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Die Stadt- und Postgeschichte von Kamp-Lintfort
- Von der Nachkriegszeit bis zur Stadtgründung 1950 -
Letzte Aktualisierung dieser Seite: 01.09.2013
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Das Ende des Krieges 1945

Die Einquartierungen und Evakuierungen

Nach der Besetzung der Stadt kam es zu Zwangsräumungen und Einquartierungen. Im Kasino der Zeche und in den Beamtenhäusern an der Friedrich-Heinrich-Allee befand sich der Stab des XVI. amerikanischen Korps. Nördlich der Josefkirche wurde das Gebiet der Friedrich-, Eupener-, Danziger Straße und des Bismarckplatzes geräumt und mit Stacheldraht eingezäunt. Die Notkirche und das Marienhaus wurden als Küche und Speisesaal der Offiziere benutzt. Ende April wurde in diesem Bereich ein Kriegsgefangenenlager eingerichtet, in dem sich hauptsächlich verwundete deutsche Soldaten aus dem Kriegsgefangenenlager in Rheinberg befanden.

Im Juni 1945 wurde die amerikanischen Truppen von den Briten abgelöst, die bis zum September blieben. Auch im Bereich der Katten- und Vinnstraße bis zum südlichen Zechentor und zwischen Schul- und Ferdinantenstraße gab es Evakuierungen sowie an vielen anderen Stellen der Stadt. Der Kommandeur logierte beispielsweise in der Gastwirtschaft "Rauchschwalbe" (später war hier die Deutsche Bank untergebracht). Die Einwohner der Häuser durften nur das Allernotwendigste an Mobiliar und Hausrat mitnehmen. Um Plünderungen zu verhindern, befahl der Kommandant eine Ausgangssperre für die Zeit zwischen 11 und 15 und 17 bis 8 Uhr über Nacht.

Auf der Friedrichstraße gab es ein Lazarett für deutsche Kriegsgefangene, das mit durchschnittlich 700 Personen belegt war und durch Requisitionen bei der Gemeinde Kamp-Lintfort mit Lebensmitteln versorgt wurde. Täglich wurden 500 l Vollmilch, 50 kg Weißbrot, 200 Eier, 20 kg Butter, 500 kg Kartoffeln und 500 kg Gemüse abgeführt. Nach Aufhebung des Lazaretts Anfang September 1945 hörten die Lebensmittelrequisitionen zwar auf, aber Schuhe Decken usw. mußten trotzdem weiterhin an die britische Besatzung abgeführt werden. Das ehemalige Lazarett wurde im Oktober zu einer provisorischen Kaserne für eine Panzereinheit umgerüstet. Die Villen der damaligen Bergwerksdirektoren Brand und Noll dienten als Offiziersmesse, während das benachbarte Beamten-Casino als Unteroffiziersmesse genutzt wurde. Anfang Februar 1946 verließen die britischen Besatzungssoldaten ihre Kaserne, doch dauerte es noch drei Jahre, bis das letzte beschlagnahmte Haus an den Eigentümer zurückgegeben war.

Churchill und Eisenhower am 25. März 1946 im Garten des Beamten-Casinos

Die ehemaligen Zwangsarbeiter wurden in der Schule am Rathausplatz untergebracht, die sich schon bald als zu klein erwies. Deshalb wurden sie im Barackenkomplex der Zeche auf der Vinnstraße verlegt, wo im Krieg die Bergarbeiter untergebracht waren. Am 29. April 1945 erfolgte die Verlegung in auswärtige Sammellager.

Die letzten Kriegstage am Niederrhein

Ab dem 11. März 1945 wurde durch die Besatzungsmächten die sog. "Rheinzone" von den Bewohner geräumt, um die Rheinüberquerung vorzubereiten. Die Flüchtlinge aus den Rheingebieten wohnten nördlich der Saalhoffer Straße, wo die Grenze der evakuierten Zone verlief.

