der Spanier Lluís Maria de Puig. Der Kongress der Gemeinden und Regionen bildet neben der parlamentarischen Versammlung und dem Ministerkomitee die dritte Säule des Europarates und ist beratendes Organ.

Beide Organe werden unterstützt von einem Sekretariat, das vom Generalsekretär des Europarates geleitet wird. Dieser wird von der Parlamentarischen Versammlung gewählt. Angegliedert an den Europarat ist der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, der über die Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention wacht sowie das Verwaltungsgericht.

Das Direktorat für Jugend und Sport des Europarates verfügt über ein Co-Management-System. Dieses Co-Management-System ermöglicht Jugendvertreter aus Europäischen Jugendorganisationen die direkte und gleichberechtigte Teilhabe an Entscheidungen der Mitgliedsländer des Europarates im Bereich Jugend und Sport.

zurück
Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE)

Einführung

Die "Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa" (KSZE) war eine Folge von blockübergreifenden Konferenzen der europäischen Staaten zur Zeit des Ost-West-Konfliktes. Die erste Konferenz fand vor allem auf Initiative des Warschauer Paktes ab dem 3. Juli 1973 in Helsinki statt. Teilnehmer waren 35 Staaten, nämlich die USA, Kanada, die Sowjetunion und alle europäischen Staaten mit Ausnahme von Albanien.

Vorgeschichte

Erste Anregungen zu einer "europäischen Sicherheitskonferenz" gab es bereits in den 1950-er Jahren. 1954 schlug der sowjetische Machthaber Nikita Chruschtschow erstmals eine solche Konferenz vor, ein weiterer Vorschlag erfolgte 1957 durch den polnischen Außenminister Adam Rapacki. Westliche Vorbehalte (insbesondere von deutscher Seite) verhinderten jedoch lange das Zustandekommen einer solchen Konferenz, die der Hallstein-Doktrin widersprochen hätte.

Erst die neue deutsche Ostpolitik unter Willy Brandt schuf die Voraussetzung für das Zustandekommen der Konferenz. Am 26. Februar 1972 stimmte US-Präsident Richard Nixon beim Gipfeltreffen mit Leonid Breschnew in Moskau nach Absprache mit den den westlichen Verbündeten der Eröffnung der Konferenz.

Schlußakte von Helsinki

Die Schlußakte von Helsinki ist in drei sog. "Körbe" gegliedert:

Korb I: Prinzipiendekalog

Der "Korb 1" enthält Bestimmungen über ...

- Souveräne Gleichheit, Achtung der Souveränität innewohnenden Rechte,
- Enthaltung von der Androhung oder Anwendung von Gewalt,
- Unverletzlichkeit der Grenzen,
- Territoriale Integrität der Staaten,
- Friedliche Regelung von Streitfällen,
- Nichteinmischung in innere Angelegenheiten,
- Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, einschließlich der Gedanken-, Gewissens-, Religions- oder Überzeugungsfreiheit,
- Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker.
- Zusammenarbeit zwischen den Staaten und
- Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen nach Treu und Glauben

Korb II: Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft, Technik und Umwelt, Sicherheit in Europa

Der "Korb 2" enthält Bestimmungen über ...

- Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft,
- Wissenschaft,
- Technik und Umwelt und
- Sicherheit in Europa.

Korb III: Grundsätze der Zusammenarbeit in humanitären und anderen Bereichen, Erleichterung von menschlichen Kontakten über die Blockgrenzen hinweg, Informationsaustausch

Der "Korb 3" beinhaltet Bestimmungen über ...

- Grundsätze der Zusammenarbeit in humanitären und anderen Bereichen,
- Erleichterung von menschlichen Kontakten über die Blockgrenzen hinweg und
- Informationsaustausch.

Sonstiges

Außerdem enthält die Schlußakte von Helsinki eine Präambel, einen Schlußteil mit dem Titel "Folgen der Konferenz" sowie Vereinbarungen über konkrete militärische Maßnahmen der Vertrauensbildung. Hierzu gehörte die Ankündigung von Manövern ab 25.000 Soldaten mindestens 21 Tage im Voraus und die Einladung von Beobachtern zu diesen Manövern.

