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Die Stadt- und Postgeschichte von Kamp-Lintfort
- Von der Kurkölnischen Zeit bis zur Französischen Besatzungszeit -
Letzte Aktualisierung dieser Seite: 01.09.2013
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Kamp-Lintfort zu Beginn des 12. Jahrhunderts Die Gründung von Kloster Kamp im Jahre 1123 Die Blütezeit des Klosters Die Reformationszeit Die Barockzeit Die Zeit der Aufklärung nach unten

Kamp-Lintfort zu Beginn des 12. Jahrhunderts

Zunächst kam das heutige Stadtgebiet zu Mittelfranken, dem Reich Lothars, dessen Geschlecht bald ausstarb und im Jahre 925 n. Chr. zu Ostfranken, dem späteren "Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation", wie es offiziell das ganze Mittelalter über hieß.

Diese Karte zeigt die Besiedlung zu Beginn des 12. Jahrhunderts

Ursprünglich fränkisches Krongut wurde das Gebiet rund um Kamp-Lintfort zu Beginn des 11. Jh. Bestandteil des Erzbistums Köln, wobei Hoerstgen eine eigenständige, d. h. reichsunmittelbare Herrschaft war. Wie der Niederrhein zum Erzbistum Köln kam, ist bis heute nicht genau geklärt. Schon zur Zeit des Frankenkönigs Dagobert I. (629 - 639) war der Kölner Bischof Kunibert eng mit ihm befreundet und sein Ratgeber.

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Die Gründung von Kloster Kamp im Jahre 1123

abt_henricus.jpgIm Jahre 1123 n. Chr. war es dann endlich soweit: Erzbischof Friedrich I. bat seinen Bruder, den Abt Arnulf vom Zisterzienserorden in Morimond, Mönche an den Kamper Berg zwecks Gründung eines Klosters zu schicken. Den Aufzeichnungen aus dieser Zeit nach kam wohl Abt Arnulf zunächst nach Köln, um das Vorhaben mit seinem Bruder zu besprechen. Im Spätsommer sollen beide in Rheinberg gewesen sein und dann das Gebiet um Kamp für die Klostergründung bestimmt haben. Als Arnulf wieder in Morimond war, wurde der gemeinsame Bruder Heinrich zum Abt ernannt. Mit zwölf Ordensleuten soll dieser vermutlich am 31. Januar 1123 in Kamp angekommen sein.

Das Kloster Kamp war die erste Gründung eines Klosters der Zisterzienser auf deutschem Boden. Sie brachten alles Notwendige für den Gottesdienst und die tägliche Arbeit, aber auch wertvolle Reliquien (z. B. die Reliquie der Hl. Agatha) mit. die Pergaminurkunden der Abtei Kamp ab dem 12. Jahrhundert enthalten die ältesten schriftlichen Nachrichten über das Stadtgebiet, seine früheren Bewohner und ihre Siedlungsplätze.

Die Gegend war damals ideal für eine Klostergründung, da sie sehr abgelegen war. Da die Zisterzienser ursprünglich ihre Klöster in Tälern errichteten, mutmaßt man, daß die ersten Gebäude nicht auf dem Kamper Berg, sondern in Altfeld errichtet wurden. Wegen der Hitze und der vielen Mücken zog man dann aber auf den Südhang des Kamper Berges.

Überhaupt müssen die ersten Jahre sehr entbehrungsreich gewesen sein: mit Abflußgräben mußte der Moor- und Sumpfboden trocken gelegt und anschließend kultiviert werden. Zur Rodung benutzten die Zisterziensermönche damals schon den sog. "Waldpflug", der in Frankreich entwickelt wurden war. Da die Regeln des Ordens die Speisung von Armen vorschrieb, war Ackerbau besonders wichtig. Sie bauten auch Gemüse und Obst sowie am Südhang des Kamper Berges Wein an. Außerdem stellten Fischteiche die Ernährung sicher. Die Schweine wurden von einem Hirten in den Wald getrieben und auf den Wiesen weideten Schafe.

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Die Blütezeit des Klosters

Schon der zweite Abt, Theoderich (1137 - 1177) legte aber in seinen frühen Amtsjahren den Grundstein für den späteren Erfolg: es entstanden landwirtschaftliche Großbetriebe - die Grangien - in Götterswick bei Voerde, Hönnepel bei Kalkar, sowie Auenheim und Gommershoven bei Bedburg.