In der Stadt wurden riesige Mengen an Kriegsmaterial gelagert. Es kamen Amphibienfahrzeuge, Pontons und Brückgerät an. Von der anderen Rheinseite wurden gelegentlich Artilleriegeschosse abgefeuert, wobei eine Artilleriestellung gegenüber der Molkerei Vierquartieren getroffen wurde. Vereinzelt kamen auch Flugzeuge, wie z. B. am 14. März 1945, die aber mit Flakfeuer von den Amerikanern vertrieben wurden.

In der Nacht vom 23. auf den 24. März 1945 begann die Offensive über den Rhein, deren Schwerpunkt zwischen Rheinberg und Rees lag. Den Bewohnern in Kamp-Lintfort bot sich ein überwältigendes Schauspiel, als am 25. März morgens um 9.00 Uhr insgesamt 1.700 Flugzeuge und 1.300 Lastensegler, geschützt von 800 Jagdflugzeugen, das Stadtgebiet überflogen, um 14.000 Mann Fallschirm- und Luftlandetruppen nördlich von Wesel abzusetzen.

Am 25. März kam es im Park des Zechen-Kasinos zu einer historischen Begegnung: der britische Premierminister Churchill und General Eisenhower rauchten im Garten des Kasinos eine Zigarre miteinander. Vom Förderturm der Zeche Norddeutschland aus beobachtete Eisenhower dann mit General Simpson und Generalmajor Andersen vom XVI. Korps das beginnende Artilleriefeuer am Rhein.

Die Lebensverhältnisse im Jahr 1945

Die sog. "Befreier" - besonders die Farbigen - führten sich in Kamp-Lintfort nicht besonders gut auf, denn aus jener Zeit sind viele Vergewaltigungen bekannt und Diebstähle und Sachbeschädigungen waren an der Tagesordnung. Als man sich beim amerikanischen Kommandanten beschwerte, wurden Wachen eingerichtet. Dabei wurden einige Neger aufgegriffen und sogar erschossen. Auf Grund des "Fraternisierungsverbotes" war der Kontakt zwischen Soldaten und Einheimischen sowieso untersagt. Besonders die Briten hielten sich nach ihrem Einzug an dieses Verbot und übten starke Zurückhaltung.

Das Foto aus dem Jahre 1945 zeigt die Evakuierungsmaßnahmen

Schußwaffen, Radios, Ferngläser und Fotoapparate mußten nach der Besatzung abgeliefert werden. Nachfolgende Einheiten hinter den Frontkämpfern fielen dabei unangenehm auf, weil sie plünderten. Besonders auf Uhren und Wertsachen hatten sie es abgesehen.

Laut offizieller Statistik sind 725 Bürger der Gemeinde Kamp-Lintfort als Soldaten gefallen oder durch Kriegseinwirkungen ums Leben gekommen. Die Zahl der zivilen Opfer, die meist durch Bomben starben, schwankt zwischen 110 und 118. Viele Schicksale konnten bis heute nicht geklärt werden, da unklar ist, wo sie gefallen sind.

Die Kirchen durften nach den Restriktionen in der Zeit des Nationalsozialismus wieder unbehindert tätig werden. Auch Religionsunterricht wurde wieder erteilt. Das Kriegsende wurde kaum wahrgenommen und eher als Befreiung angesehen. Am 22. Mai 1945 mußten sich alle Erwerblosen auf Befehl der Militärregierung auf dem Arbeitsamt melden, denn von der Vorlage eines Beschäftigungsnachweises hing die Zuteilung von Lebensmittelkarten ab. Bis zum 7. Juni wurden alle Einwohner registriert, die eine mit Fingerabdruck versehene Kennkarte vom Einwohnermeldeamt erhielten.