Nicht Gegenstand der KSZE-Verhandlungen waren konkrete Abrüstungsvereinbarungen. Diese wurden parallel bei den Mutual and Balanced Force Reductions-Verhandlungen in Wien durchgeführt und 1989 nach sechzehn Jahren ergebnislos abgebrochen.

Folgen der Konferenz

Die Konferenz war von einem Tauschgeschäft geprägt. Für den Ostblock brachte sie die Anerkennung der Grenzen der Nachkriegsordnung und einen stärkeren wirtschaftlichen Austausch mit dem Westen. Im Gegenzug machte der Osten Zugeständnisse bei den Menschenrechten.

Unmittelbar nach der Konferenz galt in den Augen vieler Beobachter der Ostblock als eigentlicher Gewinner der Konferenz, da erstmals die Grenzen der osteuropäischen Staaten (insbesondere Polens und der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik) in einem internationalen Vertrag anerkannt wurden, das Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten festgeschrieben und auch die Grundlagen für (vom RGW-Raum gewünschte) Wirtschaftsbeziehungen geschaffen wurden.

Erst später zeigte sich, dass der sich mit den Menschenrechten befassende Teil (Korb 3) ein größeres Gewicht besaß, der von den RGW-Staaten wohl zunächst nicht ernst genommen worden war. Er war Grundlage für die Arbeit vieler osteuropäischer Dissidenten und Menschenrechtsorganisationen. Dazu zählen zum Beispiel die Bürgerrechtsbewegung in der DDR, die Charta 77 in der CSSR oder Human Rights Watch, die sich auf die Akte von Helsinki beriefen. Sie trugen zum Zusammenbruch des Ostblocks bei, so daß die KSZE maßgeblich zum Ende des Ost-West-Konflikts beitrug.

Der Helsinki-Prozeß wurde unter anderem mit den KSZE-Folgekonferenzen in Belgrad (1977-78), Madrid (1980-83), Wien (1986-89) und wiederum Helsinki (1992) fortgeführt.

Anfangs der 1990er Jahre bildete die "Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa" (KSZE) eine zentrale Rolle bei der Neugestaltung der gesamteuropäischen Sicherheit, was einem Bedürfnis der neuen Demokratien in Ostmitteleuropa, aber auch von Deutschland und Rußland entsprach. Nach dem Zerfall der Sowjetunion und des Ostblocks sowie mit der Charta von Paris vom November 1990 wurde der Ost-West-Konflikt beendet. Damit hatte auch die KSZE ihre bisherige Funktion verloren.

Umbenennung in OSZE

Beim KSZE-Gipfeltreffen am 5. und 6. Dezember 1994 in Budapest wurde beschlossen, die KSZE in eine Organisation umzuwandeln und mit Wirkung vom 1. Januar 1995 in "Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa" (OSZE) umzubenennen.

zurück
Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE)

Einführung

osze-logo.jpgDie "Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa" (OSZE) ist eine verstetigte Staatenkonferenz zur Friedenssicherung. Sie entstand zum 1. August 1975 mit der Schlußakte von Helsinki aus der vormaligen "Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa" (KSZE). Die Umbenennung wurde am 1. Januar 1995 wirksam. Sie hat 56 Teilnehmerstaaten, nämlich alle Staaten (West-)Europas, die Nachfolgestaaten der Sowjetunion sowie die USA und Kanada. Der Sitz des Generalsekretariats und der wichtigsten Gremien ist Wien.

Ziele der Organisation

Die Ziele der OSZE sind die Sicherung des Friedens und der Wiederaufbau nach Konflikten. Sie sieht sich selbst als stabilisierenden Faktor in Europa. Als regionale Abmachung nach Kapitel VIII der Charta der Vereinten Nationen soll die OSZE nach dem Subsidiaritätsprinzip als erster internationaler Ansprechpartner bei Konflikten innerhalb ihres Wirkungsbereiches dienen. Sie wird als System kollektiver Sicherheit angesehen und steht damit durchaus in Konkurrenz zur NATO, die allerdings deutlich militärischer ausgerichtet ist. Nach dem Prinzip "OSZE zuerst" arbeitet sie auch mit Internationalen Organisationen zusammen.

Aktivitäten

Die Aktivitäten der OSZE gliedern sich in drei Themenbereiche, die auf die drei Körbe der Schlußakte von Helsinki zurückgehen. Diese sind die politisch-militärische Dimension, die Wirtschafts- und Umweltdimension und die humanitäre (Menschenrechts-)Dimension.

