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Die Stadt- und Postgeschichte von Kamp-Lintfort
- Von der Französischen Besatzungszeit bis zur Preußischen Zeit -
Letzte Aktualisierung dieser Seite: 01.09.2013
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Der Niederrhein wird französisch Die politische Neuordnung Das Ende der Zisterzienserabtei im Jahre 1802 nach unten

Der Niederrhein wird französisch

Nachdem das heutige Stadtgebiet mit den Franzosen in Laufe der Geschichte nur "beste Erfahrungen" - bis auf den Kamper Wein und die Besuche französischer Soldateska im Siebenjährigen Krieg - gemacht hatte, zog mit der Französischen Revolution neues Unheil heran: zwischen 1794 und 1814 gehörte der ganze linke Niederrhein - und somit das heutige Stadtgebiet - zu Frankreich.

In Frankreich war 1789 mit dem Sturm auf die Bastille die Revolution ausgebrochen. Im April 1792 kam es zum Krieg mit Österreich, dem sich Preußen als Bündnispartner anschloß. Zunächst war die Deutschen erfolgreich, aber im September 1792 gab es bei Valmy in der Champagne eine Niederlage, die dazu führte, daß die Truppen sich aus Frankreich zurückziehen mußten und das französische Revolutionsheer die Grenze des Deutschen Reiches überschritt.

Die Ansichtskarte zeigt einen Ausschnitt aus dem Altarbild

Am 18. Dezember 1792 kamen Franzosen auch nach Kamp: das Kloster sollte 100.000 holländische Gulden Kriegssteuer bezahlen. Da in bar nur 2.000 Gulden vorhanden waren, wurden der Prior Maurus Meurer und sein Küchemeister Gregorius Kreitz als Geiseln nach Roermond verschleppt. Das Kloster entrichtete 20.000 Gulden und die beiden Geiseln wurden gegen zwei jüngere Mönche, Engelbertus Braun und Albericus Peters ausgetauscht. Beim Abtransport nach Frankreich wurde die Postkutsche überfallen und die Geiseln konnten in die Abtei Ebenbühren fliehen, von wo sie nach Kamp zurückkehrten.

Da das Kloster wegen der nicht bezahlten Forderungen weitere Repressalien durch die Franzosen fürchtete, wurden alle Wertgegenstände nach Wesel in Sicherheit gebracht. Abt Wiegels zog am 5. Oktober 1794 mit den meisten Mönchen nach Schloß Gemen bei Borken. In Kamp selber blieben nur fünf Mönche zurück.

Ab dem 5. Oktober 1794 gab es täglich Patrouillen in der Gegend und Ende des Monats wurde der gesamte Niederrhein vorn französischen Truppen besetzt, die 20 Jahre bleiben sollten. Am 16. Oktober zogen französische Truppen in das Kloster ein. Es wurde verfügt, daß der gesamt Besitz "sequestiert" (= eingezogen) werden sollte. Außerdem wurde die Rückkehr aller Mönche befohlen, was 1795 geschah.

Am 21. Juni 1796 wurden alle Einkünfte des Kloster zu Nationaleinkünften der französischen Republik erklärt. 1798 wurde der Wald beschlagnahmt und dem Kloster schwere Kontributionen auferlegt.

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Die politische Neuordnung

landkarte_1801.jpgDie Franzosen ordneten nach und nach auch die Territorien auf der linken Rheinseite neu, ohne dabei altgewachsene Strukturen wie Herrschafts- oder gar Staatsgebilde zu berücksichtigen.

Nachdem 1795 mit Preußen der Basler Frieden und mit Österreich 1797 der Frieden von Campo-Formino geschlossen worden war, wurde am 17. Februar 1800 die französische Verwaltungsorganisation eingeführt.

Das eroberte Gebiet wurde in vier Departements, die in Arrondissements und dann wieder in Kantone gegliedert waren, eingeteilt.

Kamp-Lintfort gehörte zum Kanton Rheinberg, der zum Arrondissement Krefeld gehörte, das wiederum im Roer-Departement mit der Hauptstadt Aachen lag. An der Spitze des Departements gab es einen Präfekt, in den Arrondissements einen Unterpräfekten, die Stadt- und Landgemeinden erhielten einen Maire (= Bürgermeister) und Adjunkten.

Außerdem gab es in letzteren einen Munizipalrat. Bei einer Bevölkerung unter 2.500 Seelen bestand er aus zehn Mitgliedern. Die Maires, Adjunkten und Munizipalräte wurden durch den Präfekten ernannt.

Die neue Territorialeinteilung von 1800 brachte - auf Grund der Konsularbeschlüsse vom 8. März und 14. Mai 1800 einen Zusammenschluß von Ortschaften zu einer größeren Einheit: die aus sog. Salhöfen hervorgegangenen Orte Lintfort, Kamperbruch, Rossenray und Saalhoff wurden eine selbständige "marie" (= Bürgermeisterei) mit der Bezeichnung "quatre quartiers" (= Vierquartieren).