Der Neuanfang des Öffentlichen Lebens

Die letzte Siedlung des Kamp-Lintforter Gemeinderates während des Krieges hatte am 21. Februar 1944 unter Vorsitz des seit 1920 amtierenden Bürgermeisters Hubert Lesaar stattgefunden. Gemäß der Hauptsatzung aus dem Jahre 1935 standen im drei ehrenamtliche Beigeordnete zur Seite, nämlich der damalige Lintforter NSDAP-Ortsgruppenleiter Friedrich Achterberg, der sich im Mai 1944 das Leben nahm und - jeweils seit 1936 - Julius Bruckhaus aus Hoerstgen und Theodor Tenhaeff aus Kamp. In dieser Sitzung wurden neben Haushaltsangelegenheiten auch die Versorgung der Gemeinde mit Lebensmitteln, Textilien und Haushaltsgegenständen sowie der Behelfswohnungsbau und Luftschutzmaßnahmen erörtert. Das letzte erhaltenen Dokument dieses Gemeinderates datiert vom 2. Januar 1945, als die Haushaltssatzung für das Rechnungsjahr 1944 per Zirkularbeschluß erlassen wurde - die Auflösungserscheinungen des "Großdeutschen Reiches" waren also auch in Kamp-Lintfort unübersehbar.

Als Bürgermeister wurde am 6. März der bisherige Amtsinhaber Hubert Lesaar, der bis 1933 dem Zentrum angehört hatte und danach der NSDAP beigetreten war, von den Amerikanern eingesetzt, der sein Dienstzimmer im Keller der Städtischen Realschule bezog. Die städtische Verwaltung nahm ihren Dienst in der Josefschule wieder auf. Im Juni 1945 wurden die Amerikaner von den Engländern abgelöst, die Lesaar am 31. Oktober 1945 absetzten. Sein Nachfolger wurde Johann Janssen, der am 1. November 1945 seine Amtsgeschäfte aufnahm.

Zunächst gab es einen sog. "Vertrauensausschuß", der die Bürgermeister unterstützte und aus neun Mitgliedern bestand. Diese wurden aber am 22. Oktober entlassen und am 15. November 1945 erhielt Kamp-Lintfort eine neue Gemeinderatsordnung, die vorsah, daß das beschließende Organ der Gemeinde aus dem Bürgermeister als Vorsitzendem und zehn Gemeindeverordneten bestehen sollte. Die Verteilung der Mitglieder erfolgte auf Basis des Wahlergebnisses von 1929, als es noch die selbständigen Gemeinden Kamp, Hoerstgen, Kamperbruch, Lintfort, Rossenray und Saalhoff gab.

Im Ausschluß wirkten mit für die CDU Josef Drees, Wilhelm Kaever und Franz Ruhnau, für die KPD Gustav Götze, Peter Költgen und Wilhelm Spatzier sowie für die SPD der spätere Landrat Johann Egermann, Emil Kames und Robert Schmelzing. Das Gremium amtierte bis zum 12. Februar 1946.

Schon kurz nach dem 2. Weltkrieg bzw. nach dem Einzug der britischen Besatzung kam es nämlich auch in Kamp-Lintfort recht bald zur Neugründung bzw. Gründung von Parteien. So gründete sich z. B. der SPD-Ortsverein am 12. August 1945 neu. Auch die meisten sozialdemokratisch orientierten Kultur-, Sport- und Selbsthilfeorganisationen, die 1933 ebenfalls verboten worden waren, erlebten eine Neugründung, wie die Arbeiterwohlfahrt (1945), die Volksbühne (1945), der Volkschor (1945), der Turn- und Sportverein "Fichte" (1946) sowie die Rad- und Motorsportvereinigung "Frischauf" (1947).

Zu den bis zum 28. November 1945 in Kamp-Lintfort existierenden Parteien gehörte neben der SPD auch die CDU und das zunächst mit ihr konkurrierende Zentrum. Ferner gab es im November 1945 bereits wieder eine Ortsgruppe der KPD und als Neugründung die Freie Deutsche Jugend (FDJ).