Gremien und Organe

Einführung

Die OSZE hat folgende Gremien und Organe:

- Amtierender Vorsitz )unterstützt durch den Generalsekretär Gipfel der Staats- und Regierungschefs; Treffen unregelmäßig, zuletzt 1999),
- Ministerrat (jährliches Treffen),
- Ständiger Rat (Wien, mindestens eine wöchentliche Tagung),
- Komitees der drei Dimensionen,
- Parlamentarische Versammlung,
- Forum für Sicherheitskooperation (kann Beschlüsse im militärisch-politischen Bereich fassen, Treffen wöchentlich),
- OSZE-Missionen und Feldoperationen,
- Büro für Demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR, Office on Democratic Institutions and Human Rights),
- Hoher Kommissar für nationale Minderheiten und
- Beauftragter für die Freiheit der Medien (RFOM, Representative on Freedom of the Media).

Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte

Das Büro (allgemein mit englischen Abkürzung ODIHR bezeichnet) ist die sog. "Hauptinstitution der Menschlichen Dimension" (Korb III) der OSZE. Ursprünglich war das Büro für Freie Wahlen, eine Institution für internationale Wahlbeobachtung, die Komponente der Menschlichen Dimension im Institutionenpaket, über das auf dem Pariser Gipfel der KSZE 1990 verhandelt werden sollte.

Seine erste Aufgabe bestand darin, die Wahlen in den ehemaligen Ostblock-Staaten Mittel- und Osteuropas sowie in den zentralasiatischen Republiken der ehemaligen Sowjetunion zu beobachten. Mit dem Helsinki-Dokument von 1992 wird das ODIHR weiter gestärkt, Norwegen ließ den Begriff der Menschenrechte in den Institutionentitel aufnehmen.

In der Folge organisiert das ODIHR alle zwei Jahre ein Implementierungstreffen in Warschau, das die Einhaltung der OSZE-Verpflichtungen aus Korb III überwacht und an dem neben den OSZE-Teilnehmerstaaten auch andere zwischenstaatliche Organisationen und Nichtregierungsorganisationen teilnehmen. Darüber hinaus organisiert es Seminare, unterstützt die Missionen der OSZE und den Aufbau demokratischer Strukturen durch vielfältige andere Maßnahmen, sammelt Informationen und stellt sie zur Verfügung und publiziert Anleitungen. Weiterhin macht die Wahlbeobachtung einen großen Teil der Aktivitäten aus.

Wirtschafts- und Umweltdimension

Die Wirtschafts- und Umweltdimension geht auf den 2. sog. "Korb" von Helsinki (Zusammenarbeit in den Bereichen Technologie, Wissenschaft, Wirtschaft und Umwelt) zurück. In der Wirtschafts- und Umweltdimension kümmert sich die Organisation unter anderem um die Bekämpfung von Korruption, Geldwäsche, Finanzierung des Terrorismus, organisierter Kriminalität, sowie Internetkriminalität. Außerdem fördert die OSZE Zusammenarbeit im Umweltbereich, der Wasserverwaltung, Migrationsfragen und Energie.

Hoher Kommissar für nationale Minderheiten

Der Posten des Hohen Kommissars für nationale Minderheiten (HKNM) wurde auf dem Gipfel 1992 in Helsinki geschaffen. Das Büro des HKNM befindet sich in Den Haag und beschäftigt ca. zehn Mitarbeiter.

Geprägt wurde dieses Amt der stillen Diplomatie seit 1992 durch den Niederländer Max van der Stoel, der 2001 von dem Schweden Rolf Ekéus abgelöst wurde. Der aktuelle Hohe Kommissar ist der Norweger Knut Vollebæk. Das Amt soll Spannungen, die den Frieden, die Stabilität oder die guten Beziehungen zwischen den OSZE-Teilnehmerstaaten gefährden könnten und sich aus ethnischen Spannungen entwickeln, erkennen und lösen. Sein Mandat erlaubt dem Hohen Kommissar (High Commissioner on National Minorities, HCNM) das frühe Eingreifen, also die Präventivdiplomatie.