Wahrscheinlich begann der dritte Abt, Gierard (1177 - 1184) mit dem Bau der Klosteranlage auf dem Kamper Berg. Der Zulauf an Mönchen war so groß, daß schon 1129 die erste Tochter, Walkenried im Westharz gegründet wurde und 1132 folgten Volkerode in Thüringen, 1135 Amelungsborn am Solling, 1140 Hardehausen in Westfalen und 1146 Michaelstein im Harz. Insgesamt wurden 15 Tochterklöster direkt von Kamp aus gegründet und im Laufe der Zeit gab es über 60 Klöster in Deutschland und noch 24 Zisterzienserinnenklöster, die der Aufsicht des Kamper Abtes unterstanden.

Unter Abt Giselbert (1271 - 1298) erreichte der Klosterbesitz seinen Höhepunkt: es zog sich eine Kette von Koblenz nach Bedburg - Neuss - Willich - Uerdingen - Moers - Eversael - Rheinberg - Kamp - Alpen - Xanten bis nach Utrecht in Holland. Hinzu kamen Besitzungen in Aachen, Duisburg, Roermond und Nimwegen.

Zu Beginn des 14. Jahrhunderts entstand die berühmte Kamper Bibel: der erste namentlich bekannte Mönch aus Kamp, der des Schreibens mächtig war, ist Rutger de Bercka (Rheinberg). Er soll den ersten Band der zweiteiligen Bibel im Jahre 1312 geschrieben haben. Am Ende des ersten Bandes bittet er nämlich: "So oft ihr in diesem Buch lest, betet für den Kamper Mönch Rutger von Rheinberg, der es schrieb im Jahre unseres Herrn 1312 unter dem Herrn Arnold von Sittard, Abt dieses Klosters ..."

Die Stiftungsurkunde wird heute im Nordrhein-Westfälischen Hauptstaatsarchiv in Düsseldorf aufbewahrt

Eine zweite Blütezeit begann unter Abt Wilhelm II. von Köln (1382 - 1402), der der "devotio moderna" (einer niederländisch-niederdeutschen Reformbewegung) anhing und durchsetzte, daß die Amtszeit der Äbte bis zum 64. Lebensjahr verlängert wurde.

Zu dieser Zeit fanden auch wieder Gründungen statt: 1382 Marienkroon in Nordbrabant, 1386 Marienhaven in Südholland und 1394 bzw. 1412 schlossen sich die Klöster Marienberg in Nordholland und Galilaea Maior in Oberijssel dem Kloster an.

Die Seite aus der Kamper Bibel, auf der Rutger seine Initialen hinterließ

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Die Reformationszeit

Die ersten Jahre des 15. Jahrhunderts waren eine Zeit reger Bautätigkeit: 1410 wurde die Abteikirche restauriert und höher gezogen. 1411 wurde die Kapelle an der Klosterpforte vergrößert und ein neuer Hochaltar eingerichtet. Die Um- und Anbauten waren so umfangreich, daß sie quasi einem Neubau gleichkamen.

Durch die einsetzende Reformationsbewegung und Kriege in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde auch das Klosterleben stark in Mitleidenschaft gezogen. Besonders der Truchsessische Krieg (1582-1589; benannt nach dem Kölner Erzbischof Gebhard Truchseß von Waldburg, der zur Reformation übertrat und sogar heiratete) war eine große Bedrohung für das Kloster: 1580 zog ein Teil des Konvents auf die Güter bei Neuss und 1585 beschlossen die restlichen Mönche, das Kloster ganz aufzugeben und ins nahe Rheinberg zu übersiedeln. 1586 zerstörte Graf Adolf von Neuenahr und Moers die Gebäude auf dem Kamper Berg.

Auch danach blieben die Zeiten unruhig: während des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) blieb die Gegend war weitgehend verschont, aber sie wurde dennoch immer wieder von plündernden Banden heimgesucht. Wichtiger für die Stadtgeschichte ist ein Ereignis aus den spanisch-holländischen Streitigkeiten, die schon 1567 begannen und ebenfalls im Jahre 1648 beigelegt wurden: es sollte ein Kanal gebaut werden, der Rhein und Maß verbinden und später bis nach Antwerpen weitergeführt werden sollte.