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Von der Besatzungszeit bis zur Währungsreform

Die wirtschaftlichen Verhältnisse 1946 - 1949

Wirtschaftlich ging es den Leuten von Kamp-Lintfort genauso schlecht, wie im restlichen Deutschland: Nahrungsmittel waren knapp und teuer, meist wurde Ware gegen Ware getauscht und das Geld wurde immer wertloser. In einer sog. "Verbrauchsperiode" (meist vier Wochen) bestand die Fettration für "Normalverbraucher" aus 150 g. Hierzu gehörten alle Säuglinge, Kleinkinder, Kinder, Jugendliche und alle Personen, die älter als 20 Jahre waren. Daneben gab es Extrarationen für Scherarbeiter, Schwerstarbeiter, Bergschwerarbeiter und Bergschwerstarbeiter. Es gab oft Felddiebstähle, aber auch in Wohnungen und Geschäfte wurde eingebrochen. Die Sachen wurden häufig auf dem Schwarzmarkt in den Großstädten verkauft.

Der Alltag der Bevölkerung war in den ersten Nachkriegsjahren nachhaltig geprägt von der Sorge um die tägliche Existenz, den vielfältigen Mangel auf materiellem Gebiet, die schrittweise Beseitigung der Kriegsschäden und durch den Schwarzmarkt. War der offizielle Preis für 1 kg Brot im November 1947 bei 0,37 RM, so betrug der Schwarzmarktpreis bis zu 30 RM und für ein kg Butter wurden teilweise bis zu 550 RM gefordert. Die Umschlagplätze für den Schwarzmarkthandel waren der damalige Wilhelmplatz, die Gebäude der Ziegelei Pauen und der Volksgarten an der Franzstraße, aber auch bestimmte Wohnungen in der Altsiedlung.

Der Erfindungsreichtum der Nachkriegszeit erstreckte sich auf die weitverbreitete Schwarzbrennerei. So hat es sicherlich einen gewissen makaberen Beigeschmack, daß aktivkohlehaltige und noch versiegelte Filter der nicht mehr benötigten Volksgasmasken in der Nachkriegszeit als Destillationsfilter bei der illegalen Schnapsherstellung einen neuen Verwendungszweck fanden.

Erst nach der Währungsreform des Jahres 1948, durch die die Gemeinde Kamp-Lintfort einen Vermögensverlust in Höhe von 4 Mio. RM erlitt, verschwand der Schwarzmarkt allmählich. Kartoffeln waren im übrigen der Hauptbestandteil der Nachkriegsernährung.

Obwohl die Zeche im Krieg vor dem Schlimmsten bewahrt worden war, gab es doch erhebliche Beschädigungen, die bei ca. 15 Prozent lagen. Am 5. März mußte zunächst die Förderung eingestellt werden, da es keinen Strom gab. Am 18. März konnte der Betrieb nach und nach wieder beginnen 1945 betrug die Belegschaft noch 2.800 Mann, aber im Jahre 1946 waren es schon fast wieder 5.000. Bis Ende des Jahres 1945 konnte die Förderung auf 2.600 t pro Tag gesteigert werden. Da ein Großteil der Häuser - besonders in der Zechensiedlung - beschädigt waren, gab es eine enorme Wohnungsnot.

Die "Entnazifizierung" in Kamp-Lintfort

Wie überall in Deutschland, wurde auch in Kamp-Lintfort eine "Entnazifizierung" durchgeführt, wobei es darum ging, Parteigänger und Stützen des ehemaligen Regimes aus dem öffentlichen Leben zu verbannen bzw. derartige Leute für ihre Vergehen zur Rechenschaft zu ziehen.

In der Gemeinde Kamp-Lintfort entließ die britische Militärregierung mindestens fünf Kommunalbeamte und dreizehn Angestellte, acht Polizisten sowie zwölf Volksschullehrer und einen Mittelschullehrer. Allerdings durften die meisten der Entlassenen später wieder ihren Dienst aufnehmen. Für die Gemeindeverwaltung bedeuteten diese Entlassungen einen Personalrückgang bei gleichzeitiger Aufgabenmehrung, der durch die Einstellung insbesondere von nicht verwaltungsmäßig vorgebildeten Kriegsbeschädigten zunächst nur behelfsweise aufgefangen werden konnten.