Das Mandat des HKNM ist im Vergleich zu den bisherigen Instrumenten der Konfliktbekämpfung innovativ, da es die zwischenstaatliche Ebene verlässt und so ein direktes Ansetzen im betroffenen Staat ermöglicht. Der HKNM dient der Frühwarnung bei Spannungen in Bezug auf nationale Minderheiten und er kann im Zuge seines Engagements zum Ergreifen von Frühmaßnahmen vom Hohen Rat ermächtigt werden.

Beauftragter für die Freiheit der Medien

Schließlich wird mit der Verabschiedung des Mandats mit der Entscheidung 193 auf der Sitzung des Ständigen Rats am 5. November 1997 als jüngste dieser drei unabhängigen Institutionen das Amt des Beauftragten für Medienfreiheit (Representative on Freedom of the Media, RFOM) mit Sitz in Wien eingerichtet.

Die Schaffung der Institution des OSZE-Beauftragten für Medienfreiheit geht auf eine deutsche Initiative zurück. Sie beruht auf der Anerkennung der besonderen Bedeutung von OSZE-Verpflichtungen hinsichtlich der Freiheit der Meinungsäußerung und der Rolle freier und pluralistischer Medien. Der Auftrag für die Schaffung der neuen Institution erging durch den OSZE-Gipfel, der im Jahr 1996 in Lissabon stattfand. Das Mandat wurde durch den Ministerrat in Kopenhagen (Dezember 1997) verabschiedet, durch den auch die Ernennung von MdB a. D. Freimut Duve zum ersten OSZE-Beauftragten für Medienfreiheit erfolgte. Sein Nachfolger ist seit März 2004 der Ungar Miklós Haraszti. Der Medienbeauftragte hat vergleichbar dem Hohen Kommissar für nationale Minderheiten der OSZE eine Frühwarnfunktion. Er wird tätig bei Einschränkungen der Medienfreiheit, die in der Regel Anzeichen einer konfliktträchtigen politischen Entwicklung sind. Bei Verdacht auf ernste Verstöße gegen OSZE-Prinzipien hat der Medienbeauftragte die Möglichkeit, direkte Kontakte mit dem Teilnehmerstaat und anderen Parteien aufzunehmen und den Sachverhalt zu beurteilen sowie dem Teilnehmerstaat Hilfestellung zu leisten und zur Lösung des Problems beizutragen.

Weitere Gremien und Institutionen

Nicht unmittelbar zur OSZE gehörig, jedoch an die Organisation in Wien angebunden, ist die OSCC, die für die Umsetzung des Vertrags über den Offenen Himmel (Open Skies) verantwortlich ist.

Geschichte

Vorläufer der OSZE war die "Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa" (KSZE). Die erste dieser multinationalen Konferenzen fand von 1973 bis 1975 in Helsinki statt. Teilnehmer der blockübergreifenden Konferenz waren alle europäischen Staaten (mit Ausnahme von Albanien), die Sowjetunion sowie die USA und Kanada.

Die Konferenz war von einem Tauschgeschäft geprägt: Für den Ostblock brachte sie die Anerkennung der Grenzen der Nachkriegsordnung und einen stärkeren wirtschaftlichen Austausch mit dem Westen. Im Gegenzug machte der Osten Zugeständnisse bei den Menschenrechten. In den Folgejahren entstanden in mehreren sozialistischen Ländern Bürgerrechtsbewegungen, die sich auf die Schlussakte von Helsinki beriefen und zum Zusammenbruch des Ostblocks beitrugen, so daß die KSZE entscheidend zum Ende des Ost-West-Konflikts beitrug.

Die ursprünglich als einmalige Veranstaltung geplante Konferenz wurde unter anderem mit den KSZE-Folgekonferenzen in Belgrad (1977-78), Madrid (1980/83), Wien (1986/89) und wiederum Helsinki (1992) fortgeführt. Beim KSZE-Gipfeltreffen am 5. und 6. Dezember 1994 in Budapest wurde beschlossen, die KSZE zu institutionalisieren und mit Wirkung vom 1. Januar 1995 in Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) umzubenennen.

zurück
PostEurop

Einführung

"PostEurop" ist die Vereinigung von 48 großen europäischen Postunternehmen mit Sitz in Brüssel, Belgien. PostEurope arbeitet im Weltpostverein mit.