Statthalterin in den Spanischen Niederlanden zu jener Zeit war Erzherzogin Isabella Klara Eugenia, eine Tochter des spanischen Königs Philipp II. Ihr zu Ehren sollte der Kanal "Fossa Eugeniana" oder "Eugenianischer Graben" genannt werden. Mit dem Bau wurde am 21. September 1626 in Rheinberg begonnen. Der Kanal führt von nördlich von Rheinberg am Rhein über die Graft, durch Rossenray und Kamperbruch (entlang der Rheinberger Straße, südlich am Kamper Berg zwischen Kamp und dem Dachsberg in Richtung Haus Frohnenbruch, in einem Bogen nordwestlich durch die Sevelener und Geldernsche Heide bis Geldern und von dort zwischen Walbeck und Vorst durch das Straelener Veen nach Venlo zur Maas). Gesichert wurde der Kanal durch Schanzen, von denen auch heute noch einige erhalten sind. Am 18. Juni 1627 kam die Statthalterin höchstpersönlich nach Venlo und unternahm am 20. Juni eine Probefahrt nach Rheinberg. Letztendlich scheiterte der Kanalbau an den Angriffen holländischer Truppen und 1629 wurden die Arbeiten eingestellt.

Die Karte zeigt den Verlauf der Fossa Eugeniana von Rheinberg bis Geldern

Nachdem fast 70 Jahre lang keine Mönche in Kamp lebten, kehrte unter Abt Peter Polenius (1636 - 1664) ein Dutzend Mönche zurück, aber erst unter Abt Andreas Holtman aus Geldern begann 1683 der Wiederaufbau, so daß am 19. November 1700 der gesamte Konvent ins Kloster heimkehren konnte. Im Jahre 1739 erlebte das Kloster mit der Erhebung zur "Unterherrschaft mit dem Rechte des Schwertes"(= der uneingeschränkten Zivil- und Kriminalgerichtsbarkeit) einen weiteren Höhepunkt. Auch das Umland profitierte von dieser Entwicklung und es kam zu einer wirtschaftlichen Erholung.

Abt Wilhelm Norff aus Rheinberg (1705 - 1726) ließ eine neue Orgel bauen und eine neue Turmuhr mit Läutwerk aufstellen. Außerdem gelang es ihm, nicht nur die Schulden zu tilgen, sondern neue Güter zu kaufen.

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Die Barockzeit

abt_daniels.jpgMit Abt Franziskus Daniels aus Grevenbroich (1733 - 1749) begann das letzte glorreiche Kapitel des Zisterzienserordens auf dem Kamper Berg.Unter ihm fand die Bautätigkeit ihren Höhepunkt und Abschluß: der Abt ließ die Prälaturerrichten und vollendete den Bau berühmten Terrassengarten, dessen Errichtung bereits unter Abt Edmundus Richterich begonnen worden war. Die Prälatur war ein Prachtgebäude im italienischen Stil und stand am Westgipfel der Abteikirche. Am Südhang entstand der große Prachtgarten, der in fünf Terrassen untereilt war und nur von ihm selbst genutzt werden durfte.

Der Abt wird als Mann von großer Tatkraft und Energie mit großen Rednertalent geschildert. Besonders aber war er der Prachtentfaltung zugetan. Im Jahre 1739 erwarb er für das Kloster die höhere Gerichtsbarkeit und ließ am Tor des Klosters ein Gerichtsgebäude errichten und einen Schultheiß einsetzen.

Das Kloster 1747 auf einem Kupferstich von A. Querfurth

Zur Zeit des Siebenjährige Krieges (1756-1763) ist von zwei Schlachten zu berichten: dem Gefecht bei Rheinberg am 12. Juni 1758 (während der ersten Phase des Krieges in den Jahren 1757) und dem Gefecht beim Kloster Kamp am 16. Oktober 1760.

Im Frühjahr 1757 durchzogen 115.000 französische Soldaten das heutige Stadtgebiet. Im Jahre 1758 wurden sie aus ihrem Winterquartier in Hannover und Thüringen von den Hannoveranern unter Herzog Ferdinand von Braunschweig-Lüneburg vertrieben und über den Rhein zurückgedrängt. Dort kam es bei Rheinberg zu einem Gefecht, worauf sich die Franzosen zurückziehen und in der Schlacht bei Crefeld am 23. Juni 1758 geschlagen wurden.