Das politische Leben während der Besatzungszeit

Am 12. Februar 1946 trat ein neuer Gemeinderat in Funktion, dessen Mitglieder nicht frei gewählt, sondern im Dezember 1945 von den Parteien benannt und sodann von der britischen Militärregierung bestätigt worden waren. Ferner war die Verteilung der 28 Sitze anhand der bei den Kommunalwahlen des Jahres 1929 erzielten Ergebnissen festgesetzt worden und vermochte daher nicht, die aktuelle politische Stimmungslage der Kamp-Lintforter Bevölkerung wiederzuspiegeln.

Auf der konstituierenden Sitzung des neuen Gemeinderates am 12. Februar 1946 wurde Robert Schmelzing (SPD) zum ehrenamtlichen Bürgermeister gewählt. Gemeindedirektor wurde Johann Janssen. Das neue Gemeinderecht war ein bedeutender Eingriff in die Tradition der "rheinischen Bürgermeisterverfassung", da nunmehr zwischen der Funktion des Bürgermeisters bzw. Ratsvorsitzenden und der Funktion des Hauptverwaltungsbeamten unterschieden wurde. Laut Verteilungsschlüssel auf Basis der Kommunalwahlen von 1929 erhielt die CDU 16 Sitze und die SPD und KPD jeweils sechs Sitze.

Durch die Gemeindewahlen vom 15. September 1946 änderte allerdings sich die Zusammensetzung des Gemeinderates erheblich, als die Bevölkerung der britischen Zone erstmals nach dreizehn Jahren wieder auf kommunaler Ebene eine Wahl im Sinne einer politischen Auswahl treffen konnte. Das Ergebnis dieser Wahlen war eine völlige Umkehrung der bisherigen Kräfteverhältnisse im Kamp-Lintforter Gemeinderat:

          - SPD: 17 Sitze
          - CDU: 6 Sitze
          - KPD: 1 Sitz

Diesem ersten aus freien und geheimen Wahlen hervorgegangenen Gemeinderat gehörten Albert Berthel (CDU), Johann Buchheim (SPD), Stanislaus Cierniak (SPD), Johann Egermann (SPD), Wilhelm Gallep (SPD), Heinrich Gessmann (CDU), Dora Hamelmann (SPD), Fritz Islaker (SPD), Gustav Jachmann (SPD), Martha Keller (SPD), Paul Klanten (CDU), Alex Kumpf (SPD), Heinrich Lisken (CDU), Karl Lohmeier (SPD), Heinrich Ophardt (CDU), Leo Paßmann (SPD), Reiner Pontzen (CDU), Ernst Sablowski (SPD), Robert Schmelzing (SPD), Hermann Schubert (KPD), Fritz Schulz (SPD), Josef Sliwa (SPD), Wilhelm Sommer (SPD) und Hilde Trautmann (SPD). Robert Schmelzing wurde erneut einstimmig zum Bürgermeister gewählt und sein Stellvertreter bis 1948 war Fritz Schulz.

Die Gemeindeverwaltung war ab 1946 in der umgebauten vormaligen Barbaraschule untergebracht. Mit der Bestellung des Gemeindeinspektors Heinrich Jung zum Kämmerer im Jahre 1946 und der Wahl von Walter Ernst zum Gemeindebaumeister im Jahre 1947 fielen wichtige Personalentscheidungen.

Die Wahlen vom 17. Oktober 1948 ergaben folgendes Bild:

          - SPD: 11 Sitze
          - CDU: 8 Sitze
          - RSF: 3 Sitze
          - KPD: 2 Sitze

Der Zuzug von Flüchtlingen nach Kamp-Lintfort

Zu Beginn des Jahres 1945 waren Kamp-Lintforter Familien nach Groß-Otterleben bei Magdeburg, nach Landsberg und nach Württemberg umquartiert worden. Am 14. April 1945 waren 4.209 Personen einberufen und rund 4.000 aus Kamp-Lintfort evakuiert worden. Am 1. Mai 1945 lag die amtliche Einwohnerzahl bei 16.120.

In den Monaten von Juni bis August 1945 verzeichnete Kamp-Lintfort größere Bevölkerungsgewinne, was besonders an der Rückkehr von Kriegsteilnehmern und Evakuierten lag. In der Zeit vom 1. Mai bis zum 31. Dezember 1945 wuchs die Bevölkerung um 43 Prozent auf 23.105 Einwohner an und hatte damit in etwa wieder den Stand vom 1. September 1939 mit 23.338 Einwohnern erreicht.