PostEurop wurde 1993 gegründet, da nach der Liberalisierung des Postmarktes die Interessen der Postunternehmen durch eine eigene europäischen Vereinigung wahrgenommen werden sollten, während die Vorgängerorganisation CEPT in eine Organisation der europäischen Regulierungsbehörden für das Post- und Telekommunikationswesen umgewandelt wurde. Während 2008 noch vornehmlich die ehemals staatlichen Postunternehmen Mitglieder sind, strebt PostEurop an der Branchenverband in Europa zu werden.

Seit 1993 koordiniert PostEurop die jährlichen Ausgaben der Europamarken, eine Aufgabe, die zuvor die CEPT wahrgenommen hat.

Mitglieder

PostEurop hat 2008 48 Mitgliedsunternehmen aus 46 Staaten. Bosnien-Herzegowina ist mit drei Unternehmen im Verband vertreten (je eines für den muslimischen, den kroatischen und den serbischen Teil). Deutschland ist durch die Deutsche Post AG vertreten, die Schweiz durch die Swiss Post und Österreich durch die Österreichische Post AG.

zurück
Rat der Europäischen Union

Einführung

rat-der-eu.jpgDer "Rat der Europäischen Union", umgangssprachlich auch als (EU-)Ministerrat bezeichnet, ist das wichtigste Entscheidungsorgan der Europäischen Union. Der Rat ist Teil des politischen Systems der EU. Er setzt sich aus den Vertretern jedes Mitgliedstaats auf Ministerebene zusammen. Je nach behandeltem Thema kommen die Vertreter unterschiedlicher Ressorts zusammen. Sitz des Rats ist das Consilium, das Justus-Lipsius-Gebäude in Brüssel und in den Monaten April, Juni und Oktober tagt dieser in Luxemburg.

Der Rat nimmt zusammen mit dem Europäischen Parlament Rechtsetzungsbefugnisse im Rahmen der EU wahr (Sekundärrecht), ist also Teil der Legislative. Seine Mitglieder sind in ihren Mitgliedstaaten jedoch Teil der nationalen Regierungen, also der Exekutive.

Die Funktionsweise des Rats ist im EG-Vertrag geregelt. Formal ist er damit ein Organ der Europäischen Gemeinschaft, der sogenannten "ersten Säule" der EU. Im Wege der Organleihe wird er jedoch auch für die beiden anderen "Säulen" - die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen - tätig, die im EU-Vertrag geregelt sind. In den Verträgen selbst wird der Rat nur als Rat bezeichnet. Um ihn jedoch von anderen Institutionen mit ähnlichem Namen zu unterscheiden, hatte sich der Name "Rat der Europäischen Gemeinschaften" eingebürgert. Seit der Gründung der Europäischen Union mit dem Vertrag von Maastricht 1992 ist die Bezeichnung "Rat der Europäischen Union" gebräuchlich.

Organisation

Der Rat ist ein einheitliches Organ, tagt aber auf Grund der unterschiedlichen Politikbereiche in unterschiedlichen Zusammensetzungen - den sogenannten Ratsformationen, bei denen jeweils die Minister unterschiedlicher Ressorts zusammentreffen. Bis Juni 2000 tagte der Rat zeitweise in 20 Zusammensetzungen. Danach wurde die Zahl zunächst auf 16, im Juni 2002 weiter auf neun reduziert. Jede Formation setzt sich aus je einem Vertreter jedes Mitgliedstaats auf Ministerebene zusammen. Diese Vertreter sind nach Art. 203 EG-Vertrag befugt, jeweils für ihre Regierung verbindlich zu handeln. Deshalb können föderal verfasste Mitgliedstaaten auch Minister der subnationalen Ebene in die Ratssitzungen entsenden.

Auf Botschafterebene werden die verschiedenen Formationen vom Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) vorbereitet, einem Gremium der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten bei der EU. Der AStV gilt als eine zentrale Koordinationsinstanz zwischen den Mitgliedsstaaten im Rat. Er ist aufgeteilt in AStV I (in der Regel binnenmarktrelevante Themen) und AStV II (vertragsrelevante, außenpolitische und finanzpolitische Themen). Daneben hat der Rat für Landwirtschaft und Fischerei ein eigenes vorbereitendes Komitee, den Sonderausschuss Landwirtschaft (SAL).