Als zweite Gemeinde (Mairie) auf dem heutigen Stadtgebiet wurde Kamp (mit Hoerstgen und Eyll) gebildet. Erster Maire von Kamp, Hoerstgen und Eyll wurde Conrad Sax.

Durch den Frieden von Lunéville vom 9. Februar 1801 kamen die linksrheinischen Gebiete endgültig zu Frankreich und die vier französischen Departements wurden per Erlaß vom 9. März 1801 zu Teilen der Französischen Republik erklärt. Der Rhein wurde somit zur neuen Grenze zwischen Frankreich und Deutschland.

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Das Ende der Zisterzienserabtei im Jahre 1802

Im Jahre VII der französischen Revolutionszeitrechnung (1799) lebten in der "Abbay de Camp" nur noch 20 Zisterziensermönche, die 3,9 % der Einwohner Kamps stellten. Abwesend bzw. auswärts tätig waren sieben Mönche. Der Konsularbeschluß vom 9. Juni 1802 über die Aufhebung der geistlichen Korporationen und Stiftungen in den vier rheinischen Departements war am 2. Juli publiziert worden. Die Mitglieder der aufgehobenen Klöster hatten diese innerhalb von zehn Tagen zu verlassen und ihr Ordenshabit abzulegen. Die letzte Buchung für Küchenausgaben der Abtei Kamp war bereits am 29. Juni vorgenommen worden; am 4. Juli 1802 erschien ein französischer Kommissar, "um die Siegel anzulegen". Als die beiden französischen Regierungsbeauftragten, der Kommissar Louis Ferdinand Lepine aus Moers und der Moerser Domänenempfänger Jaques Thilbault, am 4. August 1802 auf dem Kamper Berg eintrafen, war die Abtei schon "völlig ausgeräumt, die Mönche waren abgereist". Die drei in Kamp zurückgebliebenen Mitglieder Friedrich Michels, Alberich Peters und Placidus Schmitter hatte man jedoch zur Abwicklung der Geschäfte mit entsprechender Vollmacht ausgestattet. Bei ihrem Eintreffen bot sich den beiden Regierungsbeauftragten "ein trostloses Bild der Verwahrlosung und bereits erfolgten Ausräumung der ganzen Anlage, die offenbar seit längeren Jahren überhaupt keine Pflege mehr erfahren hatte". Von der im Laufe des 18. Jahrhunderts entfalteten feudalen Pracht war äußerlich kaum noch etwas geblieben. Stichtag, ab dem die staatlichen Pensionen gezahlt wurden, und zugleich Datum der Aufhebung der Abtei war der 9. August 1802. Immerhin sechs Mönche blieben nach 1802 ihrem früheren örtlichen Wirkungskreis treu: Johann Joseph Kreitz, der 1803 allerdings vorübergehend nicht in Kamp lebte, jedoch spätestens 1809 nach dort zurückkehrte, Friedrich Michels als längstlebender und zweifelsfrei profiliertester, Alberich Peters, Quirinus Reuter, Tilmann Schmitter und Christian Schmitz. 1816 hatte sich die Zahl "der wirklich noch lebenden" Pensionsberechtigten bereits auf 12 bzw. 11 reduziert.

Der am 17. September 1802 abgeschlossene Suppressionsetat erfaßte die Pachtgüter der Abtei im Schätzwert von 2.204.530 Francs, den selbstbewirtschafteten Besitz in Kamp von 152,50 kölnischen Morgen im Wert von 100.000 Francs, fünf Waldungen in Kamp und Bergheim mit 850 Morgen im Wert von 1.060.000 Francs, Erbpachtsgefälle, Dritte Garben und Grundrenten im Wert von zusammen 300.000 Francs sowie ausgeliehene Kapitalien bei fünf Schuldnern im Wert von 3.904,50 Francs. Dem standen aufgenommene Anleihen bei sechs Gläubigern in Höhe von 73.600 Francs gegenüber. Im Bereich des Kantons Rheinberg war die Abtei außer auf dem Kamp-Lintforter Gebiet noch in Alpen, Borth, Budberg, Eversael, Rheinberg und Wallach begütert. Die Mobilisierung des in Kamp gelegenen Grundbesitzes mit Ausnahme des für die Seelsorge bestimmten ehemaligen Krankenhauses und der Kirche begann am 8. August 1804 mit der Ersteigerung der von Gerhard Fehmers und Tilmann Schmitter angepachteten Abteigebäude für 27.100 Francs durch P. P. Dutempleleplat aus Brüssel. Neuer Eigentümer wurde am 16. Juni 1806 für 15.200 Francs Jakob Tops aus Verviers. Von diesem erwarben am 10. April 1807 Friedrich Michels, Tilmann Schmitter und Christian Schmitz zusammen mit dem früheren Pförtner der Abtei Gerhard Fehmers sowie dem Rentner Laurenz Hoogen am 10. April 1807 die ehemaligen Abteigebäude. Als letzter erwarb am 30. Juli 1812 der Notar und Bürgermeister von Kranenburg Nikolaus Welter 16 ar Wiese in Kamp aus dem Besitz der "toten Hand".