Das Kloster 1750 auf einem Lageplan des Geometers Adam Blum

Zwei Jahre später, am 23. September 1760 zog der Neffe des Herzogs, Erbprinz Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig-Lüneberg mit 25.000 Mann vor die Festung Wesel, die er ab dem 30. September belagerte. Marschall von Broglie, Befehlshaber der Franzosen in Hessen, schickte eine Entsatzarmee mit 19.000 Soldaten, die am 13. Oktober Neuss erreichte. Eine Vorhut konnte am 14. Oktober den hannoveranischen Vorposten aus Rheinberg vertreiben. die Franzosen errichteten am 15. Oktober eine Stellung zwischen Rheinberg und Kloster Kamp, östlich der Fossa. Der Erbprinz zog am 14. Oktober auf die linke Rheinseite und führte seine Truppen durch die Leucht heran. Die französischen Soldaten, die das Kloster und den Kamper Berg besetzt hatten, wurden in der Nacht zum 16. Oktober überrascht und überwältigt. Der Plan des Erbprinzen, den Feind links zu umgehen und in die Fossa zu treiben, mißlang aber.

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Die Zeit der Aufklärung

Die Zeit der Aufklärung war ebenfalls sehr folgenreich für das Kloster: nicht mehr Tugend und Frömmigkeit, sondern Bildung und Wissenschaft standen nun im Vordergrund.Auf dem Klosterberg muß es damals recht lustig und locker zugegangen sein, denn eine alte Chronik berichtet: "So wurde denn gegeigt, geflötet und getrompetet ...".

Abt Dionysius Genger aus Königswinter (1773 - 1778) legte eine Sammlung von Gemälden bedeutender Maler an und Kunststudien und Musikdarbietungen standen im Vordergrund des klösterlichen Lebens. Zu dieser Zeit - im Jahre 1775 - wurde Albert Murmann Nachfolger des verstorbenen Peter Kressen in der Schule "auf'm Kirchhoff" in Kamperbrück. Er war ab Dezember 1775 42 Jahre lang tätig und hatte 1788 sogar ein Examen an der Universität Bonn abgelegt. Da er sein Einstellungsgesuch an das Bürgermeisteramt in Camp richtete, ist ersichtlich, daß die Schule aus kirchlichen in weltliche Hände überzuwechseln begann.

abt_wiegels.jpgIm Vergleich zu anderen Zisterzienserklöstern im Erzbistum Köln war Kamp trotz aller zurückliegenden kriegerischen Ereignisse eine vermögende Abtei geblieben, die sich voll dem barocken Lebensstil erschloss, allerdings auf Kosten der Ordensregeln. Letzter Kamper Abt wurde 1785 Bernhard Wiegels. In seine Regierungszeit fallen u.a. die Zulassung Kamper Mönche zum Studium an der neuen kurfürstlichen Universität in Bonn, die Neuordnung des Klosterarchivs und der Erwerb der Bibliothek sowie eines Kabinetts von physikalischen, optischen und mechanischen Instrumenten des Mediziners Dr. Dejean aus Bonn. Nach dem zum Teil völligen Wegfall des Chorgebetes an Wochentagen und manchen anderen Neuerungen befand man sich in Kamp gegen Ende des 18. Jahrhunderts auf dem Weg "zu einem stiftähnlichen Gebilde".

Getauft wurde Theodor Wilhelm Wiegels, dessen Familie als "sehr angesehen und wohltätig" bezeichnet wird, am 16. Juli 1738 in Uerdingen als Sohn von Johann Peter Wiegels und seiner Frau Adelheid geb. Kreitz. Taufpaten in der Pfarrkirche St. Peter waren Petrus Broich und Anna Steuten aus Mülheim sowie Theodorus Kreitz und Anna Magdalena Wiegels. 1760 trat Wiegels in Kamp dem Zisterzienserorden bei und legte dort am 3. Mai 1761 die Profeß ab. 1763 erfolgte die Priesterweihe. Zehn Jahre später wurde Bernhard Pfarrer von Kamp und sodann Prior und Beichtiger im Zisterzienserinnenkloster Burbach in der Pfarre Berrenrath bei Köln.