Für bestimmte, im EG-Vertrag genannte Entscheidungen (etwa die Wahl des Kommissionspräsidenten oder etwa bei Entscheidungen hinsichtlich der Wirtschafts- und Währungsunion und dem EZB-Direktoriums) tagt der Rat auch in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs. Er entspricht dann in der Zusammensetzung dem Europäischen Rat. Während allerdings der Europäische Rat grundsätzlich im Konsens, also einstimmig, entscheidet, gelten für den Rat die jeweils im EG- oder EU-Vertrag vorgesehenen Abstimmungsregeln.

Die Ratsformationen treten in der Regel zweimal pro Ratspräsidentschaft, also alle drei Monate, zusammen. Der Allgemeine Rat, der Rat für Landwirtschaft und Fischerei und der Rat für Wirtschaft und Finanzen tagen häufiger, teilweise monatlich.

Für Verwaltungs- und Übersetzungstätigkeiten verfügt der Rat über ein Generalsekretariat mit ca. 2.500 Mitarbeitern. Der Generalsekretär des Rats nimmt dabei laut EU-Vertrag zugleich auch das Amt des Hohen Vertreters für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik ein. Nähere Regelungen zur Organisation enthält die Geschäftsordnung des Rates der Europäischen Union.

Stimmenverteilung

Je nachdem, in welchen Politikbereich die Vorlagen fallen, über die der Rat entscheidet, sieht der EG-Vertrag verschiedene Abstimmungsverfahren vor. In reinen Verfahrensfragen beschließt der Rat meist mit einfacher Mehrheit seiner Mitglieder. Bei Fragen, denen die Mitgliedstaaten eine hohe strategische Bedeutung zumessen – etwa in der Außen- und Sicherheitspolitik und der Zusammenarbeit in Strafsachen – beschließt der Rat einstimmig. Für die meisten Politikbereiche jedoch gilt seit Inkrafttreten des Vertrages von Nizza ein Verfahren der qualifizierten Mehrheit.

Für dieses qualifizierte Mehrheitsverfahren werden jedem Mitgliedstaat durch den EG-Vertrag eine bestimmte Anzahl an Stimmen zugewiesen, die von drei (Malta) bis 29 (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien) reichen. Für die Verabschiedung eines Rechtsakts sind dann sowohl eine einfache Mehrheit der Mitgliedstaaten als auch eine Mehrheit von 255 der 345 Stimmen notwendig. Auf Antrag eines Mitgliedstaates muss darüber hinaus festgestellt werden, ob die zustimmenden Mitgliedstaaten mindestens 62 Prozent der EU-Bevölkerung umfassen.

Die Stimmenverteilung richtet sich grob nach der Bevölkerungszahl der Mitgliedstaaten, wobei jedoch die kleinen Staaten proportional bevorzugt sind (sog. degressive Proportionalität).

Durch den Vertrag von Lissabon, der noch nicht von allen Mitgliedstaaten ratifiziert wurde, soll das derzeitige System der qualifizierten Mehrheit ab 2014 durch ein Verfahren der doppelten Mehrheit ersetzt werden. Dabei entfällt die Gewichtung der Mitglieder nach Stimmen. Stattdessen sollen für eine Entscheidung grundsätzlich 55 Prozent der Mitgliedstaaten notwendig sein, die zugleich mindestens 65 Prozent der EURatspräsidentschaft-Bevölkerung repräsentieren müssen.

Ratspräsidentschaft

Die Ratspräsidentschaft wird von einem Mitgliedstaat der EG wahrgenommen und wechselt halbjährlich. Am 12. Dezember 2005 hat der Rat der Europäischen Union die Reihenfolge für die Wahrnehmung des Vorsitzes im Rat bis 2018 festgelegt. Den Vorsitz in den einzelnen Ratssitzungen führen die Fachminister oder andere, besonders ernannte Vertreter aus dem Mitgliedstaat, der die jeweilige Ratspräsidentschaft ausübt.