Zu den kriegsbedingt vorhandenen sozialen Problemen der Nachkriegszeit gehörten auch die Unterbringung und Versorgung einströmender Flüchtlinge. Schon am 14. November 1945 hatte Bürgermeister Janssen deshalb im Vertrauensausschuß die Unterbringung der Flüchtlinge im Gemeindesaal und im Saal der Wirtschaft Boers als Durchgangslager für eine Zeit von acht Tagen angedacht. Die Verpflegung sollte durch die Kochküche in der Schule an der Pestalozzistraße erfolgen. Kamp-Lintfort hatte damals etwa 10 Prozent des für den damaligen Kreis Moers vorgesehenen Kontingents aufzunehmen.

Bis 1950 verstärkte sich der Zuzug, so daß sich innerhalb von vier Jahren der Flüchtlingsbestand um 395 Prozent vervielfältigte. Ab 1947 wurde die bisher dem Wohlfahrtsamt zugeordnete Flüchtlingsbetreuung durch das Flüchtlingsamt der Gemeinde wahrgenommen, das sich in Verbindung mit dem im gleichen Jahr ins Leben gerufenen Flüchtlingsausschuß der Probleme der Neubürger annahm. Am 16. Dezember 1946 wurde beispielsweise für die Flüchtlinge unter Mitwirkung der freien Wohlfahrtsverbände eine Weihnachtsfeier veranstaltet.

Die Entwicklung des Flüchtlingsbestandes 1946 - 1950

Ein besonders großes Problem war die Wohnraumbeschaffung für die Zuziehenden, unter denen sich teilweise auch umsiedelnde Heimatvertriebene aus den sogenannten "Überschußländern" Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern befanden.

Zur vorläufigen Unterbringung dienten Gastwirtschaften, Nissenhütten und andere Behelfsbauten wie z. B. das Gebäude der Eugenia-Schule an der heutigen B 510. Im Jahre 1951 - als Kamp-Lintfort schon "Stadt" geworden war - war aus dem Flüchtlingschaos der ersten Jahre nach dem Kriege schon ein Zustand der vorläufigen Ordnung geworden.

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Die Postgeschichte der Nachkriegszeit

Der Neuanfang der Post

In der Zeit vom 5. März bis 13. Juni 1945 waren auch die Diensträume der Post von amerikanischen Soldaten belegt. zu dieser Zeit gab es auch keinen Fernmeldeverkehr. Nach dem Abzug der Amerikaner begann man mit der Wiederinstandsetzung der Einrichtungen und des Gebäudes und am 2. Juli 1945 konnte der Briefbeförderungs- und -zustelldienst im begrenzten Umfang wieder aufgenommen werden.

Ab dem 8. August konnte die Fernsprechteilnehmer nach und nach wieder an das Ortsnetz angeschlossen werden. Am 7. September 1945 wurde ein beschränkter Telegraphendienst wieder aufgenommen.

Am 1. Januar 1946 wurde die Poststelle in Kamp wieder neu eröffnet. Als Posthalterin stellte sich wieder Fräulein Christina Jockrahm, die Tochter des 1942 verstorbenen Postagenten Wilhelm Jockrahm, zur Verfügung. Obwohl sich die Gemeinden schon 1934 zur Großgemeinde "Kamp-Lintfort" zusammengeschlossen hatten, vollzog die Post die postalische Umbenennung erst im Jahre 1948.

Die Notprovisorien der ersten Nachkriegszeit

Postwertzeichendruck nicht zur Verfügung. Das Deutsche Reich war in vier Besatzungszonen aufgeteilt worden und der Verkehr zwischen den einzelnen Zonen war so gut wie unterbunden. So ist es zu erklären, daß nach Wiedereröffnung des Postverkehrs in großem Maße zu Notmaßnahmen gegriffen werden mußte, um den Postverkehr aufrecht zu erhalten.