Teile des früheren Inventars der Abtei Kamp finden sich heute an sehr verschiedenen Stellen. So ist es durchaus möglich, daß zwei Ölgemälde in den Blenden des Sakristeieingangs in der Rheinberger Pfarrkirche St. Peter aus Kamp stammen, waren doch zwei der Zisterzienser des Jahres 1802, nämlich Konrad Brands und Engelbert Braun, Pfarrer an St. Peter in Rheinberg. Ein Reliquiar der hl. Agatha in Form einer Turmmonstranz aus dem frühen 16. Jahrhundert wurde 1806 "aus Kloster Kamp nach Uerdingen gebracht". Pfarrer Michels ließ 1811 die Hälfte des 1700 aufgestellten neuen Chorgestühls entfernen. Nach dem Tode des letzten Kamper Abtes gelangten u.a. ein Agathareliquiar des späten 15. Jahrhunderts, eine Kapelle mit Chormantel, Kasel und zwei Dalmatiken testamentarisch an die Pfarrkirche St. Peter in Uerdingen, die bereits seit 1768 und damit zu Zeiten des ebenfalls aus Uerdingen stammenden Abtes Martin Fabritius verschiedene Kirchengeräte aus Kamp erhalten hatte. Die restaurierte "rote Kapelle" wurde 2002/03 im Rahmen der Sonderausstellung "Bernardus Wiegels, der letze Abt von Kloster Kamp (1785 - 1802)" im Ordensmuseum Abtei Kamp präsentiert. Die Wappenkartusche auf dem Chormantel zeigt im linken Feld die Erdkugel, das Wappen der Abtei Kamp, und im rechten Feld einen geflügelten Drachen, das Wappen des 1612 verstorbenen Abtes Godefridus Draeck aus Lobberich, welcher der Kamper Abtei von 1584 bis zu seinem Tode vorstand. Wegen eines von zwei 1812 ebenfalls vermachten Kelchen kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Uerdingen und Kamp. Dort vertrat man den nämlich Standpunkt, Abt Wiegels hätte "nur über einen Kelch verfügen können, der andere gehöre der Kirche in Camp. Nach langen Unterhandlungen begnügten sich die Camper Geistlichen mit einem schlechtern, ehedem der Kirche in Ürdingen gehörenden Kelche".

Pfarrer Bernhard Striewe notierte 1938, daß sich ein Chorpultschrank aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts, welcher der Schreiner- und Schnitzerfamilie Wolff zugeschrieben wird, zunächst im 1914 eröffneten Kreismuseum in Geldern in der Obhut des Rendanten Jean Real befand und nunmehr im Kreismuseum Kevelaer aufbewahrt wird. Walter Bremen behandelt 1954 einen gotischen Archivschrank, während Dicks 1913 und Mosler 1968 berichten, daß das Portrait des Abtes Johannes Ingenray sowie "ein sehr schönes Flügelgemälde von Jan van Kalkar" 1833 als Dank für zwei geschenkte silberne Messkännchen nebst Teller durch Schenkung des Kirchenvorstandes in den Besitz von Friedrich Johann Freiherr von der Leyen in Krefeld und zwei weitere "wohl auf ähnlichem Wege" an eine namentlich nicht genannte Rheinberger Familie gelangt seien.

1027 Urkunden und 230 Akten der Abtei kamen nach der Säkularisation schließlich in das Königliche Staatsarchiv in Düsseldorf. Bei einem heftigen Sturm am 29. November 1836, der das Dach der Pastorat in Kamp abdeckte, gingen "auch die auf dem Speicher lagernden Briefschaften, Urkunden etc. meistens verloren". Das Kamper Pfarrarchiv wurde 1981/82 auf Ersuchen des Pfarrers Wenzeslaus Welling O. Carm. seitens der damaligen Archivberatungsstelle des Landschaftsverbandes Rheinland von Dr. Dieter Kastner geordnet und verzeichnet. Anderes aber gelangte wieder nach Kamp zurück. So berichtet Pfarrer van Meegen, daß der evangelische Bürgermeister Wilhelm Duven 1856 der Kamper Kirche die Portraits der Äbte Hermann I. und Friedrich Brandt "schenkte" - und damit wohl zurückgab.

Das Kloster auf einer Darstellung vom Ende des 19. Jahrhunderts
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