Seit 2007 wird der Vorsitz im Rat in Form einer sog. "Triopräsidentschaft" jeweils für einen Zeitraum von achtzehn Monaten von einer Gruppe von jeweils drei Mitgliedsländern ausgeübt. Dabei nimmt weiterhin jeweils ein Staat für sechs Monate den Vorsitz ein, die drei Staaten präsentieren aber ein gemeinsames Programm und können einander auch beim Vorsitz einzelner Ratssitzungen vertreten. Im – noch nicht ratifizierten – Vertrag von Lissabon soll dieses Modell der Triopräsidentschaft auch vertraglich festgeschrieben werden.

zurück
Europäische Finanzstabilisierungsfazilität

efsf-logo.jpgDer EFSF ist eine Vereinbarung der am Euro beteiligten Staaten, die allein dem Zweck dient, das Volumen der auf Grund der VO (EU) Nr. 407/2010 gewährten Kredite zu erhöhen. Sie wurde am 10. Mai 2010 von den Regierungen der Euro-Staaten beschlossen. Es geht dabei um Kreditausfallbürgschaften in Höhe von bis zu 440 Mrd. Euro.

In Deutschland hatte der Bundestag der EFSF mit dem Stabilisierungsmechanismusgesetz zugestimmt. Die Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes war umstritten, denn in Betracht kam ebenfalls ein Verstoß gegen die No-bailout-Klausel des Art. 125 AEU-Vertrag. Das Bundesverfassungsgericht hatte eine Verfassungsbeschwerde gegen das deutsche Zustimmungsgesetz abgewiesen und die Beschwerdeführer hatten einen Verstoß gegen die Art. 14 und Art. 38 gerügt. Kredite aus der EFSF erhielten Griechenland, Irland und Portugal.

Die "Europäische Finanzstabilisierungsfazilität" (kurz: EFSF, englisch: European Financial Stability Facility) ist eine Aktiengesellschaft (société anonyme) nach luxemburgischem Recht mit Sitz in Luxemburg (Stadt) und dient als provisorischer vorläufiger Stabilisierungsmechanismus. Sie wurde am 7. Juni 2010 gegründet und am 4. August 2010 voll handlungsfähig. Seit dem 1. Juli 2013 war der "Europäische Stabilitätsmechanismus" (ESM) die einzige Institution für die finanzielle Unterstützung von Mitgliedstaaten des Euroraums. Seit diesem Tag ist die EFSF nicht mehr für die Finanzierung von Programmen oder neuen Kreditfazilitäten zuständig.

zurück
Europäischer Stabilitätsmechanismus

Der "Europäische Stabilitätsmechanismus" (ESM) war ursprünglich als Nachfolgeinstitution der "Europäischen Finanzstabilisierungsfazilitä"t (EFSF) geplant, existierte seitdem aber parallel. Mit dem ESM sollte ein dauerhafter Mechanismus zur Stabilisierung des Euro eingerichtet werden. Der Europäische Rat hat am 25. März 2011 folgende Änderung des Art. 136 AEU-Vertrag beschlossen: Die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, können einen Stabilitätsmechanismus einrichten, der aktiviert wird, wenn dies unabdingbar ist, um die Stabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt zu wahren. Die Gewährung aller erforderlichen Finanzhilfen im Rahmen des Mechanismus wird strengen Auflagen unterliegen.

Das Zustimmungsgesetz zu dieser Vertragsänderung hatten Bundestag und Bundesrat am 30. Juni 2012 verabschiedet. Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Eilanträge gegen die Ausfertigung des Gesetzes abgewiesen hatte, wurde es vom Bundespräsidenten ausgefertigt.] Daher trat der Vertrag am 27. September 2012 in Kraft.

Der "Europäische Stabilitätsmechanismus" (kurz: ESM, englisch: European Stability Mechanism, französisch: Mécanisme européen de stabilité) ist somit eine internationale Finanzinstitution mit Sitz in Luxemburg. Er trat am 27. September 2012 mit der Hinterlegung der deutschen Ratifikationsurkunde beim Generalsekretariat des Rates der Europäischen Union in Kraft. Der ESM ist Teil des "Euro-Rettungsschirms" und löste die "Europäische Finanzstabilisierungsfazilität" (EFSF) ablösen. Aufgabe des ESM ist es, überschuldete Mitgliedstaaten der Eurozone durch Notkredite und Bürgschaften zu unterstützen, um deren Zahlungsunfähigkeit zu verhindern.

nach oben