Auch nach Einführung der neuen Briefmarken bestand in allen Zonen oftmals akuter Markenmangel, so daß die Postämter immer wieder zur Barfrankierung zurückkehren mußten. Dadurch entstanden viele Behelfsausgaben, die im Auftrag des Postamtes bzw. der Postdirektion von der Privatindustrie hergestellt wurden, was auch die unterschiedliche Größe der Karten aus dieser Zeit erklärt.

Zum Schutz gegen Auslieferung unbezahlter Postkarten an den Kunden wurde die linke Seite der Karten beim Kauf mit dem Tagesstempel versehen. Laut Erlaß mußten die Karten bei Aufgabe durch einen am Verkauf unbeteiligten Beamten stets mit dem Stempel gleichen Kennzeichens entwertet werden. Der Stempel mußte unter Verschluß gehalten werden, solange er nicht in dieser Weise benutzt wurde.

Behelfspostkarte mit frühem Verwendungsdatum: gekauft am 7.8.1945, versandt am 14.8.1945, Kartengröße 150 * 103 mm

Behelfspostkarte: gekauft am 27.12.1945, versandt am 31.1.1946; die Karte enthält außerdem einen britischen Zensurstempel

Einschreiben der Gemeindesparkasse Kamp-Lintfort vom 3.11.1945

Daß es 1947 auf Seiten der Westalliierten noch deutsche Kriegsgefangene gab, zeigt diese Antwortkarte, die am 18.11.1947 von Lintfort nach Frankreich geschickt wurde

Die Post unter alliierter Besatzung

Bis zum 1.3.1946 galten noch die alten Tarife der Dt. Reichspost aus dem Jahre 1933, danach gab es zwei Änderungen, wobei die Tarife vom 1.9.1948 auch noch in der Bundesrepublik Deutschland bis zum 1.7.1954 Gültigkeit hatten.

Inland
Drucksachen
 
Ab 1.1.1946
Ab 1.9.1948
Bis 20 g
6
4
Bis 50 g
8
6
Bis 100 g
16
10
Bis 250 g
30
20
Bis 500 g
60
40
Geschäftspapiere / Briefdrucksachen
Bis 100 g
16
20
Bis 20 g
30
20
Bis 500 g
60
60
Postkarten
Ortsverkehr
10
8
Fernverkehr
12
10
Briefe (Ortsverkehr)
Bis 20 g
16
10
Bis 50 g
32
20
Bis 100 g
32
20
Bis 250 g
32
20
Bis 500 g
40
30
Bis 1000 g
60
40
Briefe (Fernverkehr)
Bis 20 g
24
20
Bis 50 g
48
40
Bis 100 g
48
40
Bis 250 g
48
40
Bis 500 g
80
60
Bis 1000 g
120
80
Einschreiben
Gebühr
60
40
Rückschein
60
40
Eilzustellung
Ortzustellbereich 6-22 Uhr
40
40
Landzustellbereich 22-6 Uhr
80
80
Ausland
Drucksachen
 
Ab 1.1.1946
Ab 1.9.1948
Bis 50 g
15
10
Für jede weitere 50 g
15
5
Postkarten
Postkarten
25
20
Briefe
Bis 20 g
75
50
Je weitere 20 g
45
30
Einschreiben
Gebühr
60
90

Bedarfsgerecht frankierter Brief vom 06.01.1946 (die Marke ist der Deutsche Druck)

Bedarfsgerecht mit 42 Pfg. (12 Pfg. Briefporto, 30 Pfg. Einschreibegebühr) frankiertes Einschreiben vom 9.1.1946: interessant der neutrale R-Zettel mit dem Lintforter Stempel

Bedarfsgerecht mit 84 Pfg.(24 Pfg. Briefporto im Fernverkehr, 60 Pfg. Einschreibegebühr) frankiertes Einschreiben vom 9.6.1947 mit R-Zettel von Lintfort durchstochen

Bei der folgenden Postkarte vom Dezember 1947 ist der Stempel interessant: vor "Lintfort" steht nun erstmals die Gebietsleitzahl "(22a)". Diesen Vorläufer der heutigen Postleitzahlen gab es bis Anfang 1961:

Postkarte vom 25.12.1947 und "(22a)" für den Postzustellbezirk im Stempel

Die Post ab dem Jahre 1948

Vom 1.12.1948 bis zum 1.4.1956 mußten alle Postsendungen mit einer Zuschlagmarke "Notopfer Berlin" versehen werden, wie der folgende Brief zeigt:

Brief vom 23.4.1949 mit der Zuschlagsmarke "Notopfer Berlin"

Sonderpostkarte der BRD mit Zweikreisstempel "Lintfort (Kr. Moers)" vom 7.9.1949
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Die Währungsreform und Gründung der Bundesrepublik Deutschland

Im Gegensatz zu vielen anderen Städten und Gemeinden am Niederrhein hielten sich die Kriegsschäden in Grenzen. In einer Presseerklärung wurden von 2.135 Wohngebäuden und 5.696 Wohnungen 548 Gebäude (= 25,7 %) und 1.421 Wohnungen (= 25 %) als beschädigt bezeichnet. Insgesamt wurden die Beschädigungen für Gebäude auf 1.176.550 RM, an Inventar auf 841.328 RM und in der Landwirtschaft auf 156.992 RM beziffert.

Besondere Bedeutung kamen nach dem 2. Weltkrieg dem Wiederaufbau und der Sicherung der Ernährung zu, womit die Wirtschaftsabeilung der Gemeinde betraut wurde. Diese umfaßte teilweise die Spinnstoffabteilung, die Kartenstelle und die Abrechnungsabteilung. Letztere berichtete beispielsweise am 31. Januar 1948 über die örtliche Versorgungslage: "Die Versorgungslage der Kamp-Lintforter Bevölkerung litt in der 110. Versorgungsperiode unter den im ganzen Lande auftretenden Mangelerscheinungen. Vor allem war die Festversorgung völlig unzureichend, so daß auch von hier ein Teil der Bevölkerung seine Fetteinkäufe in Niedersachsen tätigte. (...) Als Ausgleich für die ausgefallene Fettration werden für die 111. Periode umgerechnete Anteile in Rohrohrzucker ausgeliefert".

In der zweiten Hälfte des Jahres 1948 kam es zu einer Umorganisation der Gemeindeverwaltung. Die Sparkasse mit ihren damaligen Direktoren August Lüffe und Jakob Wörner blieb jedoch noch bis 1958 eine Abteilung der Kommunalverwaltung. Der Personanstand der Gemeinde, der bei Kriegsbeginn bei 107 gelegen hatte und im März 1945 auf 69 gesunken war, sollte bis zum 1. April 1950 auf 192 anwachsen. Ursächlich hierfür waren eine Vielzahl von kriegs- bzw. kriegsbedingten zusätzlichen Verwaltungsaufgaben, aber auch der kontinuierliche Anstieg der Bevölkerung. Mit der Einführung der DM profitierte auch Kamp-Lintfort vom Aufschwung. In einer Gemeinderatssitzung am 26. September 1949 wurde beschlossen, die Genehmigung zur Führung der Bezeichnung "Stadt" bei der Landesregierung in Düsseldorf zu beantragen. Nachdem auch der Kreistag am 9. November 1949 dieses Ersuchen befürwortete, wurde Kamp-Lintfort im folgenden Jahr von der Gemeinde zur Stadt erhoben, wovon noch zu berichten sein wird.

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Die Ansichtskarten der Nachkriegszeit

Schon kurz nach dem Kriege wurden schon wieder Ansichtskarten verschickt, wie dieses Beispiel einer Ansichtskarte mit vier Motiven von Kamp-Lintfort zeigt, die am 3.9.1945 aus Lintfort abgeschickt wurde:

Ansichtskarte vom 3.9.1945 mit Stempel "Gebühr bezahlt" anstelle einer Briefmarke

Ansichtskarte mit Blick auf die Abtei Kamp; leider ist die Ansichtskarte nicht sehr gut erhalten und etwas "schmuddelig"
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