Am 18. April 1785 stellten sich in Kamp fünf Kandidaten zur Wahl. Von den 23 abgegebenen Stimmen entfielen 16 auf Bernhard Wiegels, vier auf den Subprior Malachias Schmitter sowie jeweils eine auf Adam van Houten, Prior im Zisterzienserinnenkloster St. Mariagraden in Köln, Robert van Nottum, seit 1775 Prior und Beichtiger im adeligen Zisterzienserinnenkloster Welver bei Soest, und den Kamper Kellner Stephan Scheben. Dieses Abstimmungsergebnis einer Abtwahl in Kamp ist im Übrigen das einzige, das in seinen Einzelheiten bekannt ist. Nach Martin Fabritius war Wiegels der zweite Kamper Abt, der aus Uerdingen stammte. Die Familien Fabritius und Wiegels waren durch die Ehe von Frantz Anton Wiggels und Catharina Adelheidis Fabritius miteinander verwandt. Ferner bestand Verwandtschaft mit der Uerdinger Familie Kreitz, welcher der Bürgermeistersohn und Konventuale Johann Josef Kreitz entstammte, der 1775 in Kamp eintrat, dort später Küchenmeister wurde und postum als "Gewissensrath" seines Abtes und "Mann von hellem Kopf" bezeichnet werden wird. Ein Ölportrait im Eigentum der Kirchengemeinde St. Josef in Kamp zeigt Wiegels im Alter von 47 Jahren und ist damit anlässlich oder unmittelbar nach seiner Wahl entstanden. Wiegels trägt 1785 eine zeittypische knappe Zopfperücke, ein dunkles Habit mit Edelsteinbrustkreuz und an seiner rechten Hand, die sich auf ein Buch stützt, einen Ring. Seine linke Hand ist in leichter Gebärde angehoben. Das Wappen des Abtes Wiegels mit viergeteiltem Schild - darin rechts unten und links oben das Wappen der Abtei Kamp - befindet sich links oben auf einer dunkelroten Draperie.

Gemalt wurde das Portrait von Johann Jakob Schmitz aus Köln. Ein Pendant des 2002 restaurierten Kamper Bildnisses hängt als Schenkung eines Fräuleins M. Saßenfeld aus Kempen im Rokokosaal des Kramer-Museums der Stadt Kempen, wo im Übrigen auch ein 1765 gemaltes Portrait des aus Kempen stammenden Kamper Söllermeisters (granarius) Alberich oder Albertus Pülgers anzutreffen ist.

Bereits am 4. Oktober 1794 flüchtete Wiegels mit 12 Konventualen - 14 blieben in Kamp zurück, weitere fünf gingen einer auswärtigen Tätigkeit nach - auf die rechte Rheinseite, wo man in Wesel Paramente sowie Gold- und Silbergeräte verkaufte, darunter zwei Monstranzen "an den Juden Kali Meyer daselbst", während das physikalische Kabinett und die Gemäldegalerie in Amsterdam und die Bibliothek in Duisburg umgesetzt worden sein sollen. Am 14. Januar 1795 hielten sich Wiegels und einige Kamper Mönche im Zisterzienserkloster Mariagarden Groß-Burlo bei Borken auf, andere wiederum auf dem dortigen Schloß Gemen, das man im Verein mit den vertriebenen Chorherren aus dem Stift Averbode in Brabant angemietet hatte. Wie einem 19. Juni 1795 datierten Dokument zu entnehmen ist, war Wiegels scheinbar ziellos weiter nach Münster und Paderborn, zum Kloster Hardehausen im Kreis Warburg sowie nach Kassel und von dort nach dem Kloster Marienfeld bei Harsewinkel gereist. Nach Kamp kehrte Wiegels nie mehr zurück. Bereits am 10. November 1797 war daher der Küchenmeister Nivardus Classen "nach Abgang unseres hochw. Herrn Abtes" zum Plenipotentiär und Administrator der abteilichen Güter gewählt worden.

Bernhard Wiegels erhielt keine staatliche Pension. Seinen Lebensunterhalt zumindest während der ersten Zeit seiner Flucht wird er auch von dem Erlös aus dem Verkauf von Kamper Kircheninventar bestritten haben. Schon bald zog er in das Zisterzienserinnenkloster Welver bei Soest ein, wo man ihm bis September 1799 gratis Kost und Logis gewährte. Wegen der in den Folgejahren entstandenen Beherbergungskosten jedoch ließ die Äbtissin schließlich seine persönliche Habe in Beschlag nehmen. Wiegels mußte ausziehen und ging zu seinem Bruder nach Uerdingen. Dort lebte "in stiller Zurückgezogenheit", klagte gelegentlich über "Mangel an Subsistenzmitteln" und verstarb schließlich 75jährig als "Exreligieux" am 21. Juli 1812 "sanft an den Folgen einer während fünf Monate mit musterhafter Geduld überstandenen Abnehmungs-Krankheit".

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